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E -Iod- und E -Diiodhydrine aus Aldehyden

2 Allgemeiner Teil

2.2 Synthesen

2.2.2 E -Iod- und E -Diiodhydrine aus Aldehyden

mehrere Stereozentren. Der (R)-konfigurierte 1-Ethylphenylamino-Rest wurde als eine von den anderen Stereozentren unabhängige stereochemische Information in das Molekül (S,R)-97 eingeführt. Da das Produkt 126 hochdiastereomerenrein vorliegt, führt das zu dem Schluss, dass der aus Aldehyd 77 generierte Vorläufer (S,R)-97 (Abb. 43) entantiomerenrein vorlag, was eine Inversion des D-Zentrums auch in jedem vorausgegangenen Schritt ausschließt.

Reaktion von iPrMgCl/CH2I2 oder iPrMgCl/CHI3 mit einfachen Aldehyden. Im Folgenden wird der Halogen-Metall-Austausch von iPrMgCl mit Diiodmethan bzw. Iodoform und die Reaktivität der resultierenden Grignard-Reagenzien diskutiert. Wie von Hoffmann et al. anhand geminaler Diiodide oder Iodoform demonstriert, wurden auch hier die Halogenide mit iPrMgCl bei -78°C in THF zur Reaktion gebracht. Zum Nachweis der Chemoselektivität der Reagenzien unter den gegebenen Bedingungen (Abb. 37A, B) wurde das Verhalten gegenüber verschiedenen Carbonylverbindungen untersucht. Die Ergebnisse der Reaktionen zu den Produkten 85a-e und 86a,b sind in Tab. 2 dargestellt. Die Addition an 3-Phenylpropionaldehyd verläuft in sehr guten Ausbeuten (Eintrag 1). Wie die Hoffmannschen Grignard-Verbindungen führt erwartungsgemäß auch diese Addition zum Iodhydrin und nicht etwa zum Epoxid, wie durch NMR, Massenspektrometrie und für einige Beispiele (z.B. Verbindung 93, Abb. 41) durch Elementaranalyse nachgewiesen wurde.

Besonders deutlich ist die im 13C-NMR beobachtete Hochfeldverschiebung der terminalen Methylengruppe.

Die Carbonylgruppe von Zimtaldehyd wird effizient angegriffen (Eintrag 2), das Carbenoid addiert außerdem an dessen Doppelbindung. Die Addition von durch iPrMgCl umgepoltem CH2I2 an Allylalkohole wird bereits von C. Bolm als hochdiastereoselektive cis-Addition beschrieben. Es resultiert eine trans-Stellung der Alkylsubstituenten am Cyclopropylrest sowie eine syn-Stellung der Hydroxygruppe zu diesem Rest.[111]

R OH -78°C / 15 min I

0°C / 1-2 h

R OH

I I

85a-e 86a,b

O R

O R iPrMgCl, CH2I2,

THF

-78°C / 15 min 0°C / 1-2 h iPrMgCl, CHI3,

THF

A B

Abb. 37. Reaktionsbedingungen zur Synthese von E-Iodhydrinen bzw. E-Diiodhydrinen nach Methode A bzw. B: iPrMgCl und CH2I2 bzw. CHI3 werden vorgelegt, die Carbonylverbindung direkt bei -78°C zugegeben. Nach 15 min wird auf 0°C erwärmt.

Die Reihenfolge der beiden Additonen und daher die Abstufung in deren Reaktivität konnte durch weitere Experimente bewiesen werden. Zunächst wurde Zimtaldehyd vorsichtig mit 1.1 Äquivalenten des Reagenzes behandelt (Eintrag 3), was zu einer Addition an die C-O-Doppelbindung in 60% Ausbeute führte. Die Addition an die Carbonylfunktion geht derjenigen an die C-C-Doppelbindung voraus.

Tab. 2. Reaktionen verschiedener Substrate mit iPrMgCl/CH2I2 (A) bzw. iPrMgCl/CHI3 (B) wie in Abb. 37 dargestellt.

