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4 ERGEBNISSE

5.2 Diskussion der Ergebnisse

Im Folgenden werden die Ergebnisse aller Untersuchungen diskutiert.

Insgesamt waren die klinischen Symptome der Tendopathien der Patienten in dieser Studie zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung eher gering ausgeprägt. Ein Grund hierfür kann die große Aufmerksamkeit der Tierbesitzer sein, die bei kleinsten Anzeichen einer Erkrankung das Training des Pferdes einstellten und einen Tierarzt konsultierten, bevor es zu einer progressiven Verschlechterung der Symptome durch weitere Belastung kommen konnte (WILMINK et al. 1992). Ein weiterer Grund ist, dass die z.T. vermutete vorberichtliche Dauer der Erkrankung zwischen 1 und 14 Tagen variierte, und die Entstehung der Sehnenläsion in manchen Fällen möglicherweise auch länger zurück lag. Lediglich bei 8 der 17 Sehnen konnte der Zeitpunkt der Entstehung klinischer Symptome genauer eingegrenzt werden, da diese Symptome unmittelbar nach einem Rennen, Reitturnier bzw. Polizeieinsatz ersichtlich wurden. In 7 von diesen 8 Fällen lag die vorberichtliche Erkrankungsdauer bis zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung zwischen 1 und 7 Tagen. Da die Dauer der akuten Entzündungsphase einer Tendopathie in der Literatur mit bis zu 2 Wochen angegeben wird (ENWEMEKA 1989; SMITH 2003; DAHLGREN 2007), muss davon ausgegangen werden, dass bei 53 % der Pferde die Entzündungsanzeichen möglicherweise bereits abklangen.

Dennoch wiesen alle in dieser Studie berücksichtigten Pferde zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung typische Symptome einer akuten Entzündung auf (Wärme, Druckdolenz, Schwellung, Lahmheit). Sie entstehen auf Grund der nach Sehnenfaser- und Kapillarzerreißung folgenden intratendinösen Blutung, Exsudation und Ödembildung (WEBBON 1973; SMITH et al. 2003), die zur Kompression des umliegenden zunächst noch intakten Gewebes führen (MCCULLAGH et al. 1979).

Der überwiegend geringe Lahmheitsgrad der untersuchten Pferde deckt sich mit den Angaben aus der Literatur (STRÖMBERG u. TUFVESSON 1969; PICK 1986). Auf diagnostische Anästhesien zur Lokalisation der Lahmheit wurde in dieser Studie verzichtet, da die übrigen klinischen Befunde (Adspektion, Palpation) eindeutig waren (HERTSCH 2009). Eine andere Ursache als eine Tendopathie ist nur theoretisch denkbar und hätte mit diagnostischen Anästhesien eventuell ausgeschlossen werden können. Diagnostische Anästhesien bergen die Gefahr einer Verschlechterung der Tendopathie da es bei positivem Ausfall der Anästhesie zu einer vollen Belastung der erkrankten Gliedmaße kommt. Auf Grund des sehr charakteristischen klinschen Erscheinungsbildes wird auch unter Praxisbedingungen zumeist auf diagnostische Betäubungen verzichtet. Bei den beiden Pferden mit bilateralen Sehnenschäden wurde keine (F6264/10) bzw. eine unilaterale (F2489/09) Lahmheit festgestellt. Es ist nicht auszuschließen, dass diese beiden Pferde eine beidseitige bzw. eine zusätzliche kontralaterale Lahmheit zeigten, die nur durch diagnostische Anästhesien hätten festgestellt werden können.

Die Ausprägung der Umfangsvermehrung variierte wie in der Literatur beschrieben von subtilen Veränderungen bis zu ganz offensichtlichen Verdickungen (STRÖMBERG 1971; DYSON 2003; SMITH 2008b), wobei die meisten Sehnen geringgradig verdickt waren. Umfangsvermehrungen können Ausdruck von fokalen oder diffusen subkutanen oder peritendinösen Flüssigkeitsansammlungen sowie Verdickungen der Sehne selbst sein (JORGENSON u. GENOVESE 2003).

STADTBÄUMER (1988) weist darauf hin, dass besonders bei diffusen Umfangsvermehrungen die klinische Untersuchung nur eingeschränkte Aussagen über das Ausmaß und die Lokalisation eines Sehnenschadens zulässt. Die

Umfangsvermehrung der Sehne selber wurde daher außerdem mit Hilfe eines sensitiveren Verfahrens, der Ultrasonographie, beurteilt.

