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Der erste Kommissionsentwurf vom 27. 1. 2000

Im Dokument - Darstellung und Kritik des neuen (Seite 54-58)

TEIL II: DAS KONTROLLREGIME DER KOMMISSION FÜR STAATLICHE

6 Der neue Gemeinschaftsrahmen 2001 – der Prozess

6.1 Der erste Kommissionsentwurf vom 27. 1. 2000

6 D e r n e u e G e m e i n s c h a f t s r a h m e n 2 0 0 1 D e r n e u e G e m e i n s c h a f t s r a h m e n 2 0 0 1 –– d e r P r o z e s s d e r P r o z e s s

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Die Kommission hatte seit längerer Zeit erkannt, dass die bisherige Beihilfekontrollpraxis auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. In ihrem ersten Entwurf für einen neuen Gemeinschaftsrahmen vom 27. Januar 2000 versuchte sie, die Weichen für ein neues zukunftsfähiges Kriterien- und Prüfraster zu stellen, das sie ihrer eigenen Praxis zugrunde legen kann und das zugleich den Mitgliedstaaten und Unternehmen Rechtssicherheit im Hinblick auf die Zulässigkeit von Fördermaßnahmen und Begünstigung schaffen soll.

Die Kommission berief sich dabei vor allem auf ihre Erfahrungen mit den früheren Leit-linien und auf die Änderungen in der Umweltschutzpolitik.

Schon im ersten Entwurf hat die Kommission den Beihilferahmen auch in formaler Hin-sicht neu gestaltet. Sie hat vor allem nach einer Einleitung einen eigenen Definitionsteil vorangestellt, in dem z.B. die Internalisierung, das Verursacherprinzip und das Prinzip der Preiswahrheit und –klarheit umrissen werden; auch wenn die Kommission diese De-finitionen bereits in anderen Zusammenhängen verwendet hat – besondere Klarheit und Präzision zeichnen sie nicht aus.

Im Teil C über die Kontrolle der staatlichen Umweltschutzbeihilfen findet sich eine aus-führlichere Darstellung der „Philosophie“ der Kommission im Hinblick auf Umweltbeihil-fen. Beihilfen werden dabei – dies ist nicht neu – an den instrumentellen Rand gedrängt.

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Die Doppelaufgabe, für Umweltschutz und für einen funktionsfähigen Marktwettbewerb zu sorgen, lässt sich – nach Meinung der Kommission – am besten mit Hilfe von Inter-nalisierungsinstrumenten („Internalisierung der Umweltkosten und die auf den Marktge-setzen beruhenden Aktionsmittel“) des Verursacherprinzips erfüllen. Beihilfen im Sinne der Kommission sind daher nur in Ausnahmefällen zu rechtfertigen. Explizit in den Mit-telpunkt wird dabei die Anreizfunktion von Beihilfen gerückt. Während sie Anpassungs-förderungen, soweit sie lediglich zu einer verbilligten Erfüllung von bestehenden Gemeinschaftsnormen führen, mit Blick auf die lange Übergangs- und Anpassungsphase ablehnt, hält die Kommission Beihilfen für nützlich, „wenn sie einen Anreiz darstellen, um einen höheren Umweltschutz als den aufgrund der Gemeinschaftsnormen geforderten zu verwirklichen“ (UBR-E1, Ziffer 2138).

Eine Förderung von Investitionen zur Anpassung an Gemeinschaftsnormen war daher konsequenterweise nicht mehr vorgesehen. Investitionsbeihilfen werden prinzipiell in drei Versionen akzeptiert:

§ soweit sie dazu beitragen, dass die Gemeinschaftsnormen übertroffen werden,

§ soweit Gemeinschaftsnormen fehlen und insoweit von einer „Freiwilligkeit“ von Maßnahmen auszugehen ist,

§ und soweit Investitionen zur Anpassung an nationale Normen durchgeführt werden (müssen), die aber strenger sind als die vorhandenen Gemeinschaftsnormen.

