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Bestimmung der endogenen N-Verluste über den Kot

4.2 Erörterung der eigenen Ergebnisse

4.2.3 Effekte der Pankreasgangligatur auf die endogenen N-Verluste

4.2.3.1 Direkter Effekt der Pankreasgangligatur auf die endogenen N-Verluste - Fehlendes Pankreassekret

Mit der Ligatur des Pankreasganges wird die Sekretion N-haltiger Verbindungen pankreatischen Ursprungs (Proenzyme, Enzyme sowie kleinmolekulare N-Metabolite wie Harnstoff) in den Dünndarm unterbunden. Daraus ergab sich die Hypothese, dass bei Fehlen des Pankreassekrets weniger endogener Stickstoff in den Dünndarminhalt gelangt und aufgrund dessen die N-Abgaben der PL-Tiere niedriger sind als bei den K-Tieren.

Zwar hatten die PL-Tiere gegenüber den K-Tieren eine signifikant niedrigere N-Konzentration im Chymus (ca. 50 %), jedoch waren im Widerspruch zu dieser ersten Hypothese die endogenen N-Mengen im Ileumchymus der PL-Tiere aufgrund der nahezu fünffach höheren Chymusmasse (g TS) signifikant höher (zweifach) als bei den Tieren der Kontrollgruppe (s. Abbildungen 9 und 11). Zum anderen fehlten den PL-Tieren zur Resorption des endogenen Proteins, die von SOUFFRANT et al. 1993; KRAWIELITZKI et al. 1994 sowie STEIN et al. 1999 auf etwa 75-80 % geschätzt wird, die Pankreasenzyme.

Um den direkten Einfluss des exokrinen Pankreas auf die endogene N-Sekretion im prc.

Bereich der hier eingesetzten K-Tiere einschätzen zu können, erfolgte ein Vergleich auf der Basis der Ergebnisse (109 mg/kg KM0,75) von CORRING et al. (1990), die eine Diät mit enzymatisch-hydrolysierten Casein (EHC) verwendeten (s. Tabelle 5). Bei Einsatz einer EHC basierten Diät werden zwar geringfügig höhere endogene N-Verluste bestimmt, als mit einer N-freien Diät (HODGKINSON et al. 2000), jedoch sind die Ergebnisse dieser beiden Methoden im Gegensatz zu Daten aus Versuchen, in denen die Tiere eine bedarfsdeckende N-Versorgung erhalten, miteinander vergleichbar.

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Bei Einsatz einer halbsynthetischen EHC-Diät würde ein pankreasgangfistuliertes Schwein mit einer Körpermasse von 12,8 kg KM0,75 (bzw. 30 kg KM) täglich etwa 1,4 g N über das Pankreassekret in den Dünndarm sezernieren (CORRING et al. 1990). Bei einer Resorptionsrate von 80 % (SOUFFRANT et al. 1993) werden täglich 1,12 g der pankreatischen N-Verbindungen pro Tier über die Darmschleimhaut wieder resorbiert, so dass täglich 0,28 g N pankreatischen Ursprungs in den Dickdarm fließen. Damit liegt beim Schwein der direkte Einfluss der N-Sekretion über das exokrine Pankreas in Bezug auf die endogene N-Anflutung im prc. Bereich (0,9 g N/KM0,75 am Tag) bei etwa 31 %, was etwas über Berechnungen von AUCLAIR et al. (1986), welche 10-20 % ermittelten, liegt.

4.2.3.2 Indirekte Effekte der Pankreasgangligatur auf die endogenen N-Verluste - Effekt der Pankreasgangligatur auf die Chymus- und Kotmenge

Die höheren Chymusmassen (uS) der K- und PL-Tieren (sowie auch die höhere TS-Masse der K-Tiere) am Tag 1 könnten zum einen auf die geringere prc. TS-Verdaulichkeit des N-haltigen Alleinfutters der Vorphase im Vergleich zur überwiegend aus Maisstärke bestehenden N-freien Diät zurück zu führen sein. Zum anderen stellte die Fistel bei der Passage der Digesta vom prc. in den postilealen Bereich eine Verengung im Magendarmtrakt dar, so dass es mehrere Tage vor Beginn des Versuchs - wie in der Studie von FUENTE–

