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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, die Beeinflussung der primären Hämostase bei Hunden mit malignem Lymphom und Leukämie zu untersuchen. Um diese Frage zu klären, wurde zuerst die kapilläre Blutungszeit gemessen, die als globaler In-vivo-Test das Potenzial der primären Hämostase nahe den tatsächlichen klinischen Verhältnissen überprüft (NOLTE et al.1997).

Obgleich der Test damit allgemein als sehr aussagekräftig akzeptiert ist, liegen u. a. auch bei hämatopoetischen Tumoren bei Mensch und Tier keine systematischen Untersuchungen vor.

Die in der vorliegenden Arbeit erzielten Ergebnisse der kapillären Blutungszeit bei den Hunden mit malignem Lymphom und lymphatischen Leukämien zeigen insgesamt auf, dass erhebliche Störungen der Gesamtfunktion der primären Hämostase auf einzelne Fälle limitiert sind. Dies fand auch in der Tatsache ihren Niederschlag, dass in dem selbst untersuchten Patientengut bei der klinischen Untersuchung in keinem Fall eine ausgeprägte Blutungsneigung beobachtet wurde.

Erwartungsgemäß fanden sich deutliche Veränderungen gehäuft in der Gruppe der akuten lymphatischen Leukämie, wo auch die höchste Inzidenz von hochgradigen Thrombozytopenien anzutreffen war. So ist auch die bei zwei Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie vorliegende deutliche Veränderung der kapillären Blutungszeit vor allem durch die bei diesen Hunden bestehende ausgeprägte Thrombozytopenie zu erklären. Anhand der kapillären Blutungszeit fand sich ein Hinweis auf eine deutliche Thrombozytenfunktionsstörung ausschließlich bei einem Hund mit malignem Lymphom, bei dem die kapilläre Blutungszeit auf im Mittel 220 sec verlängert war, obgleich die Thrombozytenzahl im Referenzbereich lag. Mögliche Ursache dafür könnte ein, beim Menschen mit Non-Hodgkin-Lymphom beschriebener, erworbener Defekt des von Willebrandfaktors sein. Durch die unveränderten Ergebnisse der automatisierten Plättchenfunktionsanalyse ist das aber unwahrscheinlich. Beim Screening nach der von Willebrand Erkrankung zeichnet sich das Plättchenfunktionsanalysegerät PFA-100 beim Menschen durch eine hohe Sensitivität aus (FRESSINAUD et al 1996). Auch beim Hund mit von Willebrand Erkrankung kommt das Plättchenfunktionsanalysengerät zum Einsatz und es zeigen sich verlängerte Verschlusszeiten und erhöhte Gesamtvolumina (KEIDEL 2001), welches bei dem in der vorliegenden Studie dargestellten Patienten nicht der Fall ist. Diese Diskrepanz passt zu der Tatsache, dass allgemein nur eine mäßige Abhängigkeit zwischen beiden Screeningtests der primären Hämostase beim Hund und Menschen besteht (KEIDEL u. MISCHKE 1998).

Als großer Vorteil der automatisierten Plättchenfunktionsanalyse mit dem Thrombozytenfunktionsanalysengerät ist allgemein die bessere Standardisierbarkeit im Vergleich zur kapillären Blutungszeit akzeptiert (DOMSCH et al. 1999). Sie hat sich daher beim Menschen als Routinetest zum Screening von Störungen der primären Hämostase entwickelt (KRETSCHMER u. WEIPPERT-KRETSCHMER 1999). Die Tatsache, dass mit diesem Test wesentlich mehr pathologische Ergebnisse erzielt wurden als mit der kapillären Blutungszeit, bestätigt die Ergebnisse verschiedener Studien, dass die automatisierte Plättchenfunktionsanalyse beim Hund recht sensitiv auf pathologische Prozesse reagiert (WUILLEMIN et al. 2002, KEIDEL u.