Auch die Hautoberflächentemperatur war in beiden Gruppen überwiegend geringgradig erhöht. Sie ist einerseits eines der ersten Anzeichen einer Tendopathie der OBS (JORGENSON u. GENOVESE 2003), kann aber auch auf eine subakute oder chronisch rezidivierende Tendopathie hindeuten (PICK 1986; DENOIX 1994).

Zusammen mit den übrigen klinischen Befunden und dem Vorbericht wurde in der hier vorliegenden Arbeit die erhöhte Hautoberflächenwärme jedoch als ein akutes bis subakutes Entzündungssymptom interpretiert.

Wie von PAPE (1942) beschrieben reagierten alle Sehnen gegenüber langsam ansteigendem Druck empfindlich, meistens war eine mittelgradige Schmerzreaktion wahrnehmbar. Schmerzen zeigen sich besonders in der akuten Phase der Sehnenschädigung (STASHAK 1989; DENOIX 1994), da durch die manuelle Palpation die bei einer Tendopathie vorhandene intratendinöse Flüssigkeitsansammlung zusammengedrückt wird (WEBBON 1973; SMITH 2003), sodass sich der Druck in der Sehne erhöht.

Bei den Verlaufsuntersuchungen kam es in der ACS-Gruppe nicht zu signifikanten Verbesserungen der klinischen Symptome gegenüber der Kontrollgruppe.

Insgesamt entspricht das rasche Abnehmen des Lahmheitsgrades und die schnell eingetretene Lahmfreiheit in beiden Gruppen Literaturangaben und Erfahrungen zu den klinischen Symptomen einer Tendopathie (WATKINS 1992; KOBAYASHI et al.

1999; SMITH 2008b).

Innerhalb der ACS-Gruppe erfolgte jedoch im Gegensatz zur Kontrollgruppe bereits früher (Tag 12 vs. Tag 37) eine signifikante Verbesserung des Lahmheitsgrades. Das bedeutet, dass sich bei einem Teil der Patienten die Lahmheit schon in der späten akuten Entzündungsphase und dem anderen Teil erst in der frühen Proliferationsphase verbesserte. Während der Entzündungsphase infiltrieren neutrophile Granulozyten, Makrophagen und Monozyten den Defekt (SMITH 2003).

Diese Zellen werden als Quelle der Produktion von pro-inflammatorischen Zytokinen, wie dem IL-1ß, angesehen (DINARELLO 1991; TSUZAKI et al. 2003a). IL-1ß induziert die Produktion von MMPs, IL-6 und COX-2 (TSUZAKI et al. 2003b) und

führt zu einer erhöhten Prostaglandinbildung (TILLEY et al. 2001). Da eine Verbesserung des Lahmheitsgrades früher einsetzte als in der Kontrollgruppe kann hier eine IL-1RA-vermittelte Hemmung der Prostaglandinsynthese durch das injizierte ACS vermutet werden (THAMPATTY et al. 2007; DAKIN et al. 2010). In humanmedizinischen Untersuchungen an Muskeln (WRIGHT-CARPENTER et al.

2004) und Gelenken (BALTZER et al. 2009) sowie in Untersuchungen zu equinen Gelenken (FRISBIE et al. 2007; JÖSTINGMEIER 2008) führte die Behandlung mit ACS ebenfalls zu einer Steigerung der Funktionsfähigkeit bzw. einer Besserung der Lahmheit gegenüber Kontrollgruppen.

Schmerzhaftigkeit sowie Wärme, beides prostaglandinvermittelte Kardinalsymptome einer Entzündung (TILLEY et al. 2001), nahmen in dieser Studie in beiden Gruppen an Tag 23 signifikant im Vergleich zur Erstuntersuchung ab. Auf Grund der von mehreren Autoren postulierten entzündungshemmenden Wirkung des ACS (WRIGHT-CARPENTER et al. 2004; FRISBIE et al. 2007; DAKIN et al. 2010) wären möglicherweise Unterschiede bei diesen klinischen Parametern zwischen den Gruppen zu erwarten gewesen. So wurde beispielsweise in einer in vitro Studie die Prostaglandinsynthese einer mit IL-1ß stimulierten Tenozytenkultur, stammend aus oberflächlichen Beugesehnen gesunder Pferde, um 30 % reduziert (DAKIN et al.

