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Der M. flexor digitalis superficialis hat seinen Ursprung am Epicondylus medialis humeri und geht bereits oberhalb des Karpalgelenkes in seine Sehne (Tendo m.

flexoris digitalis superficialis) über, die auch als oberflächliche Beugesehne (OBS) bezeichnet wird. Diese verläuft in enger anatomischer Nähe zur Sehne des M. flexor digitalis profundus, der so genannten tiefen Beugesehne, durch die proximale gemeinsame Sehnenscheide (Karpalbeugesehnenscheide) und weiter distal durch die Fesselbeugesehnenscheide (NICKEL et al. 1992a; KÖNIG u. LIEBICH 1999).

Ihren Ansatz findet die oberflächliche Beugesehne mit je einem Schenkel medial und lateral an der Kronbeinlehne (Tuberositas flexoria) sowie am distalen Ende der Seitenränder des Fesselbeines (STRÖMBERG 1971; GRAU 1974; KAINER 1989;

WISSDORF et al. 2010). Unterstützung erhält diese Sehne oberhalb des Karpus durch das am medialen Rand des Radius entspringende Unterstützungsband der oberflächlichen Beugesehne, Lig.accessorium (NICKEL et al. 1992a). Im Verlauf über den hinteren Aspekt des Fesselgelenks umfasst die flacher werdende oberflächliche Beugesehne die tiefe Beugesehne proximal der Gleitfläche der Sesambeine manschettenartig in Form einer Manica flexoria (RAPP 1988;

STADTBÄUMER 1988). Distal des Fesselgelenkes bildet die oberflächliche Beugesehne einen zweiten, schwächeren Gurt um die tiefe Beugesehne (so genannte distale Manica flexoria).

Der M. flexor digitalis profundus hat einen dreiköpfigen Ursprung am Humerus, an der Ulna und am Radius (Caput humerale, Caput ulnare und Caput radiale) und geht am distalen Ende des Unterarmes in die tiefe Beugesehne über. Im mittleren Drittel des Metacarpus wird sie durch das Lig. accessorium unterstützt. Bevor sie nach Abgabe eines schwachen Kronbeinschenkels an der Facies flexoria des Hufbeines ansetzt, tritt sie in Höhe der Fesselbeuge durch die beiden Endschenkel der oberflächlichen Beugesehne hindurch (KOCH 1976; NICKEL et al. 1992a).

Die oberflächliche und tiefe Beugesehnen werden in der Karpalbeuge durch das Retinaculum flexorium, in Höhe des Fesselgelenkes durch das Fesselringband (Lig.

annulare palmare) und in der Fesselbeuge durch die vierzipflige Fesselplatte (Pars cruciformis vaginae fibrosae) sowie die Sohlenbinde (Lig. annulare digiti) in ihrer Lage gehalten (NICKEL et al. 1992a; KÖNIG u. LIEBICH 1999).

Abb.2.1: Schematisch Darstellung der Sehnen der Vordergliedmaße des Pferdes nach HERRICK et al. (1978)

2.2 Morphologie der Sehnen

Die Sehne besteht aus parallelfaserigem straffem Bindegewebe (BAUMHOER et al.

2000; LIEBICH 2010). Sie ist komplex und hierarchisch aufgebaut (KASTELIC et al.

1978) (Abb.2.2).

Mehrere parallel angeordnete Kollagenfibrillen bilden, umgeben von Ausläufern der Tenozyten sowie feinen Bindegewebszügen, dem Endotendineum, ein Primärbündel (STRÖMBERG 1973; DROMMER et al. 1990). Das Blut- und Lymphgefäße sowie

Oberflächliche Beugesehne Tiefe Beugesehne

Unterstützungsband der tiefen Beugesehne

Fesselgelenk

Unterstützungsband der ober- flächlichen Beugesehne

Fesselträger

Nerven führende Peritendineum internum fasst mehrere Primärbündel zu Sekundärbündeln zusammen. Mehrere Sekundärbündel bilden wiederum, umgeben von gefäßreichem Epitendineum (Peritendineum externum), den gesamten Sehnenquerschnitt (DROMMER et al. 1990). Sofern keine Sehnenscheide vorhanden ist, umgibt das Paratendineum das Epitendineum (NORBERG et al. 1967;

STASHAK 1992; SMITH 2003).

