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Durchlässigkeiten in den MTA-Berufen

Im Dokument B MTA-Bereich (Seite 66-70)

4 Durchlässigkeiten

4.1 Durchlässigkeiten in den MTA-Berufen

Mit Blick auf die horizontalen Durchlässigkeiten in den MTA-Berufen ist grundsätzlich zu un-terscheiden zwischen den Ausbildungsinhalten, den Einsatzbereichen und den Qualifizie-rungswegen. Für die Durchlässigkeiten zwischen den verschiedenen Qualifizierungswegen innerhalb der MTA-Ausbildung ist § 7 des MTA-Gesetzes grundlegend: Demnach kann eine begonnene oder abgeschlossene Ausbildung in einem MTA-Beruf im Umfang ihrer Gleich-wertigkeit auf die Ausbildung in einem anderen MTA-Beruf anerkannt werden; die Anerken-nung ist eine Ermessensentscheidung der zuständigen Landesbehörde. Ergebnis der Ane r-kennung ist in der Regel eine verkürzte Ausbildung, die allerdings mit der vollen staatlichen Prüfungen zur MTA abgeschlossen werden muss. Die Gleichwertigkeit der Ausbildung be-zieht sich dabei lediglich auf die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Berufliche Erfahrungszeiten sind nicht berücksichtigungsfähig.1

Diese Regelung stellt insoweit "eine Besonderheit auf dem Gebiet der nicht ärztlichen Hei l-berufe dar und beruht auf der Tatsache, dass es vier Zweige der medizinisch-technischen Assistenzberufe gibt. Die hierdurch erreichte Durchlässigkeit der Ausbildungen wird durch das Konzept der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung verstärkt, in der für alle Zweige Grundlagenfächer, wenn auch mit teilweise unterschiedlichen Inhalten, vorgesehen sind.

[Die Regelung] ist vornehmlich dann anzuwenden, wenn der Schüler nach Ausbildungsb e-ginn den Ausbildungszweig wechseln will."2

1 Vgl. Kurtenbach et al., 1996

2 Vgl. Kurtenbach et al., 1996, S. 86

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Vor diesem Hintergrund ist die Durchlässigkeit zwischen den Qualifizierungswegen der Berufe faktisch eher eine theoretische Option denn von praktischer Relevanz, weil MTA-Schüler äußerst selten zwischen den Ausbildungen wechseln. Im Rahmen der Experte n-interviews wurden dafür vor allem drei Gründe angeführt:

Erstens entscheiden sich die Schüler aus persönlichen Interessen und Präferenzen, etwa mit Blick auf eine stärker biochemische oder physikalische Ausrichtung, ganz bewusst für einen bestimmten Ausbildungszweig. Die Bereitschaft zum Wechsel oder das Interesse an einer Mehrfachqualifikation ist deswegen von vornherein gering. Doppelqualifikationen bilden da-her unter den MTA weitestgehend Ausnahmefälle.

Zweitens besteht mit Blick auf etwaige Durchlässigkeiten zwischen den Ausbildungszweigen keine ausreichende Infrastruktur an den MTA-Schulen. So bieten die meisten Schulen nicht alle bzw. nur einen Ausbildungszweig an; ein Wechsel der Ausbildungen bzw. der Wunsch nach einer Doppelqualifikation erfordert deswegen häufig auch einen Schulwechsel. Dane-ben erschwert der vielfach nicht vorhandene modulare Unterrichtsaufbau eine gezielte und zeitlich komprimierte Abstimmung zwischen den einzelnen Ausbildungszweigen.

Drittens fehlen bislang integrative Konzepte und validierte Praxisansätze für eine stärkere Durchlässigkeit zwischen den MTA-Berufen. Vor diesem Hintergrund sind die MTA-Schulen selbst kaum imstande, eine hohe Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen MTA-Berufen in den Fokus ihrer curricularen Ausrichtung zu stellen. Da sich die MTA-Berufe, historisch bedingt, in eigenständige Berufszweige ausdifferenziert hat, haben sie diesbezüglich auch keinen besonderen Bedarf bzw. ein primäres Interesse.

Auf Grund der Ausdifferenzierung der MTA-Berufe gibt es faktisch gleichfalls keine Durch-lässigkeiten in den praktischen Einsatzbereichen zwischen den verschiedenen Berufszwei-gen. Die MTA in den verschiedenen Zweigen sind in der Regel nicht dafür qualifiziert, in e i-nem anderen MTA-Beruf mit hinreichender Kompetenz arbeiten zu können (von gezielten Fortbildungen oder Einarbeitungen für ausgewählte Tätigkeiten einmal abgesehen). Da Mehrfachqualifikationen die Ausnahme bilden, sind sie für die Durchlässigkeiten zwischen den Einsatzbereichen überdies ohne Belang. In der Praxis arbeiten daher die jeweiligen MTA-Berufe ausschließlich in ihren genuinen Einsatzbereichen, also im Labor, in der Radio-logie und der Funktionsdiagnostik.

