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1.2 Zellbiologische Grundlagen der Kanzerogenese

1.2.2 DNA-Reparaturmechanismen

Haben Sensorproteine des Signaltransduktionsmodells (siehe 1.2.1) einen Schaden an der DNA entdeckt, bestehen verschiedene Möglichkeiten der Reparatur, abhängig vom je-weils detektierten Mangel.

Schadensumkehrung

Bei Kleinstschäden ist die Zelle in der Lage, diese rückgängig zu machen. Durch UV-Strahlung kann aus der Base Guanin O6-Alkylguanin entstehen. Das körpereigene Enzym O6-Alkylguanintransferase (MGMT) vermag die addierte Methylgruppe zu entfernen, so-dass die Guanin-Base wieder unversehrt zur Verfügung steht. Allerdings ist diese Reak-tion nur einmalig möglich, da das Enzym nach der Aufnahme der Methylgruppe der Pro-teolyse zugeführt wird (67).

Basenexzisionsreparatur

DNA-Schäden, die sich nur auf einen der beiden Stränge beschränken, können durch die Basenexzisionsreparatur rückgängig gemacht werden. Hieran sind mehrere Enzyme be-teiligt: Zunächst erkennt eine DNA-Glykosylase defekte Basen und entfernt diese. Da-raufhin führt eine AP-Endonuklease (Apurinische/apyrimidinische Endonuklease) einen Einzelstrangbruch an derselben Stelle herbei. Anschließend sorgen eine DNA-Poly-merase und eine DNA-Ligase für die Neusynthese der beseitigten Base sowie deren Ein-bindung in den DNA-Strang. Auf diese Weise können sowohl einzelne („short patch re-pair“) als auch bis zu zwanzig Nukleotide parallel ausgetauscht werden („long patch re-pair“) (74).

Nukleotidexzisionsreparatur

Auch die Nukleotidexzision ist eine Reparaturweise, welche sich für Einzelstrangdefekte eignet. Sie konzentriert sich jedoch im Gegensatz zur Basenexzisionsreparatur auf De-fekte im Rückgrat der DNA-Stränge, die eine Veränderung („bulk“) in der Helix -Forma-tion verursachen. Dieser Reparaturmechanismus unterteilt sich in die globale Genomre-paratur (GGR), welche sich mit nicht transkribierter DNA beschäftigt, und die transkrip-tionsgekoppelte Reparatur (TGR), die fehlerhafte aktiv transkribierte DNA ersetzt. Diese Reparaturwege unterscheiden sich in ihren Erkennungsmechanismen, nicht jedoch im weiteren Verlauf des Reparaturprozesses. Während bei der GGR das Protein XPC („ Xe-roderma pigmentosum complementation group C“) die schadhaften Stellen erkennt, über-nimmt bei der TGR die RNA-Polymerase diese Aufgabe. Im Anschluss wird die Doppel-helix-Struktur der DNA durch Helikasen teilweise geöffnet. Die Vollendung der Öffnung erfolgt durch die Enzyme XPG („Xeroderma pigmentosum complementation group G“), XPA („Xeroderma pigmentosum complementation group A“) und RPA („Replication Protein A“). XPA und RPA sind außerdem für die Positionierung der Endonukleasen ver-antwortlich. Diese wiederum entfernen eine Nukleotidsequenz von 24 bis 32 Basen. Der Ersatz des entfernten Stranges erfolgt analog zur Basenexzisionsreparatur durch eine DNA-Polymerase und –Ligase (67,74).

Homologe Rekombinationsreparatur

Generell sind Doppelstrangbrüche seltener als andere DNA-Schäden, können jedoch bei Ausfall der entsprechenden Reparatursysteme gravierende Folgen haben. Kommt es wäh-rend der S- oder G2-Phase des Zellzyklus zu einem Doppelstrangbruch, kann dieser durch die sogenannte Homologe Rekombinationsreparatur beseitigt werden. Hierfür wird ein dem geschädigten Strang identisches Schwesterchromatid benötigt, welches nur während dieser Zellzyklus-Phasen vorhanden ist und somit als Matrize für die zu ersetzende DNA zur Verfügung steht. Der Doppelstrangbruch wird zunächst vom MRN-Komplex, beste-hend aus den Proteinen MRE11A, RAD50 und NBS1, erkannt. Der MRN-Komplex ak-tiviert, unterstützt vom CtIP („CtBP-interacting protein“), weitere essentielle Proteine wie ATM und stellt freie 3’-Einzelstränge her. Diese werden sofort vom RPA („ replica-tion protein A“) besetzt, welches die DNA-Einzelstränge noch weiter auftrennen kann.