Abb. 2.2: Sehnenaufbau (aus KASTELIC1978)

An der Sehne unterscheidet man zelluläre Bestandteile und eine extrazelluläre Matrix.

Zelluläre Bestandteile:

In der Sehne kommen Zellen, d.h. Tenozyten nur spärlich vor (DAHLGREN 2007).

Ihre Aufgabe ist die Produktion und Aufrechterhaltung der extrazellulären Matrix (GOODSHIP u. BIRCH 1996; BATSON et al. 2003).

Bei den Tenozyten handelt es sich um kleine (18 x 6 µm) spindelförmige Zellen mit heterochromatinreichem Zellkern und wenigen stoffwechselaktiven Organellen im Zytoplasma (WILLIAMS et al. 1980; SMITH 2005; LIEBICH 2010). Dagegen besitzen Fibroblasten einen euchromatinreichen Kern und viele stoffwechselaktive Organellen (LIEBICH 2010). Zwischen den Faserbündeln werden die Sehnenzellleibe derart

eingedellt, dass sie eine flügelähnliche Gestalt annehmen (LEONHARDT 1990;

BUCHER u. WARTENBERG 1997; HEES u. SINOWATZ 2000).

Abb. 2.3: Flügelzellen nach GRAU (1967)

Die über gap junctions kommunizierenden Tenozytenfortsätze bilden ein dreidimensionales Netzwerk aus (MCNEILLY et al. 1996).

Anhand der Zellkernmorphologie werden drei verschiedene Zelltypen, deren Verteilung von Sehne zu Sehne, innerhalb einer Sehne und abhängig vom Alter variiert, unterschieden (GOODSHIP et al. 1994). In adultem Sehnengewebe dominieren Zellen des Typ I, deren Zellkerne dicht und spindelförmig sind. Zellen mit rundlicherem zigarrenförmigen Kern (Typ II) überwiegen in juvenilen Sehnen, und Typ III, dessen Kern unreif und weniger dicht ist, befindet sich an Stellen, wo die Sehne komprimierenden Kräften ausgesetzt ist (GOODSHIP et al. 1994; GOODSHIP u. BIRCH 1996; SMITH u. WEBBON 1996; SMITH 2003). Es wird eine erhöhte Stoffwechselaktivität der Typen II und III vermutet (SMITH 2003).

Extrazelluläre Matrix:

Die extrazelluläre Matrix wird durch Sehnenzellen synthetisiert und erhalten (EVANS u. BARBENEL 1975; BATSON et al. 2003; SÖDERSTEN et al. 2005). Sie setzt sich

zu 65% aus Wasser, zu 30% aus Kollagenen und zu 5% aus nicht-kollagenen Glykoproteinen zusammen (SMITH u. WEBBON 1996). Es wird eine ungeformte, amorphe Grundsubstanz von der geformten, faserigen Grundsubstanz unterschieden (BAUMHOER et al. 2000; DAHLGREN 2007).

Die ungeformte Grundsubstanz besteht aus polyanionischen Proteoglykanen und Strukturproteinen (LIEBICH 2010). Proteoglykane besitzen einen Proteinkern und Zuckerseitenketten (SMITH u. WEBBON 1996; DOWLING et al. 2000), die auf Grund der hohen Anteile an Uronat und Estersulfaten als saure Glykosaminoglykane bezeichnet werden. Die verschiedenen Glykosaminoglykane Chondroitinsulfat, Dermatansulfat, Keratansulfat und Hyaluronat variieren in ihrem Sulfatgehalt und in ihrem Grad der Acetylierung (LIEBICH 2010).

Zu den sogenannten kleinen Proteoglykanen gehören Decorin, Biglykcan, Lumican und Fibromodulin, die für gewöhnlich nur ein oder zwei GAG-Seitenketten enthalten (SMITH u. WEBBON 1996). Das an Kollagen I bindende Decorin ist für die Regulation des Fibrillendurchmessers (BROWN u. VOGEL 1989; HEDBOM u.

