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Ein Beispiel aus politischen Kommunikationsnetzen

Wie konnten im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert (in den Grenzen des Deut-schen Reiches) brisante Neuigkeiten und daran geknüpfte Dispositionen verbreitet werden? Wie ließen sich vor der Erfindung des Radios, des Fernsehers, des Internets, in einem Zeitalter mit kaum entwickelter Infrastruktur große und dazu häufig analphabetische Teile der Bevölkerung rasch informieren? Selbst in der Abgeschlossenheit kleinerer Städte und ländlicher Gegenden?

Und inwieweit wurde dabei der Entwurf eines gemeinschaftlichen Selbstbildes, etwa im Sinne eines deutschen Volkes, angeregt?

Noch vor den empirischen Mühen lässt sich an dieser Stelle zeigen, wie die zwei umrissenen Pro-blemkreise miteinander zusammenhingen: Denn jene kommunikativen Strukturen, mit denen große Teile der Öffentlichkeit erreicht und aktuelle Mitteilungen sowie Vorschriften popularisiert werden konnten, sollten zugleich deren Relevanz- bzw. Geltungsbereiche und damit eine gemein-same Grenze markieren. Tatsächlich hatten nicht alle Rezipienten die offerierten Daten für sich zu akzeptieren, sondern nur jene, die in der entsprechenden politischen Einflusssphäre lebten.

Abb. 11: Beispiel einer neuzeitlichen Informationskultur1

1 DÖRBECK, F.B.: „Oho! Bange machen gelt nich!“ Kolorierte Lithographie. In: Berliner Redensarten. 36 numerierte Tafeln. Hg.v. d. Gebr. GROPHIUS. Bl.4.

Mit der 11. Abbildung gerät die Kultur des Anschlages, der Bekanntmachung, der Affiche und Verfügung in das Blickfeld. Auch wenn zu dieser Quellengattung innerhalb der Geschichtswissenschaft bis-lang kaum gearbeitet wurde, lassen sich einige Positionen voraussetzen:

Grundsätzlich standen Anschläge im Schnittpunkt verschiedener Traditionen und Genre, mit ihnen wurde nicht nur das Arbeitsfeld der mittelalterlichen Herolde aufgelöst, sie eröffneten zugleich die Frühgeschichte des Plakates2 und damit ein neues Niveau der Werbung und Rekla-me.

Zeitlich lässt sich diese Phase nur vage fixieren. Ihren Anfang nahm sie wohl vor den großen neuzeitlichen Zäsuren. Zumindest der Brockhaus von 1864/68 gibt dies vor: „Am frühesten ent-wickelte sich das neuere Affichewesen in Frankreich, wo schon 1407-1417 königl. Patente gegen das Anheften von aufrührerischen Plakaten und Pasquillen ergingen [...] Mit der vermehrten Be-nutzung dieses Mittels der Veröffentlichung und zugleich der Ausbildung des Systems der polizeilichen Ueberwachung wuchs auch die Aufmerksamkeit, welche die Regierungen dem Gegenstande widmeten, und es bildete sich allmählich ein eigenes, auch nach Deutschland übergangenes Affichenrecht aus.“ 3 Wie gegenwärtig diese Kultur noch im 19. Jahrhundert war, zeigen spätere Fälle: So erhielt in Wien der Inhaber einer Dekorationsfirma am Februar 1832 ein Patent auf die Erfindung eines Rahmens, in den Anschlagzettel eingehängt werden konnten. In Paris hingegen war die Plakatsäule seit Anfang der vierziger Jahre bekannt; in Berlin wurde die erste nach ihrem Erfinder benannte Litfasssäule am 01. Juli 1855 in Betrieb genommen4.

Ausgeführt wurde die notwendigen Dienste von einem besonderen Berufsstand: Tatsächlich zählten die Zettel- oder Plakatankleber lange zum festen Bestand des kaufmännischen Gewerbes.