DUEGE (2003) - zu einer Verminderung der Fließgeschwindigkeit des Chymus vor dem ersten Öffnen der Fistel kam und die Chymusmassen dadurch im ersten Intervall höher waren, als an den folgenden Tagen. Danach konnte durch die tägliche Chymuskollektion über 12 Stunden ein Stau der Digesta vor der Fistel vermieden werden. Bei den PL-Tieren kam es aufgrund der fehlenden Funktion des Pankreas zur Maldigestion und verminderten Resorption der Nährstoffe, so dass im Vergleich zur Kontrollgruppe (55,1 ± 7,69 g TS/d) signifikant höhere Chymusmassen (333 ± 63,1 g TS/d) vom Dünndarm in den Dickdarm flossen. Dies stimmte mit den Ergebnissen der vorangegangenen Studien (TABELING 1998; HELD 2001;

MANDISCHER 2002; KAMLOTT 2003; FUENTE–DUEGE 2003) überein. Infolge der signifikant niedrigeren scheinbaren prc. und gesamten TS-Verdaulichkeit der PL-Tiere (25 % und 87 %) gegenüber den K-Tieren (87 % und 91 %) stand der intestinalen Mikroflora bei den PL-Tieren sowohl im prc. (beinahe sechsfach) als auch im postilealen Bereich mehr Substrat (überwiegend Stärke) zur Verfügung, was zu einer Forcierung der mikrobiellen

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Fermentationsprozesse, bzw. der bakteriellen Fixierung kleiner N-Metabolite im prc. und im gesamten Bereich des Verdauungstraktes führte (WRONG u. VINCE 1984; METGES et al.

1999; BERGNER et al. 1986; BARTELT et al. 1994; MINIER-WILLIAMS et al. 2009).

Tabelle 59: Stärkegehalte im Kot sowie Ausscheidung und Verdaulichkeit der Stärke bei den PL-Tieren an ausgewählten Tagen nach Aufnahme des N-freien Versuchsfutters

PL-Tier Tag Kotmenge Stärkegehalt Stärkeausscheidung Stärke-VQ

g TS /d (g/ kg TS) (g /d) (%)

6 55,9 5,49 0,31 99,8

13 60,5 17,8 1,07 99,6

103

14 61,9 92,1 5,70 97,6

106 7 54,0 24,3 1,31 99,4

9 38,4 24,1 0,92 99,5

12 48,3 29,7 1,44 99,4

108

14 37,6 36,3 1,37 99,3

Die geringe prc. Stärke-VQ der PL-Tiere konnte in dieser Untersuchung durch den fermentativen Abbau der Stärke im Dickdarm (MOESSELER et al. 2006 b) kompensiert werden. Trotz der enormen Kompensationsleistung des Dickdarms wurde anhand der Stärkekonzentrationen im Kot der PL-Tiere (bis zu 92 g/kg TS) deutlich (s. Tabelle 59), dass auch nach der Passage der Digesta durch den gesamten GIT bei einem hohen Einstrom von Stärke in den Dickdarm keine vollständige Stärkeverdauung mehr stattfindet.

Folglich stand den Mikroben im Verdauungstrakt der PL-Tiere mehr Substrat zur Verfügung, als sie benötigten. Dies hatte eine höhere NH3-Absorption als bei den K-Tieren zur Folge, so dass bei den PL-Tieren mehr Stickstoff in bakterielles Protein eingebaut wurde, was höhere endogene Abgaben im Verdauungstrakt der PL-Tieren zur Folge hatte. Die höheren prc. N-Abgaben bei den PL-Tieren resultierten im Vergleich zu den K-Tieren daher unter anderem erheblich aus dem Effekt der hohen Chymusmasse.

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- Effekte auf die Chymusviskosität

Die bei den PL-Tieren längere Aufenthaltsdauer des Chymus im prc. Verdauungstrakt resultierte vermutlich aus einer geringeren Fließgeschwindigkeit bei einer höheren Viskosität des ilealen Chymus. Dieser Effekt beruhte wiederum auf dem signifikant höheren TS-Gehalt im Chymus der PL-Tiere und war auf den Mangel an Pankreasflüssigkeit und auf die fehlenden Verdauungsenzyme zurück zu führen (FUENTE- DUEGE 2003).

