• Keine Ergebnisse gefunden

Seit den 70er Jahren hat es zahlreiche Versuche gegeben, die Erfassung von Multimorbidität zu standardisieren. Dabei wurden einige Indizes international publiziert und vielfach auch von anderen Wissenschaftlern in unterschied-lichen Kontexten angewendet, wie zum Beispiel der „Chronic Disease Score (CDS)“ (von Korff, 1992), der „Charlson Comorbidity Index“ (Charlson, 1987) oder der „Index of Coexisting Diseases (ICED)“ (Greenfield, 1993).

Im Gegensatz dazu wurden nur wenige Studien veröffentlicht, die den Fokus auf die methodischen Schwierigkeiten bei der Entwicklung eines Index richten. Dazu zählt eine Übersichtsarbeit von Marjan van den Akker (2001), in der die methodischen Herausforderungen bei der Analyse von Multimorbidität beschrieben werden. Unter anderem werden die Unterschiede zwischen Ko- und Multimorbidität sowie methodische Probleme bei der Auswahl von Krankheiten diskutiert. Eine Schlussfolgerung ist der positive Zusammenhang zwischen der Anzahl von Erkrankungen, die in einem Index berücksichtigt werden, und der Prävalenz von Multimorbidität.

Insgesamt ist die Arbeit jedoch eher als deskriptiv und nicht als tiefergehende Analyse zu bewerten.

Ferner veröffentlichte De Groot (2003) eine Literaturanalyse zur Validität von verschiedenen Indizes inklusive deren Stärken und Schwächen. Er unterschied 13 Instrumente im Hinblick auf ihre Studienpopulationen, Anzahl von Krankheiten, Gewichtungsfaktoren, Datenquellen und Zielgrößen. Auch

er schlussfolgerte, dass der Charlson Comorbidity Index der „most extensively studied comorbidity index“ ist. Darüber hinaus machte er deutlich, dass die Gewichtungsfaktoren in erster Linie von der untersuchten Zielgröße abhängig sind.

Klabunde (2002) stellte fünf verschiedene Indizes vor, die in administrativen Daten eingesetzt werden. Ein Ergebnis des Reviews war, dass bislang nur wenige Studien Indizes im Hinblick auf ihre Anpassungsgüte miteinander vergleichen.

Angesichts dieser übersichtlichen Studienlage zur Methodik von Multimorbiditätsindizes gibt es bislang nur wenige Versuche, die größte Herausforderung bei der Entwicklung eines standardisierten Instrumentes zu überwinden. Diese besteht darin, eine optimale Abgrenzung zwischen einer möglichst vollständigen Erhebung des gesamten Krankheitsspektrums in einer Person und der Praktikabilität eines Index zu finden (Groll, 2005). Obgleich die Erfassung aller vorliegenden Erkrankungen zumindest in administrativen Daten möglich ist und auch in wenigen Studien schon angewandt wurde (siehe zum Beispiel Friedman, 2006 und van den Akker, 2006), löst diese Vorgehensweise nicht das Problem der Vergleichbarkeit von Multimorbidität zwischen verschiedenen Studien. Denn auch in diesem Fall stellt sich die Frage nach der Berücksichtigung von akuten und chronischen Erkrankungen sowie nach dem Grad der Spezifizierung, mit dem Erkrankungen erfasst werden.

Bei der Nutzung von primären Datenquellen wird allein aufgrund der räumlichen und zeitlichen Begrenzung eine Liste mit Erkrankungen benötigt, die im Rahmen von Fragebögen oder Interviews abgefragt wird. Aus der Literaturübersicht ist bekannt, dass in Indizes im Mittel 18,4 Erkrankungen berücksichtigt werden. Der Median liegt bei 14 Krankheiten. Dieser Umfang erscheint vor allem für primäre Daten sehr praktikable und wurde auch als Referenz für den im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Multimorbiditätsindex mit elf Krankheiten genutzt.