Eintrag Methode Edukt Produkt Ausbeutea [%]

Ph

O

Ph

OH I 96

Ph

O

Ph I

OH

91

Ph Ph

OH

I 73

O O

OH O

69 91b

Ph

O

Ph

OH I I

82d 85e

Ph

O

Ph

OH I I 85a

86a

86b 85b

85d O

A

A

A

A

B

B

A

A

A

Ph

O

Ph O Ph

O O

Ph O

Cl 1

2

4

5

6

7

8

9

10 keine Reaktion

Produktgemisch

Umsatz < 10%e

-I

Ph

O

Ph I

OH

60 85c

Ac 3

Ph

O A

11 OEt keine Reaktion

-(a) Isolierte Ausbeuten, (b) Diastereomerenmischung: syn/anti 96:4, bestimmt durch NMR, (c) Edukt und CH2I2 (1.1 eq.) vorgelegt, langsame Zugabe von iPrMgCl (1.0 eq.), (d) Enthält 4% 2,2-Diiod-1-(2-iod-3-phenylcyclopropyl)ethanol (Mischung aus Diastereomeren ds > 3:1) und 3% 2,2-Diiod-1-(2-phenylcyclopropyl)ethanol, (e) Bestimmt durch HPLC, Verunreinigungen < 10%.

Die Reaktionsfolge macht die von Bolm beobachtete syn-Anordnung der Hydroxygruppe zum Cyclopropylrest wahrscheinlich,[111] da eine Addition an die C-C-Doppelbindung erst durch Unterstützung des in situ generierten Alkoholats stattfindet und somit dem gleichen Mechanismus folgt. Zimtsäureethylester, als Analogon zu Zimtaldehyd mit elektronenarmer C-C-Doppelbindung, erwies sich als vollkommen resistent gegenüber einem Angriff durch das Grignard-Reagenz (Eintrag 11). Eine intramolekulare Aktivierung des Reagenzes erscheint in der beschriebenen Weise für eine Addition an eine entsprechende C-C-Doppelbindung notwendig. Die zusätzliche Stabilität des Esters gegen einen Angriff von CH2IMgX erweist sich als Gegensatz zu den Ergebnissen mit ähnlichen Lithium-Reagenzien,[93,94] wobei dass Grignard-Reagenz sich als bedeutend milder erweist. Dies gilt auch für andere Funktionalitäten, wie im Folgenden diskutiert wird.

Das iPrMgCl/CH2I2-Reagenz zeigt eine schwächere Reaktivität gegenüber aromatischen und daher besser stabilisierten Aldehyden (Eintrag 4). Gegenüber Ketonen geht diese schließlich soweit verloren, dass selektiv der Aldehyd neben dem Keton angegriffen wird (Eintrag 5) bzw. ein Keton sich als unreaktiv gegenüber dem Reagenz erweist (Eintrag 8).

iPrMgCl/CH2I2 verhält sich außerdem vollkommen unreaktiv gegenüber Carbonsäurechloriden (Eintrag 10). Benzoesäureanhydrid liefert mit iPrMgCl/CH2I2 keine saubere Reaktion, sondern reagiert zu einem nicht definierten Produktgemisch (Eintrag 9).

Aus der Reaktion von iPrMgCl/CHI3 mit Phenylpropionaldehyd ließ sich das Produkt 86a (Eintrag 6) in hohen Ausbeuten isolieren. Ein anderes Verhalten als sein CH2I2-Analogon zeigte sich allerdings gegenüber Zimtaldehyd: Eine Addition an die C-C-Doppelbindung findet kaum statt (Eintrag 7). Das in guter Ausbeute isolierte Produkt 86b enthält einen geringen Anteil an Cyclopropylverbindungen (Nebenprodukte < 7%). Charakteristisch für die geminalen Diiodide ist eine Verschiebung im 13C-NMR-Spektrum mit negativem Vorzeichen (G = -10.3 ppm).

Außerdem versucht wurde die Addition von CH2IMgX an die C-Doppelbindung in N-Benzylidenmethanamin bzw. an die anteilig im offenkettigen Isomer von 2,3,4,5-Tetra-O-benzyl-D-glucopyranose vorkommende C-O-Doppelbindung versucht. Eine Umsetzung konnte nicht beobachtet werden.

