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3 WER WIRD KLEINUNTERNEHMER IN EINEM POST-SOZIALISTISCHEN UMFELD: UNTERSCHIEDE ZWISCHEN KLEINUNTERNEHMERN UND

3.4 Diskussion

allermeisten Lebensaspekten wenige Möglichkeiten, unabhängig zu handeln.

Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Autonomie wurden nach dem Systemwandel wahrscheinlich als erstes zu Kleinunternehmern, da sie hier die Gelegenheit wahrnehmen konnten, diesem Bedürfnis nachzukommen.

Wie erwartet waren Unternehmer mehr an Innovationen interessiert als

Manager. (An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass das Cronbachs Alpha der Skala sehr niedrig war.) Wenn man Unternehmer werden will, ist ein wesentlicher Aspekt das Suchen und Aufgreifen von neuen Chancen und Geschäftsgelegenheiten.

Manager könnten dagegen mehr daran interessiert sein, den Status quo zu halten.

Machiavellismus – als Ausdruck für Wettbewerbsaggressivität – war bei Unternehmern höher als bei Managern. Unternehmer kümmern sich möglicherweise bei der Verfolgung ihrer Ziele weniger um Aspekte der Moral. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Unternehmer ungebundener agieren können im Vergleich zu Managern, die stärker in die organisationalen Rahmenbedingungen eingebunden sind (Man denke hier nur an Personalbeurteilungen oder an mehr oder weniger verbindliche

Kompetenzmodelle).

Bei Unternehmern zeigte sich ein höherer Grad an Leistungsmotivation als bei Managern. Es war ihnen wichtig, Dinge besser zu machen und härter zu arbeiten.

Durch die Gründung eines Unternehmens nutzen Unternehmer die Chance so zu arbeiten, wie sie es für richtig halten und wie es ihnen liegt.

Zieht man ein Fazit dieser Studie, muss man zuvor konstatieren, dass bei dieser Untersuchung ein sehr konservatives Vorgehen gewählt wurde. Es war eine konservative Entscheidung, Unternehmer mit Managern zu vergleichen. Man könnte annehmen, dass Manager Unternehmern ähnlicher sind als andere Berufsgruppen (z.

B. Arbeiter und Angestellte ohne Führungsverantwortung). Durch die Wahl von

Managern liegt eine „schwierige“ Vergleichsgruppe vor, da oftmals gezeigt wurde, dass auch Manager gewisse Qualitäten als Intrapreneure haben (Hisrich, 1990), sie sind Unternehmern also in vielerlei Hinsicht ähnlicher als die

Durchschnittsbevölkerung. Bezieht man diesen Umstand noch mit ein, dann fallen die Ergebnisse dieser Untersuchung deutlich aus16.

Die vorliegenden Ergebnisse stimmen mit anderen Forschungsarbeiten überein.

Für Osteuropa konnten Green, David, Dent und Tyshovsky (1996) zeigen, dass russische Unternehmer sich von anderen Gruppen in Variablen wie

Leistungsbedürfnis (höher), intrinsische Arbeitsmotivation (höher; ähnlich der hier verwendeten Selbstverwirklichung) und wirtschaftliche Kontrollüberzeugung im Hinblick auf andere mächtige Personen (powerful others) (höher; ähnlich der hier verwendeten Selbstwirksamkeit) signifikant unterscheiden. In einer kanadischen Untersuchung fanden Duxbury, Haines und Riding (1996) signifikante oder beinahe signifikante Unterschiede zwischen Investoren und Nicht-Investoren in den Variablen Leistungsbedürfnis, Autonomiebedürfnis, Dominanzbedürfnis und Involviertheit in die Arbeit. Demnach gibt es eine gewisse Übereinstimmung der Ergebnisse, besonders im Fall von Autonomie und Leistungsmotivation.

Ein konzeptionelles Problem dieser Studie lässt sich in der Gleichsetzung von Gründern kleiner Unternehmen (Selbständigkeit) mit Entrepreneuren vermuten.

Carland, Hoy, Boulton & Carland (1984) folgten Schumpeter (1935) und kritisierten es, Selbständige mit Entrepreneuren gleichzusetzen. Sie argumentieren, dass man

16 Zieht man die Allgemeinbevölkerung als Vergleichsstichprobe heran, dann sind die Unterschiede noch deutlicher als der hier gezogene Vergleich zu den Managern. (Für diesen Vergleich wurde als Datengrundlage die Gesamtstichprobe aus der die Manager entnommen wurden verwendet (siehe Frese, Kring, Soose & Zempel, 1996).

unternehmerisch sein kann, ohne selbständig zu sein, und dass man selbständig sein kann, ohne unternehmerisch zu sein. Diese Untersuchung hat keine Unterscheidung zwischen Selbständigkeit und Entrepreneuren gemacht, das heißt, dass man nach der Argumentation von Carland, Hoy, Boulton & Carland (1984) vermuten muss, dass in der hier betrachteten Stichprobe von Kleinunternehmer „nicht unternehmerisch Selbständige“ und unter der Stichprobe der Manager „unternehmerische Manager“

befinden. Das Auffinden von Unterschieden zwischen Kleinunternehmern und Managern ist dadurch erschwert. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Ergebnisse unerwartet eindeutig.

