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Mit dem Ziel, die Revaskularisation chronisch erkrankter Sehnen zu erhöhen, entwickelte FORSELL in den 1940er Jahren eine Stichtechnik, bei der die erkrankte Sehne mit einem Stilett in 1-2 cm Abständen perforiert wurde. Diese Methode wurde später zunächst dadurch modifiziert, dass die Sehne in Längsrichtung radikal gespalten wurde (ASHEIM 1964). Um peritendinöse Verklebungen zu vermeiden, erfolgte später das perkutane Sehnensplitting am stehenden Pferd. Hierbei wird die Sehne mittels eines doppelschneidigen Skalpells parallel zur Längsachse fächerförmig durch die chirurgisch vorbereitete Haut eingeschnitten (ASHEIM u.

KNUDSON 1976).

In einer Untersuchung mit einer geringen Fallzahl wurde ein Heilungserfolg bei 3 von 6 Pferden, deren oberflächliche Beugesehne gesplittet wurde, verzeichnet (SEVELIUS 1964). In einer Untersuchung an 66 Pferden, deren oberflächliche Beugesehnen derart operiert wurden, zeigte sich, dass 36,4% der Pferde wieder an mehr als 10 Rennen teilnehmen konnten, 28,8% gingen weniger als 10 mal an den Start und 34,8% konnten nicht geheilt werden (NILSSON 1970). Die Rekonvaleszenzzeit betrug 6 Monate, gefolgt von einer Trainingsperiode von 3-6 Monaten.

In einer kontrollierten Studie an Trabern konnten 73% der Pferde, deren oberflächliche Beugesehnenschäden dem perkutanen Sehnensplitting unterzogen wurden, innerhalb zwei Jahren wieder an Wettkämpfen teilnehmen.

Siebenundfünfzig Prozent davon liefen in mehr als 10 Rennen, in der Kontrollgruppe waren es insgesamt 88,5% (KNUDSON 1976).

Das ursprünglich zur Therapie von chronischen Sehnenschäden entwickelte Verfahren sehen andere Autoren nur während der akuten Phase der Entzündung als indiziert an, da intratendinöse Flüssigkeitsansammlungen frei werden können und das angrenzende gesunde Gewebe durch die Dekomprimierung vor Drucknekrosen geschützt wird (HENNINGER et al. 1991; HENNINGER et al. 1992; DABAREINER et al. 2000; ROSS 2003).

In einer kontrollierten experimentellen Studie an Kollagenase–induzierten Tendopathien der oberflächlichen Beugesehne bei 6 Pferden zeigte sich, dass das Sehnen-Splitting in der akuten-subakuten Phase der Sehnenheilung zu einer gesteigerten Vaskularisation, verbesserten sonographischen Befunden und besserer Qualität des Sehnenersatzgewebes 4 und 8 Wochen post operationem führt (HENNINGER et al. 1992).

Die Bedeutung des Sehnen-Splittings wird in der Literatur kontrovers diskutiert (WOLFF 1976; PICK 1986). So erzeugt der chirurgische Eingriff unnötige Traumata (FACKELMANN 1973; STRÖMBERG et al. 1974) und wird deshalb bei moderaten Sehnenschäden als ungeeignet angesehen (STRÖMBERG 1980). An experimentell gespaltenen Sehnen konnten auch noch ein Jahr später eine vermehrte Vaskularisation sowie degenerierte Bereiche an den Grenzen der Inzisionen nachgewiesen werden (STRÖMBERG et al. 1974). Diese Nekrosen konnten in einer anderen feingeweblichen Untersuchung nicht nachvollzogen werden, so dass insbesondere bei schweren Sehnenschäden mit ischämischen Arealen das Sehnensplitting als erfolgversprechende Therapiemöglichkeit eingestuft wird (WOLFF 1976). Als eindeutig schädlich wird diese Therapie von anderen Autoren beurteilt, da sie zur Produktion von zusätzlichem permanenten Narbengewebe führt, welches die Heilung verzögert (SILVER u. ROSSDALE 1983). Die bei dem Eingriff auftretenden Blutungen führen zur Bildung von Adhäsionen, die die Gleitfunktion der Sehnen beeinträchtigen (MCCULLAGH et al. 1979).

Die ultraschallgestützte Sehnenpunktion (Ultrasound guided tendon puncture, UGTP) stellt eine schonendere Modifikation des Verfahrens dar, die ein präziseres Vorgehen erlaubt. Besonders geeignet sind dafür Kernläsionen (core lesions), die mindestens 20% des Sehnendurchmessers ausmachen. Von 33 Pferden, die mittels UGTP behandelt wurden, konnten 68% ihr ursprüngliches Leistungsniveau wieder erlangen, 19% der Pferde erlitten ein Rezidiv (ALLEN 1992).

