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BACE- und Proteasom-Inhibitoren: Die Zielstrukturen

2 Allgemeiner Teil

2.1 BACE- und Proteasom-Inhibitoren: Die Zielstrukturen

BACE-Inhibitoren: Zielstrukturen. Neben der Einführung des Isophthalamids stellt die Verwendung von Hydroxyethylaminen den wichtigsten Schritt in Richtung nicht-peptidischer BACE-Inhibitoren dar. Die Vor- und Nachteile dieser Hydroxyethylamine sind in Kap. 1.1.2 diskutiert. Bis 2007 wurde in diesem Zusammenhang nur über Hydroxyethylamine berichtet, deren sekundärer (R)-Alkohol eine inverse Konfiguration bezüglich aller anderen in BACE-Inhibitoren eingesetzten Übergangszustandsisosteren besitzt. Ziel ist daher die Herstellung der entsprechenden (S)-Analoga (53, Abb. 30). Zu deren Synthese wird die Grignard-vermittelte Addition einer Iodmethyl-Gruppe an Aldehyde untersucht. Da die resultierenden E-Iodhydrine in genereller Hinsicht interessante Building Blocks darstellen, werden die Untersuchungen auf verschiedene Funktionalitäten ausgeweitet und teilweise mit der analogen Addition einer Diiodmethyl-Gruppe an die gleichen Funktionen verglichen. Die E-Iodhydrine sollen in einer nachfolgenden Reaktion zu den Zielstrukturen 53 umgesetzt werden. Epoxide 54 sind ebenfalls Folgeprodukte der E-Iodhydrine und sollen auf eine irreversible Inhibition von BACE untersucht werden.

O

NH N

OH H N O

H O R2 R1 R1

O NH

HN O

NH R3 R1

nPr2N O

R1 = N

nPr2N

O N

O2S N R4 54

53 55

Abb. 30. Potentielle BACE-Inhibitoren: Zielstrukturen.

Es gibt verschiedene Anforderungen an eine Synthese von 53 oder 54. Zum einen soll die Konfiguration des stereogenen D-Zentrums des Aldehyds erhalten bleiben. Weiterhin soll die Reaktion in guter Diastereoselektivität verlaufen, bzw. zu gut trennbaren Diastereomeren führen. Das Reagenz soll möglichst mild sein und chemoselektiv sowie effizient den Aldehyd angreifen. Obwohl Derivate wie 54mit (S)-konfiguriertem Alkohol untersucht werden sollen, erscheint prinzipiell auch ein einfacher, direkter Zugang zu den (R)-Derivaten interessant.

Wie bei den bekannten hochaktiven Hydroxyethylaminen sollen auch diese Strukturen auf einem Isophthalamid oder dem 2,6-Pyridindicarbonsäureamid basieren. Aufgrund der in Kap. 1.1.2 geschilderten Problematik erscheint jedoch auch ein Ersatz dieser Gruppe interessant. Dazu soll ein Indol dienen (Abb. 30, rechts unten). Das Carboxylat bleibt dabei geknüpft an das Übergangszustandsisoster erhalten, der Rest P2 wird von einem Sulfonamid gebildet und ein Rest P3 kann von Alkylresten eingenommen werden, die mit dem Indol-Stickstoff verknüpft sind.

Von Coburn wurde das reduzierte Amid als Übergangszustandsisoster in BACE-Inhibitoren mit hoher Aktivität eingeführt. Da dieses Isoster einen schnellen Zugang zu BACE-Inhibitoren darstellt, soll es mit dem Isophthalamid kombiniert werden (55). Aus der Aktivität der resultierenden Struktur soll abgeschätzt werden, wie sich diese Übergangszustandsisostere in Kombination mit anderen P3-P2-Mimetika verhalten.