Während die beiden ersten Arten zur Förderung von freiwilligen Maßnahmen dienen, denen keine ordnungsrechtliche Verpflichtung gegenübersteht, also Anreizfunktion ü-bernehmen sollen, tut sich die Kommission mit der dritten Gruppe schwer. Wenn näm-lich die vom jeweiligen Mitgliedstaat gesetzten rechtnäm-lichen Rahmenbedingungen – wie es die Kommission generell unterstellt – die Wettbewerbssituation für die Unternehmen vorgibt, dann können nationale Normen, die schärfer sind als die in der EU gemeinsam beschlossenen, kein Anlass für eine Beihilfegewährung sein. Eine Anreizfunktion für Un-ternehmen kann ihnen insoweit nicht zugesprochen werden. Interessant ist es, dass die Kommission für diese Beihilfegruppe dieselben Höchstsätze vorsah wie für die beiden übrigen.

Wie in vielen anderen Dokumenten (z.B. im 5. Umweltaktionsprogramm) hat die Kommission auch im ersten Entwurf für den neuen Beihilferahmen wieder die Notwendigkeit betont, die Einführung von Marktinstrumenten zu unterstützen (UBR-E1, Ziffer 19). Sie drängt darauf, Maßnahmen zur rationellen Nutzung natürlicher Ressourcen, zur sparsamen Energieverwendung und für den Einsatz der erneuerbaren Energieträger in den Gemeinschaftsrahmen einzubeziehen (UBR-E1, Ziffer 6).

38 Als „UBR-E1“ wird der erste (den Mitgliedstaaten bekannte) Entwurf für einen neuen Umweltbeihilfe-rahmen vom 27.01.2000 zitiert. Als „UBR-E2“ entsprechend der zweite (den MS offiziell zugeleitete) Entwurf vom 13.09.2000.

Die Kommission hat deutlich auf die geänderten Rahmenbedingungen für die Beihilfekontrolle hingewiesen. Darauf, dass mit der Einheitlichen Europäischen Akte und den Verträge von Maastricht und Amsterdam die Aufgabenbalance eine andere geworden sei. Für die Abwägung von Umwelt- und Wettbewerbsschutz hat sie jedoch im Entwurf für den neuen Beihilferahmen keine angemessenen Konsequenzen gezogen.

Im Übrigen rückt sie – wie bei ihren eigenen Förderinitiativen (z.B. LIFE-Programm) – Maßnahmen des integrierten Umweltschutzes in den Mittelpunkt, wie dies auch und vor allem in der Richtlinie des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermei-dung und Verminderung der Umweltverschmutzung angelegt ist.

Diese für die Weiterentwicklung der Beihilfekontrolle und der Umweltpolitik in der Tat essentiellen Überlegungen wurden jedoch von der Kommission in den konkretisierenden Teilen E und F ihres Entwurfes nicht angemessen berücksichtigt.

Dort wurde insbesondere den Mitgliedstaaten weiterhin ein zu geringer Spielraum eröff-net, um mit eigenen differenzierenden Instrumenten den Umweltschutz über das Ge-meinschaftsniveau hinaus voranzubringen, insbesondere wurde die Einführung von Marktinstrumenten wie Umwelt- oder Energiesteuern und Abgaben erschwert.

Hingewiesen werden soll hier nur auf die Ziffern 55 und 56 des UBR-E1. Steuerbeihilfen sollten danach nur für neue, aus Gründen des Umweltschutzes eingeführte Steuern ge-währt werden dürfen. Eine Gesamtwürdigung der Steuerbelastungen aus bestehenden und neuen Steuerelementen war nicht vorgesehen: Bei Energieträgern, die bereits tradi-tionell Verbrauchsteuern unterliegen, sollten „anlässlich der Einführung neuer umwelt-schutzrelevanter Steuern gegebenenfalls eingeräumte Nachlässe nicht zur Folge haben, dass der Betrag der bisherigen Steuern hierdurch reduziert wird.“

Das Anforderungsprofil an steuerliche Vergünstigungen sah im Übrigen Folgendes vor:

§ Beihilfen können genehmigt werden, wenn sie degressiv gestaffelt sind und auf 5 Jahre begrenzt werden. Im ersten Jahr können danach Totalbefreiungen vorgesehen werden, die jedoch bis zum 5. Jahr völlig abgeschmolzen sein müssen. Energie-großverbraucher müssen allerdings schon im ersten Jahr der Regelung 15 % des Normalsatzes zahlen.

§ Ist die Beihilfe nicht degressiv, können die Steuersätze maximal auf 5 Jahre um 50 % reduziert werden.

§ Für große Energieverbraucher kann es sich mit Blick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Unternehmen in Drittländern als notwendig erweisen, die Fristen zu ver-längern.