2010). Andere Autoren berichten von signifikanten Verbesserungen der klinischen Entzündungssymptome nach Behandlung von osteoarthritischen Gelenken mittels ACS (FRISBIE et al. 2007; BALTZER et al. 2009). Die Entwicklung der Druckdolenz und Wärme in der hier vorliegenden Studie entspricht einer für Sehnen typischerweise mit der Zeit nachlassenden Entzündungsreaktion, da sich die Sehnen zum Zeitpunkt der ersten Nachuntersuchung (Tag 12) bereits z.T. in der Proliferationsphase befanden (STASHAK 1992). Möglicherweise kam es zu Unterschieden zwischen Tag 1 und Tag 12, so dass tägliche klinische Untersuchungen während dieser sensiblen Phase der Sehnenheilung für eine lückenlose Beobachtung wertvoll gewesen wären. Der fehlende Unterschied zwischen den beiden Gruppen kann schließlich in der Konzentration des IL-1RA bzw.

IL-1 begründet sein. Ein therapeutischer Einsatz von ACS bei Tendopathien erscheint dann sinnvoll, wenn ein hoher Gehalt an IL-1RA vorliegt (GEBUREK u.

STADLER 2011a), um das in erkrankten Sehnen auftretende IL-1 zu inhibieren (GRANOWITZ et al. 1991; HOSAKA et al. 2002). Zum einen ist es möglich, dass das autologe konditionierte Serum zu wenig IL-1RA enthielt, um einen Effekt zu erzeugen (HRAHA et al. 2011), der über den früheren Eintritt der Lahmfreiheit in der ACS-Gruppe hinausgeht, zum anderen ist vorstellbar, dass das zu antagonisierende katabole Zytokin IL-1 bei einem Teil der Sehnen auf Grund einer bis zum Zeitpunkt der Behandlung bereits nachlassenden Entzündungsreaktion nur noch in geringen Mengen vorlag.

Während in der Kontrollgruppe über den gesamten Untersuchungszeitraum klinisch kein Unterschied bezüglich der Umfangsvermehrung festgestellt werden konnte, war der palmare Metakarpalbereich der Pferde in der ACS-Gruppe ab Tag 79 im Vergleich zur Erstuntersuchung signifikant weniger umfangsvermehrt. Dieser Unterschied spiegelte sich jedoch nicht in der ultrasonographisch bestimmten summierten Querschnittsfläche der oberflächlichen Beugesehne (Total Cross Sectional Area, T-CSA) wider. Vermutlich wiesen die Gliedmaßen der ACS-Gruppe stärkere subkutane oder peritendinöse Flüssigkeitsansammlungen auf, deren Rückgang mit fortschreitender lymphdrainierender Wirkung durch das Bewegungsprogramm klinisch erfasst wurde. In der vorliegenden Studie blieb eine ultrasonographische Messung der Unterhautschwellung aus, da sie mit dem durchgeführten Untersuchungsverfahren schwer quantifizierbar war.

Literaturangaben zu Folge betreffen Defekte der oberflächlichen Beugesehne besonders ihren mittleren zentralen Bereich (GOODSHIP u. BIRCH 1996), und auch in der vorliegenden Studie konnte bei einem Großteil der Patienten (41,17%) mit Hilfe der Ultrasonographie eine Kernläsion der Sehne festgestellt werden. Es wird hier von einer Degeneration in der zentralen Region der Sehne ausgegangen (BIRCH 1993;

BIRCH et al. 1998), die durch Hyperthermie (STRÖMBERG 1980; BIRCH 1993;

WILSON u. GOODSHIP 1994; GOODSHIP u. BIRCH 1996; BIRCH et al. 1997), Hypoxie (FACKELMANN 1973; SÖNNICHSEN 1975; BIRCH et al. 1997; SMITH et al. 2002) und wiederkehrende mechanische Belastungen (BIRCH et al. 1998;

SCHNEIDER 2005) stimuliert wird. Zu geringeren Anteilen traten Randläsionen oder diffuse Tendopathien auf. Im Falle der Randläsonen ist eine mechanische

Schädigung ohne vorangehende Degeneration, wie sie z.B. durch stumpfe Traumen oder das Greifen entstehen, wahrscheinlich (FACKELMANN 1973; MOYER u.