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Eine stärkere Durchlässigkeit der Qualifizierungswege und Einsatzbereiche wurde in den Experteninterviews vor allem zur Bedarfsdeckung in den MTA-Berufen teilweise begrüßt. Vor allem in der Radiologie würde sich demnach ein Personalmangel abzeichnen. Demgegenü-ber würde es im Labor infolge einer stärkeren Nachfrage sowie von Rationalisierungseffe k-ten auf Grund der zunehmenden Technisierung ein absehbares Überangebot an Arbeitskrä f-ten geben. Vor diesem Hintergrund könnte ein Bedarf an doppel- oder mehrfachqualifizierten MTA entstehen. Vor allem in Häusern der Grund- und Regelversorgung könnten verbesserte Durchlässigkeiten zwischen den Berufen bzw. eine Mehrfachqualifikation zu einer besseren Personalauslastung führen. Dafür ist allerdings eine völlige Neuausrichtung der Ausbildung erforderlich.

Selbst bei grundsätzlichem Fortbestand der verschiedenen Berufszweige kann zumindest mit Blick auf Fort- und Weiterbildungen eine partielle horizontale Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen MTA-Berufen sinnvoll sein. Zu denken ist hierbei an labornahe Zusatz-qualifikationen für Radiologieassistenten etwa im Bereich der molekularen Bildgebung, der Immunologie und Histologie. Umgekehrt können Laborassistenten durch den Erwerb der Fachkunde im Strahlenschutz entsprechend der Röntgen- bzw. Strahlenschutzverordnung auch in der Radiologie eingesetzt werden. Entsprechende Durchstiege führen allerdings nur selektiv und punktuell zu Durchlässigkeiten zwischen den technischen Assistenzberufen, je-doch nicht systematisch.

Auch vertikale Durchlässigkeiten sind in den technischen Assistenzberufen deutlich unt e-rentwickelt. Ein wesentlicher Grund hierfür besteht darin, dass es über die grundständigen Ausbildungen hinaus kein kohärentes System der beruflichen Weiterqualifizierung gibt. Die Angebote zur Weiterqualifizierung erfolgen vielfach unkoordiniert und mit vagem Bezug zu Anforderungs- oder Stellenprofilen in der Praxis. Überdies gibt es in den technischen Assi s-tenzberufen keine konsequente berufliche Hierarchisierung derart, dass den jeweiligen Qua-lifikationsebenen entsprechende Kompetenzbeschreibungen im Sinne professioneller Stan-dards zugeordnet oder bestimmte Qualifizierungen auch mit korrespondierenden Aufstiegs- oder Karriereoptionen verbunden werden. Eine große vertikale Durchlässigkeit setzt deswe-gen eine gezielte Modularisierung von Bildungsgängen mit strukturell verzahnten und a

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schlussfähigen Niveaustufen in Form von grundständigen Ausbildungen, systematischen Weiterbildungen und Akademisierungsoptionen voraus.1

Die größten Durchlässigkeiten im Bereich der MTA-Berufe existieren derzeit bei den Ausbil-dungsinhalten, zumindest im Grundsatz in den medizinischen, natur- und sozialwissenschaft-lichen Grundlagenfächern. Diese sind in allen drei Berufszweigen weitestgehend identisch, einzig das Fach Chemie/Biochemie wird in der Ausbildung für die Funktionsdiagnostik nicht angeboten (vgl. Tab. 9). Gemäß der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung sind auch die Unterrichtsthemen und Stundenzahlen hier berufsgruppenübergreifend vielfach vergleichbar.

Entsprechend der jeweiligen fachlichen Ausrichtung weist allerdings die Chemie/Biochemie in der Ausbildung der MTLA überproportionale Stundenzahlen auf, in der MTRA-Ausbildung die Physik und in der MTAF-Ausbildung die Physiologie/Pathophysiologie. In allen drei Aus-bildungszweigen machen die aufgeführten Grundlagenfächer etwa ein Sechstel der gesa m-ten Ausbildungszeit bzw. zwischen 24% (MTLA) und 30% (MTAF) der theoretischen Ausbil-dung aus.

Tab. 9: Grundlagenfächer im theoretischen Unterricht der MTA-Berufe Stundenzahlen

Fächer MTLA MTRA MTAF

Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde 40 40 40

Mathematik 40 40 40

Biologie und Ökologie 40 40 40

Hygiene 40 40 40

Physik 100 140 120

Statistik 20 20 20

EDV und Dokumentation 80 80 80

Chemie / Biochemie 180 100 --

Anatomie 40 80 60

Physiologie / Pathophysiologie 60 50 100

Krankheitslehre 30 60 30

Erste Hilfe 20 20 20

Psychologie 30 40 80

Fachenglisch 40 40 40

Summe der Stunden 760 790 710

Anteil am theoretischen Unterricht 24,0% 28,2% 30,0%

Anteil an der Ausbildungszeit insgesamt 17,3% 18,0% 16,1%

1 Vgl. Kachler, 2007a sowie ausführlicher Kap. 5.2, 10.1 und 10.3.

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Fächeridentität bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass die jeweiligen Unterrichtsinhalte im Wesentlichen identisch sind oder sogar gemeinsam, d.h. berufsgruppenübergreifend u n-terrichtet werden. Vielmehr können auch die Grundlagenfächer mehr oder weniger beruf s-gruppenspezifisch ausgerichtet sein. Die tatsächliche Durchlässigkeit der Ausbildungsinhalte ist insofern primär eine empirische Frage. Dieser Thematik wurde deshalb im Rahmen der Befragung der MTA-Schulen ein eigenes Kapitel gewidmet.

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