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Das Ziel dieser Arbeit war es, mithilfe eines adäquaten Therapiematerials den Einfluss eines hochfre-quent-repetitiven Inputs auf die basale phonologische Verarbeitung bei 30 von 53 voruntersuchten Vorschulkindern zu untersuchen. Zu Beginn der Untersuchungen wurde folgende Fragestellung for-muliert:

Kann eine hochfrequent-repetitive Darbietung von akustischen Signalen mit linguistischen Informati-onen, bestehend aus Minimalpaarwörtern in Form von Realwort-Duplets bzw. -Triplets sowie Loga-tom-Duplets bzw. -Triplets, Vorschulkindern als Trainingsprogramm über zehn Wochen angeboten, Einfluss auf die basale phonologische Verarbeitungskompetenz nehmen?

Die vor und nach des 10-wöchigen Trainingsprogramms gewonnen Daten der beiden Testverfahren zur Überprüfung der phonologischen Verarbeitung („Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibstörungen“ sowie „Heidelberger Auditives Screening in der Einschulungsunters u-chung“) wurden mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS verglichen, um zu überprüfen, ob das Tra i-ningsprogramm einen Einfluss auf die basale phonologische Verarbeitung von Vorschulkindern ge-nommen hat. Die vorab formulierte Fragestellung kann mit ja beantwortet werden. Die Gesamtscores der beiden standardisierten Testverfahren haben sich signifikant verändert (Tabelle 39 und 42). Die errechnete Signifikanz der Gesamtscores des „Bielefelder Screenings zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibstörungen“ wurde mit 0,001 berechnet. Die Signifikanz der Gesamtscores „Heidelberger Auditives Screening in der Einschulungsuntersuchung“ wurde mit 0,000 ermittelt. Diese Ergebnisse geben allerdings noch keinen Aufschluss über die Qualität der Veränderungen.

Zu Beginn der Studie wurden folgende Hypothesen aufgestellt:

- H1 0: Die Intervention mit hochfrequent-repetitiver Darbietung von Minimalpaaren hat keine positiven Auswirkungen auf die mit einem normierten Testmaterial überprüfte basale phono-logische Verarbeitung.

Alternativhypothese:

- H1 A: Die Intervention mit hochfrequent-repetitiver Darbietung von Minimalpaaren hat posi-tive Auswirkungen auf die mit einem normierten Testmaterial überprüfte basale phonologi-sche Verarbeitung.

Die Nullhypothese H1 0 kann abgelehnt werden, weil sich die Basisdaten nach Durchführung der 10wöchigen therapeutischen Maßnahme nach der Re-Testung in vier Untertests sowie in beiden Ge-samtscores der Testverfahren “Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese -Rechtschreibstörungen“ und „Heidelberger Auditives Screening in der Einschulungsuntersuchung“

signifikant verändert haben. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass das Therapiematerial positive

3. Phonologisches Arbeitsgedächtnis (Das phonetische Rekodieren sowie eine kurzzeitige Spei-cherung der phonologischen Informationen)

Welche Untertests der standardisierten Testverfahren überprüfen genau welche der drei oben genann-ten Modalitägenann-ten der basalen phonologischen Verarbeitung? Diese qualitative Betrachtung ist wichtig, um beurteilen zu können, auf welche der drei Modalitäten (Phonologische Bewusstheit, Benennge-schwindigkeit sowie phonologisches Arbeitsgedächtnis) das Therapiematerial Einfluss genommen hat.

In dem Testverfahren „Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten“ haben sich die Ergebnisse der Untertests „Laute-Assoziieren“ und

„Pseudowörter-Nachsprechen“ signifikant verändert (errechnete Signifikanz: 0,002). In dem Untertest

„Laute- Assoziieren“ wird die phonologische Bewusstheit überprüft. Hier wird dem Kind pro Item eine Bildkarte mit vier Abbildungen von Objekten vorgelegt (z.B. Zange, Pinsel, Zebra, Schlange).