BACE-Inhibitoren: Virtuelles Screening. Ein Liganden-basiertes virtuelles Screening wurde unter Verwendung des Programms CATALYST® (Accelrys Inc.) durchgeführt.[83] Dabei wurde der sogenannte HypoGen-Algorithmus eingesetzt. Dieser Algorithmus erstellt Hypothesen (pharmakophore Modelle) unter Gewichtung der Aktivitäten und Strukturen verschieden potenter Inhibitoren. Zur Generierung dieser Hypothesen ist ein Satz aus mehr als

18 Verbindungen erforderlich, wobei die Aktivitäten dieser Verbindungen vier Zehnerpotenzen umfassen und in jeder dieser Potenzen wenigstens drei dieser Moleküle angesiedelt sein sollen. Für die Erstellung von Hypothesen für BACE-Inhibitoren wurde ein Satz aus 24 Molekülen mit Aktivitäten im Bereich von IC50 = 30 nM - 20 μM eingesetzt. Bei diesen Inhibitoren handelte es sich um eine Auswahl der bis 2004 bekannten peptidischen Inhibitoren (z.B. 1,2) sowie um erste weniger peptidische Strukturen (z.B. 5,6). Es wurden 10 Hypothesen erstellt. Über die in CATALYST® gegebene Option „Best Flexible Search“

wurde nun ein Screening dieser Hypothesen gegen eine Datenbank (Maybridge, „screening collection“, >59000 kommerziell erhältliche Substanzen) durchgeführt. CATALYST® misst den als Inhibitoren ermittelten Substanzen eine Aktivität zu. Einige dieser Substanzen wurden von mehr als einer Hypothese als aktive Inhibitoren bestätigt. Gemäß diesen beiden Eigenschaften sowie nach ihrer chemischen Struktur (z.B. Stabilität) wurden zehn potentielle Inhibitoren ausgesucht und im BACE-Assay (siehe Kap. 2.3) getestet.

F3C

N O N HN

O

O OH

O O

O

CF3

O OH HN

O S N

N S

Cl HN

O O

OH

O O

Cl NH

O

OH O

N N

N S

H2N S

S N O HO

O

O S

O O

NH O

O

56 Cl

57

58

59

60

61 OH

Abb. 31. Auswahl der Maybridge-Substanzen die resultierend aus einem virtuellen Screening in CATALYST® im BACE-Assays getestet wurden. Ergebnisse in Tab. 1.

Diejenigen Strukturen, die eine Aktivität zeigen, sind in Abb. 31 (Tab. 1) aufgelistet. Die Substanzen 56-61 sind allenfalls schwache BACE-Inhibitoren. Substanz 61 zeigt als einzige eine Aktivität im BACE-Assay (RLBA (Tween)) im mikromolaren Bereich. Gründe für die schwache Aktivität der durch das virtuelle Screening gewonnenen Inhibitoren können in den zur Erstellung der Hypothesen verwendeten Molekülen gefunden werden: Die aktiven

BACE-Inhibitoren im Jahr 2004 waren lineare und relative große, stark peptidische Strukturen, was die Bestimmung einer guten Hypothese erschwert. Dennoch stellt Substanz 61 einen schwachen Inhibitor dar und gliedert sich als Triazin in eine Substanzklasse von BACE-Inhibitoren. Aufgrund dieses Ergebnisses und den Studien von Caflisch[57] wird die Synthese vonN,N,O-substituierten Triazinen aus Cyanursäurechlorid untersucht.

Tab. 1. Aktivitäten der Maybridge-Substanzen 56-61 in verschiedenen BACE-Assays.

Substanz BSc-Nr. FRET RLBA (Tween) RLBA (BSA)

IC50 [μM] IC50 [μM] IC50 [μM]

56 BSc2770 - >200 >200

57 BSc2772 - >200 -

58 BSc2775 - >200 -

59 BSc2776 - 204 -

60 BSc2774 - >200 -

61 BSc2777 17.8a 121 -

(a) nicht verwertbar: Fluoreszenzlöschung

Proteasom-Inhibitoren: Zielstrukturen. Es sollen aufbauend auf der Struktur von MG132 (37) Proteasom-Inhibitoren synthetisiert werden (Abb. 32A). Diese sollen dazu dienen, neuartige Wechselwirkungen der Inhibitoren mit dem Proteasom zu untersuchen. Hierbei interessieren (a) Wechselwirkungen mit den katalytischen Threoninen der Untereinheiten E1, E2 bzw. E5 und (b) Wechselwirkungen des Inhibitors mit Taschen der S’-Seite.

