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Eckpunkte für eine verbesserte Beihilfekontrolle

Im Dokument - Darstellung und Kritik des neuen (Seite 113-116)

TEIL IV: PERSPEKTIVEN FÜR EINE FORTENTWICKLUNG DES

12 Eckpunkte für eine verbesserte Beihilfekontrolle

menten des Umweltschutzes, die für einen über das verbindliche Gemeinschaftsniveau hinausgehenden vorsorgenden und integrierten Umweltschutz und für konkrete Bewirt-schaftungsaufgaben unerlässlich sind, wird vom derzeitigen Beihilfereglement unsach-gemäß behindert.

Vor allem wird in Bezug zum Umweltschutz und zu dem dahinter stehenden Externalitä-tenproblem die Abgrenzung von begünstigenden und den Wettbewerb verzerrenden Beihilfen einerseits und äquivalenzorientierten Entgeltelementen andererseits vorange-trieben werden müssen. Im Beihilfebegriff muss stärker die Trennung von privatem und öffentlichem Interesse reflektiert werden. Wo ausschließlich im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Allgemeinheit agiert wird, wo ausschließlich auf freiwillige Leistun-gen gesetzt wird, ohne dass dadurch die Marktpositionen und damit auch die Gewin-nerzielungsmöglichkeiten der Adressaten staatlicher Intervention verändert werden, läuft der Beihilfebegriff leer.

Soweit dies nicht in einer grundlegenden Änderung der Wettbewerbsregeln und des darin zugrundegelegten Beihilfebegriffes berücksichtigt werden kann, ist es für den Um-weltbereich zumindest erforderlich, die bisherige Grundlage des Beihilferahmens durch eine Gruppenfreistellungs-Verordnung zu ersetzen. In ihr könnten wenigstens bestimmte Gruppen von fälschlicherweise als Beihilfe eingestuften Interventionen generell als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar eingestuft werden; zudem würde dadurch größere Rechtssicherheit für die Unternehmen und die Mitgliedstaaten geschaffen. Die Rechts-qualität des Gemeinschaftsrahmens ist demgegenüber weiterhin ungeklärt.

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12 E c k p u n k t e f ü r e i n e v e r b e s s e r t e B e i h i l f e k o n t r o l l eE c k p u n k t e f ü r e i n e v e r b e s s e r t e B e i h i l f e k o n t r o l l e

Unabhängig von derartigen längerfristigen und über die Umweltschutzbeihilfen hinaus-ragenden Reformbedarfen kann die Kontrolle von Umweltbeihilfen aber auch im beste-henden Rechtsrahmen durchaus verbessert werden. Um dem gewandelten Stellenwert des Umweltschutzes im Europäischen Vertragswerk, der umweltpolitischen Strategie der Gemeinschaft und den von der Kommission entwickelten, in anderen Bereichen auch bereits umgesetzten Perspektiven gerecht zu werden, muss der Beihilferahmen dann allerdings künftig stärker als bisher folgenden Aspekten Rechnung tragen:

§ Die Aktivitäten zur Verbesserung der Umweltqualität und zur Verstärkung des Um-weltschutzes sind primär von den Mitgliedstaaten zu tragen, zu entwickeln und um-zusetzen; ihnen muss insoweit auch die freie Wahl des Instrumentariums verbleiben, insbesondere, wenn sie über die von der Gemeinschaft beschlossenen Regelungen hinaus Umweltvorsorge betreiben.

§ Dies kommt vor allem dann zum Ausdruck, wenn die Mitgliedstaaten für Teilräume und -systeme besondere Umweltqualitätsnormen und daraufhin für bestimmte Un-ternehmen verschärfte Anforderungen erlassen.

§ Insbesondere muss es den Mitgliedstaaten dabei erleichtert werden, zusätzlichen Umweltschutz auch mit Hilfe von Marktinstrumenten umzusetzen. Dazu gehört die zusätzliche Einführung oder die Erhöhung von Umwelt- und/oder Energiesteuern bzw. -abgaben. Um die Akzeptanz zur nationalen Einführung oder Erhöhung solcher Steuern zu gewährleisten, muss den Mitgliedstaaten ein hinreichender Spielraum eingeräumt werden, die steuerliche Regelbelastung in den Fällen zu senken, in de-nen einheimische Unternehmen durch solche Maßnahmen internationale Wettbe-werbsnachteile erleiden würden und Arbeitsplätze gefährdet wären.

§ Derartige Ausnahmeregelungen sind grundsätzlich so lange gerechtfertigt, wie der Grund für die Wettbewerbsnachteile – nämlich eine international unterschiedliche und unzulässige Umsetzung des Verursacherprinzips – nicht beseitigt ist. Ausnahme-regelungen können daher zwar einer zyklischen Überprüfung unterworfen, nicht a-ber durch eine starre Befristung ex ante begrenzt werden. Schließlich macht es für die Entwicklung der gemeinschaftlichen Wettbewerbs- und Umweltpolitik keinen Sinn, den Mitgliedstaaten, die keine eigenen Anstrengungen für eine Forcierung des Umweltschutzes unternehmen die aus diesem Unterlassen resultierenden Wettwerbsvorteile zu belassen, gleichzeitig aber den Unternehmen in Ländern mit be-sonders fortschrittlicher Umweltpolitik das Hinnehmen daraus folgender Wettbe-werbsnachteile zuzumuten.