RAKER 1980). Bezüglich der Läsionsart besteht also eine gewisse Abhängigkeit von der Nutzung des Pferdes (STANEK et al. 2003). Um eine optimale Vergleichbarkeit zwischen den Patienten zu gewährleisten, wäre das ausschließliche Einbeziehen von Kernläsionen bzw. eines Läsionstyps, wie in experimentellen Studien mit induzierten Läsionen üblich, (VAN SCHIE et al. 2009; BOSCH et al. 2010; SCHRAMME et al.

2010a; SCHRAMME et al. 2010b; ROGGEL 2013) von Vorteil gewesen. Die Sehnenfasern erfahren je nach Lokalisation innerhalb der Sehne unterschiedliche Belastungen (PATTERSON-KANE et al. 1997; PATTERSON-KANE et al. 1998).

Eine separate Auswertung der Kern-, Randläsionen und diffusen Tendopathien war auf Grund der begrenzten Probandenzahl, die ein charakteristisches Problem für Studien dieser Art in der Pferdemedizin darstellt, nicht möglich.

Ultrasonographisch konnte zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung der niedrigste Anteil paralleler Faserbündel festgestellt werden, da statt einer normalen Faseranordnung in der akuten Phase einer Tendopathie zerrissene Kollagenfasern, die nicht mehr axial ausgerichtet sind, vorliegen (STADTBÄUMER 1988). Die Ruptur der Kollagenfibrillen und der Verlust der regulären Fibrillenanordnung durch intratendinöse Blutung und Ödembildung konnte, wie auch vielfach in der Literatur beschrieben (WEBBON 1973; DAMSCH et al. 1992; GOODSHIP 1993; KASASHIMA et al. 2002; SMITH et al. 2003), ebenfalls histologisch in den Sehnenbioptaten der Erstuntersuchung nachgewiesen werden.

Die während der Entzündungsreaktion frei werdenden proteolytischen und hydrolytischen Enzyme führen typischerweise zu einer fortschreitenden Größenzunahme der Sehnenläsion (MCCULLAGH et al. 1979; DAHLGREN 2007).

Wenngleich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen vorlagen konnten in der vorliegenden Untersuchung ultrasonographisch ausschließlich innerhalb der ACS-Gruppe bis Tag 79 eine signifikante Abnahme der TL-CSA festgestellt werden. Dies könnte als Ausdruck eines antiinflammatorischen Effektes des ACS oder einer Anregung der Fibrillogenese durch im ACS enthaltene Wachstumsfaktoren, wie z.B. IGF-1, TGF-β, VEGF u.a. gewertet werden (DAKIN et

al. 2010; HRAHA et al. 2011). Die mehrmalige intraläsionale Injektion des ACS hätte hier, wie auch bei anderen Parametern, möglicherweise zu einem deutlicheren Unterschied geführt.

Im weiteren Zeitverlauf der Untersuchungen konnte ultrasonographisch eine signifikant höhere Echogenität in der Reifungsphase an den Tagen 79 und 107 in der ACS-Gruppe als in der Kontrollgruppe festgestellt werden (s. S. 130). Zudem war an den Tagen 79, 107 und 163 der prozentuale Anteil der Läsion am Sehnenquerschnitt (Percent Total Lesion, %T-Lesion) in der ACS-Gruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe (s. S. 128). Die Summe aller sonographisch dargestellten Läsionsquerschnittsflächen (Total Lesion Cross Sectional Area, TL-CSA) unterschied sich zwar zwischen den Gruppen zu keinem Zeitpunkt, sie nahm aber ausschließlich innerhalb der ACS-Gruppe ab Tag 79 signifikant gegenüber Tag 1 ab. Diese ultrasonographischen Ergebnisse könnten Ausdruck einer Anregung der Bildung von Ersatzgewebe in der proliferativen Phase der Sehnenheilung unter dem Einfluß des ACS sein. Mittels B-mode Ultrasonographie kann jedoch keine Aussage zur Qualität des gebildeten Ersatzgewebes getroffen werden. Hier wäre die ultrasonographische Gewebecharakterisierung (UTC) wertvoll gewesen (VAN SCHIE et al. 2009; VAN SCHIE et al. 2010), die zum Untersuchungszeitpunkt noch nicht zur Verfügung stand.

Von großem Interesse wäre außerdem eine Biopsieentnahme an den Tagen 79 und 107 gewesen, um zu prüfen, ob sich die Unterschiede in den histologischen und immunistochemischen Ergebnissen widerspiegeln würden.