Noch LEOPOLD VON ZEDLITZ vermerkte5: „Sie tragen die Zettel und Avisen herum, und kleben dergleichen an den Straßen- Ecken auf. Außerdem unterhält man auch mit Drahtgittern versehe-ne Kasten, in deversehe-nen dergleichen Zettel angeklebt werden. Sie gehen bei der Ausübung ihrer Funktion jetzt gewöhnlich in blauen Rheinischen Hemden, haben einen blechernen Behälter mit dem Klebmaterial vor der Brust und führen kleine Leitern bei sich.“ Zwei Jahrzehnte später wie-derholte ROBERT SPRINGER6: „Die Zettelankleber in blauer Bluse, den Kleistertopf aus Messing am Gürtel, verzieren die Ecken und Straßenpumpen mit den großen Zetteln, welche Lust- und Trauerspiele, Opern und Possen, Tanz- und Reiterkünste, Beethovensche Symphonien und Gunglsche Walzer, verlorene Hunde und gestohlene Brieftaschen ankündigen. Vor zwanzig Jah-ren machte ein Egoist die Erfindung, die öffentlichen Anschläge in Kästen mit Drahtgittern

aus-2 Vgl. HENATSCH, M.: Die Entstehung des Plakats. Eine rezeptionsästhetische Untersuchung. Hildesheim 1995.

S.15ff. Zudem: FERRY, A.: Galerie der Straße. Die großen Meister der Plakatkunst. F.a.M. 1990. RADEMACHER, H.:

Das deutsche Plakat. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Dresden 1965.

3 Zit. nach: HENATSCH, M.: Die Entstehung des Plakats. S.17f.

4 Vgl. RADEMACHER, H.: Das deutsche Plakat. S.17.

5 ZEDLITZ, L.V.: Neuestes Coversations- Handbuch für Berlin und Potsdam. Bln. 1834. S.825.

6 Zit. nach KNOBLOCH, H.: Der Berliner zweifelt immer. Bln. 1977. S.64.

zuhängen, aber die Kollegen litten dieses Abschließsystem nicht; Zeit, Wetter und nächtliche Gewalttaten zerstörten die Gitterkasten und die Kleisterfreiheit errang den Sieg.“

Die (kommunikativen) Erwartungen, die an einen Anschlag geknüpft wurden, schienen dreige-teilt: Er sollte schnell - nachhaltig - viele der potentiellen Adressaten erreichen. Demgemäß musste er das vorübergehende Publikum animieren, stehenzubleiben und zu lesen, er sollte seine Aussage verdichtet, ähnlich einem Telegramm, vor Augen führen, ohne durch zu starke Komprimierung diese Aussage bruchstückhaft und dadurch falsch oder unverständlich erscheinen zu lassen. Und:

Um eine umfassende Information zu sichern, mussten die durch Schrift oder Druck vervielfältig-ten Affichen an von weivervielfältig-ten Teilen der erwachsenen Bevölkerung besuchvervielfältig-ten Plätzen ausgestellt werden. Vor der Erfindung der ersten Säulen waren dies Häuserwände, Kolonnaden, Bäume oder Zäune in der Nähe der Rathäuser, im Umkreis von Kirchen und Märkten. Gerade weil gleichzeitig an verschiedenen zentralen Punkten große Publika angesprochen wurden, konnte ein kommunikativer und mnemotechnischer Schneeballeffekt in Rechnung gestellt werden. Denn die Neuigkeiten sollten nicht nur von den einzelnen Lesern aufgenommen, sondern zugleich unter-einander, zwischen Interessierten und Ignoranten, Informierten und Illiteraten, disputiert und anschließend in die Familien und Bekanntschaften weitergetragen werden.

Schwierig gestaltet sich, darüber darf ein Blick in heutige Bibliothekskataloge nicht täuschen, die Überlieferungssituation: Denn das Schicksal des Anschlages war es, schnell verbraucht zu wer-den. Er war für den Tag gemacht und erschien nur für kurze Zeit in Dutzenden von Exemplaren, schrie die Passanten von Pilastern und Wänden an, beherrschte vorübergehend das Feld öffentli-cher Meinungen und Fragen. Er wurde angeheftet oder angekleistert, nach Ablauf seiner ‘Halb-wertszeit‘ wieder abgerissen oder überklebt, aber nur in den seltensten Fällen archiviert.

