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5 Diskussion

5.1 Einfluss des Kryoprotektivums

5.1.1 Einfluss des Ethylenglycolgehaltes

Als wesentlicher Faktor bei der Schädigung von Spermatozoen während der Kryokonservierung gilt der osmotische Stress, dem die Zellen ausgesetzt werden (WATSON 2000). Ursächlich für diesen Stress ist zum einen die Eiskristallbildung, durch die es in den ungefrorenen Fraktionen zu einer Konzentrierung der gelösten Stoffe kommt. Zum anderen birgt die Verwendung molarer Konzentrationen von Kryoprotektiva Potential für eine osmotische Schädigung der Zelle (CRITSER et al.

1988, PEREZ-SANCHEZ et al. 1994, GILMORE et al. 1997). Hohe Konzentrationen permeabler Kryoprotektiva können einen toxischen und osmotischen Effekt auf die Zelle haben (SHERMAN 1973, FAHY 1986, PEGG und DIAPER 1988, SHAW et al.

2000). Von Bedeutung ist die osmotische Toleranz der Spermatozoen, die bei equinen Spezies in engen Grenzen liegt (150-900 mOsm/kg) (POMMER et al. 2002).

Werden diese Grenzen überschritten, kann es durch die Volumenveränderung der Zelle zum Verlust ihrer Funktionsfähigkeit und ihrer Membranintegrität kommen (BALL und VO 2001, POMMER et al. 2002).

In Vorversuch 1 war bei keinem der untersuchten Parameter ein signifikanter Einfluss der Konzentration des Kryoprotektivums, in diesem Fall Ethylenglycol, festzustellen.

Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den von MANTOVANI et al. (2002) veröffentlichten Ergebnissen, denen zu Folge Ethylenglycol bis zu einer Konzentration von maximal 3 % bei der Kryokonservierung equiner Spermatozoen eingesetzt werden kann. Laut POMMER et al. (2002) liegt eine 4 %ige Konzentrationsstufe über der osmotischen Toleranz equiner Spermatozoen und führt zu verminderten Motilitäts- und Vitalitätswerten. Hingegen bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit die Resultate von HOFFMANN (2007), aus denen hervorgeht, dass mit einem Abfall der Vitalitätswerte von Spermatozoen gerechnet werden kann, die mit einer Ethylenglycolkonzentration von über 1 % kryokonserviert wurden.

Die im Vergleich zu Glycerol stärkere osmotische Wirksamkeit von Ethylenglycol kann als Erklärungsansatz für die fehlenden signifikanten Unterschiede der hier verwendeten Konzentrationsstufen dienen. Bereits eine 1 %ige Konzentration verschiebt die Osmolalität einer Lösung beträchtlich, wenngleich sie noch innerhalb der Grenzen der osmotischen Toleranz equiner Spermatozoen liegt (HOFFMANN 2007). Die erste in Vorversuch 1 eingesetzte Konzentrationsstufe von 2,5 % kann also bereits toxisch wirken. Der Einsatz einer 2,5 %igen oder darüber liegenden Konzentration von Ethylenglycol scheint sich demnach ebenso schädlich ausgewirkt zu haben wie der völlige Verzicht auf ein Kryoprotektivum.

5.1.2 Einfluss von Glycerol

Die Verwendung permeabler Kryoprotektiva zielt auf die Vermeidung intrazellulärer Eisbildung, welche andernfalls zur Schädigung der Zellstruktur und nachfolgend zu einem Motilitätsverlust führen würde. Damit permeable und nicht-permeable

