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Die fortschreitende Digitalisierung im Berufs- und Alltagsleben spiegelt sich auch in der Hochschullehre wider. Digitale Lerntechnologien werden in der universitären Ausbildung auf vielfältige Weise eingesetzt und werden stetig weiterentwickelt. Die TiHo hat bereits im Jahr 2004 den Mehrwert in einer Ergänzung von klassischen Lehr- und Lernszenarien durch E-Learning-Angebote gesehen und deshalb im Jahr 2005 eine eigenständige E-Learning-Beratung implementiert, um digitale Lerntechnologien zu etablieren.

Der Begriff des E-Learning steht für „electronic learning“ und bedeutet übersetzt

„elektronisch unterstütztes Lernen“ (RUF et al. 2008). Während nach DITTLER (2011) unter der Bezeichnung E-Learning vor einigen Jahren noch jegliche Formen des elektronischen Lernens (Videofilme, Kassetten, Computer, etc.) verstanden wurden, beschränkt man sich bei der Definition heutzutage auf das computergestützte oder internetbasierte Lernen (KERRES 2013). Grundsätzlich kann zwischen Computer basierten Lernangeboten, „Computer Based Learning“ (CBT) und webbasierten Lernangeboten, „Web Based Learning“ (WBT) unterschieden werden (KERRES 2001). Nach BOEKER und KLAR (2006) können aufgrund technischer und didaktischer Unterschiede verschiedene E-Learning-Formen differenziert werden. Beispiele hierfür sind multimedial aufgearbeitete Texte und Präsentationen sowie fallbasierte Systeme oder auch Simulationen. Unter virtueller Lehre versteht man eine Wissensvermittlung, die hauptsächlich über das Internet stattfindet und in der Regel keine Präsenz beinhaltet (PAULUS 2012). Im Gegensatz dazu steht der Begriff des „Blended Learning“, was übersetzt zunächst nichts anderes als „vermischtes Lernen“ bedeutet und bei dem die klassischen Lehr- und Lernformen wie Präsenzveranstaltungen und digitale Medien im Rahmen des

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Selbststudiums miteinander verknüpft werden (REINMANN-ROTHMEIER 2003, RUF et al. 2008). Nach MANDL und KOPP (2006) besteht das Ziel darin, die Vorteile beider Arten der Wissensvermittlung zusammen zu bringen und optimal zu nutzen.

Das Prinzip des „Blended Learning“ findet vor allem in der medizinischen Ausbildung Anwendung, um einerseits den wachsenden Studierendenzahlen gerecht zu werden und andererseits einer zeitgemäßen Lehre aufgrund des technischen Fortschrittes genüge zu tragen (MORTON et al. 2016). Nach einer Studie von KOCH et al. (2010) ist die Akzeptanz von „Blended Learning“ - Kursen bei den Studierenden sehr hoch, da die Teilnehmenden Raum für individuelle Lern- und Arbeitsgestaltung erhalten.

Der „Inverted Classroom“ bedeutet, dass Lehrinhalte ins Selbststudium verlagert werden (WEIDLICH u. SPANNAGEL 2014) und sich die Studierenden den Unterrichtsstoff in Form von digitalen Lernmaterialien wie beispielsweise Videos oder Vorlesungsaufzeichnungen zu Hause ansehen (GOERRES et al. 2015). Im Anschluss daran werden gemeinsame Präsenzveranstaltungen für Vertiefungen in Form von Diskussionen, Fragestellungen oder auch Aufgabenbearbeitung in Kleingruppen genutzt (TUCKER 2012).

So werden elektronische Lernmedien die klassischen Lernformen nicht ablösen, jedoch ermöglichen sie als Ergänzung eine Anpassung an individuelle Bedürfnisse und Anforderungen (DITTLER 2017).

In der Tiermedizin wurden die ersten deutschsprachigen Lernprogramme bereits 1994 angefertigt (REGULA 1997). Große Bedeutung erlangte das Internetforum Foren4Vet, das 2002 in studentischer Eigeninitiative gegründet wurde, jedoch inzwischen eingestellt wurde (WILCKEN et al. 2008). In den ersten Jahren nach der Etablierung der E-Learning-Beratung wurden im Rahmen der Ausbildung der Studierenden an der TiHo ganze Kurse mittels E-Learning oder „Blended Learning“

durchgeführt (KOCH et al. 2010), wobei die Nutzungsrate von E-Learning-Programmen davon abhängig ist, in wieweit diese in die Lehre integriert werden (BÖRCHERS et al. 2010).