Ein mehrfaches Punktieren eines Sehnenschadens mit einer 23 G Kanüle (Nadel-Sehnen-Splitting) kann mit intraläsionalen Appplikationen therapeutischer Substanzen kombiniert werden (AVELLA u. SMITH 2012).

Zusammenfassend wird das Sehnen-Splitting für chronische Tendopathien derzeit nicht mehr empfohlen (AVELLA u. SMITH 2012).

2.13.2 Desmotomie des Unterstützungsbandes der oberflächlichen Beugesehne

Der Grundgedanke, dass die mangelnde Elastizität des Sehnenersatzgewebes häufig zu rezidivierenden Tendopathien führt, veranlasste BRAMLAGE (1986) dazu, die Desmotomie des Unterstützungbandes der oberflächlichen Beugesehne als Methode zur Behandlung von Tendopathien der oberflächlichen Beugesehne einzuführen.

Das Lig. accessorium der OBS überträgt die während der Stützbeinphase auf die Sehne einwirkende Kraft unter Schonung der proximalen Muskel-Sehnen-Einheit zum distalen Radius. Durch die Desmotomie wird die durch Reparaturvorgänge in der oberflächlichen Beugesehne bedingte Verkürzung der Einheit „Knochen-Sehnen-Unterstützungsband“ unterbrochen und der Muskel sowie die Sehne proximal des Lig. accessorium zur Gewichtsaufnahme herangezogen (BRAMLAGE 1986).

Die durchschnittliche Zeitdauer zwischen dieser Operation und dem ersten Rennen variiert in der Literatur von 34 Wochen (HAWKINS u. ROSS 1995) bis 42 Wochen (FULTON et al. 1994).

Die chirurgische Maßnahme erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Pferd nach einer Sehnenverletzung an mindestens 2 Rennen teilnehmen kann, ohne ein Rezidiv zu erleiden (BRAMLAGE 1986). Nach BRAMLAGE und HOGAN (1996) nahmen 51%

von 137 Vollblütern, nach HAWKINS und ROSS (1995) 71% von 38 Trabern nach der Operation wieder erfolgreich an mindestens 5 Rennen ohne Auftreten eines Rezidivs teil. Während bei 67% der operierten Traber keine erneuten Schäden auftraten, waren es bei den Galopprennpferden nur 52%, so dass die Desmotomie besonders bei Trabern als geeignet angesehen wird (FULTON et al. 1994).

Die Rezidivrate vor der Teilnahme am 3. Rennen nach der Operation wurde zunächst mit 16,6% angegeben (BRAMLAGE et al. 1988). In einer anderen Studie wurde nach Desmotomie bei 28% der Pferde bereits vor dem ersten Start ein Rezidiv festgestellt (FULTON et al. 1994).

Hinsichtlich der Rezidivrate konnten GIBSON et al. (1997) keinen signifikanten Unterschied zwischen Pferden nach Desmotomie und solchen mit konservativ behandelten (Boxenruhe und kontrolliertes Bewegungsprogramm) Sehnenschäden feststellen. Bei den operierten Pferden kam es hingegen 5,5 mal häufiger zu Erkrankungen des Fesselträgers als bei den konservativ therapierten Pferden.

In der Literatur werden wiederkehrende diffuse Tendopathien, schwerwiegende diffuse Tendopathien oder solche mit einer Kernläsion von 10-15% der CSA als mögliche Indikation für den Eingriff herausgestellt. Da bilaterale Tendopathien nicht ungewöhnlich sind, kann die beidseitige Desmotomie auch zur Prophylaxe durchgeführt werden (AVELLA u. SMITH 2012).

2.13.3 Autologe Sehnentransplantation

Um die Narbenbildung durch normales Sehnengewebe zu verstärken, wurde zu Beginn der 1970er Jahre die autologe Sehnentransplantation entwickelt. Als Donorsehne dient die Sehne des M. extensor digitalis lateralis, die ohne Beeinträchtigung der Streckfunktion der Zehengelenke auf Höhe des Metakarpus abgesetzt werden kann. Anhand histologischer Untersuchungen an 19 Sehnen zeigte sich, dass das Transplantat gut in die normale Sehne einheilt und eine solide Verbindung mit der Umgebung eingeht. Auch Transplantationen in durch Narbengewebe verdickte oder gebrannte Sehnen waren erfolgreich (AMMANN u.

FACKELMANN 1972).

Die autologe Sehnentransplantation wurde trotz des erheblichen Aufwandes auch bei schweren Sehnenschäden wertvoller Rennpferde (STRÖMBERG u. TUFVESSON 1977) oder bei ausgewählten Fällen chronischer Tendopathien (WINTZER 1999) als lohnenswert angesehen und von einzelnen Autoren phasenweise sogar als Therapieform mit den besten Heilungsaussichten betrachtet, da keine Unverträglichkeiten mit ihren Spätfolgen beobachtet wurden (PICK 1986).