HEINEGARD 1989) und zusammen mit den anderen kleinen Proteoklykanen für die Tenozytenfunktion und Aufrechterhaltung der elektrostatischen Anziehungen verantwortlich (BROWN u. VOGEL 1989; SMITH u. WEBBON 1996). Außerdem binden sie an Wachstumsfaktoren (YAMAGUCHI et al. 1990).

Wesentlich mehr GAG-Seitenketten besitzen die großen Proteoglykane Versican und Aggrecan (SMITH u. WEBBON 1996). Sie können in großen Mengen Wasser und Kationen binden, und bilden zusammen mit den Kollagenfibrillen eine stoffwechselaktive Permeabilitätsbarriere, die den extrazellulären Stofftransport reguliert (LIEBICH 2010). Das Vorkommen der Glykosaminoglykan-Seitenketten nimmt Einfluss auf die Fibrillogenese und den Durchmesser der Kollagenfibrillen (PARRY et al. 1982; SCOTT u. HUGHES 1986; KOBAYASHI et al. 1999).

In der geformten Grundsubstanz dominiert das Skleroprotein Kollagen (WILLIAMS et al. 1980), es macht 80% der Trockenmasse einer Sehne aus (GOODSHIP u. BIRCH 1996; SMITH 2005). In gesunden Sehnen kommt zu 95% der Kollagentyp I vor (WILLIAMS et al. 1980; GOODSHIP et al. 1994; GOODSHIP u. BIRCH 1996). Die in viel geringeren Anteilen existierenden Typen III, IV und V (SÖDERSTEN et al. 2005)

sind mit intratendinösen Gefäßen und der Basalmembran assoziiert (DUANCE et al.

1977; GOODSHIP 1993). Kollagen vom Typ II findet man an Insertionsstellen und dort, wo die Sehne über Knochenvorsprünge verläuft und starker Kompression ausgesetzt ist (DOWLING et al. 2000; SMITH 2005).

Die Kollagenproduktion lässt sich in eine intra- und eine extrazelluläre Phase einteilen. Angeregt durch TGF-ß und andere Zytokine beginnt die Synthese in den Ribosomen des endoplasmatischen Retikulums der Fibroblasten (ACKERMANN 2009). Hier entstehen Polypeptidketten aus mehr als 1000 Aminosäuren (BERG et al. 2007; LIEBICH 2010), deren Sequenz aus repetitiven Gly-X-Y-Einheiten aufgebaut ist, wobei X meistens für Prolin und Y meist für Hydroxyprolin steht (URICH 1990; VAN DER REST u. GARRONE 1991). Nach drei translationalen Modifikationen werden immer drei der linksgängigen Polypeptidketten, so genannte α-Ketten, derart umeinander verdrillt, dass eine rechtsgängige Superhelix entsteht (GOODSHIP u. BIRCH 1996; NELSON u. COX 2001; CANTY u. KADLER 2005;

LIEBICH 2010). Diese Tripelhelix gelangt als so genanntes Prokollagen durch Exozytose in den extrazellulären Raum. Am Ende der Polypeptidketten befinden sich nichthelikale Domänen (Registerpeptide oder Propeptide), bestehend aus 150 Aminosäuren. Erst nach deren extrazellulärer Abspaltung durch Prokollagen-Peptidasen entsteht das Tropokollagen, welches nun in der Lage ist, zu Fibrillen zu polymerisieren (BUCHER u. WARTENBERG 1997). Es lagern sich je 5 Tripelhelices zu einer Mikrofibrille zusammen (ELLIOTT u. LOWY 1968). Die benachbarten Reihen sind um ein Viertel ihrer Länge versetzt (SMITH 1965), wodurch eine charakteristische Querstreifung mit einer Periodizität von 67 nm entsteht (EVANS u.

BARBENEL 1975; KÜHN 1985; CANTY u. KADLER 2005).

