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Eigenschaften der dichten Tongesteine (Schiefergasgesteine)

Im Dokument 53/2014 (Seite 52-59)

4 Geologie und Hydrogeologie des flachen und tiefen Untergrunds

4.4 Eigenschaften der dichten Tongesteine (Schiefergasgesteine)

Der Gasgehalt der dichten Tongesteine (Schiefergasgesteine) ist in Deutschland noch nicht in einem für die Aufsuchung notwendigem Detailgrad bewertet worden. Aus den USA sind Gas-gehalte zwischen 20-85% (adsorbiert) der Gasporosität von 1-5% des Gesteinsvolumens bekannt und nur etwa 1-8% der Gesteinsporen enthalten Wasser. Dichte Tonsteine besitzen

Permeabilitäten zwischen <10-6 mD und 10-3 mD (siehe Abb.8) mit Porositäten von 4 bis 15%.

Näheres bei Burri et al. (2011) und Lopez & Aguilera (2013). Die in Abb.8 dargestellte Unter-scheidung zwischen konventionellen Lagerstätten und unkonventionellen Lagerstätten ist nach der Mitteilung der EU Kommission vom Januar 2014 durch den Begriff

„Hochvolumen-Hydrofracking“ ergänzt. Darunter wird das „Einpressen von mindestens 1000m3 Wasser je Frackingphase oder von mindestens 10.000m3 Wasser während des gesamten Frackingprozeses in ein Bohrloch“ verstanden.

Abb. 9: Übersicht von unkonventionellen und konventionellen Gasreservoiren

Heffernan, 2013

Tongesteine können einen unterschiedlich hohen Gehalt an organischen Anteilen (total

organic carbon, TOC) enthalten. Bei TOC-Gehalten von über 2% sind dichte Tongesteine für die Schiefergasaufsuchung prinzipiell geeignet (BGR, 2012; EIA, 2013). Der organische Anteil ist in

der Regel auf Kerogen7 zurückzuführen. Kerogen ist i.d.R. durch Gehalte an uranhaltigen Sal-zen radioaktiv. Dichte Tongesteine mit einem hohen Anteil an adsorbiertem Gas sind daher häufig radioaktiv (D`Huteau et al., 2011). Das Monitoringkonzept trägt diesem Sachverhalt bei der Auswahl der zu analysierenden Parameter Rechnung.

7 Definition: Kerogen ist organische Substanz, aus der bei geologischer Versenkung und Aufheizung Kohlenwasser-stoffe gebildet werden. Es ist die häufigste Form von organisch gebundenem Kohlenstoff in der Erdkruste. Ein Mindestgehalt an organischer Substanz ist Voraussetzung für die Bildung von gashaltigen Schiefern.

5 Fracking

5.1 Rissausbreitung

Sowohl für die optimale Platzierung der Bohrung als auch für die Stimulation von Fracs ist das lokale Spannungsregime im Untergrund von essentieller Bedeutung. Wichtig ist dabei, zu ver-stehen, wie sich der Lagerstättenhorizont einschließlich des existierenden natürlichen Störungs- und Kluftsystems bei den auftretenden Drücken während der Bohr-, Stimulations- und Gewin-nungsphase verhält. Nur durch diese Kenntnisse kann eine Prognose der Frac-Ausbreitung un-ter schwierigen geologischen Rahmenbedingungen, wie sie bei der Schiefergasgewinnung auf-treten, hinreichend genau durchgeführt werden. Ein Beispiel aus dem Marcellus Shale zur Frac-Ausbreitung durch Überwachung mit Mikroseismik ist als Abb. 9 beigefügt (Warpinski, 2013).

Abb. 10: Mikroseismische Darstellung der Frac-Ausbreitung für zwei benachbarte Horizontalbohrungen

Hinweis: rote bzw. blaue Punkte: entsprechen mikroseismischen Ereignissen ausgehend von der jeweiligen Horizontalstrecke Warpinski, 2013

Wie Abb. 10 und Abb. 12 aufzeigen, ist die Frac-Ausbreitung von dem zum Zeitpunkt der Sti-mulation vorherrschenden Spannungsfeld abhängig. Zudem spielen die Schichtlagerungsver-hältnisse und die Gesteinseigenschaften des Zielhorizonts eine Rolle. Ferner ist entscheidend, in welcher Höhe innerhalb des Zielhorizonts die Stimulation geplant ist.

