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2 MATERIAL UND METHODE

2.2 Das Trainingsprogramm

Das hier verwendete Trainingsmaterial besteht aus 190 zwei (Duplets) oder drei (Triplets) Minimal-paarwörtern von Realwörtern oder Logatomen, aus denen 50, nach Schwierigkeit ansteigende, jeweils zehn Duplets/Triplets enthaltene Übungseinheiten zusammengestellt wurden. Als Grundlage diente die Zusammenstellung von Minimalpaaren, die in einer vorherigen umfassenden Untersuchung von C.

Lichte zur Entwicklung eines psychoakustischen Testmaterials zur Lautdiskriminationsfähigkeit von Kindern im Vorschulalter, basierend u. a. auf dem „Orientierungswortschatz“ von Naumann (1999), zusammengefasst wurden. Dieser „Orientierungswortschatz“ diente auf Basis von ca. 2000 häufigen

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Die Häufigkeit eines Wortes ist ein Aspekt seiner Wichtigkeit oder Bedeutsamkeit, bezogen auf den Lebenskreis einer Person (Naumann 1999). Für die Zusammenstellung der Wörter zu der gesproche-nen Kindersprache wurden empirische Quellen herangezogen, d. h. Wörterlisten, die auf Zählungen mehrerer Autoren beruhen (Augst 1984, Wagner 1975, Pregel/Rickheit 1987). Da es sich um einen Test für Vorschulkinder handelte, wurden die Items seinerseits aus dem aktiven Kinderwortschatz kurz vor der Einschulung verwendet. Weiterhin wurden Oberklassenmerkmale und Unterklassen-merkmale (Artikulationsort, -organ, -art, Stimmhaftigkeit) in den Phonemkontrasten berücksichtigt.51 Die Klassifizierung von Lauten ist wichtig, da in den unterschiedlichen menschlichen Sprachen be-stimmte Klassen von Lauten immer wieder in regelmäßigen lautlichen Vorgängen eine Rolle spielen (Grewendorf et al. 1996). Die Oberklassenmerkmale („Major class features“) dienen dazu, die in einer bestimmten Sprache vorkommenden phonetischen Segmente in Hauptklassen einzuteilen. Sie definie-ren Unterschiede zwischen Obstruenten und Sonoranten, Vokalen und Konsonanten, Gleitlauten (Halbvokalen) und Konsonanten. Die Oberklassenmerkmale sind im Wesentlichen für die syntagmati-sche Lautstruktur (lineare Abfolge) relevant und werden auf der Basis der Alternanz zwisyntagmati-schen offenen und geschlossenen Phasen der Glottis aufgestellt (Grewendorf et al. 1996). Dem Konzept der Ober-klassenmerkmale liegt ein auf phonetischen Merkmalen basierender Beschreibungsrahmen zu Grunde, der von Chomsky und Halle für alle Sprachen entwickelt und in der Monographie „Sound Pattern of English“ dargestellt wurde (Chomsky und Halle, 1968). Oberklassenmerkmale sind jeweils durch ein bis zwei Merkmale charakterisiert:

Silbisch: Laute, die einen Nucleus (Silbengipfel) bilden können Beispiel: Vokale

Sonorant: Hiermit sind stimmhafte Laute gemeint, bei denen die Engebildung im Artikulati-onstrakt einen bestimmten Wert des ungehinderten Ausströmens der Luft nicht überschreitet Beispiel: Vokale, Gleitlaute (Halbvokale), Nasale, Liquide

Konsonantisch: Laute, bei deren Bildung im Artikulationstrakt eine Enge gebildet wird Beispiel: Liquide, Nasale, Frikative, Plosive

Als Unterklassenmerkmale („Minor class features“) sind die Artikulationsort- und Artikulationsart-merkmale gemeint, bei der die unterschiedliche Stellung des Zungenrückens eine wichtige Rolle spielt („hoch“, „tief“ oder „hinten“). Die Merkmale „koronal“ und „anterior“ beschreiben die Position der Zunge und charakterisieren damit die dentalen, alveolaren und palatoalveolaren Laute (Grassegger 2001).