Mikrofibrillen lagern sich zu Kollagenfibrillen, diese wiederum zu Kollagenfasern zusammen (LIEBICH 2010). Die Sehne eines adulten Pferdes weist eine bi- oder trimodale Verteilung der Kollagenfibrillen auf (GOODSHIP u. BIRCH 1996). Sie können einen Durchmesser von bis zu 300 nm haben (VERZAR 1957; EVANS u.

BARBENEL 1975). Es kann eine Unterteilung in drei Kategorien erfolgen: kleine (40 nm), mittlere (120 nm) und große (> 200 nm) Kollagenfibrillen (GOODSHIP et al.

1994).

2.3 Cartilage Oligomeric Matrix Protein (COMP)

Cartilage Oligomeric Matrix Protein (COMP) ist ein 524 kDa großes, saures nicht-kollagenes Glykoprotein, dessen Vorkommen zunächst nur im Knorpelgewebe beschrieben wurde (HEDBOM et al. 1992; MÖRGELIN et al. 1992; OLDBERG et al.

1992). Nach späteren Erkenntnissen existiert es jedoch auch im Sehnengewebe (DICESARE et al. 1994; SMITH et al. 1997).

Das Protein COMP besteht aus 5 Untereinheiten, die an ihrem N-terminalen Bereich zu einem 5-strängigen α-helikalen Bündel zusammengesetzt und über Disulfid-Brücken verbunden sind (EFIMOV et al. 1994; MALASHKEVICH et al. 1996). Über seine globuläre C-terminale Domäne bindet COMP an fibrilläre Kollagenmoleküle und Pro-Kollagene (Typ I und II), sowie über einen Zink-abhängigen Mechanismus an Kollagen Typ IX (ROSENBERG et al. 1998; THUR et al. 2001).

Die Funktion dieses Proteins ist noch nicht vollständig geklärt (SMITH et al. 1997;

ROCK et al. 2010). Es wird aber auf Grund der bevorzugten Bindungsstelle von COMP an der gap-Region dünner Kollagenfibrillen Typ I auf eine wichtige Rolle bei der Fibrillogenese, der Funktion und den Eigenschaften der Fibrillen geschlossen (SÖDERSTEN et al. 2005; SÖDERSTEN u. EKMAN 2007). In vitro beschleunigt und verbessert COMP die Fibrillenformation (HALASZ et al. 2007).

In Studien an equinen Sehnen konnte gezeigt werden, dass es große inter- und intratendinöse COMP-Konzentrationsunterschiede in Abhängigkeit von Alter (SMITH u. HEINGARD 2000; SMITH et al. 2002a) und Belastung gibt (SMITH et al. 1997;

SÖDERSTEN et al. 2005).

Die niedrigsten COMP Konzentrationen wurden in neonatalem Sehnengewebe gemessen, sie steigen während des Wachstums schnell an, bis sie ein Maximum von 10 mg/g Sehnennaßmasse bei ein- bis zweijährigen Pferden im dehnungsfähigen metakarpalen Bereich der oberflächlichen Beugesehne erreichen. Mit zunehmendem Alter sinkt der COMP-Gehalt wieder auf niedrigere Level. Die geringsten Werte wurden in der phalangealen Region der oberflächlichen Beugesehne gemessen, mittlere Werte existieren in der gesamten tiefen Beugesehne. Die weniger belasteten Strecksehnen und Bänder weisen COMP-Gehalte ähnlich wie neonatales Sehnengewebe auf (SMITH u. WEBBON 1997). Zwischen peripheren und zentralen

Sehnenabschnitten bestehen keine signifikanten Konzentrationsunterschiede (SÖDERSTEN et al. 2005).

Bei einem Fohlen, das über einen Zeitraum von sechs Wochen nur eine Gliedmaße belastete, sank der COMP-Gehalt in der oberflächlichen Beugesehne des entlasteten Beines auf neonatale Werte ab, während in der kontralateralen Sehne eine COMP-Akkumulation auftrat. Die Strecksehnen beider Gliedmaßen zeigten keine Konzentrationsunterschiede. Es wird davon ausgegangen, dass die COMP-Synthese in Abwesenheit von Belastung eingestellt wird (SMITH et al. 1997).

