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Übertragbarkeit der Anästhesie-Assistenz

Im Dokument B MTA-Bereich (Seite 166-169)

5 Übertragbarkeit internationaler Konzepte

9.5 Übertragbarkeit der Anästhesie-Assistenz

Analog zur Chirurgie-Assistenz sind - auch hier ausländische Vorbilder aufgreifend - in den vergangenen Jahren verschiedene Ansätze konzipiert worden, durch die Entwicklung neuer Berufsbilder die Organisation in der Anästhesie zu ändern. Zu diesen Berufsbildern gehört u.a. der sog. Medizinische Assistent für Anästhesie (MAfA), der von einem privaten Klini k-konzern zeitweilig für die Überwachung der Narkose eingesetzt wurde. Auf wenn das Projekt zwischenzeitlich wieder eingestellt worden ist, wird die Diskussion um den Einsatz von MAfA oder ähnlichen Qualifikationen weitergeführt.

Ähnlich wie der Chirurgie-Assistent übernimmt der MAfA grundsätzlich vom Facharzt del e-gierte Aufgaben, welche mithin bislang den Anästhesisten überwiegend vorbehalten waren.

"Zu den Tätigkeiten gehören u.a. das Legen von Gefäßzugängen, Einbringen von Medik a-menten, Überwachung des Patienten während der Narkose im Aufwachraum, Dokumentati-on der Parameter und ggf. Anpassung der Narkose. Grundsätzlich handelt es sich um Täti g-keiten, die während der Operation, jedoch nicht bei Narkoseein- und -ausleitung anfal-len...Die medizinische und organisatorische Verantwortung für die Narkose obliegt dem Facharzt für Anästhesie...Teile der Narkoseführung, insbesondere in der Überwachungsph a-se, werden...an MAfAs delegiert. Die Narkosenform, das zu verwendende Monitoring, die Medikamente und die postoperative Verlegung werden durch den Fachanästhesisten festg e-legt."2

Voraussetzung für eine einjährige Weiterbildung zum MAfA ist eine Krankenpflegeausbi l-dung, eine einjährige spezialisierende Anästhesieausbildung und eine mindestens zweijähr i-ge Berufserfahrung im OP. Insi-gesamt dauert die Ausbildung zum MAfA also - inklusive Grundausbildung - fünf Jahre.3 Eine hinreichende materielle Qualifikation dürfte damit für b e-stimmte Abläufe und Prozesse im Rahmen des Narkoseverfahrens gegeben sein.

Stark umstritten ist die Frage nach den Kompetenzen dieser nicht-ärztlichen Mitarbeiter im Rahmen der Narkose. Die Diskussion macht sich vor allem an den sog. "Parallelnarkosen"

fest. Unter eine Parallelnarkose wird die gleichzeitige Betreuung von zwei oder mehreren Narkosen durch einen Anästhesisten verstanden. Die Betreuung des narkotisierten Patienten

1 Das folgende Kapitel basiert maßgeblich auf der DKI-Studie zur Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes, vgl. Offermanns, 2008, S. 154ff.

2 Sachverständigenrat, 2007, S. 65

3 Sachverständigenrat, 2007

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übernimmt in der Abwesenheit des Anästhesisten eine speziell ausgebildete nicht-ärztliche Fachkraft. Inwieweit dies rechtlich erlaubt ist, wird sehr kontrovers diskutiert.1