Mikroangiographische und histochemische Studien an 20 Versuchspferden zeigen, dass das Transplantat revaskularisiert und durch ein hoch organisiertes Gewebe ersetzt wird. Die Donorsehne degeneriert, wird aber schnell durch einsprießende

Fibroblasten und neue Kollagenfibrillen ersetzt (STRÖMBERG u. TUFVESSON 1977).

In einer kontrollierten experimentellen Studie an 9 Pferden wurde gezeigt, dass das Einnähen eines autologen Sehnentransplantates in die durchtrennten tiefen Beugesehnen 12 Wochen post operationem zu erhöhten mechanischen Belastbarkeit und einem histologisch erkennbaren besseren Reifungsgrad gegenüber einer alleinigen Sehnennaht führt. Nach 24 Wochen war kein Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen erkennbar. Die Autoren gehen davon aus, dass das Transplantat während der frühen Phase der Sehnenreparatur als Quelle für pluripotente epitendinöse Vorläuferzellen und Tenozyten dient und dass seine endotendinösen Gefäße ein Gerüst für die Gefäßeinsprossung darstellen (VALDEZ-VAZQUEZ et al. 1996).

Derzeit ist die Bedeutung von autologen Sehnentransplantaten beim Pferd in der Literatur zurückgegangen.

2.13.4 Carbonfasertransplantation

Der Beobachtung, dass Carbonfasern in vitro (GOODSHIP et al. 1980) und im Versuchstier (JENKINS et al. 1977; JENKINS 1978) als ein physikalisches Gerüst für Fibroblasten und kollagene Fasern dienen, folgten mehrere Studien an der equinen Beugesehne (VAUGHAN u. EDWARDS 1978; LITTLEWOOD 1979; GOODSHIP et al. 1980; VALDEZ et al. 1980; BROWN u. POOL 1983; NIXON et al. 1984;

VAUGHAN et al. 1985).

Die Carbonfaserimplantation wurde zunächst an der geöffneten Sehne durchgeführt, später wurde als Modifikation die perkutane Implantation beschrieben (LITTLEWOOD 1979). Während in einer Untersuchung akute Entzündungsanzeichen, wie z.B. gesteigerte Wärme, innerhalb 4 Wochen post operationem verschwanden, blieben die Sehnen noch 6-9 Monate später umfangsvermehrt (LITTLEWOOD 1979).

Der feingeweblich nachweisbare Effekt der Carbonfaserimplantate auf die Sehnenheilung wird in der Literatur kontrovers dargestellt (VALDEZ et al. 1980;

NIXON et al. 1984). Zum einen zeigten histologische Untersuchungen an tiefen

Beugesehnen, in die Carbonfasern implantiert wurden, eine bessere Anordnung und Längsausrichtung der Kollagenfasern, sowie eine verbesserte Wellenformation als die Kontrollsehnen (VALDEZ et al. 1980).

Fremdkörperreaktionen sollen sich auf einen Millimeter um die Implantate herum beschränken (BROWN u. POOL 1983). Dies lässt Carbonfasern als biokompatibel erscheinen (GOODSHIP et al. 1980).

Andere Autoren berichten jedoch von schweren eitrigen Abstoßungsreaktionen (LITTLEWOOD 1979; VALDEZ et al. 1980; VAUGHAN et al. 1985), die z.T. zur Euthanasie der Pferde führten (VALDEZ et al. 1980). Im Tierexperiment wurde gezeigt, dass Carbonfasern 8-12 Wochen nach der Implantation zu einer exzessiven Granulationsgewebsbildung führen. Hinsichtlich der Kollagenorientierung konnte kein Unterschied zwischen der Sehnennaht mit Nylon oder Carbonfasern erkannt werden.

Das Gewebe in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Carbonfasern blieb auch noch nach 6 Monaten unreif. Um z.T. separierte Carbonfilamente kam es zur Bildung von Granulomen (NIXON et al. 1984).

Im Kontext mit der klinischen Anwendung wurde in einer Untersuchung festgestellt, dass 14 von 34 Pferden mit akuter oder chronischer Tendopathie nach Carbonfaserimplantation wieder an Rennen teilnehmen konnten. Bei 7 Pferden kam es zum Rezidiv. Weitere 14 Pferde waren nicht mehr als Rennpferde nutzbar (VAUGHAN et al. 1985). Als ursächlich für eine persistierende Tenalgie nach Carbonfaserimplantation werden die zwischen den unelastischen Carbonfasern und dem heilenden Sehnengewebe bestehenden Scherkräfte angesehen (AVELLA u.

SMITH 2012).

Zusammenfassend hat die Implantation von Carbonfasern zur Behandlung von Tendopathien derzeit klinisch keine Bedeutung mehr.

2.14 Therapien mit regenerativem Potential