Anschließend wird ein Wort (hier: „Zange“) getrennt vorgesprochen (/ts/-/ange/). „Ein Bild auf der Karte repräsentiert das vorgesprochene Wort (Zange), eines hat nur mit dem ersten Element (Zebra) und ein anderes weist nur mit dem zweiten Element (Schlange) eine lautliche Übereinstimmung auf.“42 Das vierte Bild hat keine lautliche Übereinstimmung. Aufgabe war es, das getrennt gesproche-ne Wort zu identifizieren, es auf der Karte zu zeigen und zu begesproche-nengesproche-nen42. Nach Snowling (2000) entwi-ckelt sich die phonologische Bewusstheit im engeren Sinn aufbauend auf die phonologische Bewusst-heit im weiteren Sinn.1 Diese phonologische Bewusstheit im engeren Sinn besteht wiederum aus zwei Komponenten, der Fähigkeit zur phonologische Analyse und der Fähigkeit der phonologischen Syn-these.2 Die phonologische Synthese ist eine noch nicht im Vorschulalter zu beobachtende Leistung, es sei denn, sie wird wie in dem Untertest „Laute Assoziieren“ durch zusätzlich angebotene Informati o-nen, in diesem Fall mit Hilfe von Bildmaterial, unterstützt (Jansen, 1992). Die Ergebnisse dieses Un-tertests haben sich nach dem Trainingsprogramm signifikant verändert, daraus ist zu schließen, dass das Trainingsprogramm einen positiven Effekt auf die in diesem Untertest überprüften Leistungen hat.

Die Ergebnisse eines weiteren Untertests des „Bielefelder Screenings zur Früherkennung von Lese -Rechtschreibschwierigkeiten“ haben sich nach der Re-Testung verbessert. In dem Untertest „Pse u-dowörter-Nachsprechen“ wurde nach dem 10wöchigen Trainingsprogramm eine Signifikanz von 0,016 errechnet. Dieser Untertest überprüft eine kurzzeitige Speicherung im phonologischen Arbeits-gedächtnis sowie die Reproduktion der unterschiedlich langen Pseudowörter (Logatome). Da es sich hierbei um Logatome handelte, war das Nachsprechen der Items nicht lexikalisch basiert. Das Wie-derholen von Logatomen stellt für die Messung der Kapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnis-ses eine aussagefähigere Messung dar (Gathercole, 1995).1 Da sich die Leistungen der Vorschulkinder in diesem Untertest nach dem Trainingsprogramm verbessert haben, kann davon ausgegangen werden, dass das verwendete Material einen positiven Effekt auf die Kapazität des phonologischen Arbeitsge-dächtnisses genommen hat, denn wachsende phonologische Fähigkeiten beschleunigen und verbessern das Memorieren im phonologischen Arbeitsgedächtnis, dessen Kapazität als Konsequenz zu nimmt (Adams, Gathercole, 1996).2 Aber hat das Therapiematerial wirklich Einfluss auf diese Fähigkeiten genommen? Wenn ja, wäre zu erwarten gewesen, dass sich die Leistungen des Untertests „Nachspr e-chen von Kunstwörtern“ aus dem „Heidelberger Auditives Screening in der Einschulungsunters u-chung“ nach dem 10wöchigen Trainingsprogramm ebenfalls verbessern würden. Das haben sie statis-tisch gesehen nicht. Es liegt statisstatis-tisch keine Korrelation vor. Die errechnete Signifikanz des Unter-tests „Nachsprechen von Kunstwörtern“ lag nach der Re-Testung bei 0,096. Ein Grund dafür könnte die geringe Anzahl der Studienteilnehmer sein und es stellt sich die Frage, wie die Ergebnisse bei ei-ner Studie mit eiei-ner größeren Fallzahl zu erwarten wären, ob es dann zu eiei-ner Korrelation der Resulta-te besagResulta-ter UnResulta-terResulta-tests gekommen wäre.

Bei dem Testverfahren „Heidelberger Auditives Screening in der Einschulungsuntersuchung“ haben sich die Leistungen in zwei Untertests nach dem Trainingsprogramm positiv verändert. In dem Unter-test „Wiedergeben von Zahlenfolgen“ verbesserten sich die Resultate deutlich (errechnete Signifikanz:

0,003). Bei dieser Aufgabe wurde die auditiv-serielle Fähigkeit durch das Nachsprechen vorgegebener Zahlenfolgen (Hörmerkspanne für Zahlen) erfasst. Diese gilt als valider Indikator für die Kapazität der phonologischen Schleife des Arbeitsgedächtnisses und ist, anders als bei einer Aufgabe mit Logato-men, lexikalisch basiert. Ebenfalls die Kapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnisses betreffend sowie lexikalisch basiert sind die Leistungen, die im Untertest „Nachsprechen von Sätzen“ überprüft wurden. Auch diese Leistungen haben sich nach dem Trainingsprogramm verbessert (errechnete Sig-nifikanz: 0,042). Anhand der vorliegenden Daten ist davon auszugehen, dass das Therapiematerial einen positiven Einfluss auf die Kapazität des lexikalisch basierten phonologischen Arbeitsgedächtnis-ses hat.