Das enorme Informationswachstum der vergangenen Jahre und die gestiegenen Anforderungen an die tiermedizinische Ausbildung bringen den Bedarf an neuen

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Wegen für die Wissensvermittlung mit sich (SCHMIDT 2007). Der Bereich des E-Learning nimmt einen bedeutenden Stellenwert bei dem Erwerb theoretischer und praktischer Kompetenzen im Rahmen der tiermedizinischen Ausbildung ein (SOSTMANN et al. 2011). Nach BÖRCHERS et al. (2010) dienen neue Lehrmethoden wie E-Learning-Angebote zunehmend der Ergänzung von Präsenzveranstaltungen an den veterinärmedizinischen Bildungseinrichtungen.

Die Digitalisierung der Lehre bietet den Studierenden nicht nur die Möglichkeit, unterschiedliche Arten der Visualisierung für den Wissenserwerb zu nutzen, sondern bietet ihnen darüber hinaus auch eine individualisierte Lernoptimierung an (FISCHER 2003). Digitale Lehrangebote unterliegen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und haben im Verlauf der letzten Jahre unter anderem den großen Vorteil mit sich gebracht, die Flexibilität der Studierenden erhöhen zu können (SÖTJE 2011).

In den veterinärmedizinischen Studiengängen in Deutschland kommen verschiedene digitale Lerntechnologien und Formate zum Einsatz, die auch die Herausforderungen des Studiums mit der Übung am lebenden Tier und die Diversität des Berufes berücksichtigen.

Grundlage dafür bilden vielerorts Lernmanagementsysteme (LMS) wie zum Beispiel

„StudIP“, „Moodle“ oder „Ilias“. LMS haben das Ziel, die Organisation der Studierenden zu verbessern, da die Beschaffung von Lehrmaterialien erleichtert wird (OLLERMANN et al. 2006). Darüber hinaus bilden sie die Basis für Präsenzveranstaltungen und dienen gleichermaßen als Vorbereitung sowie Unterstützung für digitale Lehrangebote (APPELRATH et al. 2006). An der TiHo wird das Informationssystem TiHoStudIS/TihoDozIS genutzt (CARL 2006).

Um virtuelle Patienten oder Problemfälle zu simulieren, kommen Lern- und Autorensysteme zum Einsatz wie zum Beispiel CASUS, Instruct AG München, Deutschland. CASUS ist ein fallorientiertes multimediales Online-Lern- und Autorensystem, das im Wintersemester 2004 erstmals in der Tiermedizin zum Einsatz kam (EHLERS et al. 2007). Im Jahr 2005 wurde CASUS am Standort Hannover etabliert, um den Studierenden die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen vor Prüfungen testen zu können (SCHAPER u. EHLERS 2011). An der TiHo wird

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CASUS sowohl im Bereich der Ausbildung der Studierenden, als auch im Bereich der Fort- und Weiterbildung approbierter Tiermedizinerinnen und Tiermediziner eingesetzt (BÖRCHERS et al. 2010).

Nach SIMONSOHN und FISCHER (2004) erhalten die Nutzenden durch den Einsatz virtueller Patienten die Option, eine aktive Rolle im Alltag eines Mediziners oder einer Medizinerin einzunehmen und auf diese Weise Kompetenzen im klinischen Denken und Agieren zu erwerben (SOSTMANN et al. 2011). Die Studierenden bekommen direkt nach Bearbeitung der „Fälle“ Feedback in Form einer Bewertung sowie eines Kommentars (SIMONSOHN u. FISCHER 2004). Auf diese Weise sollen differentialdiagnostische Handlungsfähigkeiten verbessert werden (BÖRCHERS et al. 2010). CASUS wurde auch hochschulübergreifend auf europäischer Ebene in der Lehre der naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer eingesetzt (KLEINSORGEN et al. 2017). An der Freien Universität Berlin wurde das E-Learning Projekt QuerVet ins Leben gerufen, das den Querschnittsunterricht schrittweise in ein Blended Learning - Konzept transferiert. Die Studierenden übernehmen in diesem Lernmodul die Rolle des Tierarztes und können interdisziplinäre Fallbeispiele zeitlich und örtlich flexibel bearbeiten (DUCKWITZ et al. 2017).