In der schon erwähnten Münsteraner Erklärung des Berufsverbandes Deutscher Anästhesi s-ten wird festgestellt, dass in bestimms-ten, eng begrenzs-ten Phasen eines Anästhesieverfa h-rens die Überwachung von Patient und Gerät durch eine speziell weitergebildete Anästh e-siepflegekraft erfolgen kann. Dazu müssen jedoch bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit die Patientensicherheit nicht gefährdet wird. Zu diesen Kriterien gehört u.a., dass eine Delegat i-on vi-on Überwachungsaufgaben nur in eher unkomplizierten Fällen erfolgen darf. Die Über-wachungsaufgaben dürfen nur von besonders qualifizierten Pflegekräften übernommen we r-den. Der für die Anästhesie verantwortliche Anästhesist hat sich in unmittelbarer Nähe au f-zuhalten, so dass ein Tätigwerden nicht-ärztlicher Fachkräfte ausschließlich unter unmittel-barer Aufsicht und Weisung eines Arztes mit der Möglichkeit des unverzüglichen Eingreifens möglich ist. Nicht zuletzt ist klarzustellen, dass die Anästhesie-Assistenz im Rahmen ihrer Überwachungsfunktion keinerlei Handlungs- und Entscheidungskompetenz besitzt, abwei-chend vom konkret festgelegten Regeln, etwa die Zufuhr von Narkosegasen zu verändern oder von sich aus Narkosemittel, Muskelrelaxantien etc. zu geben, ohne hierzu eine ärztliche Entscheidung im Einzelfall herbeigeführt zu haben.2

Insbesondere im Zusammenhang mit der letztgenannten Voraussetzung ist ggf. zu erwägen, ob bestimmte Aufgaben standardisierbar sind oder sich für Behandlungspfade eignen, so dass eine Delegation dieser Tätigkeiten bei Beachtung der Sorgfaltspflicht möglich erscheint.

Dabei sind auch internationale Erfahrungen mit einer anderen Organisation der Anästhesie ggf. heranzuziehen. Beispielsweise kommt der Sachverständigenrat nach der Analyse ve r-schiedener internationaler Studien zu folgendem Urteil: "Zusammenfassend zeigt die interna-tionale Studienlage, dass eine Delegation von Narkoseleistungen in bestimmten Narkosen-phasen nicht zu einer erhöhten Gefährdung von Patienten führt. Abhängig ist dies natürlich von der Organisation des OP-Bereichs und dem Qualifikationsniveau des Delegationsemp-fängers.3

Das Qualifikationsniveau ist in Anbetracht der von einer Narkose ausgehenden Patientenge-fährdung sehr hoch anzusiedeln. Um hier Rechtssicherheit zu schaffen, wäre es sinnvoll,

1 Vgl. Ulsenheimer et al., 2007

2 BDA, 2007

3 Sachverständigenrat, 2007, S. 66

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verpflichtende und detaillierte Weiterbildungsrichtlinien zur Anästhesie-Assistenz seitens der Bundesländer zu verabschieden. Aus diesen müsste hervorgehen, welche Aufgaben nicht -ärztliche Berufsgruppen im Rahmen von Narkoseleistungen übernehmen und welche Qual i-fikationen hierfür erforderlich sind. Durch eine solche Umgestaltung der rechtlichen Rah-menbedingungen würden die Unsicherheiten beseitigt und eine echte Neuzuordnung von Tä-tigkeiten erreicht.

Derzeit gibt es u.W. aktuell in Deutschland zwar keine Weiterbildungen im Bereich der Anä s-thesie-Assistenz (entsprechend dem Berufsbild des MAfA). Allerdings dürften die sukzessive Etablierung der Chirurgie-Assistenz, der Ärztemangel in der Anästhesie sowie berufs- bzw.

bildungspolitisch motivierte Forderungen nach Qualifizierungs- und Aufstiegsoptionen grund-ständig aus- oder weitergebildeter Funktionspfleger in der Anästhesie dazu führen, dass die Delegation ärztlicher Tätigkeiten auch für ausgewählte anästhesiologische Leistungen ve r-stärkt diskutiert wird. Damit stellt sich auch hier, ähnlich wie beim Chirurgie-Assistenten, die Frage nach der Schaffung eines neuen Berufsbildes sowie der Einrichtung entsprechender Aus-, Weiterbildungs- oder Studiengänge.

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