Als häufigstes Auswahlkriterium wurde die hohe Prävalenz einer Erkrankung in der Bevölkerung – häufig mit einem Fokus auf ältere Menschen – sowohl in der Literaturübersicht genannt als auch für die Entwicklung des Index auf Basis von Studienteilnehmern ≥ 65 Jahre genutzt. Insgesamt erscheint dieser Fokus angesichts des demographischen Wandels und der altersbedingten Zunahme von Multimorbidität sinnvoll (Wurm, 2005 und RKI, 2003). Auf der anderen Seite entstehen viele chronische Erkrankungen bereits in früheren Lebensjahren und ihr weiterer Verlauf ist zum Teil beeinflussbar. In Zukunft ist es daher wichtig, bei der Untersuchung von Multimorbidität auch Menschen im mittleren Lebensalter zu betrachten. Für diesen Zweck werden noch geeignete Instrumente benötigt, die speziell das Krankheitsspektrum in verschiedenen Altersgruppen erfassen.

Trotz vieler Verweise auf die Prävalenz einer Erkrankung als Auswahlkriterium für Multimorbiditätsindizes werden in nur sehr wenigen Studien konkrete Angaben gemacht. Eine Ausnahme ist eine Studie von Marangoni (2009), in der eine Mindestprävalenz von 3,0 % in der älteren Bevölkerung festgelegt wurde. Im Gegensatz dazu schließt eine deutsche Untersuchung (Schäfer, 2009) Krankheiten mit einer Prävalenz von über 25,0 % aus, um typisch altersbedingte Leiden, wie zum Beispiel Bluthochdruck, nicht zu berücksichtigen.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Festlegung einer konkreten Prävalenzgrenze dahingehend umgangen, die jeweils 20 häufigsten Diagnosen in drei verschiedenen Datenquellen zu identifizieren und zu einer Liste zusammenzufassen. Diese abschließende Liste umfasst nicht nur chronische Erkrankungen, von denen viele ältere Menschen betroffen sind, sondern die gleichzeitig eine hohe Bedeutung in verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems haben. Dieser Fokus erscheint auch aus der Public-Health Perspektive sinnvoll.

Die Definition des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) von schwerwiegender chronischer Erkrankung wurde neben der hohen Prävalenz als zweites Auswahlkriterium für multimorbiditätsrelevante Krankheiten genutzt. Der Begriff „Chronizität“ wurde bereits im Rahmen einer

Literaturanalyse näher untersucht (O`Halloran, 2004) und die verschiedenen Definitionen zusammengefasst. Demnach werden chronische Erkrankungen am häufigsten über ihre Dauer definiert, die von „prolonged duration“

(Australian Institute of Health and Welfare, 2001) bis zur konkreten Angabe einer Zeitspanne von drei bis 12 Monate reicht (Friedmann, 1996). Von vielen Autoren wurden zudem die Rezidivität als Kriterium für chronische Erkrankung angegeben (van den Akker, 2001).

Aus dieser Übersicht generierten O`Halloran (2004) eine Kriterienliste, die im wesentlichen mit der vorliegenden Arbeit übereinstimmen. Demnach werden Krankheiten als chronisch eingestuft, wenn sie mindestens sechs Monaten andauern, von wiederkehrender Natur sind, eine schlechte Prognose aufweisen und generell Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Die Festlegung einer konkreten Mindestdauer wurde jedoch auch kritisch betrachtet, da sie immer auch von den individuellen Eigenschaften der betroffenen Patienten beeinflusst ist (Clarke, 1994). Vor diesem Hintergrund ist die festgelegte Liste mit vier, beziehungsweise fünf Selektionskriterien für primäre Datenquellen nicht als starre Definition zu verstehen, sondern sie soll einen praktikablen Rahmen vorgeben, nach dem multimorbiditätsrelevante Erkrankungen ausgewählt werden.