Darüber hinaus wurden auch weitere multimediale interaktive Online-Lernmodule für die Tiermedizin wie zum Beispiel das Lernmodul „Virtueller Schlachthof“ entwickelt, um im Bereich der Fleischhygiene, -technologie und Lebensmittelwissenschaft die Studierenden im Vorfeld auf ihre Tätigkeit im Schlachthof vorzubereiten (SUPPIN u.

STEPHAN 2009). Außerdem wurden Lernmodule im Bereich der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes als Fort- und Weiterbildungsangebot für Tierärztinnen und Tierärzte geschaffen (LANGEN et al.

2009). Des Weiteren bietet Vetion seit 2010 in Zusammenarbeit mit der Akademie für tierärztliche Fortbildung (ATF) zertifizierte E-Learning-Kurse zu verschiedenen Themen der Tiermedizin an, die den Tiermedizinerinnen und Tiermedizinern flexible Fort- und Weiterbildungsangebote ermöglichen (VETION.DE 2017).

„Game Based Learning“ stellt nach BARBERI et al. (2012) einen neuen Weg der Wissensvermittlung dar, indem die Lehre in eine virtuelle Welt verlagert wird und so

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auf spielerische Art und Weise die Motivation der Studierenden erhöhen soll (PFANNSTIEL et al. 2009). Nach BALOGH (2014), der im Rahmen seiner Arbeit einen „Virtual exam room“ für die Tiermedizin in Budapest etablierte, werden „Game Based Learning“ Angebote auch zukünftig einen großen Stellenwert in der tiermedizinischen Ausbildung einnehmen, da die interaktive Nutzung im Selbststudium motivationsfördernd ist und gleichermaßen theoretisches Wissen sowie Handlungskompetenzen geschult werden.

Europaweit wurde NOVICE (Network Of Veterinarians In Continuing Education), ein internationales, soziales online Netzwerk eingerichtet, das ausschließlich Tiermedizinern und Studierenden der Tiermedizin vorbehalten ist (SCHAPER et al.

2013).

Die Mitglieder haben die Möglichkeit, ein eigenes Profil zu erstellen und über verschiedene „Tools“ miteinander in Kontakt zu treten und sich auszutauschen (BAILLIE et al. 2011). Als Wiki zum Erstellen gemeinsamer Inhalte wurde im Zusammenschluss aller veterinärmedizinischen Fakultäten in Großbritannien WikiVet eingeführt. WikiVet verfolgt das Ziel, die Ausbildung junger Tiermedizinerinnen und Tiermediziner zu unterstützen, indem Studierende mit Hilfe von Spezialisten Beiträge verfassen, deren Inhalte zur Qualitätssicherung regelmäßig überprüft werden (BROWN et al. 2010). In Deutschland wurde im Jahr 2007 das Wiki Vetipedia an der Freien Universität Berlin etabliert, das für Tiermedizinstudierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie für die praktizierende Tierärzteschaft Beiträge aus vorklinischen, klinischen und paraklinischen Themenfeldern zur Verfügung stellt (KOLSKI et al. 2009).

Begleitend oder innerhalb von Lehrveranstaltungen kommen in der Tiermedizin Lehrvideos oder auch Vorlesungsaufzeichnungen, Vortragsaufzeichnungen, Podcasts oder Webinare zum Einsatz.

Lehrvideos können öffentlich, oder passwortgeschützt zur Verfügung gestellt werden (MÜLLER et al. 2017). Lernanleitungen für klinische Fertigkeiten werden einer breiten Öffentlichkeit auf beispielsweise YouTube hochgeladen (SCHAPER u.

EHLERS 2014). Lehrvideos können nach EBNER und SCHÖN (2013) den

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Studierenden eine gute Grundlage bieten, durch Nachahmung zu lernen. YouTube eignet sich besonders gut als Plattform für Videos im Bereich der medizinischen Ausbildung, da zum einen eine große Datenmenge hochgeladen werden, aber auch gleichzeitig eine breite Zielgruppe angesprochen werden kann (TOPSS et al. 2013).

