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Durchführung von Maßnahmen

6.1 Ziele und Maßnahmen im Bereich Zivilgesellschaftsförderung

6.1.3 Durchführung von Maßnahmen

Über die Differenzierung zwischen instrumenteller Zivilgesellschaftsförderung und Empowerment hinaus, ist es wichtig, dass Capacity-Development-Maßnahmen im Bereich Zivilgesellschaftsförderung auf einem Capacity Assessment der Gruppen basieren und stärker auf ihre Kompetenzen und ihr Bildungsniveau zugeschnitten werden. In vielen Fällen bekommen Gruppen durch die WHH Standardschulungen, die kaum aufeinander aufbauen. Dabei wird z. T. relativ wenig auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Gruppen eingegangen (s. Kap. 5.4.2). Häufig werden nur die Komi-teemitglieder geschult, weshalb das Wissen lediglich bei der Gruppenleitung ver-bleibt und nicht weitergegeben wird. So können nichtgeschulte Mitglieder die Funktionen der Komiteevertreter, z. B. bei Neuwahlen, nicht übernehmen, was die Stärkung gruppeninterner Demokratisierungsprozesse untergräbt und so dem Machtmissbrauch seitens der Komiteevertreter Vorschub leisten kann. Daher sind besonders Fortbildungen und eine Betreuung im Bereich Organisationsentwicklung von Bedeutung, die die internen Strukturen sowie demokratische Funktions- oder Kontrollmechanismen in den Gruppen unterstützen (s. Kap. 5.4). Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung könnte eine stärkere Ausrichtung der Fortbildungen in Be-reichen wie Kommunikation, interne Regeln, Leadership, Konfliktmanagement, Mo-deration von Versammlungen oder Buchhaltung sein (s. ebd.). Ein weiterer Schritt wäre eine Systematisierung der Fortbildungen, z. B. in Modulform. Diese könnte durch ein Trainingshandbuch entstehen, das als Katalog alle verfügbaren Fortbildun-gen beinhaltet und darüber hinaus als Leitfaden und Anleitung sowohl Art als auch Umfang der Unterstützung festlegt. Mitarbeiter der WHH könnten im Rahmen eines Training of Trainers gesondert auf diese Aufgaben vorbereitet werden. Neben einer technischen Ausbildung würden die Mitarbeiter auch Fach- und Methodenwissen im Bereich Organisationsentwicklung und Zivilgesellschaftsförderung erlangen, so dass sie partizipative Methoden strukturierter und systematischer anwenden könnten. Ent-sprechende Bedarfe wurden bereits während eines Workshops in Ouanaminthe iden-tifiziert (s. Kap. 5.4.3). Die WHH würde dadurch die Qualität ihrer Arbeit im Bereich Zivilgesellschaftsförderung erhöhen und könnte gleichzeitig Maßnahmen auf die indi-viduellen Bedürfnisse der Gruppen zuschneiden. Die Gruppen und die

WHH-Mitarbeiter könnten dadurch ihre Aufgaben effizienter wahrnehmen und auch für die Dorfgemeinschaft wichtige Rollen als Entwicklungsakteur einnehmen.

Den WHH-Mitarbeitenden kommt bei der Kooperation mit den Gruppen eine Schlüs-selfunktion zu: die Mitarbeiter aus dem Büro besuchen i. d. R. die Gruppen und kommunizieren die Ergebnisse zurück an das WHH-Büro. Sie sind diejenigen, die regelmäßig in die Dörfer fahren und die oftmals den einzigen Kontakt zwischen WHH und Gruppe darstellen. Ihre Arbeit und Kommunikation konzentriert sich auf die von der WHH geförderten Gruppen, jedoch nicht auf die gesamte Gemeinschaft. Im Sin-ne eiSin-ner erfolgreichen Zivilgesellschaftsförderung wäre jedoch – idealerweise – ge-rade ein ganzheitlicher Ansatz und die Integration der zahlreichen anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen, Wirtschaftsakteure und der Bevölkerung von Bedeu-tung, um deren Kooperation und Austausch untereinander zu fördern. Dies ist jedoch in der Praxis häufig schwer umsetzbar.

Abb. 19: Grad der Partizipation nach Pretty (1995)

Folgt man für ein verstärktes Targeting dem Modell von Pretty (s. Abb. 19), kann der Partizipationsgrad der Basisgruppen je nach Kompetenz- und Bildungsniveau schrittweise, bspw. mittels entsprechender Fortbildungen, erhöht werden. Dies trüge dem Umstand Rechnung, dass die WHH mit Organisationen zusammenarbeitet, die sich auf ganz unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden. Ähnliche Ansätze las-sen sich bezogen auf Haiti bzw. die Dominkanische Republik auch in anderen Arbei-ten finden (vgl. Marrenbach 2011: 38f.; Günther, Reyes, Almonte Mella 2000: 3f.).