MISCHKE 1998).Wie bereits bei MISCHKE und KEIDEL (2003) beschrieben, zeigte sich hierbei auch in der vorliegenden Studie eine höhere Zahl von pathologischen Ergebnissen für die Messgröße Gesamtvolumen im Vergleich zur Verschlusszeit, sofern mit der Kollagen/ADP-Messzelle gemessen wurde. Die Kollagen/Epinephrin-Kollagen/ADP-Messzelle ist beim Hund generell nur bedingt geeignet, da hiermit auch bei gesunden Tieren teilweise Verschlusszeiten erzielt werden, die oberhalb des Messbereiches liegen (MISCHKE u. KEIDEL 2003). Dies wurde durch die in der Kontrollgruppe erzielten Ergebnisse bestätigt. Generell machte sich als gravierender Nachteil der automatischen Thrombozytenfunktionsanlyse bemerkbar, dass das Analysenergebnis nicht nur durch Thrombozytenzahl und -funktion, sondern auch durch den Hämatokrit beeinflusst wird (KUNDU et al. 1996, KEIDEL u. MISCHKE 1998). Insbesondere Letzteres stellt sich als erhebliches Problem für die klinische Anwendung heraus, da Patienten, bei denen die Messung der Funktion der globalen primären Hämostase induziert ist, nicht selten auch Veränderungen des roten Blutbildes aufweisen, wie dies auch in der vorliegenden Studie der Fall war.

Durch einen niedrigen Hämatokrit kommt es zu einer niedrigen Viskosität und damit zu einem Anstieg des Blutflusses. Des Weiteren verändert sich die Verteilung der Blutzellen im Gefäßsystem bzw. in der In-vitro-Kapillare, indem sie weiter von der Wand entfernt sind (DIETRICH et al.

1995). Dieser Einfluss zeigt sich auch in der klinischen Anwendung des Plättchenfunktionsanalysegerät beim Hund (KEIDEL u. MISCHKE 1998). Die Untersuchung von KEIDEL (2001) zeigte für den Hund eine Beeinflussung der Verschlusszeiten und des Gesamtvolumens durch eine Verminderung des Hämatokrits. Schon ein Abfall des Hämatokrites von 40 % auf 30 % ergab eine eindeutige Verlängerung der Verschlusszeit und eine Erhöhung des Gesamtvolumens. Da in der vorliegenden Arbeit die Mehrzahl der Patienten mit deutlich veränderten Werten der Thromboyztenfunktionsanalyse auch eine deutlich verminderte

Thrombozytenzahl und/oder Hämatokritwerte <30 % aufwies, war die Beurteilung der Testergebnisse im Hinblick auf das Vorliegen einer Thrombozytenfunktionsstörung vielfach nicht eindeutig möglich.