jedoch bekannt, dass hohe Konzentrationen permeabler Kryoprotektiva einen osmotischen und toxischen Effekt auf die Zelle haben (SHERMAN 1973, FAHY 1986, PEGG und DIAPER 1988, SHAW et al. 2000). Bei der Vitrifikation von Zellen galt die Verwendung extrem hoher Konzentrationen einer Kombination permeabler und nicht-permeabler Kryoprotektiva lange Zeit als Dogma. Es wurde angenommen, dass eine Konzentrationen dieser Substanzen von mindestens 50 % nötig sei, um die Zone stabiler Vitrifikation zu erreichen (FAHY 1988). Aufgrund ihrer letalen osmotischen Effekte können Kryoprotektiva jedoch nicht in derartig hohen (30 – 50 %) Konzentrationen bei der Kryokonservierung von Spermien angewendet werden (HOLT 1997, KATKOV et al. 1998, MAZUR et al. 2000), so dass die Vitrifikation von Spermatozoen im Gegensatz zu der Vitrifikation von Embryonen, Oozyten und Blastozysten lange Zeit erfolglos blieb. Die Verwendung extrem hoher Kühlraten und kleiner Probenvolumina verringert zwar die erforderliche Konzentration von Kryoprotektiva, war jedoch über Jahre aufgrund der eingeschränkten zur Verfügung stehenden technischen Gegebenheiten nicht möglich (LIEBERMANN et al. 2002). Bisher wurde davon ausgegangen, dass bei der Kryokonservierung von Spermatozoen nicht auf den Einsatz eines Kryoprotektivums verzichtet werden kann.

Von Erfolgen bei der Vitrifikation humaner Spermatozoen bei totalem Verzicht auf Kryoprotektiva ist erst vor wenigen Jahren berichtet worden (NAWROTH et al. 2002, ISACHENKO et al. 2004b, ISACHENKO et al. 2005). Diese Veröffentlichungen gaben Anlass für den Versuchsaufbau der vorliegenden Arbeit.

Sowohl in Vorversuch 2 als auch im Hauptversuch wurde bei der Hälfte der Proben Glycerol als permeables Kryoprotektivum verwendet, bei der anderen Hälfte der Proben wurde vollständig auf die Verwendung von Kryoprotektiva verzichtet.

In Vorversuch 2 konnten keine signifikanten Unterschiede in Abhängigkeit von der Verwendung von Glycerol festgestellt werden.

Wird der Einfluss des Aufbereitungsverfahrens außer Acht gelassen und lediglich der Einfluss des Glycerols unter Berücksichtigung des angewendeten Gefrierverfahrens betrachtet, so ist im Hauptversuch festzustellen, dass ein signifikanter Einfluss nur in Bezug auf den Anteil vorwärtsbeweglicher Spermien (sowohl bei den auf konventionelle als auch auf vitrifikationsähnliche Art kryokonservierten Proben) und

den Anteil membranintakter Spermien (nur in der konventionell kryokonservierten Gruppe) zu finden ist. Unter Verwendung von Glycerol wurden in den erwähnten Fällen die besseren Ergebnisse erzielt. Bei weiterer Differenzierung dieser Gruppen anhand ihrer Aufbereitung sind so gut wie in keinem Fall signifikante Unterschiede in allen untersuchten Parametern mehr festzustellen. Die DNA-Integrität wird in keinem Fall von der Verwendung von Glycerol beeinflusst. Dieses Ergebnis ist unabhängig von der angewendeten Gefriermethode.

Möglicherweise sind diese Ergebnisse darauf zurückzuführen, dass bei dem vitrifikationsähnlichen Verfahren Kühlraten erzielt wurden, die keine Eiskristallbildung zustande kommen ließen, so dass hier auf die Verwendung permeabler Kryoprotektiva zur Verhinderung der intrazellulären Eisbildung verzichtet werden kann. Auch ISACHENKO et al (2004a) stellten fest, dass die DNA-Integrität humaner Spermatozoen weder von der Art der Kryokonservierung, noch von dem Einsatz eines Kryoprotektivums abhängig war und stimmen in soweit mit den hier vorgestellten Ergebnissen überein. Jedoch erzielten sie bei der Vitrifikation der Spermatozoen bessere Ergebnisse in Bezug auf die Vorwärtsmotilität, wenn auf den Einsatz eines Kryoprotektivums verzichtet wurde. Die konventionelle Kryokonservierung der Spermatozoen ohne Kryoprotektivum führte im Vergleich zu der konventionellen Kryokonservierung mit Kryoprotektivum zu einem signifikanten Motilitätsverlust.