Die Hypothese, dass sich Belastung stimulierend auf die COMP-Synthese auswirkt, wird ebenfalls durch die Tatsache gestützt, dass auch wenig mechanisch beanspruchtes Knorpelgewebe in anderen Körperregionen, z.B. der Trachea und in den Rippenknorpeln niedrige COMP-Gehalte aufweist. In Achillessehnen von Ratten, die ein moderates Lauftraining hinter sich hatten, wurde ein signifikant höherer COMP-Gehalt gemessen, als bei Ratten, die einem exzessiven Training unterzogen wurden (SÖDERSTEN u. EKMAN 2007). Auch Fohlen zeigten nach 5 Monaten Weidehaltung signifikant höhere COMP-Gehalte in der oberflächlichen Beugesehne als gleichaltrige Individuen, die einem exzessiven Trainingsprogramm unterzogen worden waren und als solche, die ausschließlich Boxenruhe erhalten hatten (CHERDCHUTAM et al. 1999). In einer anderen Untersuchung konnte kein signifikanter Unterschied der COMP-Gehalte in oberflächlichen Beugesehnen von trainierten und untrainierten Pferden festgestellt werden, es kam jedoch zu einer signifikanten Steigerung des COMP-Gehalts in den gemeinsamen Strecksehnen der trainierten Probanden (KASASHIMA et al. 2008).

Im Falle einer intrasynovialen Tendopathie kommt es zu einer signifikanten Steigerung des COMP-Gehaltes in der Synovia der Sehnenscheide. Hinsichtlich der Serumkonzentration von COMP gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen sehnengesunden und an Tendopathie erkrankten Tieren (SMITH u. HEINGARD 2000).

Beim Menschen ist eine Mutation im COMP-Gen verantwortlich für die Krankheit Pseudochondroplasia, bei der es auf Grund einer ausgeprägten Schwäche der

Sehnen, Bänder und Gelenkkapsel zu einer Hypermobilität in den Gelenken kommt (BRIGGS et al. 1995; HECHT et al. 1995) .

2.4 Blutversorgung der oberflächlichen Beugesehne

Das Sehnengewebe wird durch Perfusion und Diffusion mit Nährstoffen versorgt (SMITH u. WEBBON 1996; WATKINS 1999).

Die Perfusion der oberflächlichen Beugesehne geht vom Mesotenon bei Vorhandensein einer Sehnenscheide, von ihrer muskulotendinösen Verbindung, ihrer periostalen Insertionsstelle und vom Paratenon aus (PEACOCK 1959; STRÖMBERG u. TUFVESSON 1969).

Die Hauptgefäße der oberflächlichen Beugesehne stellen Äste der Arteria mediana dar. Ihre Aufzweigungen treten innerhalb der Karpalbeugesehnenscheide über das Mesotenon an die Oberfläche der Sehne (WEBBON 1973). Im distalen Bereich der proximalen Sehnenscheide wird die Sehne von 2 Ästen erreicht, die in den lateralen und medialen Rand der Sehne eintreten und sie in Form zweier paralleler Hauptgefäße durchlaufen (STRÖMBERG u. TUFVESSON 1969; KRAUS-HANSEN et al. 1992). Ein weiterer entlang dem Lig. accessorium verlaufender Ast der Mittelfußarterie penetriert die Palmarfläche der oberflächlichen Beugesehne distal ihrer muskulotendinösen Verbindung (KRAUS-HANSEN et al. 1992). Im Bereich der Fesselbeugesehnenscheide wird die dorsale Fläche der oberflächlichen Beugesehne von Aufzweigungen der A. digitalis palmaris communis vaskularisiert; durch das Fesselringband hindurch tretende Gefäße erreichen sie von palmar (WEBBON 1973).

Vom Muskel aus gehen die endomysial verlaufenden Gefäße ins Endotenon über und tragen zur Perfusion des proximalen Sehnenabschnitts bei (PEACOCK 1959;

STRÖMBERG u. TUFVESSON 1969; STRÖMBERG 1971). An ihrer Insertionsstelle erhält die Sehne einige kleine periostale Gefäße, deren ernährende Funktion lokal beschränkt ist (PEACOCK 1959; STASHAK 1992).