Abb. 11: Frac-Ausbreitungsberechnung mit Spannungsprofil

BGR, 2012

Die Rissweiten der künstlich, überwiegend mit „Slickwater“ (für weiterführende Diskussionen zum Thema Frac-Fluide siehe auch Kapitel Flowback) erzeugten Risse in dichten Tongesteinen (Schiefergas) liegen normalerweise im Bereich von mehreren Millimetern (Burri et al., 2011).

Der Begriff „Slickwater“ bedeutet, dass die Fracturing-Flüssigkeit eine geringere Viskosität als normales Wasser hat und deswegen „besser“ fließt (Shale Gas information Platform der BGR (SHIP)). Die unten stehende Abbildung zeigt die hydraulisch erzeugten Risse im Bohrkern eines dichten Tongesteins nach Fracbehandlung (Abb.11).

Abb. 12: Durchbohrter Frac

Vincent, 2013, abgeändert. Hinweis: grüne Linien repräsentieren natürlich vorhandene Klüfte, vor der Frac-Maßnahme.

Hinsichtlich des Grundwasserschutzes stellen Fisher & Warpinski (2011) fest, „dass die vertikale Frac-Ausbreitung vom stimulierten Frac-Horizont nach oben bis 700 m unter Tage begrenzt ist"

sowie aufgrund des Stressfelds der Erde und der Gesteinseigenschaften maximal 600 m vertika-le Ausdehnung hat. Dadurch, dass die überwiegende Anzahl der Trinkwasseraquifere nur in Teufen bis 300 m vorkämen, würden Fracs daher diese nicht erreichen können. Da in

Deutsch-Injektionsbohrung

land die Trinkwasseraquifere lokal bis 1.000 m unter Gelände vorkommen können (z.B.

Molassebecken in Süddeutschland), trifft diese These nicht überall auf Deutschland zu.

Um eine ungewünschte Frac-Ausbreitung zu vermeiden, ist es unabdingbar, folgende Betrach-tungen vorab durchzuführen:

1. Bestimmung der Lage der horizontalen Hauptspannungsrichtungen (σmax und σmin; siehe Abb.12) zur optimalen Ausrichtung der Bohrung sowie der Fracs;

2. Quantifizierung der natürlich auftretenden Störungs- und Kluftdichte;

3. Bestimmung von Typ und Orientierung des Störungs- und Kluftsystems relativ zu der maximalen horizontalen Spannungsrichtung;

4. Analyse der Wechselwirkungen zwischen bestehenden und nachfolgenden Fracs bei engsitzenden Bohrungen und bei mehrfachen, zeitlich nacheinander erfolgenden Frac-Vorgängen;

5. Bestimmung der Frac-Gradienten.

Abb. 13: Horizontalbohrung im Tightgas mit fünf gefrackten Segmenten

WEG, abgeändert

Um die oben genannten Punkte 1), 3), und 4) zu verifizieren, empfehlen wir die Durchführung von live-mikroseismischen Messungen oder Tomographic Fracture Imaging™ (Lacazette & Gei-ser, 2013) in geeigneten Bohrungen. Dies sollte z.B. bei der in Kap. 8.4.6 vorgeschlagenen

σmax

σmin

Grundwassermessstelle 300 m oberhalb des Horizonts angewendet werden, um die Frac-Ausbreitung beobachten zu können und ggfs. die Frac-Technik entsprechend der Ergebnisse nach einem vorher festgelegten Schema (Ampelsystem) anpassen zu können. Bei flachgründi-gen Bohrunflachgründi-gen kann somit auch die Minimaldistanz zwischen Frac-Obergrenze und

Trinkwasseraquiferuntergrenze von 1.000 m, wie sie auch vom LBEG gefordert wird, überwacht und eingehalten werden.