Obwohl sich das Reagenz CH2IMgX als inaktiv gegenüber Estern erwies, wurde dennoch eine Reaktion mit Oxazolidinon 87 als einem weiteren Carbonsäurederivat untersucht. Ein besonderes Potential eines solchen Angriffs auf den Acetylrest wird in der enantioselektiven Synthese gesehen, da bei einer Substitution des Oxazolidinon-Auxiliars, das eigentliche Substrat direkt in ein Iodmethylketon überführt würde. Während die üblichen

Reaktionsbedingungen (Abb. 37A) zu einem nicht näher charakterisierten Produktgemisch führten, wurde bei geänderten Bedingungen unerwarteterweise das Oxazolidinon geöffnet und Produkt88 in guten Ausbeuten isoliert (Abb. 38).

N O

Bn

O O CH2I2 / iPrMgCl (4.0 eq.), THF, -78°C / 15 h, -25°C / 3 d

(82%)

O

HN I

O

Bn O 87 88

Abb. 38. Reaktion von Oxazolidinon 87 mit CH2I2/iPrMgCl bei tiefen Temperaturen. Höhere Temperaturen liefern ein Multikomponentengemisch.

Reaktion mit Tripeptidaldehyden. Zur Untersuchung der Reaktion von Tripeptidaldehyden mit iPrMgCl/CH2I2, wurden zunächst die Tripeptidaldehyde 90a-d durch IBX-Oxidation aus den entsprechenden Alkoholen 89a-d generiert (Abb. 39). Dadurch soll die Synthese von Building Blocks nicht näher definierter tripeptidischer Inhibitoren mit verschiedenen Resten P1 untersucht werden. Der Oxidation voran ging die Amidkupplung von Z-Val-Leu mit den Aminoalkoholen L-Leucinol, L-Phenylalaninol, L-Isoleucinol bzw. L-Valinol. Da die Aldehyde durch eine säulenchromatographische Reinigung aufgearbeitet wurden, sank deren Diastereomerenreinheit teilweise bis auf de = 60% (1H-NMR).

NH R

Z Val Leu Leu OH

NH R Leu O 89aR = iBu (86%)

89b R = Bn (79%) 89cR = sBu (63%) 89dR = iPr (94%) a

NH R Leu Val Z

OH I

90a R = iBu (70%) 90b R = Bn (80%) 90c R = sBu (96%) 90d R = iPr (95%) 91aR = iBu (82%)

91b R = Bn (77%) 91c R = sBu (86%) 91dR = iPr (87%)

(de = 60-80%) b

c

(Diastereomerengemisch)

Val Z Val

Z

Abb. 39. Synthese tripeptidischer E-Iodhydrine. (a) i) EDAC, HOBt, CH2Cl2, ii) Aminoalkohol, Et3N, (b) IBX, DMSO, (c) iPrMgCl (5 eq.), CH2I2 (5 eq.), THF, -78°C / 15 min, 0°C / 1-2 h.

Zur nachfolgenden Addition wurden aufgrund einer möglichen Deprotonierung der Amid- bzw. des Urethan-Protons 5.0 Äquivalente des Reagenzes iPrMgCl/CH2I2 eingesetzt. Die Produkte 91a-d wurden in guten Ausbeuten isoliert. Es handelt sich dabei um

Diastereomerengemische deren Zusammensetzung nicht besser als d.r. = 2:2:1:1 (HPLC) angegeben werden kann.

Die Reaktion von Aldehyd 90c mit iPrMgCl/CHI3 verlief in ähnlicher Weise (Abb. 40). Auch dieses Diiodid lässt sich leicht an seiner im 13C-NMR-Spektrum stark hochfeldverschobenen Diiodmethylgruppe erkennen (G = -12.6 ppm).

Z Val Leu N H OH

I 92

I Z Val Leu N

H 90c

O

iPrMgCl, CHI3, THF, -78°C / 15 min,

0°C / 1 h (77%)

Abb. 40. Synthese eines tripeptidischen E-Diiodhydrins.

Zur Klärung der Frage, ob das D-Zentrum von Aldehyden bei der Reaktion mit iPrMgCl/CH2I2 in seiner Konfiguration erhalten bleibt oder Epimerisierung auftritt, wurde der diastereomerenreine Aldehyd 37 (Abb. 35, 36) zu Alkohol 93 umgesetzt (Abb. 41). Das Produkt wurde in sehr guter Ausbeute erhalten. NMR und HPLC-Analyse von 93 zeigen das Vorliegen von nur zwei Diastereomeren (d.r. = 7:3, HPLC). Da eine Inversion des D-Zentrums vor einer Addition an die Doppelbindung auftreten müsste, führt das zu dem Schluss, dass sich die entgegengesetzt konfigurierten Zentren der beiden Diastereomere jeweils am sekundären Alkohol befinden. Im Fall einer bei dieser Reaktion instabilen Konfiguration am D-Kohlenstoff des Aldehyds würden vier Diastereomere beobachtet.