Eine längere Verweildauer der Digesta im prc. und gesamten Bereich des GIT bei den PL-Tieren gegenüber den K-PL-Tieren könnte neben einer hohen Substratverfügbarkeit ebenso die bakterielle N-Fixierung beeinflussen und damit eine Zunahme des ileocaecalen N-Flusses bewirken. Zum einen steigt bei einer höheren Viskosität des Chymus die „mechanische“

Belastung des Epithels (LETERME et al. 1996b), was eine gesteigerte Abschilferungsrate des Epithels der Villi und eine Vermehrung der Kryptenzellen zur Folge hat und somit die Darmmorphologie verändert (JACOBS 1983). Zum anderen hat die „Reibung“ von Chymuspartikeln auf den Epithelzellen der Darmmukosa auch einen stimulierenden Einfluss auf die Muzinsekretion und bedingt dadurch höhere endogene N-Abgaben im prc. und gesamten Verdauungstrakt (JIN et al. 1994). Eine höhere Muzinsekretion kann mit einer geringeren Resorptionsrate von Protein endogener Herkunft einhergehen (THOMPSON 1978), da Muzine evtl. abgeschilferte Epithelzellen vor der Verdauung schützen (NIMMERFALL u. ROSENTHALER 1980).

- Mangel an Bicarbonat

Die hier ermittelten signifikant niedrigeren pH-Werte im Chymus der PL-Tiere (Mittel über sechs Tage: 6,94 ± 0,43) im Vergleich zu den K-Tieren (Mittel über sechs Tage: 7,62 ± 0,33) entsprachen den Ergebnissen von TABELING (1998), HELDT (2001), MANDISCHER (2002) sowie KAMMLOTT (2003) und resultieren aus der bei Ausfall des exokrinen Pankreas fehlenden Bicarbonatsekretion (TABELING 1998; MANDISCHER 2002). Dadurch wird die Abpufferung der aus dem Magen stammenden Säure beeinträchtigt (CORRING u.

BOURDON 1976). Da die Aktivität der Verdauungsenzyme sehr stark vom pH-Wert des umgebenden Milieus abhängt, ist die Neutralisation der aus dem Magen stammenden Säure durch die Sekretion des Bicarbonats eine Voraussetzung für eine effiziente enzymatische Verdauung. Die bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz auftretende Maldigestion ist,

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abgesehen von den fehlenden pankreatischen Enzymen, auch durch eine eingeschränkte Aktivität der noch vorhandenen pankreasunabhängigen, kompensatorischen Enzyme im Magen und Darm bedingt. Vermutlich konnten auch die pankreasunabhängigen Proteasen in der Bürstensaummembran der Darmmukosa der PL-Tiere kaum endogenes Protein verdauen, da ihre Aktivität durch niedrigere pH-Werte vermindert war. Zudem ist es möglich, dass bei PL-Tieren morphologische Veränderungen der Jejunalschleimhaut, die histologisch nicht nachweisbar sind, zur Beeinträchtigung der Resorptionsleistung der Mukosa und auch zu einer geringeren Belastbarkeit des Darmepithels, bzw. Epithelabschilferungen führen können (WILLIAMS 1992), wodurch höhere N-Verluste entstehen.

- Effekte auf die Mikroflora

Obwohl man davon ausgehen kann, dass die exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) speziesübergreifend häufig eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms zu Folge hat (WILLIAMS et al. 1987) und die Mikrobenpopulation sowohl direkt als auch indirekt beeinflusst wird (s. Schrifttum), konnte im Rahmen dieser Untersuchung − wie in vorangegangenen Studien von TABELING et al. (1998) und MANDISCHER (2002), in denen ebenfalls stärkereiche Diäten eingesetzt wurden − kein signifikanter Unterschied zwischen den Keimzahlen verschiedener Keimarten (wie beispielsweise E. coli und Cl.

perfringens) im ilealen Chymus zwischen K- und PL-Tieren festgestellt werden (s. Anhang 19). Möglicherweise konnte ein Effekt der EPI auf die bakterielle Besiedlung aus methodischen Gründen nicht festgestellt werden. Als Ursache dafür könnte der Sauerstoffzutritt bei der Entnahme des ilealen Chymus nach dem Öffnen der Fistel angenommen werden (MÖSSELER et al. 2006 b). Die Implantation einer Fistel (bei K- und PL-Tieren gleichermaßen) zwischen Ileum und Caecum hat an sich eine Zunahme der Keimzahlen der Mikroorganismen im Dickdarm zur Folge (WÜNSCHE et al. 1991; ROWAN et al. 1992), was die endogenen N-Mengen beeinflusst (BUTTS et al. 1993).

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4.2.4 Vergleich der N-Fraktionen im ilealen Chymus der K- und PL-Tiere