Für die Entwicklung des Multimorbiditätsindex wurden Selbstangaben zur Prävalenz von elf chronischen Erkrankungen aus fünf bevölkerungs-bezogenen Studien genutzt. Im Gegensatz dazu werden die meisten Ko- und Multimorbiditätsstudien auf Grundlage von bestimmten Patientengruppen entwickelt (Tooth, 2008, Baldwin, 2006, von Bierbrauer, 1998). Dies führt zu einer eingeschränkten Übertragbarkeit von Indizes auf die Gesamtbevölkerung. Eine wesentliche Stärke der vorliegenden Arbeit ist daher die gezielte Auswahl von bevölkerungsbezogenen Studien aus Deutschland. Zudem wurde durch den Einschluss von Menschen ≥ 65 Jahre homogene Studienpopulationen geschaffen, die die Validität der errechneten Gewichtungsfaktoren für diese Bevölkerungsgruppe erhöhen.

Zusätzlich wurden sowohl für die Erfassung der Krankheitsprävalenzen als auch für die Bewertung des selbstberichteten Gesundheitszustandes

einheitliche Instrumente verwendet, die eine studienübergreifende Vergleichbarkeit der Ergebnisse ermöglichen.

Zwar wurden auch in anderen Multimorbiditätsstudien repräsentative Datenquellen genutzt (Cesari, 2006, Formann-Hoffmann, 2008, Min, 2007, Michelson, 2007), studienübergreifende Ergebnisse wurden bislang jedoch noch nicht ermittelt.

Für eine Einschätzung der Validität der Krankheitsprävalenzen aus Selbstangaben bieten sich aktuelle Untersuchungen zum Grad der Übereinstimmung zwischen primären und administrativen Datenquellen an.

Diesbezügliche Ergebnisse kommen vor allem aus den USA. In einer Studie (Simpson, 2004) wurden Selbstangaben und Krankenakten, die oft als „Gold Standard“ bewertet werden, in Bezug auf das Vorliegen von verschiedenen chronischen Erkrankungen miteinander verglichen. Während bei Hüftfrakturen, Parkinson, Diabetes mellitus, Krebserkrankungen und Schlaganfall ein hoher Übereinstimmungsgrad erreicht wurde, wurden bei anderen Erkrankungen, wie bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK), Bandscheibenvorfällen, Osteoporose, Arthrose und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) eher niedrige Werte gemessen.

In einer anderen Studie (Bayliss, 2005) lag die durchschnittliche Sensitivität von Selbstangaben im Vergleich zu Krankenakten bei 75 % (Spannweite 35-100 %) und die mittlere Spezifität bei 92 % (Spannweite 61-35-100 %). Die Krankheiten mit der höchsten Sensitivität waren Asthma, Rückenschmerzen, Erkrankungen der Schilddrüse, Übergewicht und Diabetes und die niedrigste Sensitivität wurde bei Erkrankungen der Nieren, der Herzkranzgefäße sowie bei neurologischen Krankheiten erreicht. Negativ auf den Grad der Übereinstimmung zwischen Selbstangaben und Krankenakten wirkten sich abnehmende Kognition und Bildung, steigendes Alter sowie das gleichzeitige Vorliegen von mehr als vier Erkrankungen aus (Simpson, 2004).

In Krankenkassendaten wird die tatsächliche Zahl der vorliegenden Erkrankungen zudem eher unterschätzt (Kieszak, 1999). Insgesamt ist die Korrelation zwischen Krankheitsangaben in Fragebögen und medizinischen

Daten – zumindest in den USA - jedoch als ausreichend gut zu bewerten (Katz, 1996 oder Kriegsmann, 1996). In Deutschland ist die Validität von verschiedenen Datenquellen noch immer unzureichend erforscht. Hier sind weitere vergleichende Untersuchungen notwendig.

In der vorliegenden Arbeit sprechen ähnliche Angaben zur Prävalenz von multimorbiditätsrelevanten Erkrankungen in den verschiedenen Studien insgesamt für eine ausreichende Validität. Allerdings sind auch einzelne Abweichungen bei den Krankheitsprävalenzen zu erkennen, die nur zum Teil auf methodische Unterschiede zurückzuführen sind. So ist der hohe Anteil von Personen mit Arthrose im Bundesgesundheitssurvey 1998 (56,0 % im Vergleich zu 15,2 % bis 21,4 %) dadurch bedingt, dass zusätzlich auch nach Gelenk-verschleiß gefragt wurde. Herzinfarkt hat in der SHARE-Studie eine sehr hohe Prävalenz, da auch andere Herzkrankheiten berücksichtigt wurden.