Ein anderes Problem sind die niedrigen Skalenreliabilitäten, die u. a. durch die Entscheidung, nur ein Minimum an Items zu verwenden, zustande kamen. Niedrige Reliabilitäten erschweren normalerweise das Auffinden signifikanter Ergebnisse (Schaie & Herzog, 1985). Auch dies spricht eher für die Deutlichkeit der Ergebnisse.

Die Ergebnisse der Studie lassen keine kausalen Zusammenhänge begründen.

Die Ergebnisse stützen allerdings die Vorstellung, dass Unternehmer sich von Managern unterscheiden. Personenmerkmale können zu der Entscheidung, Unternehmer zu werden, beigetragen haben. Andererseits kann man den

entgegengesetzten kausalen Zusammenhang, dass Unternehmer Managern erst im Laufe der Zeit ihres Unternehmerdaseins unähnlicher werden, nicht ausschließen.

Zusätzliche Analysen stützen Letzteres allerdings nicht, denn der Einbezug der Lebensdauer des Unternehmens führt nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Ein weiterer erwähnenswerter Punkt ist die einzigartige Situation in

Ostdeutschland. Nach dem Zusammenbruch des bürokratischen Sozialismus gab es Faktoren, die die Gründung eines eigenen Unternehmens förderten, und solche, die sie behinderten. Da die Nachfrage nach allen Produkten groß war, war es einfach,

Marktnischen zu finden. Jede Art von Unternehmen hatte gute Erfolgschancen, und das Risiko einer falschen Marktorientierung war gering. Es gab viele

Unternehmenschancen und nur wenige Beschränkungen für neue

Unternehmensgründer. Andererseits wurde Selbständigkeit in Ostdeutschland als etwas Exotisches angesehen. In den Jahren des Sozialismus wurde den Menschen indoktriniert, dass Unternehmer die Feinde des Volkes sind. Daher waren positive Einstellungen gegenüber Unternehmern zumindest nicht anzunehmen, und, noch wichtiger, es gab keine positiven Rollenvorbilder. In einer solchen Situation sollte man meinen, dass ein bestimmter Typ von Unternehmern sein Unternehmen zuerst startet.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Persönlichkeit aus zwei Gründen –

insbesondere in Ostdeutschland - bei der Unternehmensgründung eine Rolle spielt:

Erstens hat man zum Zeitpunkt der Entscheidung, Kleinunternehmer zu werden, weder ein gutes Verständnis der Situation des Unternehmers noch bekommt man ein differenziertes Feedback aus der Umgebung. Darüber hinaus muss man bestimmte Probleme (wie zum Beispiel geeignete Geschäftsräume finden etc.) bewältigen.

Zweitens herrschte in Ostdeutschland eine „schwache“ Situation. Das meint, im Vergleich zu westdeutschen Unternehmensgründern hatten ostdeutsche Gründer beispielsweise keine Erfahrung, geringes unternehmensrelevantes Wissen und keine unternehmerischen Rollenvorbilder. Darüber hinaus gab es keine familiären

Unternehmertraditionen oder unternehmerische Strukturen in den Familien, wie das in Westdeutschland häufig der Fall ist. Daher ist es hauptsächlich eine Frage der

Persönlichkeit, was man aus den Möglichkeiten einer Unternehmensgründung macht.

Die Ergebnisse unterstreichen, dass es sinnvoll ist, im Übergangsprozess von einer sozialistischen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft die Person zu betrachten. In

Anbetracht dessen sollte es nicht möglich sein, die Ergebnisse in westlichen Ländern

oder zu einem späteren Zeitpunkt in Ostdeutschland zu replizieren. Zumindest sollten die Ergebnisse weniger eindeutig sein.

Abschließend soll noch betont werden, dass man die Ergebnisse nicht in dem Sinne interpretieren darf, dass man mit den hier verwendeten Variablen den Erfolg ostdeutscher Unternehmer vorhersagen kann, sondern man kann annehmen, dass die Konzepte von Schumpeter (1935), Lumpkin und Dess (1996) und McClelland (1986) sehr hilfreich sind, um die Emergenz ostdeutscher Unternehmer zu erklären.

4 INNOVATIVITÄT UND INITIATIVE ALS MEDIATOREN ZWISCHEN LEISTUNGSORIENTIERUNG UND UNTERNEHMENSERFOLG