Das folgende Beispiel, das trotz dieser Unbilden überliefert wurde und hier vorzustellen ist, fin-det sich unter der Signatur Wg 789 in der Universitätsbibliothek Halle/Saale. Aufgrund seines guten Zustandes, die Rückseite weist weder Leimspuren noch Durchstiche auf, ist zu vermuten, dass dieses Exemplar nicht öffentlich ausgehängt wurde.

1. Der Anschlag beginnt mit einer Aufzählung: „Von Gottes Gnaden, Wir Heinrich der Drey zehende, Stammes Aeltester, Wir Heinrich der Zwey und Vierzigste, Wir Heinrich der Ein und Funfzigste, Aelterer und Juengerer Linie regierende Fürsten Reuß, Grafen und Herren von Plau-en, Herren zu Greiz, Crannichfeld, Gera, Schleiz und Lobenstein [...]“

Deutlich werden in diesem ersten Absatz die Absender der Affiche benannt. Darüber hinaus lassen sich bereits an dieser Stelle die politischen und räumlichen Zuständigkeiten der folgenden Daten festhalten: Angeführt werden nicht nur mit Titulatur vier Regenten der ernestinischen Fürstenfamilie, sondern auch ihre wichtigsten Besitzungen und Herrschaftszentren im östlichen Thüringen.

2. „thun kund und fügen zu wissen [...]“

Mit diesen Worten wird der eigentliche Text eingeleitet. Bemerkenswert ist die Sequenz aus zwei Gründen: Zum einen wird ohne Einschränkung die öffentliche Ausrichtung der folgenden Äuße-rungen herausgestellt. Schon hier ist also zu vermuten, dass sich der Text an sämtliche Unterta-nen des markierten Verantwortungsbereiches wandte. Zum anderen kündigt die zweite Verb-gruppe eine rechtlich durchaus verbindliche Mitteilung an. Unabhängig von Lesefähigkeiten und zufälligen Wegen durch die Kleinstadt, durch das Dorf sollte jeder Untertan seiner Pflicht nach-kommen, sich über die neuen Auflagen und Gebote zu informieren. Zumindest wurde dies ver-fügt. Oder spiegelbildlich und überspitzt: Unwissenheit schützte nicht vor Schuld und Strafe!

3. „dass zwischen den Bevollmächtigten Sr. Kaiserl. Königl. Apostolischen Majestät dem Kaiser von Oesterreich, Sr. Kaiserl. Majestät dem Kaiser aller Reussen, ingleichen Sr. Majestät dem Kö-nige von Preussen auf der einen - und dem Abgeordneten unsers Fürstl. Gesammthauses auf der andern Seite, am 29. vorigen Monats November zu Frankfurth am Mayn Allianzverträge abge-schlossen und unterzeichnet worden sind [...]“

Auch diese Sequenz erlaubt wenigstens einen Anschluss: Es ist zu fragen, weshalb sämtliche Un-tertanen über einen auf höchster Ebene (zwischen dem ernestinischen Haus und Legaten der österreichischen und preußischen Monarchie) geschlossenen Vertrag informiert werden mussten?

War dies im Angesicht äußerer Umstände notwendig? Sollten vornehmlich gemeinsame Ver-pflichtungen und Bindungen bekräftigt werden? Oder galt es mittelbar, die nicht beteiligten Par-teien als potentielle Feindbilder zu konturieren?

