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2   Oberflächenpassivierung von Silizium

2.3   Einfluss chemisch erzeugter nativer Siliziumoxide unter dielektrischen

2.3.4   Diskussion und Modell der Vorgänge an der Grenzfläche

Der Ergebnisteil hat dargelegt, dass eine Zwischenschicht aus chemischem nativem Siliziumoxid die Passiviereigenschaften, im Vergleich zu Abscheidungen auf HF-gedippten Oberflächen, deutlich verbessern kann. Die Hintergründe für diese Unterschiede sollen mit Hilfe eines im Folgenden eingeführten Modells der Zwischenschicht von Silizium und Siliziumoxid erklärt werden.

Während die Arbeit von Thornton et al. [81] lediglich ein schnelleres Aufwachsen von nativem Siliziumoxid in deionisiertem (DI) Wasser nachweist, unterscheidet sich nach Morita et al. [82] der native Oxidationsprozess von HF-gedipptem Silizium an

1 10 100

HF-Dip 820°C

HF-Dip 900°C

RCA Oxid 820°C SRV bei n = 1x1015 [cm/s]

RCA Oxid 900°C vor Feuern

nach Feuern

2 Oberflächenpassivierung von Silizium

Raumluft und in DI Wasser erheblich. An Raumluft bilden sich schichtweise Si-O Bindungen aus, wobei die Oberfläche mit Si-H Bindungen besetzt ist (siehe Abbildung 2.8 b). Durch diese Wasserstoffabsättigung bleibt das Silizium hydrophob [73]. An der Grenzfläche befinden sich hauptsächlich Si-O Bindungen und keine Si-H Bindungen. Nach Messungen von Nishioka et al. [83] ist hier die Zustandsdichte besonders in der Mitte der Bandlücke hoch. Wird das so entstandene Siliziumoxid wieder entfernt, bleibt eine Si Oberfläche zurück, welche die selbe Rauigkeit wie vor der Oxidation besitzt.

In deionisiertem Wasser entstandenes Siliziumoxid besitzt eine Oberfläche, die durch OH und O terminiert ist. Dadurch ist diese Oberfläche hydrophil. An der Grenzfläche zum Silizium befinden sich Si-H Bindungen und weniger Si-O Bindungen, die allerdings eine höhere Bindungsenergie besitzen als bei an Luft gewachsenem SiO2 [82]. Während der Oxidation werden Siliziumatome im Wasser herausgelöst. Das Wachstum des SiO2

in das Substrat ist sehr inhomogen. Wird die SiO2 Schicht entfernt, bleibt eine deutlich aufgeraute Si-Oberfläche zurück [82]. Abbildung 2.8 stellt die Unterschiede der Oxidationsvorgänge schematisch dar.

a) b)

Abbildung 2.8: Modell der Bindungen an der Grenzfläche zwischen Silizium und Siliziumoxid für Oxidationen in a) DI Wasser und b) an Raumluft. Zeichnung nach [82].

Ein Vergleich mit den Vorgängen bei einer thermischen Oxidation von Silizium ist nicht einfach möglich. Nach Irene [84] lässt sich der Oxidationsvorgang in Abhängigkeit der Dicke der Siliziumoxidschicht in drei Bereiche einteilen. Für dicke Schichten (mehr als ca. 30 nm) ergibt sich ein ratenlimitierter Eindiffusionsprozess von Sauerstoff, der durch das kinetische Modell von Deal und Grove [85] beschrieben wird. Für dünne Schichten (zwischen 1 und 30 nm) wird die Wachstumsrate durch Grenzflächen-reaktionen bestimmt [73], [84] und ist stark davon abhängig, ob nass (mit H2O) oder trocken (mit O2) oxidiert wird. Die Wachstumsrate in diesem Bereich lässt sich durch das analytische Modell von Massoud et al. [86] beschreiben, welches das Modell von Deal und Grove für dünne Schichten erweitert. Im Bereich unter 1 nm Dicke liegt natives Siliziumoxid vor [73]. Für sehr kurze thermische Oxidationszeiten ist die thermische Oxidation somit der chemisch nativen Oxidation ähnlich. Die genauen

Si

Vorgänge und Bindungsstrukturen an der Grenzfläche sind immer noch Gegenstand aktueller Forschung und nicht vollständig verstanden. Himpsel et al. schlagen verschiedene mögliche Modelle der Mikrostruktur an der Grenzfläche vor, wobei sich die Grenzfläche immer über mehrere Atomlagen erstreckt, es also nicht einen Bereich des abrupten Wechsels von SiO2 zu Silizium gibt [87]. Die Grenzfläche des thermischen Siliziumoxids zum Silizium ist damit dem des chemisch erzeugten Siliziumoxids ähnlich.