Auffallend war ein Hund mit akuter lymphatischer Leukämie, der eine deutliche Verlängerung der Verschlusszeit mit der Kollagen/ADP-Messzelle aufwies (252 sec), obschon eine ausreichende Zahl von Thrombozyten vorlag. Der bei diesem Patienten vorliegende niedrige Hämatokrit von 21 % hat sicherlich einen negativen Einfluss auf die Verschlusszeit, aber nach der Untersuchung von KEIDEL u. MISCHKE (1998), zur Beeinflussung der Verschlusszeit durch eine stufenweise Verminderung des Hämatokrits bei gesunden Hunden, wäre bei Hämatokritwerten um 20 % und ausreichender Thrombozytenzahl nur eine Verlängerung auf etwa 130 sec zu erwarten. Neben der Abweichung der In-vitro-Blutungszeit wies dieser Patient weiterhin eine geringfügig verlängerte kapilläre Blutungszeit (150 sec) und eine deutlich herabgesetzte maximale Thrombozytenaggregation auf. Somit lassen die festgestellten Abweichungen der Parameter auf eine Thrombozytenfunktionsstörung schließen. Bei den untersuchten Hunden mit chronischer lymphatischer Leukämie zeigte sich ein ähnlicher Fall. Ein Patient hatte eine deutlich verlängerte Verschlusszeit und ein erhöhtes Gesamtvolumen mit der Kollagen/ADP-Messzelle. Die Thrombozytenzahl (111.000/µl) und der Hämatokrit (31 %) waren nur gering herabgesetzt. Ferner lag bei diesem Patienten eine hochgradig reduzierte Thrombozytenaggregation mit einer maximalen Thrombozytenaggregation von nur 2,3 % vor. KEIDEL u. MISCHKE (1998) wiesen eine negative, statistisch signifikante Korrelation zwischen Verschlusszeit bzw. Gesamtvolumen und der Thrombozytenzahl nach. Es zeigte sich, dass die Verschlusszeit sehr sensitiv auf eine herabgesetzte Thrombozytenzahl reagiert. Die Thrombozytenzahl von 111.000/µl im vorgestellten Fall kann zu einer Verlängerung der Verschlusszeit führen, das Ausmaß mit 252 sec ist allerdings, auch bei zusätzlicher Berücksichtigung der Veränderung des Hämatokrits, deutlich länger als es bei der Verminderung funktionstüchtiger Thrombozyten zu erwarten wäre. Der kausale Hintergrund der hier angedeuteten Thrombozytenfunktionsstörung ist mit den selbst angewandten Untersuchungsverfahren nicht genau zu definieren. Beim Menschen werden in diesem Zusammenhang als mögliche Ursachen neben der bereits ausgeführten erworbenen von Willebrand Erkrankung, ultrastrukturelle Veränderungen der Thrombozyten und eine Fehlfunktion der Megakaryozytopoese berichtet (COWAN et al. 1975, LEINOE et al. 2004).

Die in der eigenen Studie vorgestellten Ergebnisse der Thrombozytenaggregation bei Hunden mit malignem Lymphom stimmen nicht mit der in der Literatur überwiegend beschriebenen gesteigerten Thrombozytenaggregation überein. Dies gilt umso mehr als in der vorliegenden Studie die Tiere mit malignem Lymphom älter als die Kontrolltiere waren und vom Menschen her bekannt ist, dass Individuen mit zunehmendem Alter eine steigende Aggregationsbereitschaft besitzen (VERICEL et al. 1988). Sowohl in der Studie von THOMAS u. ROGERS (1999) als auch bei MCNIEL et al. (1997) zeigte sich eine gesteigerte maximale Thrombozytenaggregation bei Hunden mit Neoplasien. Die Untersuchung bei 15 Hunden mit multizentrischem Lymphom von THOMAS u. ROGERS (1999) wies mit 15,9 Ohm eine signifikant gesteigerte ADP-induzierte Aggregation im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe (12,7 Ohm) nach. In der zweiten unselektierten Studie, an Hunden mit unterschiedlichen Tumoren, zeigte sich ein vergleichbarer Effekt (MCNIEL et al.

1997). Die 59 Hunde, davon 17 mit malignem Lymphom, wiesen deutlich höhere Aggregationsmaxima (105,5 Ohm) gegenüber den Kontrollhunden (87,7 Ohm) auf. Auffallend in der Studie von MCNIEL et al. (1997) ist, dass die mittlere Thrombozytenzahl der Tumorpatienten höher war als bei den gesunden Patienten. In den eigenen Untersuchungen ist dies genau entgegengesetzt. Die Gruppen mit hämatopoetischen Tumoren haben signifikant niedrigere Thrombozytenzahlen als die gesunde Kontrollgruppe. Die höhere Thrombozytenzahl bei MCNIEL et al. (1997) könnte eine Erklärung für die Diskrepanz zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie sein. Dies gilt umso mehr als in den Literaturzitaten die Vollblutaggregometrie angewandt wurde.