4. „nach welchem allerhöchstgedachte drey Monarchen den Fürstl. Reußischen Häusern von Greiz, von Schleiz, von Ebersdorf und von Lobenstein ihre Souveränität und Besitzungen garan-tiren und versichern, dahingegen diese Häusern dem Rheinbund entsagen und versprechen, gleich allen übrigen alliierten Staten zu der gemeinen Sache der Unabhängigkeit Deutschlands nach allen ihren Kräften beyzutragen und mitzuwirken.“

Der geschichtliche Hintergrund der Affiche lässt sich spätestens in diesem Abschnitt genauer fassen. Aufgrund eines Wortes: Mit dem Rheinbund wurde jene Koalition west- und süddeutscher Staaten bezeichnet, die 1806 unter dem Protektorat NAPOLEONS gegründet worden war, nach-dem dieser den größten Teil des Rheinlandes besetzt hatte. Im Juli 1806 versammelten sich 16 deutsche Fürsten in Paris, unterzeichneten die Rheinbund- Akte, erklärten im August ihren Aus-tritt aus dem Heiligen Römischen Reich und verbündeten sich de facto mit Frankreich. Darauf legte FRANZ II. die deutsche Kaiserwürde nieder und besiegelte damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches. Erst nach der Niederlage der napoleonischen Armeen in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 löste sich der Rheinbund auf, die einzelnen deutschen Staaten und Städte schlossen Frieden mit der Quadrupelallianz, bestehend aus Preußen, Russland, Großbritannien und Österreich, und richteten sich gegen die napoleonischen Okkupanten.

Der Anschlag wurde, dies zeigt die Datierung unter 3., am Ende dieser Vorgänge angewiesen.

5. „Indem Wir dies frohe Ereignis Unsern getreuen Unterthanen hier mit bekannt machen, [...]“

Nachdem das Agreement zwischen den thüringischen Fürsten und den Vertretern der Allianz nochmals herausgestellt wurde, stehen erstmals die Adressaten dieser Verfügung im Blickpunkt.

Sie bleiben allerdings anonym, ja abstrakt, was bedeuten mag, dass sich der Text nicht an eine besondere soziale Gruppierung, sondern an alle Bevölkerungsteile richtete. Darüber hinaus wer-den sie als „getreue Untertanen“ vordefiniert. Und dieser Ton setzt sich fort:

6. „ermahnen Wir sie zugleich, ihre erprobte Anhänglichkeit an Uns und Unserer Regierung hauptsächlich dadurch zu beweisen, [...]“

Wieder wird der potentielle Leser dieser Affiche positiv attribuiert. ‘Zugeschrieben‘ wird ihm eine loyale Haltung zu den Regenten als Individuen und Funktionsträger. Diese Hofierung konnte zwei Wirkungen haben: Zum einen sollte sich der Leser als ein ‘guter Untertan‘ leichter anspre-chen lassen und also eine aufgeschlossenere Haltung zu den folgenden Auflagen einnehmen.

Zum anderen wurde mit dieser Attribuierung an elementare Tugenden eines Untertanen erinnert.

Insofern ließe sich hier eine latente Disziplinierung unterstellen.

7. „dass sie die Lasten, welche der Drang der Umstände ihnen auflegt, willig tragen, und sich da-durch des Schutzes der hohen alliierten Mächte, so wie der deutschen Namens würdig zeigen.“

Interessant an dieser Sequenz sind verschiedene Sachverhalte: So bleibt der Anlass dieser Affiche ungenannt, statt dessen wird allgemeiner das Schicksal, „der Drang der Umstände“, angerufen.

(Der Feind erscheint also nur schemenhaft.) Zudem lässt sich an dieser Stelle das eigentliche An-liegen dieser Verfügung genauer fassen: Nicht nur wurden die Untertanen über neue grundlegen-de politische Konstellationen informiert, songrundlegen-dern auch aufgeforgrundlegen-dert, anstehengrundlegen-de Leistungen wi-derspruchslos zu tragen. Ihre Ergebenheit sollte als Ausdruck einer deutschen Identität und Wür-de, hier wird in affektiver Weise der Kern dieser Arbeit berührt, verstanden werden.

8. „Schloß Greiz, Schloß Schleiz, Schloß Ebersdorf und Schloß Lobenstein, den 9. Decbr. 1813.“

Dem Text folgt diese Datierung. Auch sie ist bedeutsam. Denn aus der Differenz zu dem (im dritten Abschnitt) zitierten Tag der Vertragsunterzeichnung (mit Vertretern der österreichischen und preußischen Krone) lässt sich hier die Aktualität der Affiche ableiten. Und damit womöglich etwas über ihre ursprüngliche Anziehungskraft sagen. Denn: Je gegenwärtiger eine Information war, desto größer sollte die Neugierde der Bevölkerung sein.