Bei Vorlesungsaufzeichnungen werden die Vorträge der Dozierenden synchron zu den verwendeten Vorlesungsfolien aufgezeichnet und die Aufzeichnung anschließend im Internet oder Intranet zur Verfügung gestellt (HAMBORG et al.

2012). Vorlesungsaufzeichnungen sind heute eine viel genutzte Methode um die Aus-, Fort- und Weiterbildung multimedial zu unterstützen (TOLKS 2016). Sie stellen eine Erweiterung und einen Mehrwert zur reinen Präsenzveranstaltung für die Studierenden dar, da sie ein zeit- und ortsunabhängiges Lernen ermöglichen (MERTENS et al. 2004). Nach HERMANN et al. (2006) können sie als Ergänzungsangebot zur Präsenzlehre eingesetzt werden.

Vorlesungsaufzeichnungen werden von den Studierenden als lernfördernd empfunden, da sie eine individuelle Wissensaufnahme ermöglichen und für eine Verbesserung der Qualität der Lehre sorgen (RUST und KRÜGER 2011).

Vorlesungsaufzeichnungen dienen der Vertiefung von Lehrinhalten und der Prüfungsvorbereitung im Selbststudium (WANNEMACHER et al. 2016). Nach WÖHLKE et al. (2016) können sie die Flexibilität der Studierenden erhöhen, indem orts- und zeitunabhängig Lehrinhalte wiederholt werden können und auf diese Weise das Zeitmanagement aller Studierenden verbessert wird. An der TiHo werden außerdem Vorlesungsaufzeichnungen durch den Einsatz des mobilen „E3-Koffers“

(ELAN e.V.) realisiert (MÜLLER 2017). So kann die benötigte Technik in jedem Hörsaal oder Veranstaltungsraum beliebig genutzt werden.

Bei Podcasts handelt es sich um Video- und/oder Audiodateien, die den Studierenden eine schnelle Wissensvermittlung ermöglichen und daher zu den

„Rapid Learning“ Angeboten gezählt werden (TENHAVEN et al. 2011). Nach REINHARDT et al. (2008) werden diese immer mehr im Bereich der Hochschullehre eingesetzt, wobei es sich größtenteils um Aufzeichnungen von Lehrveranstaltungen handelt. Eine Untersuchung der Universität Osnabrück zeigt, dass Studierende Interesse an Vorlesungen als Podcasts haben und dass dieser Bereich weiter

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ausgebaut werden sollte (KETTERL et al. 2006). Die „Heartsound Library“ der TiHo ermöglicht es den Studierenden, physiologische Herztöne sowie krankheitsbedingte Herzgeräusche auditiv durch Wiedergabe von Aufnahmen und visuell anhand von Elektrokardiogramm (EKG) Aufzeichnungen zu diagnostizieren. Die Studierenden werden auf diese Weise mit der Klinik vertraut gemacht und auf die Arbeit als praktizierende Tiermedizinerinnen und Tiermediziner vorbereitet. Nach VÖRÖS et al.

(2011) werden durch die Vorstellung echter Patientenbeispiele, der Bekanntgabe der Lokalisation der Erkrankung und der auditiven Wahrnehmung diagnostische Kompetenzen erworben.

Der Begriff Webinar, auch Online-Seminar genannt, stellt eine Kombination aus den Wörtern Web und Seminar dar (NIELSEN 2016). Webinare, die zu einem definierten Zeitpunkt online abgehalten werden, beziehen den Nutzer aktiv mit ein, indem je nach Software unterschiedliche Tools für die Interaktion zwischen Moderierendem und Teilnehmenden möglich sind (MÜLLER u. FISCHER 2013).

Unter „Virtueller Mikroskopie“ versteht man nach HUFNAGL und SCHLÜNS (2008) das Erstellen elektronischer Abbildungen mikroskopischer Präparate und deren Visualisierung über den Computer. Das virtuelle Mikroskop des Anatomischen Instituts der TiHo bietet Studierenden die Möglichkeit, Präparate der Zytologie, der Histologie und der mikroskopischen Anatomie digital einzusehen (TIHO 2012). Das virtuelle Mikroskop dient als Ergänzung zu den Präsenzveranstaltungen und als Prüfungsvorbereitung im Selbststudium (GLATZ-KRIEGER et al. 2003).