In einer anderen Studie (BOSCH et al. 2011b) wird der lang anhaltende Effekt von PRP für die Verbesserung der UTC-Befunde 12, 18 und 24 Wochen nach Behandlung chirurgisch erzeugter Sehnenläsion verantwortlich gemacht. Diese Autoren gehen davon aus, dass die anti-entzündliche Wirkung des PRP zur Bildung eines verbesserten Sehnenersatzgewebes führt. Im Falle des ACS kann durch die intraläsionale Applikation von anti-inflammtorischen Zytokinen wie IL-1RA und IL-10 in der frühen Phase der Sehnenheilung möglicherweise durch Neutralisation von IL-1 (GRANOWITZ et al. 1991) und Hemmung weiterer kataboler Zytokine (MOSER et al.

2007; SCHULZE-TANZIL et al. 2011) ein geeignetes Milieu für die weitere Sehnenheilung geschaffen werden. Außerdem werden der Sehne zum einen im ACS

enthaltene Wachstumsfaktoren, wie z.B. IGF-1 und TGF-ß zugeführt (WRIGHT-CARPENTER et al. 2004; WEHLING et al. 2007; HRAHA et al. 2011), zum anderen übt ACS einen parakrinen Effekt auf die Expression weiterer Wachstumsfaktoren (TGF-ß, bFGF) aus (HEISTERBACH et al. 2012). Es konnte gezeigt werden, dass in der entzündlichen Phase IGF-1 in der Sehne auf niedrige Werte absinkt, da die IGF-1 Degradation und Digestion durch Proteasen die Neubildung übersteigt (DAHLGREN et al. 2005). Es wird vermutet, dass die Regenerationsfähigkeit der Sehne durch Supplementierung von IGF-1 in der frühen Phase der Sehnenheilung, wie sie in dieser Studie erfolgte (WRIGHT-CARPENTER et al. 2004; WEHLING et al. 2007;

HRAHA et al. 2011), erhöht werden kann (DAHLGREN et al. 2005). Warum diese Unterschiede sich nicht bis zum Ende der Untersuchung fortsetzten, bleibt unklar.

Erst während der Reifungsphase (45. Tag bis 6.-12. Monat und länger (STASHAK 1992; DAHLGREN 2007)) organisieren sich die Kollagenfaserbündel und stellen sich ultrasonographisch im Längsschnitt als lineare organisierte Echos dar (MARR et al.

1993). Dies war auch in dieser Untersuchung zu beobachten. In beiden Gruppen besserte sich die Faseranordnung (FAS) während der Reifungsphase, wobei ein signifikanter Unterschied des FAS im Vergleich zur Erstuntersuchung in der ACS-Gruppe zu einem früheren Zeitpunkt bestand als in der Kontrollgruppe (79. Tag vs.

135. Tag) (s. S. 131). Zwischen den Gruppen traten, korrespondierend mit der histologischen Beurteilung der Faseranordnung, keine signifikanten Unterschiede auf. Dies kann der begrenzten Sensitivität des B-mode Verfahrens geschuldet sein, und hätte durch den Einsatz der UTC Technik besser herausgearbeitet werden können, da dieses Verfahren einen höheren diagnostischen Wert zum Nachweis kontinuierlicher Faserbündel besitzt (VAN SCHIE et al. 2009).

Die zeitlichen Angaben einer Verbesserung des FAS variieren in der Literatur in Abhängigkeit von der Art der Läsion und der Art der Behandlung zwischen 42 und 112 Tagen (REEF et al. 1997; CROVACE et al. 2007; SCHRAMME et al. 2010a).

Auch wenn im Gruppenvergleich der hier vorliegenden Studie keine statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich des FAS festzustellen waren, kann die frühzeitigere Besserung des FAS innerhalb der ACS-Gruppe ein Indiz dafür sein, dass ACS auf Grund seiner anti-inflammatorischen Eigenschaften die Basis für ein

geeignetes Milieu innerhalb der Sehne für die Längsformation der kollagenen Faserbündel schafft, wie sie auch nach PRP – Behandlung vermutet wird (BOSCH et al. 2011b).

Die Entwicklung des FAS ist außerdem im Wesentlichen von einem adäquaten Bewegungsprogramm abhängig, da sich die Kollagenfasern unter dem formativen Reiz der Zugbelastung zunehmend in Längsrichtung ausrichten (MÜLLER 1976).