§ Staatliche Interventionen zugunsten des Umweltschutzes sind nicht nur im Hinblick auf die Wettbewerbseffekte zu bewerten. Umweltschutzbelange stehen nach Art. 6 EGV gleichgewichtig neben den Wettbewerbsbelangen.

§ Das theoretisch durchaus interessante Konzept, Umwelt- und Wettbewerbsschutz durch Internalisierung der gesamten externen Umweltkosten bei den Verursachern in Einklang zu bringen, ist für die praktische Beihilfekontrolle nicht hilfreich. Die für ei-ne Internalisierung in diesem Sinei-ne notwendige moei-netäre Bewertung und Anlastung ist nicht praktikabel. Das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung, das durch staatliches Unterlassen von Umweltpolitik und durch fehlende Internalisierung von Umweltkos-ten überall besteht, ist ebenso wenig feststellbar wie der wettbewerbsverfälschende Charakter umweltpolitischer Interventionen der Mitgliedstaaten. Ob eine Beihilfe zur Senkung von Umweltschutzkosten, die bei Erfüllung von über die Gemeinschafts-normen hinausgehenden nationalen Normen entstehen würden, den Wettbewerb zusätzlich verzerrt oder entzerrt, kann infolgedessen mit Hilfe dieses Maßstabes nicht beurteilt werden.

§ Als Grundlage und Maßstab für die Beihilfekontrolle durch die Kommission kann allein die Anlastung solcher Umweltschutzkosten bei Unternehmen dienen, die zur Erfüllung der gemeinschaftsrechtlich verbindlich vorgegebenen Normen anfallen. In-soweit muss nämlich ein Konsens darüber unterstellt werden, dass die zur Erfüllung dieser Normen den Verursachern entstehenden Kostenanlastungen als

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gerecht anzusehen sind. Über dieses gemeinschaftliche Umweltschutz- bzw. Regulie-rungsniveau hinausgehende nationale Ziele, Programme und Maßnahmen sind freiwillig und folgen ausschließlich der Kompetenzausübung der Mitgliedstaaten und Regionen. Sie sind im Sinne des EG-Vertrages uneingeschränkt positiv zu werten, wenn dadurch zum einen die Umweltqualität verbessert wird und zum anderen die betreffenden Unternehmen keine zusätzlichen Wettbewerbsvorteile bzw. -nachteile erlangen. Treten zusätzliche Wettbewerbsverzerrungen auf, so sind sie gegenüber den erreichbaren Umweltverbesserungen abzuwägen. Dabei kann ein wichtiges In-diz darin gesehen werden, ob die begünstigten Unternehmen auch im Einzelfall ei-nen substanziellen Beitrag zum Umweltschutzziel leisten.

§ Zur Verwirklichung strengerer und ehrgeizigerer nationaler Ziele und Normen und zur Dynamisierung der Umweltpolitik gewinnen Beihilfen besondere Funktionen. Sie dienen entweder als reine Anreizinstrumente dazu, Unternehmen zu freiwilligen ü-berobligatorischen Umweltanstrengungen zu veranlassen. Oder sie dienen bei Fest-setzung von nationalen Umweltnormen, die strenger sind als die gemeinschaftlichen, dazu, den nationalen, auch der Gemeinschaft zugute kommenden Umweltbemü-hungen nicht durch nationale Wettbewerbsnachteile die Akzeptanz zu entziehen.

Oder sie dienen im Rahmen von nationalen Umweltsteuern bzw. anderen Marktin-strumenten dazu, Akzeptanzprobleme zu mindern und durch eine Steuerdifferenzie-rung Anreize zu freiwilligen Umweltvermeidungs- und/oder Energiesparmaßnahmen zu setzen.

§ Für den vorsorgenden und energie- sowie ressourcensparenden Umweltschutz ist es dabei von zentraler Bedeutung, dass Unternehmen immer dort, wo ihnen neben ad-ditiven Anlagen auf der Basis von End-of-Pipe-Technologien auch prozessintegrierte Umweltvermeidungsalternativen zur Verfügung stehen, ein Anreiz geboten wird, derartige „echte“, in die Produktionsverfahren integrierte Vermeidungsalternativen zu wählen. Auch im Rahmen der Beihilfepolitik sollten daher – wo dies möglich ist – nicht nur die Kosten von Umweltschutz- und Energiesparmaßnahmen, sondern auch die durch die Maßnahmen tatsächlich bewirkten definitiven Umweltentlastungen be-rücksichtigt werden. Dazu aber sind die bisherigen Verfahrensvoraussetzungen ent-scheidend zu verbessern.

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