Eine Lehrbildsammlung für die Schulung radiologischer Befunderhebungen soll die Ausbildung der Studierenden und Tierärzteschaft unterstützen. So stehen dem Nutzenden Bildbeispiele unterschiedlicher Organsysteme und Schwierigkeitsgrade online zur Verfügung und nach erfolgter Befundung erhält der Trainierende ein direktes Feedback per Email oder in einem persönlichen Gespräch (DENGG u.

KNEISSL 2014).

Elektronische Abstimmungsgeräte, die ein direktes Feedback zwischen Dozierenden und Studierenden in der Präsenzlehre ermöglichen, wurden von EHLERS et al.

(2010) getestet und an der TiHo etabliert. Einerseits bieten elektronische

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Prüfungssysteme den Studierenden die Möglichkeit, Informationen zum eigenen Lernstand anonym zu übermitteln und andererseits erhält der Dozierende einen Eindruck vom Leistungsstand des Semesters und kann seine Lehre entsprechend anpassen.

Der Einsatz von E-Learning-Angeboten hat insbesondere in der Tiermedizin einen hohen Stellenwert, da neben der Möglichkeit zur Wiederholung und der Erhöhung der Flexibilität aller Studierenden speziell der Einsatz lebender Tiere für Lehrzwecke verringert werden kann und auch seltene Fälle oder Fälle mit einem zoonotischen Potential Studierenden online zur Verfügung gestellt werden können (SCHAPER u.

TIPOLD 2015).

Daher sollte in der vorliegenden Arbeit mittels qualitativer und quantitativer Untersuchungen in Form von Einzelinterviews mit Studierenden mit Kind an der TiHo, Fokusgruppenbefragungen mit Studierenden der laufenden Semester an der TiHo sowie zwei Online-Umfragen der Status Quo untersucht und darüber hinaus ermittelt werden, ob die Digitalisierung der Lehre die Situation von Studierenden mit Kind verbessern kann und das Angebot digitaler Lehrmethoden allen Studierenden mehr Flexibilität gewähren kann.

24 3 Material und Methoden

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in qualitative und quantitative Befragungen.

Zum qualitativen Anteil gehören leitfadengestützte Einzelinterviews mit Studierenden mit Kind an der TiHo sowie leitfadengestützte Fokusgruppeninterviews mit Studierenden der verschiedenen Semester an der TiHo.

Nach HELFFERICH (2014) sind qualitative, leitfadengestützte Interviews eine in der Sozialforschung bekannte und etablierte Methode, qualitative Daten zu erheben. Der Leitfaden wird vorab vereinbart und dient der systematischen Vorgabe zur Gestaltung des Interviewablaufes. Dieser beinhaltet eine Liste mit offenen Fragen und wird flexibel gehandhabt (VOGL 2014). Laut NIEBERT und GROPENGIEßER (2014) soll der Leitfaden den Gesprächsfluss nicht einengen, sondern lediglich der Orientierung dienen.

Im Rahmen von Fokusgruppenbefragungen werden Kleingruppen dazu angeregt, über ein bestimmtes Thema zu diskutieren (SCHULZ et al. 2012). Nach ZWICK und SCHRÖTER (2012) bieten leitfadengestützte Fokusgruppenbefragungen den Vorteil, dass die Kleingruppe selbst als ihr eigenes Korrektiv verstanden wird. Aus diesem Grund können sich nur wohlbegründete Aspekte durchsetzen.

Die leitfadengestützten Einzelinterviews sind im Sinne der Sozialforschung Experteninterviews, wenn es sich bei den Befragten um Personen handelt, die als Zeugen des Themengebietes anzusehen sind, das im Fokus steht (GLÄSER u.

LAUDEL 2010). Nach HELFFERICH (2014) definieren sich Experteninterviews über die Auswahl und den Status der teilnehmenden Personen. Im vorliegenden Forschungsprojekt sind die befragten Tiermedizinstudierenden mit Kind an der TiHo Experten auf diesem Themengebiet.

Sowohl bei leitfadengestützten Fokusgruppeninterviews, als auch bei leitfadengestützten Einzelinterviews spielt der Moderator beziehungsweise die Moderatorin eine wichtige Rolle. Die moderierende Person sollte mit dem Themengebiet soweit vertraut sein, dass sie die Diskussion lenken kann. Folglich ist

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sie maßgeblich für das Gelingen und die Verlässlichkeit der Ergebnisse verantwortlich (VOGL 2014). Nach SCHETULA und CARRERA (2012) besteht ihre Hauptaufgabe darin, einen konstruktiven Diskussionsrahmen zu schaffen und im Verlauf aufrecht zu erhalten. Gut geführte Interviews gehören zu den anspruchsvollsten Forschungsmethoden, da man im Extremfall nicht die Einstellungen seines Gegenübers erhebt, sondern die eigenen (NIEBERT u.

GROPENGIEßER 2014).

Vor Beginn der Durchführung der Fokusgruppeninterviews und Einzelinterviews wurde das Forschungsprojekt dem Datenschutzbeauftragten der TiHo vorgelegt und von diesem genehmigt. Am Termin erhielten die Studierenden eingangs eine Datenschutzerklärung gemäß der Verordnung der Europäischen Union (EU-Verordnung) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung), der sie durch Unterschrift zustimmen mussten.

Zu den Einzelinterviews wurden Studierende mit Kind an der TiHo eingeladen. Die Einladung zur Teilnahme an den Einzelinterviews erhielten die Studierenden über den Emailverteiler der TiHo, im Rahmen des Informationsabends „Studieren mit Kind“ des Gleichstellungsbüros der TiHo in Kooperation mit dem Studentenwerk der Leibniz Universität Hannover, über das soziale Netzwerk Facebook und über persönliche Kontakte. Die Fragen der Einzelinterviews (Leitfaden siehe Tab.1) gliederten sich in folgende Fragenblöcke: Allgemeines zur Person, Familienstand, Finanzielle Situation, Studieren mit Kind, Angebote der Hochschule und Digitalisierung der Lehre.

Tab. 1: Leitfaden der Einzelinterviews Allgemeines zur

Person

1) Alter?

2) Geschlecht?

3) Semester?

4) Alter zu Beginn des Studiums?

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Familienstand 5) Familienstand?

6) Anzahl der Kinder?

7) Alter der Kinder?

8) Wann haben Sie das Kind/ die Kinder bekommen?

9) Ist der Nachwuchs zu einem bestimmten Zeitraum bewusst geplant gewesen?

10) Planen Sie weitere Kinder und wenn ja, wie viele wünschen Sie sich?

11) Ist Ihnen die anstehende Novellierung des Mutterschutzgesetzes bekannt?

11.1 Hat diese Gesetzesänderung Ihre Familienplanung beeinflusst?

12) Besteht derzeit eine Schwangerschaft oder besteht der Wunsch nach einer Schwangerschaft im Verlauf des Studiums?

12.1 Welchen Zeitpunkt für eine Schwangerschaft halten Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen für optimal?

Finanzielle Situation

13) Wie finanzieren Sie Ihr Studium?

14) Wie viel Geld steht Ihnen monatlich brutto zur Verfügung?

15) Welche Kosten verursacht die Betreuung Ihrer Kinder?

15.1 Haben diese Kosten Auswirkungen auf Ihr Studium?

Studieren mit Kind

16) Welche Unterstützung erhalten Sie bei der Betreuung des Kindes/der Kinder?

17) Haben Sie aufgrund der Schwangerschaft oder Elternzeit eine Unterbrechung im Studium eingelegt?

17.1 Wie lang war diese Unterbrechung?

17.2 Wie bewerten Sie diese Unterbrechung?

18) Wie ließen sich die bisherigen einzelnen Semester mit dem Studium mit Kind vereinbaren?

18.1 Was war konkret hilfreich beziehungsweise hinderlich?

19) Wie beschreiben Sie Ihr Lernverhalten?