Kritisch anzumerken ist, dass die Anzahl der Probanden von 30 sehr gering war. 11 Teilnehmer bra-chen das Trainingsprogramm ab und ein Kind erschien nicht zur Re-Testung, so dass am Ende kom-plette Datensätze von 18 Vorschulkindern von 30 geplanten zur Verfügung standen. Als Abbruchs-gründe wurden Krankheit, zu hoher Zeitaufwand und fehlende Motivation genannt. Es ergeben sich daher mehrere Fragen:

Ist das Trainingsprogramm für den heutigen familiären Alltag überhaupt geeignet?

Nein. Wenn nur 60% der Teilnehmer die Studie bis zum Ende durchlaufen haben, kann davon ausge-gangen werden, dass das Trainingsprogramm für einen heutigen familiären Alltag, in dem oft beide Elternteile berufstätig sind, nicht geeignet ist. Die Zeit ist sehr knapp bemessen, unter anderem auch, weil die Kinder heutzutage nachmittags oft mehreren Hobbys nachgehen und meistens erst abends die komplette Familie zusammentrifft. Die Vorschulkinder sind zu dieser Zeit zu müde und dann auch unmotiviert, dass Trainingsprogramm durchführen zu wollen bzw. sind auch die Eltern zu dieser Ta-geszeit nicht mehr ausreichend motiviert. Nach Aussage einiger Eltern und Kinder, die inzwischen gefragt wurden, wie sie das Therapiematerial bezüglich seiner Praktikabilität einschätzen würden, wäre ihnen das Material über den langen Zeitraum von 10 Wochen zu langweilig gewesen. Es sei mit der Zeit einfach zu monoton geworden.

Spielt das Bildungsniveau der Eltern bei der Durchführung der Therapie eine Rolle, welches vorher nicht abgefragt wurde?

Vielleicht. Da das Bildungsniveau der Eltern vorab nicht abgefragt wurde, kann diese Frage nicht ein-deutig beantwortet werden. Allerdings wurde beobachtet, dass das Trainingsprogramm konsequent von den Eltern mit ihren Kindern durchgeführt wurde, die sich vorher besonders gründlich mit dem Sinn und Zweck dieses Programms auseinandergesetzt hatten. Diesen Eltern merkte man ein höheres Bildungsniveau anhand der Fragen zum Trainingsprogramm an, die sie vor den Untersuchungen ge-stellt hatten. Genau diesen Familien war dann auch bewusst, dass von ihnen in den nächsten 10 Wo-chen an fünf Tagen in der Woche für 5-10 Minuten ein regelmäßiger Einsatz abverlangt wurde. Der

Was könnte am Material verändert werden, um es ansprechender zu gestalten?

Um das Material ansprechender zu gestalten, könnte es in ein Spiel eingebettet werden, damit Kind und Eltern Freude am Spiel und somit auch am Material gewinnen. Die Minimalpaare könnten in ei-nem Spiel beispielsweise als Zauberwörter verwendet werden, um bestimmte Level erreichen zu kön-nen.

Ist das Material sinnvoll oder nicht?

Was die Praktikabilität angeht: nein. Dafür ist das Material zu zeitaufwendig und nach Aussage eini-ger Familien zu monoton. Bezüglich des Effektes unter anderem auf das lexikalisch basierte phonolo-gische Arbeitsgedächtnis: ja. Zumindest sprechen die Ergebnisse dieser Studie dafür, dass das Trai-ningsprogramm positive Auswirkungen auf die basale phonologische Informationsverarbeitung bei Vorschulkindern hat. Das Material sollte allerdings dringend überarbeitet werden, falls es für weitere Untersuchungen genutzt werden sollte. Auch muss überlegt werden, in welcher Form das Material in Zukunft angeboten werden könnte, ob es additiv zu einer Sprachtherapie sinnvoll wäre, beispielsweise in Form einer Applikation für Mobilgeräte.