Der Prozess der Tiefgefrierung, der den Auftauvorgang einschließt, führt zu signifikanten Schäden der Spermienchromatinstruktur humaner Spermatozoen (ROYERE et al. 1988, 1991, HAMMADEH et al. 1999, DONNELLY et al. 2001). Das Ausbleiben signifikanter Unterschiede zwischen den Gefriermethoden in Abhängigkeit von der Verwendung von Glycerol in Bezug auf die Spermienchromatinstruktur lässt die Vermutung aufkommen, dass bei beiden Verfahren ähnliche Faktoren die Minderung der Spermienqualität nach Kryokonservierung hervorrufen. Diese Faktoren bestehen jedoch nicht in der intrazellulären Eisbildung, die ja durch die Verwendung eines permeablen

bei der Kryokonservierung osmotische Imbalancen während des Auftauprozesses, nicht aber die intrazelluläre Eisbildung verantwortlich sind. Bei Kühlraten von 0,3 bis 3000 °C/min fanden sie weder bei gefrorenen, noch b ei aufgetauten humanen und equinen Spermatozoen Anzeichen für intrazelluläre Eisbildung. Durch toxische und osmotische Effekte der Kryoprotektiva kann der Schädigungsmechanismus ebenfalls nicht erklärt werden. Andere Studien, die den Anteil geschädigter DNA in humanem nativem und kryokonserviertem Sperma verglichen, stimmen mit den erzielten Ergebnissen überein. Die Kryokonservierung erfolgte bei den Untersuchungen für diese Studien mittels Einfrierautomaten sowie per Schockgefrierung. Beide Methoden wurden mit und ohne Verwendung eines Kryoprotektivums durchgeführt.

Die größte Korrelation bestand zwischen nativem Sperma und solchem, das ohne Kryoprotektivum schockgefroren wurde (DUTY et al. 2002). EVENSON et al. (1991) konnten keinen Unterschied der SCSA-Ergebnisse zwischen kryokonserviertem und nicht-kryokonserviertem Sperma feststellen, unabhängig davon ob das Sperma schockgefroren oder langsam eingefroren wurde.

Die Ursachen für die Abnahme der Spermienmotilität nach Kryokonservierung sind nicht vollständig aufgedeckt. Sie können in mechanischer, aber auch chemisch-physikalischer Ätiologie begründet sein. Der in der Änderung der Lipidphasenverschiebung und steigender Lipidperoxidation begründete Schaden intra- und extrazellulärer Membranen (ALVAREZ und STOREY 1992, MOSSAD et al.

1994) resultiert in einer verminderten Spermiengeschwindigkeit und einem abnehmenden Anteil progressiv motiler Spermatozoen (CRITSER et al. 1987, KEEL et al. 1987, MOSSAD et al. 1994, WATSON 1995). Ursächlich für die vermehrte Lipidperoxidation ist die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ALVAREZ und STOREY 1992). In der Gruppe der konventionell kryokonservierten Gruppen sind die eben geschilderten Folgen der Kryokonservierung bei Verzicht auf Glycerol stärker ausgeprägt als unter Verwendung von Glycerol. Die Verwendung von Glycerol scheint hier also die mechanische Schädigung der Spermatozoen durch eine Reduktion der intrazellulären Eisbildung in engeren Grenzen gehalten zu haben. Des Weiteren wird Glycerol von ALMLID (1988) ein Plasmamembranschutz zugesprochen, der von ALVAREZ und STOREY (1993) bestätigt wird.

NAWROTH et al. (2002) vermuteten toxische und osmotische Effekte von Kryoprotektiva bei der Vitrifikation von Spermatozoen, was sie aus einem Abfall der Motilität im Vergleich zu der Gruppe der ohne Kryoprotektiva vitrifizierten Spermatozoen schlossen. Die konventionelle Kryokonservierung ohne Kryoprotektiva führte auch in der von ihnen vorgelegten Studie zu einem signifikanten Abfall der Motilität. Die Daten der vorliegenden Arbeit können dies nicht bestätigen.