5.2 Risshöhe

Davies et al. (2012) analysierten die maximal dokumentierten vertikalen Frac-Höhen von zahl-reichen Stimulationen (induzierte Fracs) in Schiefergasgebieten in den USA (Marcellus, Barnett, Woodford, Eagleford und Niobrara) sowie von natürlich entstandenen Fracs (unabhängig von menschlichen Eingriffen) aus Lokationen in Europa und Afrika (siehe Abb. 13). Sie stellten für die künstlich erzeugten Fracs eine maximale Frac-Höhe von 588 m fest. Natürliche Fracs kön-nen durchaus höher sein. Basierend auf der Vielzahl der Daten postulierten sie eine Eintritts-wahrscheinlichkeit von 1%, dass eine Frac-Höhe von 350 m bei induzierten

Frackingmaßnahmen überstiegen wird. Allerdings weisen die Autoren nicht darauf hin, wie mächtig der jeweilige zu frackende Schiefergashorizont war und wie hoch die geplante Frac-Höhe war.

Abb. 14: Frac-Höhe und ---Ausbildung eines Fracs (rechte Abbildung)

Davies et al., 2012

6 Fluidtransport

In den vorherigen Abschnitten wurde ausgeführt, welche geologischen Bedingungen im Un-tergrund herrschen, und wie sich die Grundwasserdruckpotenziale einstellen. Darüber hinausspielt zur der Entwicklung eines Monitoringkonzeptes das Verständnis über den Fluid-transport im Untergrund eine wesentliche Rolle. Die mathematischen Hintergründe über die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Fluiden im Untergrund werden im Folgenden vereinfacht dargestellt.

Die Formel (2) beschreibt die Zusammenhänge der Fluidmigration im Untergrund. Die Ge-schwindigkeit der Ausbreitung eines Fluids ist somit von vorherrschenden Drücken, Tiefen und Temperaturen, den Fluideigenschaften, der temperaturabhängigen Viskosität der Fluide und Gase sowie den Gesteinsparametern Permeabilität und Porenvolumen abhängig:

v= к ∆ P

µ ∆ Хρ (2)

mit:

v

ist die Abstandsgeschwindigkeit, also die Geschwindigkeit des strömenden Grund-wassers [m/s] durch ein homogenes Gesteinsmedium

к

ist die Permeabilität des Gesteins [Darcy bzw. ca. 9,7 x 10-13 m2]

µ

ist die dynamische Viskosität eines Fluids [cP bzw. mPa·s] in Abhängigkeit von der vorherrschenden Temperatur im Untergrund bzw. des Fluids

∆P

ist die Druckdifferenz zwischen den betrachteten Messpunkten [Pa/m]

∆Х

ist die Mächtigkeit bzw. Dicke des jeweiligen Messintervalls [m]

Ρ

ist die Porosität des Gesteins [dimensionslos] bzw. bei Klüften oder Störungen, deren Anzahl, Öffnungsweite und Porosität.

Enthält das Fluid allerdings organische Verbindungen, so ist die Ausbreitung dieser Bestandtei-le gegenüber dem Trägerfluid durch die Adsorption reduziert. Die damit einhergehende Retar-dation hängt u.a. vom organischen Kohlenstoffanteil des Gesteins ab. Ebenso führt die Anwe-senheit von Gas in verschiedenen Aggregatzuständen zu einer zusätzlichen Komplexität des Systems hinsichtlich der Fluidmigration.

Deshalb kann es bei komplexen Bedingungen sinnvoll sein, diese Transportprozesse durch Fluidtransportmodelle zu berechnen. Basierend auf ausreichend belegbaren Kenntnissen sollte es in einer ersten Abschätzung allerdings genügen, die Abschätzung der Fluidaufstiegsmög-lichkeiten verbalargumentativ unter Berücksichtigung der Permeabilitäten, der Mächtigkeiten sowie der Druckverhältnisse vorzunehmen.

7 Identifikation der oberirdischen und unterirdischen Risiken bei der

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