Bemerkenswert ist außerdem, dass in dieser Reaktion nur 3.0 Äquivalente Reagenz eingesetzt wurden, was einer Deprotonierung acider Positionen im Edukt widerspricht. Das Produkt wurde weiterhin durch Behandlung mit K2CO3 zum Epoxid und Proteasom-Inhibitor 63 umgesetzt. Diese Reaktionsfolge spielt weiterhin eine Rolle beim Nachweis des E-Iodhydrins.

Durch Elementaranaylse wurde 93 tatsächlich als Iodid nachgewiesen und nicht als das Epoxid. Außerdem ist der Vergleich von NMR-Daten des Epoxids mit den Daten des Iodhydrins möglich.

Z Leu Leu N H

O Z Leu Leu N

H OH

I Z Leu Leu N

H O

a b

37 93 (89%, d.r. = 7:3) 63 (74%)

Abb. 41. Synthese tripeptidischer E-Iodhydrine. (a) iPrMgCl (3.0 eq.), CH2I2 (3.0 eq.), THF, -78°C / 15 min, 0°C / 2 h, (b) K2CO3, MeCN.

Diastereoselektivität. Zur Bestimmung der Diastereoselektivität des Angriffs von CH2IMgX auf N-geschützte D-chirale Aminoaldehyde, wurden N-Z-L-Phenylalaninal 76 (Abb. 42) und N-Boc-L-Phenylalaninal77 (Abb. 43) zu E-Iodhydrinen umgesetzt.

Die Synthese von Alkohol 94 aus Aldehyd 76 gelang in guter Ausbeute (ds = 13:5, HPLC, Rohprodukt). Um Aussagen über die relative Anordnung der beiden Stereozentren treffen zu können, wurden diese zu Oxazolidinon 96 zyklisiert. Dazu wurde zunächst das reaktive Iodid durch Substitution zum tertiären Amin 95 entfernt, das primäre Amin entschützt und mit Triphosgen umgesetzt.[112] Das Produkt 96 konnte in sehr guten Ausbeuten isoliert werden und wurde in verschiedenen NMR-Experimenten untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei 96 um ein Diastereomerengemisch der Zusammensetzung d.r. = 86:14 handelt und das trans-Isomer die Hauptkomponente bildet, was auf einen Cram-Chelat-kontrollierten Übergangszustand in der Reaktion zu 94 schließen lässt. In einem weiteren Ansatz konnte aus einem in sehr guten Ausbeuten gewonnenen Isomerengemisch 94 das Hauptdiastereomer (S,R)-94in 54% Ausbeute rein isoliert werden, die Minderkomponente (S,S)-94 in 3%.

NH

O

76

Z N

H OH I 94 (80%)

Z N

H OH

Z HN

O

95 (95%) O (S,S)-96 (98%, d.r.= 86:14)

a b

NEt2 NEt2

c, d

Ph Ph Ph Ph

Abb. 42. Synthese E-Iodhydrine zum Nachweis der relativen Konfiguration. (a) iPrMgCl (3.0 eq.), CH2I2 (3.0 eq.), THF, -78°C / 15 min, 0°C / 1 h, (b) Et2NH (10 eq.), EtOH, Rückfluss, (c) Pd/C, H2, MeOH, (d) Triphosgen, THF, Rückfluss.