Der wesentlichste Nachteil der Vollblutaggregometrie ist, dass die Thrombozytenzahlen nicht standardisiert werden können (FORSYTHE et al. 1989).

Bei den Hunden mit akuter und chronischer lymphatischer Leukämie konnte, wie bei den Patienten mit malignem Lymphom, keine herabgesetzte Thrombozytenaggregation festgestellt werden. Die in der Literatur beim Menschen beschriebene negative Beeinflussung der Thrombozytenaggregation sowohl bei akuter bzw. chronischer myeloischer Leukämie sowie akuter Lymphoblastenleukämie (PUI et al. 1982, WOODCOCK et al. 1984, MOHRI et al. 1986, ZUBORN et al. 1990, NARESH 1993) lässt sich mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung für den Hund nicht nachvollziehen. Allerdings könnte das höhere Alter der Hunde mit chronischer lymphatischer Leukämie im Vergleich zur Kontrollgruppe vor dem Hintergrund des möglichen Alterseinflusses auf die Thrombozytenaggregation (s.o.) ggfs. eine leicht verminderte Aggregationsfunktion in dieser Patientengruppe maskieren.

Hinsichtlich der Aussagefähigkeit von Aggregationstests ist ferner anzumerken, dass sie wie oben angeführt deutlich von der Thrombozytenzahl abhängig sind. In der vorgelegten Untersuchung ist eine große Streuung der Thrombozytenzahlen zu vermerken, was die eindeutige Vergleichbarkeit deutlich einschränkt. Um diesen Effekt zu minimieren wurden Proben mit einer Thrombozytenzahl im plättchenreichem Plasma von <100.000/µl von der statistischen Auswertung ausgeschlossen. Bei der Interpretation der Thrombozytenaggregationergebnisse muss weiterhin einschränkend bedacht werden, dass sich ein reduzierter Hämatokrit neben der Bestimmung der Parameter des Plättchenfunktionsanalysengerätes auch auf die Thombozytenaggregation auswirken kann. Da der Zitratanteil im Zitratblut sich stets auf das Gesamtvolumen der Blutprobe bezieht, liegt bei niedrigem Hämatokrit ein verminderter Zitratanteil im plättchenreichem Plasma vor. Dadurch sinkt die Konzentration von ionisiertem Calcium, welches wiederum zu einer verstärkten Thrombozytenaggregation führen kann (CLEMMONS u. MEYER 1984, PACKHAM et al. 1989).

Dies bedeutet, dass ggf. leichte Aggregationsstörungen durch den „Hämatokriteffekt“ maskiert sind.

Als ein wesentliches Ergebnis der Veränderungen der primären Hämostase während der Induktionsphase der Kombinationschemotherapie zeigte sich ein erheblicher Anstieg der Thrombozytenzahl. Ein deutlicher Anstieg der Thrombozytenzahl wird auch nach Einzelinjektion von Vincristin bei gesunden (MACKIN et al. 1995) und an Lymphom erkrankten Hunden gesehen (GRAU-BASSAS et al. 2000). Im Hinblick auf das Ausmaß des Anstiegs zeigte sich in der Literatur ein geringerer Effekt als in der eigenen Arbeit. Während in der vorliegenden Arbeit die Thrombozytenzahl im Mittel um 50 % anstieg, betrug der Anstieg der Thrombozyten bei MACKIN et al (1995) 40% und bei GRAU-BASSAS et al. (2000) 14 %. Anders als in den angeführten experimentellen Studien beim Hund (MACKIN et al. 1995) hielt die Erhöhung der Thrombozytenzahl in der vorliegenden Studie mindestens 2 Wochen an, was damit erklärt werden kann, dass die Tiere im Rahmen der Kombinationschemotherapie weitere chemotherapeutische Behandlungen wenn auch kein Vincristin mehr erhielten. Insbesondere erhielten die Tiere wiederholt Prednisolon. In klinischen Studien (AMMELOUX u. NOLTE 1987, MOORE et al.