Funktionalitäten, die neuartige Wechselwirkungen mit den active site-Threoninen eingehen, sind prinzipiell zur Erlangung neuer Kenntnisse über eine Proteasom-Inhibition von Bedeutung. D.h. die neuen Bindungseigenschaften können möglicherweise zu neuen Selektivitäten oder Erkenntnissen bezüglich den aktiven Taschen oder der Funktion des Proteasoms führen.

Eine irreversible Inhibition wird von Substanzen wie Leucinol-basierten Dichlorvinylether 62 erwartet. Die relativ stabilen Dichlorvinylether werden im basischen Milieu (pH > 11) angegriffen und zum Ester umgesetzt (Abb. 32B). Eine ähnliche Reaktivität des Ethers wird in den aktiven Zentren des Proteasoms vermutet, wobei zunächst ein Angriff auf die Doppelbindung des N-terminalen Threonins über seine Hydroxygruppe zu erwarten ist.

NH 62

O Cl

Cl

NH O

O NH

R1 Leu

Leu Z

Leu Leu Z

NH Leu Leu

Z O

65

63

N O

R6 R5

R4

Cl Cl

pH11

H2O R6N O R5

R4

O Cl

A

B

Leu

Z H

N O

O Br

64

NH Leu Leu

Z R3 R3O

67 NH

Leu Leu Z

O O

HN R2 O

66

Abb. 32. A) Zielstrukturen der Proteasom-Inhibitoren. B) Zerstörung eines Dichlorvinylethers im wässrigen, basischen Medium.

Ein Epoxid 63 sollte von Thr1 unter Öffnung des Oxirans angegriffen werden. Von dem resultierenden Ether wird eine irreversible Inhibition des Proteasoms erwartet. Es ist möglich, dass ein Bromacetat 64 ebenfalls über eine Substitution des Broms durch Thr1 das aktive Zentrum irreversibel inhibiert.

Alle bekannten tripeptidischen Inhibitoren besetzen die S-Taschen der active site.

Verschiedene P’-Verlängerungen aktiver Inhibitoren können also zur Untersuchung der Taschen S’ dienen. Bei einer günstigen Wechselwirkung kann eine Steigerung der Aktivität und idealerweise der Selektivität erwartet werden. Das Konzept der P’-Erweiterung wurde bereits von Chatterjee et al. in D-Ketoamiden zur Inhibition des Proteasoms mit ausgezeichnetem Erfolg eingesetzt (Kap. 1.2.1, Abb. 22, 38, 39).[77,78] D-Ketoamide sind außerdem bekannt als Inhibitoren des Calpains.[84] Zur Untersuchung der nächsten Tasche S1’

werden verschiedene D-Ketoamide 65 synthetisiert. Als weitere Möglichkeit der P’-Erweiterung dient die Addition eines Phenylacetylens an den Aldehyd MG132 (37). Als Vergleich soll ein MG132-basiertes D-Chlormethylketon hergestellt werden. Dieses verfügt über einen kleinen Rest P’, es wird jedoch eine ähnlich reaktive Carbonylfunktion erwartet.

Zu einer Untersuchung von S’-Taschen könnten auch Ketoepoxide 66 dienen. Dabei handelt es sich um Analoga von Epoxomicin (47). Die spezifische Bindung an Thr1 würde den Rest P’ je nach Konfiguration des Epoxides in die jeweiligen Taschen der S’-Seite zwingen. Um eine große Variation an Amiden oder Estern als P’-Fortsatz zu erreichen, soll deren Synthese aus MG132 (37) über eine Baylis-Hillman-Reaktion und nachfolgender Oxidation erfolgen.

Ein grundsätzliches Problem bei Synthesen mit Peptidaldehyden stellt deren CH-acides D-Zentrum dar. Dies erfordert meist eine besonders milde oder schnelle Transformation der C-O-Doppelbindung. Sollten sich Tripeptidaldehyde finden lassen, die nicht D-chiral, aber dennoch Proteasom-Inhibitoren sind (67), würden diese als ideale Intermediate für eine hohe Vielfalt an Reaktionen einen Zugang zu verschiedensten P’-Verlängerungen Verwendung finden.

Mit wenigen Abweichungen wird ein Tripeptidderivat von Z-Leu-Leu-Leu für die Synthese der potentiellen Inhibitoren gewählt, was deren CL-Aktivität wahrscheinlich macht.