Andere auffällige Abweichungen können jedoch auf Grundlage der vorliegenden Informationen zu den Studien nicht erklärt werden. Dazu zählt die Häufigkeit von Bluthochdruck in der SHARE-Studie sowie von Schlag-anfall, Herzinfarkt und Krebs in der SHIP-Studie. Eine Überprüfung der Angaben, beispielsweise durch eine nochmalige Befragung der Studienteil-nehmer oder durch einen Vergleich mit Krankenkassendaten, wäre zwar sinnvoll, würde jedoch über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

Im Hinblick auf die Gewichtung von Erkrankungen kommen einige Multimorbiditätsstudien zu dem Ergebnis, dass mit einer Erfassung des Schweregrades jeder Krankheit der Anteil der erklärten Varianz von verschiedenen, vor allem subjektiven Gesundheitsoutcomes erhöht wird (Byles, 2005, Crabtree, 2000). Die Autoren vermuten, dass der Schweregrad von Erkrankungen eng mit den wahrgenommenen Beeinträchtigungen durch Multimorbidität assoziiert ist. Dazu gehören zum Beispiel auch die körperliche Funktionsfähigkeit, das Konzept der Selbstwirksamkeit, das heißt die Zuversicht mit der eigenen Erkrankungen zurechtzukommen, sowie die finanziellen Belastungen, die mit Multimorbidität einhergehen (Bayliss, 2008).

Mit dieser Methode kann nicht nur der mittlere Schweregrad von Erkrankungen als Gewichtungsfaktor berechnet werden, sondern auch der

individuelle Einfluss jeder Krankheit auf andere subjektive Endpunkte, wie zum Beispiel die körperliche Funktionsfähigkeit oder Lebensqualität. Allerdings steigt der Erhebungsaufwand, wenn in Studien zusätzlich die Schwere jeder Erkrankung anhand von mehrstufigen Skalen erfasst wird (Groll, 2005). Zudem eignet sich dieses Verfahren nicht für objektive Zielgrößen.

Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit ein neuer Ansatz entwickelt, der sich dafür eignet, Gewichtungsfaktoren sowohl für subjektive als auch objektive Endpunkte auf der Grundlage einer repräsentativen Datenbasis zu berechnen. Dies wurde am Beispiel der Auswirkungen von chronischen Erkrankungen auf den selbstberichteten Gesundheitszustand gezeigt. Multimorbiditätsindizes mit validierten Gewichtungsfaktoren können in Zukunft in vielen epidemiologischen Studien eingesetzt werden, ohne dass dadurch der operative Aufwand erhöht wird.

Insgesamt erscheint es sinnvoll, auf der Grundlage einer fest definierten Liste von Erkrankungen verschiedene Gewichtungsfaktoren in Abhängigkeit von der interessierenden Zielgröße zu generieren (Bayliss, 2005). Dabei ist es wichtig, die Liste mit multimorbiditätsrelevanten Erkrankungen und die Gewichtungsfaktoren regelmäßig zu aktualisierten (Zavascki, 2007), um Veränderungen im Krankheitsspektrum und den Behandlungsmethoden angemessen zu berücksichtigen.

Eine allgemeine Einordnung der Gewichtungsfaktoren gestaltet sich schwierig, da existierende Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Krankheiten und dem selbstberichteten Gesundheitszustand erstens selten und zweitens auch sehr heterogen sind. Unterschiede bestehen im Hinblick auf die erfassten Krankheiten, Studienpopulationen, Zielvariablen und die verwendeten statistischen Verfahren.

Am besten eignet sich noch eine Studie von Perruccio (2007), der die Auswirkungen von 13 Erkrankungen ebenfalls auf den dichotomisierten, selbst berichteten Gesundheitszustand untersuchte. Ein Schlaganfall und Herzerkrankungen zeigten einen hohen Einfluss mit Odds Ratios zwischen 2,6 und 2,7. Diabetes und Arthrose hatten mittlere Auswirkungen (OR = 2,3 bis

2,4) und Personen mit Bluthochdruck berichteten etwa doppelt so häufig (OR = 1,9) einen mittelmäßigen bis schlechten Gesundheitszustand im Vergleich zu den nicht Erkrankten.