1992) beim Hund ist auch für Prednisolon eine Effektivität zur Steigerung der Thrombozytenzahl belegt. Diese kann auch als Erklärung dafür dienen, dass die Erhöhung der Thrombozytenzahl in der eigenen Studie, mit dem bereits oben angeführten Anstieg von 50 %, deutlicher ausfiel.

Dagegen sprechen die Ergebnisse von MACKIN et al. (1995), die keinen Unterschied in der Höhe

des Anstiegs der Thrombozytenzahl zwischen einer Gruppe mit alleiniger Vincristininjektion und der Gruppe, die eine Kombination von Vincristin mit Prednisolon erhielt, nachweisen konnten. Die zusätzliche Injektion von L-Asparaginase am ersten Behandlungstag sollte keinen Einfluss auf die Thrombozytenzahl haben, da eine Untersuchung an 10 Hunden mit malignem Lymphom zeigte, dass es zumindest bei L-Asparaginase-Monotherapie zu keinem maßgeblichen Thrombozytenanstieg innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 7 Tagen nach der Applikation kommt (ROGERS et al. 1992).

Bei der Bestimmung der kapillären Blutungszeit zeigten sich in den eigenen Untersuchungen unter Zytostatikatherapie keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Untersuchungszeitpunkten.

Dieses deckt sich mit den Beobachtungen von MACKIN et al. (1995), die keinen negativen Einfluss von Vincristin auf die kapilläre Blutungszeit feststellten. Auch bei der Untersuchung der Verschlusszeit und des Gesamtvolumens mittels des Plättchenfunktionsanalysegerätes zeigte sich während des Untersuchungszeitraumes der Zytostatikatherapie keine Abweichung vom Ausgangswert. Die deutliche Veränderung von Thrombozytenzahl und Hämatokrit unter Zytostatikatherapie limitieren auch hier die Aussage im Hinblick auf mögliche Thrombozytenfunktionsstörungen. Die gegenläufigen Entwicklungen dieser Messgrößen und entgegengesetzten Effekte auf die automatisierte Plättchenfunktionsanalyse sind in ihrer Gesamtheit schwer einzuordnen.

Im Verlauf der chemotherapeutischen Behandlung zeigte sich, dass das Aggregationsmaximum im Median signifikant anstieg. In der Literatur liegen bislang unterschiedliche Ergebnisse vor. Wie Resultate der vorliegenden Arbeit zeigen MACKIN et al. (1995) in ihrer Studie bei gesunden Hunden keinen negativen Effekt der Zytostatika Vincristin und Prednisolon auf die Thrombozytenaggregation. Dagegen zeigten GRAU-BASSAS et al. (2000) eine signifikante Beeinträchtigung der Thrombozytenaggregation bei Hunden mit malignem Lymphom eine Stunde nach der Injektion von Vincristin. Das steht im Einklang mit Beobachtungen beim Menschen, die eine funktionelle Thrombozytenschädigung durch Vincristin finden (FELLIN et al. 1988). Eine mögliche Erklärung für die eigenen Ergebnisse kann die von PUI et al. (1983) beim Menschen gezeigte, vermehrte In-vitro-Reaktion der Thrombozyten auf ADP durch L-Asparaginase sein. Dies könnte zur Folge haben, dass sich die Effekte von Vincristin und L-Asparaginase im Rahmen eines Kombinationsprotokolls aufheben und mit diagnostischen Verfahren nicht erkennen lassen. Auch die Beurteilung von Thrombozytenfunktionsstörungen im Verlauf der Zytostatikatherapie mittels

Aggregometrie wird durch den auffallenden Anstieg der Thrombozytenzahl erschwert. Dadurch können geringgradige Funktionsstörungen maskiert werden.

In der vorliegenden Studie war auffallend, dass sowohl im Anschluss an die Applikation der Kombination Vincristin und L-Asparaginase, als auch nach der intravenösen Gabe von Doxorubicin innerhalb des Untersuchungstages ein deutlicher Anstieg der Leukozytenzahl zu vermerken war.