Im unbescheideten mittleren Metakarpalbereich gelangen kleine arterielle Gefäße vom Paratenon aus in die Sehne, wo sie sich bis ins Zentrum hinein verzweigen

zur Perfusion der oberflächlichen Beugesehne bei, da hier eine primär longitudinale Vaskularisation besteht (NORBERG et al. 1967; SMITH 2005). Nach experimenteller Elimination der paratendinösen Blutversorgung kommt es im Gegensatz zur Unterbindung der intratendinösen Vaskularisation zu keinen morphologischen Veränderungen innerhalb der Sehne (KRAUS-HANSEN et al. 1992).

Um die Sehnenbündel bildet sich ein feines kapillares Netzwerk aus. Im Querschnitt formt das Endotenon zwischen benachbarten Sehnenbündeln dreieckige Areale, die jeweils ein arterielles sowie zwei venöse Gefäße beinhalten (STRÖMBERG 1971).

Die hauptsächlich longitudinal verlaufenden intratendinösen Gefäße verbinden sich untereinander durch Queräste (BROCKIS 1953), wodurch das intensive anastomosierende Netzwerk zustande kommt (KRAUS-HANSEN et al. 1992).

Das nur spärliche Kapillarnetzwek im mittleren Metakarpalbereich weist auf einen niedrigen Blut-Gewebe-Austausch in diesem Gebiet hin (STRÖMBERG 1971).

Bei juvenilen und adulten Pferden unterscheidet sich die Durchblutung. Sie ist bei Fohlen besser ausgeprägt als bei erwachsenen Pferden. Es gibt einen graduellen Abfall der Durchblutungsrate bis zu einem Alter von 3 Jahren (SMITH 2003) bzw. 5 Jahren (SÖNNICHSEN 1970).

Das Sehnengewebe hat einen basalen Metabolismus, der nach Arbeitsleistung ansteigt. Adulte Pferde haben einen Durchblutungswert von 1 ml Blut / 100 g Sehnengewebe/min, er verdoppelt sich unter mäßiger Belastung (STRÖMBERG 1980).

Bei einer Tendopathie kommt es zu einem Anstieg des Blutflusses auf 300% in den Sehnen beider Vordergliedmaßen (SMITH 2003; SMITH 2005). Dies weist auf ein oftmals bilaterales Vorkommen von Tendopathien hin, auch wenn eine klinische Manifestation meist zunächst nur an einer Gliedmaße besteht.

Durch Diffusion von Synovialflüssigkeit der Sehnenscheiden wird in geringem Maße zur Nährstoffversorgung der Sehnenzellen beigetragen (WATKINS 1999; SMITH 2005).

2.5 Mechanische Eigenschaften der Sehne

Die Sehne des M. flexor digitalis superficialis übernimmt neben der Beugung der Gliedmaße während der Schwebephase in erster Linie eine Stützfunktion für das bei der Fußung in Hyperextension befindliche Fesselgelenk (GOODSHIP 1993;

PATTERSON-KANE 1996; BATSON et al. 2003). Um die Lokomotion bei Reduktion der Muskelanstrengung effizienter zu machen, speichert die Beugesehne während der Stützbeinphase Energie in Form von elastischer (= potentielle) Energie, die dann in der Abfußungsphase als kinetische Energie wieder frei wird (PATTERSON-KANE 1996; SMITH u. WEBBON 1996). In vitro konnte gezeigt werden, dass nur 5% der Energie in Form von Wärme verloren gehen (RIEMERSMA u. SCHAMHARDT 1985).

Um die Energiespeicherung zu maximieren, verlängert sich die Sehne bei maximaler Belastung bis zu einem Punkt, der nah an der Belastungsgrenze liegt (HERRICK et al. 1978; STEPHENS et al. 1989; GOODSHIP et al. 1994).