Tooth (2008) gewichtete Krankheiten anhand ihres Einflusses auf Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) sowie auf einzelne Dimensionen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF-36). Auf der ADL-Skala zeigten vor allem die Alzheimer-Erkrankung, Schlaganfall sowie Krebs und Knochen-brüche durch Stürze hohe Auswirkungen mit Odds Ratios zwischen 2,5 und 18,8. Beim SF-36 hatte Arthrose einen auffällig hohen Einfluss auf der Schmerz-Skala, während ein Schlaganfall, Depression, Schmerzen in der Brust und Angststörungen über alle acht Subskalen hohe Werte erreichten. Mittlere Einflüsse auf den acht SF-36 Subskalen wiesen Herzerkrankungen, Inkontinenz, Diabetes und Osteoporose auf.

In bevölkerungsbezogenen Daten aus Kanada (Groll, 2005) wurden Krankheiten gemäß ihres Einflusses auf die körperliche Funktionsfähigkeit (Subskala des SF-36) gewichtet. Hohe Auswirkungen wurden insbesondere bei Arthrose, Osteoporose, Schlaganfall, Herzinfarkt und neurologischen Krankheiten beobachtet.

Insgesamt unterstützt der Vergleich mit anderen Studien die Validität der errechneten Gewichtungsfaktoren. Einheitlich zählt der Schlaganfall und Herzinfarkt zu den Krankheiten mit den höchsten Auswirkungen auf den selbstempfundenen Gesundheitszustand. Mittlere Einflüsse sind beim Diabetes mellitus und bei der Arthrose zu beobachten, während sowohl in der Studie von Perrucci (2007) als auch in der vorliegenden Arbeit Hypertoniker übereinstimmend eine um das 1,9-fach erhöhte Chance für einen mittelmäßigen bis schlechten Gesundheitszustand aufweisen.

Die relativ geringen Auswirkungen von Krebserkrankungen können gegebenenfalls durch den „Suvivor-Bias“ erklärt werden. Menschen, die bereits an einem bösartigen Tumor gestorben sind, sind nicht mehr in der Lage, an einer späteren Befragung teilnehmen. Da nach der Lebenszeitprävalenz gefragt wird, können die Krebserkrankungen der

Überlebenden relativ weit zurückliegen und kaum noch Auswirkungen auf den aktuellen Gesundheitszustand haben. Die gleichen Effekte sind möglicherweise auch beim Herzinfarkt zu beobachten, da das mittlere Alter der Studienteilnehmer bei 70 bis 72 Jahre liegt, ein Herzinfarkt aber häufig früher auftritt (Byles, 2005).

Im Hinblick auf die Anpassungsgüte der Regressionsmodelle ist die erklärte Varianz beim selbstberichteten Gesundheitszustand von pseudo-R² = 14,5 für den gewichteten und pseudo-R² = 13,8 für den ungewichteten Index mit den Ergebnissen anderer Studien vergleichbar. In einer Untersuchung von Perkins (2004) zur Vorhersagestärke verschiedener Indizes von Mortalität und Gesundheitskosten wurden adjustierte R²-Werte von maximal 16,4 erreicht.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob der gesamte Ansatz, Multimorbiditäts-indizes auf die Erfassung von chronischen Erkrankungen zu beschränken, sinnvoll ist. Incalzi (1997) konnte diesbezüglich nachweisen, dass ein schlechter Ernährungszustand den Endpunkt Mortalität besser erklärt als die Anzahl chronischer Erkrankungen. Dies spricht für Indizes, die zusätzlich zu vorliegenden Krankheiten noch mit einer Frage den allgemeinen Gesundheitszustand erfassen (Jencks, 1988). Hier ist weiterer Forschungs-bedarf erkennbar.