Das in der Studie verwendete Therapiematerial enthält vier Gruppen:

1. Realwort-Duplets 2. Realwort-Triplets 3. Logatom-Duplets 4. Logatom-Triplets

Die Realwort-Duplets und -Triplets bestehen aus ein- bis zweisilbigen sinnhaften Wörtern, die sich jeweils nur durch ein Phonem voneinander unterscheiden. Der Schwierigkeitsgrad wird durch den Wechsel von Realwort-Duplets zu den Realwort-Triplets erhöht, da sich die Kinder dann nicht nur

Trainingsprogramm besteht durch die Verwendung von Logatom-Duplets und -Triplets, die sich aus ein- bis dreisilbigen sinnleeren (zumindest die deutsche Sprache betreffend) Wörtern zusammensetzen und sich ebenfalls nur durch ein Phonem unterscheiden. Auch hier ist wieder ein ansteigender Schwie-rigkeitsgrad durch den Wechsel von Duplets hin zu Triplets berücksichtigt worden. Dies erfordert wiederum eine höhere Kapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnisses (nicht lexikalisch basie-rend).

Beispiele des verwendeten Materials:

Realwort – Duplets:

 Affe - alle

 Mund - rund Realwort – Triplets:

 Spur - Schnur - Schnur

 rennen - rennen - kennen Logatom – Duplets:

 rema - rima

 hipako - hipato Logatom – Triplets:

 kubi - kubi - kumi

 kebatu - kegatu - kegatu

Im Folgenden werden zwei Beispiele aus dem verwendeten Material zur Charakterisierung (Merk-malsmatrizen) der zu differenzierenden Phoneme veranschaulicht. Die Merkmale lassen sich zunächst in drei Hauptgruppen unterteilen:

 Oberklassenmerkmale

 Artikulationsortmerkmale

 Artikulationsartmerkmale

So ergeben sich für die Änderung eines Phonems drei Möglichkeiten, durch die unterschiedliche Schwierigkeitsgrade entstehen. Bei den Phonemen „b“ versus „p“ (stimmhaft- stimmlos, Änderung der Artikulationsart) ist eine Diskrimination wesentlich schwieriger als bei den Phonemen „l“ versus

Tab. 1: Beispiel 1

Kriterien/ Beispiel TELLER (t) KELLER (k)

Oberklassenmerkmal Konsonantisch

Modus (Art) Stimmlos, Plosiv Stimmlos, Plosiv

Stelle (Ort) Dental Velar

Tab. 2: Beispiel 2

Kriterien/ Beispiel TOKU (k) TOPU (p)

Oberklassenmerkmal Konsonantisch

Modus (Art) Stimmlos, Plosiv Stimmlos, Plosiv

Stelle (Ort) Velar Bilabial

Als Voraussetzung für vergleichbare Testbedingungen musste das Therapiematerial von einer CD präsentiert werden. Die CD-Aufnahme erfolgte im August 2013 in einem professionellen Tonstudio.

Bei der Aufnahme wurde auf eine gleichbleibende Geschwindigkeit und Betonung geachtet. Die Spre-cherin war eine BerufsspreSpre-cherin mit abgeschlossener Ausbildung zur Atem-, Sprech- & Stimmlehre-rin. Vorgabe war, innerhalb der Wortreihen mit wenig Prosodie und geringen Schwankungen in der Melodie zu sprechen. Zum Schluss jeder Reihe wurde die Stimme wie zum Satzende hin gesenkt. Der Abstand zwischen den Duplets bzw. Triplets betrug zwei Sekunden. Die Wortduplets und -triplets der CD entsprechen denen des für jede Woche konzipierten Teil des Protokollbogens (insgesamt zehn Abschnitte für zehn Wochen). Jede Übungseinheit wurde dreimal hintereinander aufgenommen, damit das Kind die angebotenen Items dreimal hintereinander hören konnte. Die aufgenommenen Minimal-paare auf CD sollten dem Kind an fünf Tagen in der Woche einmal pro Tag über Kopfhörer mit dem jeweiligen Tagesabschnitt angeboten werden. Während der Übungseinheit durfte das Kind die Laut-stärke frei wählen. Empfohlen wurde, dass die Eltern das Kind während des Trainings unterstützen sollten, in dem sie anwesend waren und das Kind durch Augenkontakt motivierten, aufmerksam zu bleiben.

Inhalt der CD, chronologisch beschrieben:

Woche 1

Tag 1-5: Zehn Minimalpaare in Zweierkombination (erst fünf Realwort-Duplets, dann fünf Logatom-Duplets)

Woche 2-4

Tag 1-5: Zehn Minimalpaare in Zweierkombination (erst fünf Realwort-Duplets, dann fünf Logatom-Duplets), wobei sich der Schwierigkeitsgrad der zu differenzierenden Phoneme stetig erhöht

ab Woche 5

Tag 1-5: Zehn Minimalpaare in Dreierkombination (erst fünf Realwort-Triplets, dann fünf Logatom-Triplets), ebenfalls mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad.