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32 Schwarzköpfige Fleischschafe

5.1 Diskussion der Ergebnisse

In Zusammenschau der Ergebnisse der gewählten Labormethoden qRT-PCR, Histologie mit Immunhistochemie und Elektronenmikroskopie lassen sich umfangreiche Aussagen zum Prozess der Ligamentisation und zur Sehnendefektheilung treffen.

Bei Betrachtung der strukturellen Zusammensetzung der intakten Sehne und des intakten vorderen Kreuzbandes in Bezug auf Zellzahl, Vaskularisierung und Dichte der Faserbündel können ab einem Alter von 4 Monaten im juvenilen Schafmodell keine wesentlichen Unterschiede während des nachfolgenden Wachstums gefunden werden. Ebenso werden keine Unterschiede zum adulten Tier festgestellt. Wie von GOODSHIP et al. (1994) beschrieben wurde, sind Nestflüchter, in diesem Fall das Schaf, in der Ausbildung ihrer Sehnen- und Bandstrukturen zum Zeitpunkt der Geburt schon weit fortgeschritten.

Die Ligamentisation des Transplantates läuft in den untersuchten juvenilen Schafen in den bereits beschriebenen Phasen der Nekrose, Revitalisierung und Remodellierung ab. Im Transplantat wird die eingezogene Sehne als Matrize für neu einwandernde Zellen genutzt, die in diesem Gerüst mit der Neusynthese von extrazellulärer Matrix beginnen können. So kann im Transplantat histologisch nach 3 Wochen eine Nekrose beobachtet werden, nach 6 Wochen befindet es sich in der Phase der Revitalisierung. 12 und 24 Wochen post operationem ist eine rasch fortschreitende Remodellierung festzustellen. 12 Wochen post operationem hat das Transplantat eine neue, veränderte Struktur erlangt, nach 24 Wochen kann eine vermehrte Bildung von extrazellulärer Matrix mit Ausrichtung der Kollagenfasern in Zugrichtung beobachtet werden. Trotzdem erlangt die Struktur des Transplantates auch 24 Wochen post operationem nicht die des intakten kranialen Kreuzbandes.

Im Sehnendefekt kann grundsätzlich der gleiche Ablauf bestätigt werden.

Naturgemäß besteht im Sehnendefekt keine initiale Nekrose, vielmehr wird der Defekt zunächst mit Granulationsgewebe aufgefüllt. Hier sind bereits nach 3 Wochen

Gefäße vorhanden. Nach 6 Wochen beginnt die Ausrichtung neu synthetisierter Kollagenfasern. Ganz wesentlich wird dazu beigetragen haben, dass der Sehnendefekt sich innerhalb der Sehnenscheide befindet, in der auch noch Anteile der intakten Sehne vorhanden sind. So kann auf die Versorgung durch ein bestehendes Blutgefäßsystem mit einer entsprechenden Versorgung mit Nährstoffen und Wachstumsfaktoren zurückgegriffen werden. Hingegen muß im Transplantat eine Neovaskularisierung erfolgen, die entweder über Reste der Synovialis (BOSCH u. KASPERCZYK 1992) oder den angelegten Knochentunnel erfolgt. Die Tatsache, dass sich das Transplantat in einer extrasynovialen Umgebung befindet, im Gegensatz zur Sehne in intrasynovialen Umgebung, kann dabei auch eine Rolle spielen.

In der histomorphometrischen Auswertung der Schnitte nach der Methode von WEIBEL (1979) können die Beobachtungen hinsichtlich der Zelldichte, Dichte der extrazellulären Matrix und der Blutgefäßdichte aus der qualitativen Beschreibung quantitativ bestätigt werden. Zusätzlich kann durch die Bestimmung der SVratio der vorab subjektive Eindruck bestätigt werden, dass sowohl im Transplantat als auch in der Sehne zunächst Blutgefäße mit kleinen Volumina vorhanden sind. Über den Beobachtungszeitraum hinweg wird das Lumen der Gefäße größer.

Im Vergleich zu Studien am adulten Tiermodell ergibt sich der Eindruck, dass der Prozess der Ligamentisation schneller von statten geht. HUNT (2003) beschreibt den Prozess der Ligamentisation nach Ersatz des vorderen Kreuzbandes an 48 adulten Schafen. Degenerative Veränderungen im Transplantat finden sechs Wochen post operationem ihren Höhepunkt. In den untersuchten juvenilen Schafen hat nach 6 Woche schon eine deutliche Proliferation von Fibroblasten eingesetzt. Es bestätigt sich unsere Hypothese einer schnelleren Umwandlung des Transplantates im Vergleich zu ausgewachsenen Schafen. Mit dem Beginn der Revitalisierung schreitet der Ablauf in den juvenilen Schafen somit rascher voran. Die Phase der Remodellierung ist in unserer Studie bereits nach 12 Wochen deutlich anhand der

produzierten extrazellulären Matrix und Ausrichtung der neu synthetisierten Kollagenfasern zu beobachten.