Die Sehne zeichnet sich durch sehr hohe Zugfestigkeit aus. In biomechanischen Untersuchungen war es rein mechanisch nicht möglich, die Sehnenenden derart in eine Zugmaschine zu fassen, dass die zum Bruch nötige Zugkraft einwirken konnte, ohne dass die Sehne zuvor aus der Haltevorrichtung glitt (AMMANN 1981). Es wurde eine Festigkeitsgrenze für die oberflächliche und tiefe Beugesehne von über 720 kg festgestellt.

Die isolierte Beugesehne zeigt unter Belastung eine charakteristische sigmoidale Spannungs-Dehnungs-Kurve (stress-strain-curve) (Abb.2.4) (EVANS u. BARBENEL 1975; BUTLER et al. 1978; GOODSHIP et al. 1994; CREVIER et al. 1996).

Abb. 2.4: Spannungs-Dehnungs-Kurve einer Sehne nach GOODSHIP et al.

(1994)

1 = „toe“-Region; 2 = lineare Region; 3 = Grenzbereich; 4 = Sehnenfaserruptur

In der initialen nicht linearen „toe“-Region („Vordehnungs-Region“) führt eine geringe Belastungssteigerung zu einer relativ großen Dehnung der Sehne (GOODSHIP et al.

1994; GOODSHIP u. BIRCH 1996). Dabei verstreicht der im entspannten Zustand wellenartige Verlauf (crimp) der Kollagenfibrillen bei einer Dehnung um 3 - 5%

(ABRAHAMS 1967; WILMINK et al. 1992; CRIBB u. SCOTT 1995; GOODSHIP u.

BIRCH 1996). Die crimp-Morphologie variiert je nach Alter des Pferdes, Lokalisation innerhalb der Sehne und nach Trainingszustand (WILMINK et al. 1992;

PATTERSON-KANE et al. 1998). Erst nach Elimination des Wellenverlaufes beginnen sich die Fibrillen selbst zu dehnen (PATTERSON-KANE 1996). Dies entspricht der linearen Region der Kurve, in der jede Steigerung der Belastung zu einer äquivalenten Ausdehnung der Sehne führt (GOODSHIP u. BIRCH 1996). In der Literatur werden verschiedene Dehnungswerte für diesen linear-elastischen Bereich angegeben. In vitro wurden an der isolierten OBS des Pferdes Dehnungen um bis zu 10,6% gemessen (WILSON u. GOODSHIP 1991), bei der postmortalen Belastung der gesamten Vordergliedmaße erfolgte eine Dehnung der OBS um 12% (HERRICK

et al. 1978). In einer in vivo Studie kam es im Schritt zur Dehnung um 7,6%, im Trab um 10,1% und im Galopp um bis zu 16,6% (STEPHENS et al. 1989).

Eine Belastung über einen Punkt hinaus resultiert in einer plastischen Deformation des Sehnengewebes mit irreversiblen Strukturschäden (ABRAHAMS 1967;

STEPHENS et al. 1989; GOODSHIP et al. 1994). Noch weitere Belastung führt zur Ruptur der Sehne (WILMINK et al. 1992).

2.6 Pathologie der Sehne

2.6.1 Ätiologie und Pathogenese von Erkrankungen der oberflächlichen Beugesehne

Die Tendopathie beim Pferd wird definiert als eine multiple, fibrilläre Zerreißung einzelner Sehnenfasern mit anschließenden reaktiven Prozessen in Form einer aseptischen, reaktiven und produktiven Entzündung (SÖNNICHSEN 1975; PICK 1986).

Sehnenschäden treten besonders häufig bei Rennpferden auf (MCCULLAGH et al.