Die Zuordnung der relativen Konfiguration erfolgte erstens durch die den Diastereomeren charakteristischen Differenzen der Verschiebungen im 13C-NMR. Durch den J-Effekt[113]

werden in syn-substituierten zyklischen Verbindungen Hochfeldverschiebungen und in den trans-substituierten Analoga Tieffeldverschiebungen beobachtet. Besonders davon betroffen sind die CH- bzw. CH2-Gruppen im bzw. am 5-Ring. Im 13C-NMR-Spektrum des Diastereomerengemisches treten Differenzen zwischen Signalen analoger Gruppen bis zu 6 ppm (Gtrans-Gcis) auf. Zweitens kann in der geringeren Komponente ein ebenso starker NOE zwischen den Ringprotonen beobachtet werden wie in der Hauptkomponente. Absolut betrachtet liefern die Ringprotonen der Minderkomponente daher das bedeutend stärkere NOE-Signal, liegen also im starren 5-Ring des Oxazolidinons räumlich weniger weit voneinander entfernt syn-angeordnet als die des trans-Hauptdiastereomers vor. Weiterhin

wird aufgrund von Erkenntnissen aus ähnlichen Reaktionen (Abb. 41, 52) davon ausgegangen, dass es sich jeweils um die enantiomerenreinen Diastreomere handelt und die Konfiguration ist entsprechend in Abb. 42 angegeben.

Während die Umsetzung zu 94 zur Bestimmung der relativen Konfiguration in derart synthetisierten E-Iodhydrinen diente, sind diese Iodhydrine aufgrund der Notwendigkeit einer nachfolgenden Palladium-katalysierten Entschützung des primären Amins, zur Synthese von sekundären Benzylaminen für BACE-Inhibitoren ungeeignet (Kap. 2.2.3). Der Boc-geschützte Aldehyd 77 wurde unter den üblichen Bedingungen mit iPrMgCl/CH2I2 umgesetzt (Abb. 43). Während die Reaktion nur eine geringe Diastereoselektivität aufweist (ds = 6:4, HPLC, Rohprodukt), konnten Teile der Diastereomere in sehr guter Reinheit isoliert werden.

Aus dem primär isolierten Produkt (53%) konnten die Diastereomere (S,R)-97 (22%, de >

90% bzw. 12%, de > 99%) und (S,S)-97 isoliert werden (4%, de > 99%). Es soll erwähnt werden, dass die beiden Diastereomere sich als einzige der synthetisierten E-Iodhydrine signifikant in ihrer Löslichkeit unterschieden und daher das (S,S)-Isomer durch Kristallisation abgetrennt werden konnte. Unterschiedliche in dieser Arbeit berichtete (S,S)-konfigurierte von N-geschützten Aminosäuren abgeleitete E-Iodhydrine lassen bei einem niedrigeren Rf-Wert als der ihres (S,R)-konfigurierten Partners, aber einem höheren als der des nicht umgesetzten Edukt-Aldehydes, säulenchromatographisch nur schwer von diesen abtrennen.

NH

O

77

Boc N

H OH

I (S,R)-97 (34%, de > 90%)

Boc N

H OH

(S,S)-97 (4%, de > 99%) + Boc

iPrMgCl, CH2I2, THF -78°C / 15 min,

0°C / 1 h

Ph Ph Ph

I

Abb. 43. Synthese eines E-Iodhydrins aus N-Boc-L-Phenylalaninal. Aus einem Diastereomerengemisch in 53% Ausbeute konnten säulenchromatographisch Teile der beiden Diastreomere getrennt werden. (S,R)-97 (12%) konnte in noch höherer Reinheit isoliert werden (de > 99%).

Die Boc-geschützten Derivate 97 stellen also nicht nur wegen der geringen Diastereoselektivität der zu ihnen führenden Reaktion eine Möglichkeit dar, neben dem (S,R)-auch das (S,S)-Diastereomer rein zu isolieren. Die Besonderheit liegt in der zusätzlichen Möglichkeit einer selektiven Kristallisation, die das gut lösliche (S,R)-Produkt sowie das Edukt abtrennt. Es soll darauf hingewiesen werden, dass im hier berichteten Beispiel diese Methode nicht im vollen Umfang ausgeschöpft wurde und bedeutend bessere Ergebnisse zu

erwarten sind, sollte eine Umkristallisation der chromatographischen Reinigung vorweg genommen werden.