Wenngleich alle Pferde dem gleichen Bewegungsprogramm unterzogen wurden, ist nicht auszuschließen, dass Sehnen der ACS-Gruppe günstiger belastet wurden.

Das histologische Erscheinungsbild einer gesunden Sehne, gekennzeichnet durch hoch organisierte parallel angeordnete Kollagenfibrillen (WILLIAMS et al. 1980;

OBERBECK 1992; GOODSHIP 1993; DAKIN et al. 2012), war in den Bioptaten der Probanden zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung nicht mehr vorhanden. Wie auch in anderen Untersuchungen war der Beobachtungszeitraum von 191 Tagen der hier vorliegenden Untersuchung nicht ausreichend, um ein normales axiales Muster der Sehnenfasern wiederzuerlangen (CARVALHO et al. 2011). Die Bioptate des 191.

Tages wiesen in beiden Gruppen eine Verbesserung der Faseranordnung und -struktur auf, unterschieden sich aber, entsprechend den ultrasonographischen Befunden, nicht voneinander. In einer Untersuchung von BOSCH et al. (2011b) war die strukturelle Integrität der mit PRP behandelten Sehnen dagegen vorteilhafter als die der Kontrollsehnen. Der experimentelle Studienaufbau lässt sich jedoch nur schwer mit der hier vorliegenden Studie an natürlich vorkommenden Tendopathien vergleichen. Weitere Gründe für diesen Unterschied zwischen den Studien können zum einen die Durchführung des Bewegungsprogrammes, zum anderen ein unterschiedlicher Effekt von PRP bzw. ACS sein. Die Tatsache, dass nur in den Bioptaten der ACS-Gruppe die Faseranordnung im Vergleich zu Tag 1 signifikant verbessert war, lässt einen lang anhaltenden Effekt des ACS vermuten, der die Fibrillogenese und Längsformation der Kollagenfasern begünstigt. Möglicherweise kann hierfür ein parakriner Effekt auf die Expression weiterer Wachstumsfaktoren (TGF-ß, bFGF) verantwortlich gemacht werden (HEISTERBACH et al. 2012).

Außerdem werden in der Literatur vielfach anti-inflammatorische Komponenten

verschiedener Prüfsubstrate für eine verbesserte Sehnenarchitektur verantwortlich gemacht (NIXON et al. 2008; ORYAN et al. 2008; MORAES et al. 2009).

Die Tatsache, dass sich die Score-Werte für Faseranordnung in der Kontrollgruppe erst zwischen Tag 37 und 191 und nicht bereits zwischen Tag 1 und Tag 191 signifikant unterscheiden, kann durch die relativ starke Streuung der Score-Werte an Tag 1 begünstigt worden sein.

Da die proliferative Phase (Tag 4 – 45) (STASHAK 1992) überlappend noch während der vorherrschenden Entzündungsreaktion einsetzt (PATTERSON-KANE 2009), entsprach die erhöhte metabolische Aktivität in den Bioptaten der Erstuntersuchung beider Gruppen den Erwartungen. Die gesteigerte Gefäßproliferation und erhöhte Zellularität wird in anderen Untersuchungen ebenfalls als Antwort auf eine akute Verletzung gewertet (STRÖMBERG et al. 1974; KANEPS et al. 1984; DAMSCH et al.

1992; SCHRAMME et al. 2010a). Wie auch in anderen Studien (DAMSCH et al.

1992; DAHLGREN et al. 2005; SCHRAMME et al. 2010a) waren die Zellkerne in den Bioptaten der Erstuntersuchung in der vorliegenden Untersuchung deutlich abgerundet. Hierbei handelt es sich zum einen um Kerne von Fibroblasten, die im Sinne der äußeren Heilung ins geschädigte Gebiet einwandern (MCCULLAGH et al.

1979; DAHLGREN 2007), zum anderen um Kerne aktivierter Tenozyten (SMITH et al. 2002b), die eine wichtige Rolle bei der Synthese der extrazellulären Matrix spielen (HOSAKA et al. 2005). Eine differenziertere Quantifizierung der Zelltypen wurde nicht vorgenommen.

Übereinstimmend mit den Befunden anderer Studien waren in den Bioptaten beider Gruppen Zelldichte, Zellkernmorphologie und Vaskularisation an Tag 37 weiterhin abweichend vom in der Literatur beschriebenen histologischen Erscheinungsbild gesunder Sehnen (STRÖMBERG et al. 1974; MARTINELLO et al. 2013).