Parallel wird das Schwesterchomatid auf den Informationsaustausch vorbereitet, indem es von seinen Histonen gelöst wird. Es folgt der Ersatz von RPA durch RAD51 („DNA repair protein RAD51“), katalysiert durch Proteine wie BRCA2 („breast cancer type 2

susceptibility protein“). RAD51 katalysiert wiederum durch die Ausbildung von Nucle-oproteinfilamenten den Austausch jeweils eines DNA-Stranges zwischen dem gebroche-nen Chromatid und seinem identischen Schwesterchromatid, wodurch der sogenannte D-Loop gebildet wird. Nun kann das verloren gegangene Material durch DNA-Polymerasen und -Ligasen neu synthetisiert werden, indem diese sich am vollständigen Chromatid ori-entieren. Die Auflösung des D-Loops kann auf zwei Wegen geschehen: Beim „ Synthesis-Dependent Strand Annealing“ (SDSA) wird der D-Loop durch spezielle Helikasen auf-gelöst und die neu entstandenen DNA-Stränge an die restliche DNA angeknüpft, sodass keine Überschneidungen entstehen. Im Falle eines „Double Holliday Junction Model“ -Pfades entstehen sogenannte doppelte Holliday-Kreuzungen, da auch das 5’-Ende des gebrochenenen Stranges an das Schwesterchromatid angelagert wird. Als Endprodukte können hier DNA-Stränge mit oder ohne Überschneidungen entstehen (67,75).

Nicht-homologes End-Joining

Im Gegensatz zur Homologen Rekombinationsreparatur braucht der Reparaturweg der Nicht-homologen End-Verknüfung („Non-homologous End-Joining“, NHEJ) keine Mat-rize, sodass er auch während der G1-Phase des Zellzyklus stattfinden kann, wenn sich kein Schwesterchromatid in nächster Nähe zum Strangbruch befindet. Durch NHEJ wer-den ebenfalls ausschließlich Doppelstrangbrüche repariert. Die Entscheidung für einen der beiden Reparaturwege wird über die Cyclin-abhängige Kinase 1 reguliert, die abhän-gig vom Zellzyklus exprimiert wird, nämlich nur während der Phasen G2 und S (76).

Zunächst bindet das Heterodimer Ku70/80 („X-ray repair cross-complementing protein 6/5“) an beide offenen Doppelstrang-Enden und rekrutiert eine Proteinkinase mit dem Namen DNA-PKcs („DNA-dependent protein kinase catalytic subunit“), welche sich selbst und verschiedene weitere Proteine, darunter p53 phosphorylieren kann (67). Im nächsten Schritt bereiten zwei Komplexe die Enden auf ihre Ligation vor: der RAD50-MRE11-NBS1-Komplex und der XRCC4 („X-ray repair cross-complementing protein 4“ )-DNA-Ligase-IV-Komplex. Ist dies geschehen, sorgt der XRCC4-DNA-Ligase-IV-Komplex ebenfalls für die Verbindung der nun prozessierten Endstücke (67). Das nicht-homologe End-Joining kann, anders als die Homologe Rekombination, mit Verlust von Genmaterial verbunden sein und ist somit ein potentieller Verursacher von Krebserkrankungen. Bei-spielsweise sollen 5-15% der im Gen TP53 beobachteten Mutationen durch fehlerhaftes NHEJ verursacht werden (77).

Die erfolgreiche Reparatur von DNA-Schäden ist folglich eine Verknüpfung hochkom-plexer Prozesse, welche die funktionierende Zusammenarbeit vieler Akteure voraussetzt.

Einer dieser Akteure ist das „Translationally Controlled Tumor Protein“ (TCTP), dessen kodierendes Gen im Rahmen dieser Arbeit gezielt untersucht wurde. Es ist an vielfachen intra- und extrazellulären Abläufen beteiligt und scheint auf vielen Ebenen der Zell-Ho-möostase eine wichtige Rolle zu spielen (78). Gerade während der letzten Jahre hat sich TCTP aufgrund der Vielfältigkeit seiner Funktionen zu einem Gegenstand intensiver For-schung entwickelt.