Die Ursache für eine derartige Leukozytose ist in der Literatur nicht detailliert beschrieben. Ein Faktor, der zu dem in der vorliegenden Studie beschriebenen Anstieg der Leukozytenzahl führen kann, ist die Tumorlyse. Insbesondere zu Beginn der aggressiven Therapie von Patienten mit Lymphom und Leukämie kann es zu einer schnellen Tumorzellzerstörung und Apoptose kommen, was zu einer raschen, massiven Freisetzung von intrazellulärem Material führen kann. Durch eine Freisetzung von Tumornekrosefaktoren kann es zu einem Anstieg der Leukozytenzahl kommen.

Eine weitere mögliche Ursache kann eine Reaktion auf Glukokortikoide sein, die vor der Injektion von L-Asparaginase und Doxorubicin appliziert wurden, um eine anaphylaktische Reaktion abzuwenden. Durch Glukokortikoide kommt es u. a. zu einer Verschiebung der intravasalen Leukozytenverteilung von der marginalen zur zirkulierenden Leukozytenfraktion (STOCHHAM et al. 2003). Ein Anstieg der Leukozytenzahl im Zusammenhang mit Aufregung, Stress oder als Reaktion auf Angst im Rahmen der Behandlung kann ebenso zu einer Leukozytose führen und ist daher nicht auszuschließen. Die Leukozytose ist in diesem Zusammenhang eine Reaktion auf Katecholamine, die ebenfalls dazu führen, dass Leukozyten von der marginalen Fraktion zur zirkulierenden Leukozytenpopluation hin verschoben werden (STOCKHAM et al. 2003). Der genaue Mechanismus der Leukozytose im Anschluss an die Applikation der Chemotherapie ist in der vorliegenden Studie nicht zu klären. Zur weiteren Abklärung wären u. a. Untersuchungen mit einer Placebogruppe notwendig.

Zusammenfassend zeigen u. a. die ermittelten Veränderungen der globalen Parameter der primären Hämostase (kapilläre Blutungszeit, Plättchenfunktionsanalyse) die hohe Inzidenz von Störungen der primären Hämostase bei Hunden mit lymphatischen Neoplasien. Die Ergebnisse dieser Arbeit sprechen jedoch dafür, dass klinisch relevante Thrombozytenfunktionsstörungen bei diesen Hunden nur eine geringe Inzidenz haben. Allerdings schränkt die oft vorliegende Thrombozytopenie deren diagnostische Erfassung deutlich ein. Im Verlauf der chemotherapeutischen Behandlung ergab sich

auf die beim Mensch unter Zytostatikatherapie festgestellte Thrombozytenfunktionsstörung für das geprüfte Protokoll beim Hund mit den selbst gewählten Verfahren kein Hinweis. Im Hinblick auf den Anstieg der Thrombozytenzahl unter der Kombinationschemotherapie wurden Ergebnisse anderer Autoren sowohl bei gesunden Hunden als auch bei Hunden mit malignem Lymphom bestätigt.

Die in der vorliegenden Arbeit deutlich gewordenen methodischen Probleme zur präzisen Überprüfung der Thrombozytenfunktion verdeutlichen, dass in weiteren Untersuchungen besonderer Wert auf die Standardisierung der Testsysteme, besonders der Thrombozytenaggregation (z. B. Einstellung der Thrombozytenzahl im plättchenreichen Plasma generell auf 100.000/µl, Korrektur des verminderten Zitratanteils), gelegt werden muss. Interessant wäre darüber hinaus auch die genauere ätiologische Abklärung der bei einzelnen Patienten offensichtlich bestehenden Thrombozytenfunktionsstörungen (z.B. durch ultrastrukturelle Untersuchungen oder Bestimmung des von-Willebrand-Faktors).