Bei Derivaten von N-Z-L-Phenylalaninal 76 wie E-Iodhydrin 94 (Abb. 42) wird bereits eine Angabe zur absoluten Konfiguration gemacht, da hier von gleichen Ergebnissen wie bei verwandten Verbindungen ausgegangen wird. Bei den Derivaten (S,R)-97 und (S,S)-97 und deren Folgeprodukten wurde durch folgende Untersuchungen die absolute Konfiguration bestimmt. Erstens wurde die hochdiastereomerenreine Verbindung (S,R)-97 durch Substitution des Iodids in guter Ausbeute zu (S,S)-98 umgesetzt, dann das primäre Amin zu (S,S)-99entschützt und abschließend wieder Z-geschützt, um (S,S)-95 in moderater Ausbeute zu erhalten (Abb. 44). Die relative Zuordnung der Stereozentren (S,S)-95 konnte nun durch Vergleich mit den NMR-Daten des Diastereomerengemisches von 95 (Abb. 42) erfolgen.

OH (S,R)-97

NH OH

NEt2 (S,S)-98 (71%)

Boc H2N

OH NEt2 (S,S)-99 (91%)

NH OH

NEt2 Z

(S,S)-95 (44%)

a b c

NH

Boc I

Ph Ph Ph Ph

Abb. 44. Synthese von diastereomerenreinem (S,S)-95 aus (S,R)-97 zur Konfigurationsbestimmung von (S,R)-97 durch Vergleich von (S,S)-95 mit Diastereomerengemisch 95 (Abb. 42). (a) Et2NH, EtOH, Rückfluss, (b) TFA, CH2Cl2, (c) Z-OSuc, Dioxan/Wasser.

Dies führt zu dem Schluss, dass auch N-Boc-L-Phenylalaninal 77 einen Cram-Chelat-Übergangszustand in der Reaktion mit iPrMgCl/CH2I2 bevorzugt. Für einen Vergleich wurde nicht bereits Vorgängermolekül 99 herangezogen, da eine eindeutige Zuordnung der Diastereomere von 95 aufgrund spezifischer Differenzen der Verschiebungen im 13 C-NMR-Spektrum günstiger ist.

Nach dieser relativen Konfigurationsbestimmung folgte der Nachweis der absoluten Konfiguration (Abb. 52). In das hochdiastereomerenreine Iodid (S,R)-97 wurde ein weiteres stereogenes Zentrum durch Substitution des Iodids mit (R)-1-Phenylethanamin eingeführt.

Die moderate Ausbeute dieser Reaktion liegt im Rahmen analoger Substitutionen und es wurde weder durch DC ein Diastereomer beobachtet, noch ist davon auszugehen, dass eine Kieselgel-basierte Säulenchromatographie eine Trennung der sekundären Amine erlauben würde. Amin 126 wurde durch 1H-NMR und 13C-NMR als hochdiastereomerenrein nachgewiesen. Da ein Vorliegen von Enantiomeren (S,R)- und (R,S)-97 im Edukt zu einer durch NMR beobachtbaren Diastereomerenmischung im Produkt geführt hätte, kann von der

Enantiomerenreinheit von (S,R)-97, seinem aus gleicher Reaktion stammendem Diastereomer (S,S)-97 und deren gemeinsamen Edukt Aldehyd 77 ausgegangen werden. Die Stereozentren konnten daher in der dargestellten Weise zugeordnet werden.

Es konnte außerdem von der leichter kristallisierenden Minderkomponente (S,S)-97 ein Einkristall gewonnen werden, der durch Röntgenstrukturanalyse die Zuordnung der Stereozentren ermöglicht (Abb. 45).

Zusammenfassung - Reaktivität von iPrMgCl/CH2I2. Das durch Halogen-Metall-Austausch von iPrMgCl mit Diiodmethan generierte Grignard-Reagenz reagiert mit Aldehyden in guten bis sehr guten Ausbeuten. Es erweist sich als ein sehr mildes und chemoselektives Reagenz, und unterscheidet sich darin z.B. von Organo-Lithium-Verbindungen: (a) Eine Reihe von Funktionalitäten sind ihm gegenüber resistent (z.B. Ketone, Ester), (b) Amide werden nicht deprotoniert, (c) die acide D-Position von Aldehyden wird nicht angegriffen. Das Reagenz verfügt über eine moderate Diastereoselektivität bei einem Angriff auf N-geschützte Aminoaldehyde. Das auf Iodoform basierende Grignard-Reagenz addiert ebenfalls an Aldehyde. Eine Addition an eine C-C-Doppelbindung wird jedoch weitgehend unterdrückt.

O O

NH OH

I (S,S)-97

Abb. 45. Kristallstruktur des leichter zu kristallisierenden Diastereomers (S,S)-97.