Auch in der Studie von Scranton et al. (1998) an sechs adulten Schafen verlaufen die beschriebenen Phasen der Ligamentisation langsamer. So können sie nach 6 Wochen intraartikulär noch keine Gefäße feststellen. In unseren eigenen Untersuchungen kann nach 6 Wochen im Transplantat bereits eine deutliche zentrale Vaskularisierung beobachtet werden.

Beim Ersatz des hinteren Kreuzbandes im adulten Schafmodell mit einem Patellarsehnen Transplantat (Knochen-Sehne-Knochen) wird bereits nach zwei Wochen der Beginn einer Vaskularisierung und eine zellige Infiltration beschrieben (BOSCH u. KASPERCZYK 1992). Ab der 16. Woche können diese Autoren eine beginnende Remodellierung verzeichnen. Eine Untersuchung zwei Wochen post operationem erfolgt in unserer Studie nicht, jedoch können nach 3 Wochen zentral im Transplantat Gefäße beobachtet werden. Die Phase der Remodellierung beginnt in unserer Studie schon 4 Wochen früher.

Die Studie von BOSCH u. KASPERCZYK (1992) ist über zwei Jahre fortgeführt worden, mit dem Resultat, dass auch nach dieser Zeit biochemisch keine vollständige Umwandlung zum Ligament vollzogen wird, und es sich nach wie vor um ein minderwertiges Ersatzgewebe handelt. Dieses Ergebnis wird auch in einer Studie an humanen Transplantaten nachvollzogen (MARUMO et al. 2005). Ein Split der Sehnen des M. flexor digitalis superficialis und des M. gastrocnemius werden dabei als Ersatz des vorderen Kreuzbandes transplantiert. Biochemisch können jedoch nach einem Jahr noch deutliche Unterschiede zu einem gesunden Kreuzband festgestellt werden. Dieses Resultat der nicht vollständigen Umwandlung zum Band wird inzwischen von mehreren Autoren beschrieben (ABE et al. 1993, BOSCH u.

KASPERCZYK 1992, DECKER et al. 1991, HUNT 2003, MARUMO et al. 2005).

Über die morphologische Zusammensetzung des Transplantates in unserer Studie im Falle einer Beobachtung über zwei Jahre kann nur spekuliert werden, jedoch verläuft die Ligamentisation in den Grundzügen ähnlich zu adulten Individuen, dass auch hier nicht mit einer vollständigen Umwandlung zum Band zu rechnen ist.

Wie von vielen Autoren beschrieben wird (BOSCH u. KASPERCZYK 1992, GILL et al. 2004, KIM et al. 2002, SCRANTON et al. 1998, WEILER et al. 2002b), trägt die mechanische Belastung wesentlich zur Regeneration bei, indem die Kollagensynthese der Fibroblasten mutmaßlich über Mechanorezeptoren an der Zellmembran gefördert wird. Die gebildeten Kollagenfasern richten sich anschließend in Zugrichtung aus. Diese Ausrichtung fällt in der Achillessehne leichter als im Kreuzbandtransplantat, in welchem die Kraft aus verschiedenen Richtungen wirkt.

Neben Zugkräften wirken auf das Kreuzband bzw. das Transplantat auch Torsionskräfte, während bei der Achillessehne überwiegend eine Zugbelastung wirkt.

Dass die mechanische Belastbarkeit des Transplantates in der vorliegenden Studie gegenüber den intakten Strukturen vermindert sein wird, ist zu vermuten. Eine biomechanische Testung ist daher Teil der Gesamtstudie, jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. WEILER et al. (2002b) beschreiben in einer biomechanischen Studie nach VKB Ersatz im adulten Schaf, dass es im Rahmen der biomechanischen Testung vor allem zu intraartikulären Ausrissen 6 und 9 Wochen nach der Operation kommt, während zuvor das Transplantat aus dem Knochentunnel ausreißt. Die Ergebnisse der kinematischen Untersuchungen sowie die der destruierenden biomechanischen Testung im Rahmen einer anderen Arbeit dieser Gesamtstudie könnten daher aufschlussreiche Resultate liefern.

5.2 Diskussion des Einflusses der Wachstumsfaktoren, der Matrixproteine und