Die Verfügung wurde zehn Tage nach den in ihr beschriebenen Vertragsverhandlungen verfasst.

9. „Heinrich, der XLII. Jüngerer Linie Fürst Reuß, für mich und in Auftrag meiner regierenden Herren Vetter, Herrn Heinrich des XIII., Aelterer Linie und des ganzen Stammes ältesten Fürs-ten Reuß, mgl. Herrn Heinrich des LI. Und Herrn Heinrich des LVI., Jüngerer Linie FürsFürs-ten Reuß Lbd. Lbd. Lbd.“

Mit dieser Wiederholung der Verfasser, endet der Text. Und eröffnet sich die Möglichkeit, seinen Aufbau nachzuvollziehen. Tatsächlich lässt er sich in vier Konstituenten teilen: a. die Benennung der Absender, b1. die Information über eine veränderte politische Situation, b2. die Herausstellung der untertänigen Pflichten sowie c. die Datierung und erneute Aufzählung der Verfasser. Deut-lich wird mit dieser Gliederung, dass die eigentDeut-liche Botschaft (b1+2) eingerahmt wurde (durch a.

und c.), mehr noch, dass diese Rahmung einen großen Teil des gesamten Textes ausmachte. In-folgedessen sollte der Anschlag hermetisch und hochgradig autoritär wirken.

Auch die weiteren Befunde unterstreichen eine solche Annahme. Nicht nur die Verwendung von Fachbegriffen, vor allem politischen Topoi, sondern auch der eher artifizielle Satzbau7 musste eine Decodierung des Zeichens erschweren. Und zunächst Unkundige und Ungebildete aus dem angelegten Kommunikationsakt exkludieren. Gleichwohl lässt sich ein Transfer in diese Kreise annehmen. Denn die erfolgreichen Leser konnten unter den Umstehenden als autoritative Ver-mittler fungieren und auf Nachfragen den Inhalt der Verfügung vereinfacht wiedergeben. Dass nachgefragt wurde, dass auch analphabetische Publika ein Interesse für neu ausgestellte Mittei-lungen zeigten, zeigen mussten, signalisierte die zweite Sequenz des untersuchten Textes. Denn hier wurde die Inkenntnisnahme des Anschlages generell verfügt.

Vermittelt werden konnten mit dem vorgestellten Beispiel auf verschiedenen Ebenen gemeinsa-me, gemeinschaftliche Bezugsgrößen: So wurde mit den ernestinischen Fürsten und ihren Herr-schaftssitzen Punkte eines räumlichen und politischen Zuständigkeitsbereiches fixiert. Zudem sollten die zitierten Regenten als Entscheidungszentren der politischen Ordnung und damit als gemeinsame (und gemeinschaftsbestimmende) Pole fungieren.

Doch diese Ordnung scheint sekundär. Denn tatsächlich zeichnete die Bekanntmachung der Für-sten Reuß, Grafen und Herren von Plauen, Herren zu Greiz, Crannichfeld, Gera, Schleiz und Lobenstein ein überregionales Niveau vor: Immerhin wurde auf die bedeutsamsten Machtzentren des Deutschen Reiches, Seine Kaiserliche Königliche Apostolische Majestät, den Kaiser von Oesterreich, Seine Kaiserliche Majestät, den Kaiser aller Reussen und Seine Majestät, den König von Preussen, verwiesen. Darüber hinaus wurde der deutsche Geist, die ‘Würde des deutschen Namen‘ und also indirekt eine patriotische Gesinnung im Sinne eines altehrwürdigen Selbstbildes herausgestellt. Auch die Betonung „der gemeinen Sache der Unabhängigkeit Deutschlands“ (im vierten Abschnitt) sollte eine solche Position implizieren. Und zwar ausnahmslos bei allen deut-schen Rezipienten.

7 So setzt sich der erste Satz aus 156 Elementen, der zweite immerhin noch aus 57 Elementen zusammen.