In adultem unversehrtem Sehnengewebe dominieren Tenozyten mit dichten, spindelförmigen Zellkernen (GOODSHIP et al. 1994). Im Falle einer Tendopathie wandeln sich einerseits Tenozyten zu stoffwechselaktiven Fibroblasten mit großem runden Zellkern um (SMITH 2003), andererseits wandern Fibroblasten aus dem Paratenon und hypertrophen Endotenon in das geschädigte Gebiet ein (MCCULLAGH et al. 1979; SILVER u. ROSSDALE 1983; DAHLGREN 2007).

Die Zellkerne in der Kontrollgruppe waren an Tag 37 signifikant runder als in der ACS-Gruppe (s. S.137). Dies liefert Hinweise auf eine stärkere metabolische Aktivität der Sehne zu diesem Zeitpunkt (BOSCH et al. 2010), wenngleich andere Parameter der metabolischen Aktivität (Zelldichte, Vaskularisation) der Kontrollgruppe nicht signifikant gegenüber der ACS-Gruppe erhöht waren. SILVER und ROSSDALE (1983) weisen darauf hin, dass aus einer exzessiven Aktivierung einwandernder Fibroblasten die Gefahr peritendinöser Verklebungen resultiert. Derartige Adhäsionen konnten in der hier vorliegenden Studie jedoch nicht festgestellt werden.

Die signifikant flacheren Zellkerne in der ACS-Gruppe sind Ausdruck einer geringeren Stoffwechselaktivität an Tag 37 und können als ein reiferes Erscheinungsbild interpretiert werden (ORYAN et al. 2008). Wenn man davon ausgeht, dass in der ACS-Gruppe eine Stimulation der metabolischen Abläufe durch die zugeführten Wachstumsfaktoren im ACS stattgefunden hat (ABRAHAMSSON et al. 1991; ABRAHAMSSON u. LOHMANDER 1996; DES ROSIERS et al. 1996;

CHANG et al. 1998; MOLLOY et al. 2003) würde dies bedeuten, dass in der ACS-Gruppe die höchste metabolische Aktivität möglicherweise früher als in der unsupplementierten Kontrollgruppe an Tag 37 auftrat. Um diese These zu überprüfen, wäre eine Biopsieentnahme zwischen Tag 1 und 37, beispielsweise an Tag 20, wertvoll gewesen. In einer experimentellen Untersuchung an equinen Sehnen konnte bereits 1 - 2 Wochen nach Defekterzeugung mittels Kollagenase eine Abrundung der Zellkerne beobachtet werden, erst ab der 8. Woche dominierten wieder spindelförmige flache Zellen (DAHLGREN et al. 2005). Die metabolische Aktivität dieser Zellkerne äußerte sich in einem starken Anstieg der Kollagen Typ I- und III-Expression, wobei ein initialer Kollagen Typ III Anstieg innerhalb der ersten 4 Wochen auftrat. Nach 8 Wochen konnte bereits mehr als 90 % Kollagen Typ I gemessen werden. In der hier vorliegenden Untersuchung spiegelt sich die vermutete höhere metabolische Aktivität der Zellkerne der Kontrollgruppe jedoch nicht in einer im Vergleich zur ACS-Gruppe höheren Kollagen Typ I oder III-Expression wider.

Score-Werte einer gesunden Sehne konnten bezüglich der Parameter Zelldichte und Zellkernmorphologie an Tag 191 wie auch in anderen Untersuchungen (DAHLGREN

et al. 2005; MORAES et al. 2009; BOSCH et al. 2010; BOSCH et al. 2011b;

MARTINELLO et al. 2013) nicht erreicht werden. Zwischen den Gruppen gab es bei allen drei Parametern, aus denen sich die metabolische Aktivität zusammensetzt, keine Unterschiede. Dreiundzwanzig Wochen nach einmaliger PRP-Injektion in chirurgisch erzeugte Läsionen der OBS konnte - bei Anwendung des selben Scores -

MARTINELLO et al. 2013) nicht erreicht werden. Zwischen den Gruppen gab es bei allen drei Parametern, aus denen sich die metabolische Aktivität zusammensetzt, keine Unterschiede. Dreiundzwanzig Wochen nach einmaliger PRP-Injektion in chirurgisch erzeugte Läsionen der OBS konnte - bei Anwendung des selben Scores -