1979; AMMANN 1981), dagegen sind sie eher selten bei Ponies anzutreffen (WEBBON 1977; MCCULLAGH et al. 1979). Meistens sind die Beugesehnen der Vordergliedmaßen betroffen (GOODSHIP u. BIRCH 1996). In einer Studie konnte ein Vorkommen von Tendopathien an den Vorderbeinen im Verhältnis 7:1 zu den Hinterbeinen ermittelt werden (WEBBON 1977). Ein Grund hierfür mag sein, dass der Schwerpunkt der Körperlast mehr auf der Vorhand liegt (55%), die Hinterhand wird im Stand nur zu 45% belastet (NICKEL et al. 1992b). Die oberflächliche Beugesehne erkrankt mit 87% häufiger als die tiefe (WEBBON 1977; VAN DEN BELT et al. 1992), da ihr Durchmesser geringer ist und sie in Hyperextensionsstellung des Fesselgelenkes größerer Zugbelastung ausgesetzt ist (EVANS u. BARBENEL 1975). Defekte der oberflächlichen Beugesehne betreffen besonders ihren mittleren zentralen Bereich (GOODSHIP u. BIRCH 1996). Als Grund hierfür wird der geringe Durchmesser der oberflächlichen Beugesehne an dieser Stelle während ihres Verlaufes angesehen (WEBBON 1973). Hier kommt es somit zu einer übermäßigen Krafteinwirkung pro Sehnenabschnitt.

Die Ätiologie der Sehnenschäden wird kontrovers diskutiert (WEBBON 1977).

Während manche Autoren davon ausgehen, dass es zur Sehnenzerreißung allein auf Grund mechanischer Überlastung kommt (BARFRED 1971; MCCULLAGH 1979), sind andere der Auffassung, dass eine Sehne nur bei vorausgehender Degeneration rupturieren kann (SÖNNICHSEN 1975; BIRCH 1993; BIRCH et al. 1998; SMITH u.

WEBBON 1999).

Nach SMITH und WEBBON (1999) ist die Tendopathie keine plötzliche traumatische Erscheinung, sondern ein Krankheitsprozess mit sukzessiver Alteration und Schwächung der extrazellulären Matrix der Sehne.

Die Mehrheit der klinischen Tendopathien haben als Vorläufer unerkannte subklinische Veränderungen, die zu den klinischen Erscheinungen führen. Die Veränderungen sind altersabhänging und können durch Training beschleunigt werden (WEBBON 1977; SMITH et al. 1999).

In klinisch gesunden Sehnen wird häufig eine Verfärbung in der zentralen Region beobachtet, diese vermag eine frühe, noch nicht klinisch wahrnehmbare Läsion zu repräsentieren (GOODSHIP 1993). Es wird hier von einer Degeneration in der Kernregion der Sehne ausgegangen (BIRCH 1993; BIRCH et al. 1998), resultierend aus Veränderungen der extrazellulären Matrix (gesteigerte Kollagen III – und GAG – Synthese). Stimulierend für diese Veränderungen wirken Hyperthermie (STRÖMBERG 1980; BIRCH 1993; WILSON u. GOODSHIP 1994; GOODSHIP u.

BIRCH 1996; BIRCH et al. 1997), Hypoxie (FACKELMANN 1973; SÖNNICHSEN 1975; BIRCH et al. 1997; SMITH et al. 2002) und wiederkehrende mechanische Belastungen (BIRCH et al. 1998; SCHNEIDER 2005).

Nach Meinung von SÖNNICHSEN (1975) nimmt die durch unzureichende Durchblutung resultierende Hypoxämie eine zentrale Rolle in der Entstehung von Tendopathien ein. Sie tritt auf in Zeiten erhöhten Blutbedarfs, in Bereichen mit verringerter Vaskularisation (z.B. mittleres Drittel der oberflächlichen Beugesehne) oder wenn bei starker Dehnung der Beugesehnen während der Belastung die Blutgefäße stark komprimiert werden (STRÖMBERG 1971; FACKELMANN 1973;

SCHNEIDER 2005). Die Gewebehypoxie führt zu einer Ansammlung toxischer

Stoffwechselprodukte und zur Veränderung der Zellfunktion bis zur Zelldegeneration, die Kollagenproduktion durch Fibroblasten wird herabgesetzt (STRÖMBERG 1980).

Nach der temporären Ischämie in der Belastungsphase folgt eine vaskuläre Relaxation mit Reperfusion während der Vorführphase der Gliedmaße. Es werden

Nach der temporären Ischämie in der Belastungsphase folgt eine vaskuläre Relaxation mit Reperfusion während der Vorführphase der Gliedmaße. Es werden