19.1 Wann lernen Sie?

19.2 Wo lernen Sie?

19.3 Hat Ihre familiäre Situation Ihr Lernverhalten beeinflusst?

20) Wie schätzen Sie Ihre Benotung ein?

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21) Welche Vor- und Nachteile sehen Sie darin, Kinder während des tiermedizinischen Studiums zu bekommen?

22) Welche Emotionen verbinden Sie in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Studium?

Angebote der Hochschule

23) Welche Angebote zur Unterstützung von Studierenden mit Kind sind Ihnen an der TiHo allgemein bekannt?

23.1 Wie haben Sie davon erfahren?

24) Haben Sie ein Beratungsgespräch in Anspruch genommen?

24.1 In welcher Einrichtung und bei wem?

24.2 Besteht weiterhin Informations- und Beratungsbedarf?

25) Welche Angebote werden von Ihnen bereits genutzt?

25.1 Wie bewerten Sie diese Angebote?

26) Gibt es noch irgendetwas, das Sie sich von Ihrer Hochschule wünschen würden, um die Vereinbarkeit von Familie und Studium zu verbessern?

27) Welche besonderen Erfahrungen haben Sie an der TiHo in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Studium gemacht?

Digitalisierung 28) Wie kann man Studierende mit Kind speziell durch die Möglichkeit der Digitalisierung der Lehre entlasten?

29) Welche Veranstaltungen lassen sich Ihrer Meinung nach durch digitale Medien ersetzen?

29.1 Wo nimmt die Digitalisierung nur eine ergänzende Rolle ein?

29.2 Welche Vor- und Nachteile sehen Sie durch die Digitalisierung der Lehre?

30) Welche Veranstaltungen sollten ausschließlich als Präsenzveranstaltungen stattfinden?

30.1 Welche Vor- und Nachteile bringen – auch aus organisatorischen Gründen - obligatorische

Präsenzveranstaltungen mit sich?

Abschluss 31) Möchten Sie abschließend noch etwas loswerden?

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Die Einzelinterviews wurden während des Wintersemesters 2016/2017 von September 2016 bis Dezember 2016 überwiegend in Räumlichkeiten der TiHo und telefonisch durchgeführt.

Zu den leitfadengestützten Fokusgruppeninterviews (Leitfaden siehe Tab. 2) wurden Studierende aus allen laufenden Semestern der TiHo eingeladen. Die Einladung zur Teilnahme an den Fokusgruppen erhielten die Studierenden über den hochschuleigenen Emailverteiler, über das soziale Netzwerk Facebook und über persönliche Kontakte.

Alle Fokusgruppeninterviews fanden während des Wintersemesters 2016/2017 von Dezember 2016 bis Februar 2017 in Räumlichkeiten der TiHo statt.

Vor Beginn der Fokusgruppenbefragungen wurden den Studierenden die Fragen des Leitfadens ausgehändigt, um eventuelle inhaltliche Verständnisfragen vorab zu klären. Aus den zwei übergeordneten Themengebieten Familienplanung und Digitalisierung wurden folgende Interviewfragen gestellt.

Tab. 2: Leitfaden der Fokusgruppenbefragungen

Familienplanung 1) Wie schätzen Sie die Situation ein, im Tiermedizinstudium ein Kind zu bekommen?

2) Wann ist Ihrer Meinung nach der beste Zeitpunkt für die Gründung einer Familie?

3) Welche Erfahrungen haben Sie an der TiHo in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Studium gemacht?

3.1 Welche Angebote zur Unterstützung von Studierenden mit Kind sind Ihnen an der TiHo allgemein bekannt?

4) Wie sieht Ihre eigene Familienplanung aus?

Digitalisierung 5) Welche digitalen Lehrangebote an der TiHo sind Ihnen bekannt?

5.1 Was wurde von Ihnen bereits genutzt und wie bewerten Sie dies?

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6) Welche Veranstaltungen lassen sich Ihrer Meinung nach durch digitale Medien ersetzen?

6.1 Wo nimmt die Digitalisierung der Lehre nur eine ergänzende Rolle ein?

6.2 Welche Vor- und Nachteile sehen Sie durch die Digitalisierung der Lehre?

6.2 Welche Vor- und Nachteile sehen Sie durch die Digitalisierung der Lehre?