Gruppen, deren Mitglieder kaum für ihren eigenen Lebensunterhalt aufkommen

kön-nen und häufig relativ bildungsfern sind, müssen zunächst engmaschig begleitet werden (s. dazu Partizipationsgrad eins und zwei der Abb. 19). Die Intensität der Partizipation kann sich dabei auf der Planungsebene noch auf der ersten Stufe be-finden, während die Kooperation in der Durchführungsphase bereits auf der zweiten Stufe stattfindet. Das Monitoring durch die Welthungerhilfe wurde neben Planung und Durchführung nicht als eigene Ebene, wie in der Publikation von Günther, Reyes, Almonte Mella (2000), getrennt aufgeführt, sondern auf Planungs- und Durch-führungsebene bereits berücksichtigt.

Anfangs gestaltet sich die Rolle der Basisgruppen noch relativ passiv, indem sie bei der Planung von der WHH informiert werden und ihren Anweisungen auf der Durch-führungsebene Folge leisten. Die Basisgruppen werden dann in einem nächsten Schritt bei der Planung konsultativ hinzugezogen und nach ihrer Meinung befragt.

Bei der Durchführung der Maßnahmen entscheidet die WHH, welche Vorschläge sie berücksichtigt.

Mit zunehmendem Wissen und Erfahrungen sowie dem Erstarken der Gruppen kann die Welthungerhilfe diesen nicht nur größere Aufgaben übertragen, sondern auch aufeinander aufbauende Fortbildungen anbieten, die über Grundkenntnisse und technische/landwirtschaftliche Inhalte, z. B. im Veredeln von Pflanzen, hinausgehen.

Um ihr Potential besser ausnutzen zu können, sollte, um im Beispiel zu bleiben, etwa auch die Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten miteingeschlossen wer-den. Zur Stärkung ihrer eigenen Funktionsweise und ihrer zivilgesellschaftlichen Rol-le wären auch Fortbildungen zur Organisationsentwicklung und den Aufgaben und Verantwortlichkeiten von staatlichen Akteuren sinnvoll, wie sie bspw. von den Part-nerorganisationen ACDED und Concert Action in Jacmel bereits durchgeführt wer-den. Nach und nach könnten auf diese Weise aus kleinen unstrukturierten Gruppen wichtige Partner entstehen, die selbstständig und unabhängig agieren und z. T. auch Projekte im Auftrag von NRO umsetzen können. Dadurch sind sie sich ihrer Rolle(n) in Gesellschaft und Gemeinschaft bewusster und können wichtige Funktionen wahr-nehmen.

Um dies zu erreichen, sollten Gruppen – je nach ihren Kompetenzen und Ressour-cen – möglichst frühzeitig an die Projektumsetzung herangeführt werden. Daraufhin sollte auch die Förderung von Gruppen angepasst werden. Je eigenverantwortlicher die Organisationen arbeiten können, desto größer ist auch ihre Ownership. Dabei sollten die Gruppen auf Ebene der funktionellen und interaktiven Partizipation selbst-verständlich von geeigneten Partnern begleitet werden. Die WHH trägt dem mit ihrer Strategie der Förderung lokaler Partner Rechnung, die zunehmend die Umsetzung der Aktivitäten mit den Basisgruppen übernehmen und so die Eigenimplementierung durch die WHH reduzieren sollen. So übernimmt die WHH im Sinne einer

interakti-ven Partizipation nur noch das Monitoring, während die Aktivtäten eigenverantwort-lich geplant und durchgeführt werden. In Bezug auf finanzielle Unterstützungsmaß-nahmen besteht die größte Herausforderung in der Sicherstellung der Nachhaltigkeit der Finanzierung und der Vermeidung von Abhängigkeiten, z. B. durch den Verzicht auf langfristige Subventionen. Auf dieser Partizipationsstufe sollte die finanzielle Ei-genständigkeit schon weitgehend gewährleistet sein, damit die Organisation auch ohne Unterstützung weiter handlungsfähig bleibt (s. Abb. 19). Besonders erfolgreich erweist sich eine Kooperation dann, wenn motivierte, bereits vorhandene Gruppen, ihre eigenen Interessen verfolgen und dadurch angetrieben werden. Sie setzen sich langfristige Ziele, haben eine Vision vor Augen und ein entsprechendes Interesse dieses zu erreichen. Daher ist eine Zusammenarbeit mit diesen Gruppen in der Re-gel erfolgversprechender.