Für Investitionsbeihilfen wurde unabhängig von ihrer Anpassungs- oder Anreizfunktion ein einheitlicher Höchstsatz von 30 % festgelegt. Bei Investitionen zugunsten erneuerba-rer Energieträger – und zwar für Photovoltaik, Windenergie und Biomasse – war ein Aufschlag von bis zu 10 % vorgesehen.

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Im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung der angemessenen Investitionsförderung blieb es weiterhin beim Mehrkostenansatz; allerdings wurden die Schwierigkeiten bei der Handhabung noch vergrößert und die chronische Benachteiligung von Maßnahmen des integrierten Umweltschutzes noch verstärkt.

Als beihilfefähig wurden nur die „Erstinvestitionsmehrkosten“ eingestuft, soweit sie auf die Verwirklichung der Umweltschutzziele zurückgeführt werden können. Dieser Ansatz macht es erforderlich, das „Mehr“ jeweils im Hinblick auf die für eine Förderung nicht mehr in Betracht kommende Basismaßnahme zu definieren. Im Falle der Anpassung an nationale Normen, die schärfer sind als die Gemeinschaftsnormen, müsste insoweit z.B.

die Differenz der anfallenden umweltspezifischen Investitionskosten zu den Investitions-kosten festgestellt werden, die bei Erfüllung der Gemeinschaftsnormen angefallen wä-ren. Dies mag für End-of-Pipe-Maßnahmen noch mit einiger Mühe möglich sein, für integrierte Systeme aber nicht.

Aus diesem Grunde sah der UBR-E1 in Ziffer 39 ein Sonderverfahren vor, wenn sich die

„umweltschutzrelevanten Investitionskosten nicht ohne Weiteres von den Gesamtkosten trennen lassen“. Dabei sollten von den Gesamtinvestitionskosten abgezogen werden:

§ „die Kosten für eine vergleichbare Investition, mit der keine Umweltschutzzwe-cke verfolgt werden,

§ die Berichtigung infolge etwaiger Kapazitätserhöhungen,

§ die Berichtigung infolge von Nettoeinsparungen. Diese werden für die Lebens-dauer der Investition unter Verwendung des Referenzsatzes der Kommission ka-pitalisiert

§ die Berichtigung infolge des Anfalls zusätzlicher Nebenprodukte (Energie oder andere).“

Einen Sonderabschnitt (E.3.2.) widmete die Kommission den Betriebsbeihilfen zugunsten erneuerbarer Energieträger. Sie akzeptierte die Schwierigkeiten, erneuerbare Energien im Vergleich zu konventionellen wettbewerbsfähig zu machen und bot unterschiedliche Beihilfeoptionen an: Zum einen Betriebsbeihilfen zur Deckung des Unterschiedes zwi-schen den Kosten für Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und dem Preis am Elektrizitätsmarkt. Zum anderen Beihilfen, deren Umfang sich nach der von einer bestimmten Energieerzeugungsanlage zur Gewährleistung ihrer Abschreibung zu erzeugenden und zu vermarktenden Kilowattmenge richtet.

Schließlich enthielt der erste Entwurf der Kommission in den Ziffern 63 bis 72 eine Per-spektiväußerung der Kommission, wie sie „kontrolltechnisch“ mit künftigen Instrumenten zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls umzugehen gedenkt, beispielsweise unter welchen Bedingungen nach ihrer Auffassung die Ausgabe handelbarer Emissionsgenehmigun-gen Beihilfetatbestände erfüllt und Emissionsgenehmigun-genehmigt werden kann.

Sieht man einmal von diesen inhaltlichen Aspekten des ersten Entwurfs ab, so war doch vieles beim alten geblieben. Der Entwurf für einen neuen Gemeinschaftsrahmen löste sich in entscheidenden Punkten nicht von den konzeptionellen und technischen Ansät-zen des Gemeinschaftsrahmens aus dem Jahr 1994 und trug den gewandelten Anfor-derungen und den rechtlichen Gegebenheiten für den gemeinsamen Umweltschutz nicht Rechnung. Insoweit war der Entwurf der Kommission tatsächlich geeignet, die wei-tere Entwicklung der Umweltpolitik in der Gemeinschaft negativ zu beeinflussen, zumin-dest nichts zu ihrer dynamischen Fortentwicklung beizutragen. Er war daher in wesentli-chen Punkten zu überarbeiten.

Im Dokument - Darstellung und Kritik des neuen (Seite 54-58)