Eine Betrachtung der mit SiNx:H/SiO2-Doppelschichten beschichteten Proben lässt damit darauf schließen, dass die gefeuerten Proben mit nasschemisch oxidierter Oberfläche durch mehr Si-H-Bindungen an der Grenzfläche eine geringere Grenzflächenzustandsdichte aufweisen. Wahrscheinlich bleiben diese Si-H Bindungen durch das große Reservoir an Wasserstoff (ca. 16%Atom, siehe Kapitel 2.4.3) aus der SiNx:H-Schicht während eines Feuerschritts intakt beziehungsweise werden wieder abgesättigt. Wie bereits in Kapitel 2.1 erwähnt, ist dabei zu beachten, dass hauptsächlich die Dichte der SiNx:H-Schicht ausschlaggebend ist für ihre Fähigkeit Wasserstoff in der für die Passivierung passenden Form abzugeben [48], [49]. Für die betrachteten Schichten kann auf Grund der guten Passviereigenschaften und des niedrigen Brechungsindexes von einer hohen Dichte ausgegangen werden.

In Al2O3-Schichten ist der Wasserstoffgehalt deutlich niedriger als bei SiNx:H (ca.

4%Atom bei Al2O3 [88]). Eventuell ist deshalb für gefeuerte Proben mit chemisch oxidierter Oberfläche nicht genügend Wasserstoff vorhanden, um während des Feuerschritts entstandene offene Si Bindungen an der Grenzfläche zum Silizium abzusättigen. In einem ALD-Al2O3-Prozess entsteht, wenn noch nicht vorhanden, zunächst eine Schicht SiO2 [89]. Darauf wächst dann die Al2O3-Schicht auf. Für den Fall der HF-gedippten Proben ergeben sich so an der Grenzfläche hauptsächlich Bindungen, weil im ALD-Reaktor eine Oxidation wie an Luft stattfindet. Da die Si-O-Bindungen beim Feuerschritt wahrscheinlich nicht aufbrechen, da sie sehr stabil sind [90], bleibt die Zustandsdichte konstant und es folgt daraus eine bessere Passivierung als im Fall der Proben mit chemisch gewachsener Oxidschicht. Eventuell bleiben im getemperten Fall die Si-H-Bindungen an der Grenzfläche intakt, beziehungsweise sie werden durch den Tempervorgang gebildet. Da die chemisch erzeugte Grenzfläche in einer kontrollierteren (bzw. saubereren) Umgebung erzeugt wird als der an Luft, ergibt sich eine geringere Zustandsdichte.

Die Verringerung der Passivierqualität bei den chemisch oxidierten Oberflächen für lange Oxidationszeiten lässt sich über mehr durch Wasser ausgelöstes Silizium und damit mehr potentiell nicht abgesättigte Bindungen an der Grenzfläche zum Silizium erklären. Für zu kurze Oxidationszeiten ergibt sich wahrscheinlich eine noch nicht vollständige Oxid-Bedeckung der Oberfläche und damit eine Kombination aus nasschemisch oxidierter und an Luft oxidierter Oberfläche, woraus eine höhere SRV resultiert.

Das jeweils beste Abschneiden der mittels RCA chemisch oxidierten Oberflächen liegt vermutlich am in der Lösung enthaltenen Chlor. In ein aus thermischem SiO2

bestehendes Netzwerk eingebrachtes Chlor kann nach Messungen von Nishioka et al.

2 Oberflächenpassivierung von Silizium

[91] die Zustandsdichte an der Grenzfläche zu Silizium deutlich verringern, indem die Verspannungen der Bindungen nahe der Grenzfläche zum Silizium beeinflusst werden [92].

2.3.5 Zusammenfassung

Auf Si-Proben mit dünnen Schichten nativen chemischen Siliziumoxids abgeschiedene SiNx:H/SiO2-Doppelschichten bzw. Al2O3 zeigen deutliche Unterschiede der Passiviereigenschaften im Vergleich zu auf HF-gedippten Oberflächen abgeschie-denen Schichten. Mit unter 10 cm/s für SiNx:H/SiO2-Doppelschichten und unter 0,5 cm/s für getempertes Al2O3 können sehr geringe effektive Oberflächenrekom-binationsgeschwindigkeiten erreicht werden.

Die Verbesserung der Oberflächenpassivierung bei SiNx:H/SiO2-Doppelschichten könnte durch eine geringere Grenzflächenzustandsdichte auf Grund von mehr Si-H-Bindungen an der Grenzfläche zwischen Silizium und Dielektrikum erklärt werden.

Diese Si-H-Bindungen entstehen nur durch den Oxidationsprozess in wässriger Umgebung durch ein Herauslösen von Siliziumatomen. Ein Einbringen von Chlor in den Oxidationsprozess verbessert die Oberflächenpassivierung weiter und lässt damit Parallelen zu Versuchen mit thermischen SiO2 erkennen [91].

Für gefeuerte Schichten aus Al2O3 zeigt sich, dass die Empfindlichkeit gegenüber Hochtemperaturschritten für Schichten auf nativem chemischem Siliziumoxid im Vergleich zu Schichten auf HF-gedippten Oberflächen zunimmt. Durch den größeren Anteil an temperaturempfindlichen Si-H Bindungen an der Grenzfläche und den geringen Wasserstoffgehalt im Al2O3-Volumen kann hier entweder die Ausdiffusion von Wasserstoff nicht durch Wasserstoff aus dem Volumen des Dielektrikums kompensiert werden, oder es entstehen neue Defekte, die dann wiederum die SRV erhöhen.