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2 Digital Transformer Institute (www.digitaltransformerinstitute.ch), Mein Digital Profil (www.process-and-project.net/studien/mein-digital-profil), Universität St. Gallen/Crosswalk (aback.iwi.unisg.ch/kompetenz/digital- maturity-transformation)

3 Maturitätsanalyse der FHNW Hochschule für Wirtschaft:

www.kmu-transformation.ch

Wie beschrieben, verändern sich mit dem Übergang in das digitale Zeitalter die Märkte und neue Geschäfts-modelle und -formen bieten sich an. Um eine erste Einschätzung zum Stand und Potenzial der Digitalen Transformation zu erarbeiten, bieten sich Maturitäts-analysen an. Hier stehen verschiedene Modelle und Angebote von Unternehmen und Hochschulen (z. B.

Digital Transformer Institute, Mein Digital Profil oder Universität St. Gallen/Crosswalk2) zur Verfügung.

Nachfolgend wird das Modell der FHNW Hochschule für Wirtschaft3 beschrieben.

Als Grundlage dient die Überlegung, dass vier Dimensi-onen für den unternehmerischen Übergang in das digitale Zeitalter im Vordergrund stehen und so erste Handlungsempfehlungen definiert werden können:

Mit folgendem Vorgehen als Teil der Maturitätsanalyse können sich Unternehmen auf die Herausforderungen der Digitalen Transformation vorbereiten:

Schritt 1

Eine Ersteinschätzung zur Digitalisierung im konkreten Umfeld des Unternehmens zeigt die Brisanz der Handlungs notwendigkeit. Bei dieser Ersteinschätzung wird berücksichtigt, in welchem Wirtschaftsbereich/

Wirtschaftssektor ein Unternehmen angesiedelt ist, welche Standortfaktoren zum Tragen kommen, welche Wettbewerbsposition zu erkennen ist und welche Optionen oder Erwartungen aus den Partnerstrukturen zu erwarten sind.

Schritt 2

Die anschliessende Bestimmung von Indikatoren ist ein entscheidender Schritt für die spätere Ableitung von individuellen Handlungsempfehlungen. So weichen beispielsweise Handlungsempfehlungen für ein Unter-nehmen, das eng in eine Wertschöpfungskette einge-bunden ist, deutlich ab zu den Handlungsempfeh-lungen für einen Dienstleitungsbetrieb, der in direktem Kontakt zu Endverbrauchern steht.

Hierbei geht es noch nicht um eine Bewertung, sondern vorerst nur um die Frage, welche Indikatoren für eine spätere Bewertung in einem konkreten Unternehmen eine höhere Relevanz haben und somit vorrangig untersucht werden sollten. Sollte die Bestimmung von Indikatoren von einer externen Person durgeführt werden, ist es im Vorfeld wichtig, das bestehende Geschäftsmodell sowie die bestehende Organisation und Operation der Wertschöpfung umfassend verstan-den zu haben.

Wie so oft, sind aber gerade diejenigen Handlungs-empfehlungen, die sehr offensichtlich erscheinen, in der Realität sehr schwer umzusetzen. Checklisten zur Digitalen Transformation, wie sie inzwischen im Internet umfangreich gefunden werden können, helfen in der Praxis nicht immer. Jedes Unternehmen hat seine eigene Situation, eigene Rahmenbedingungen und eigene Ziele. Die FHNW Hochschule für Wirtschaft konnte bis heute (Stand 2017) bereits 50 Unternehmen in ihrer Digitalen Transformation begleiten. Dabei haben die Teams in jedem Unternehmen jeweils eine individuelle Situation vorgefunden.

Das Erkennen (digitaler) Kundenbedürfnisse von morgen.

Die Entwicklung (digitaler) Geschäftsoptionen für morgen auf Basis dieser Erkenntnisse.

Die Umsetzung dieser neuen Geschäftsoptionen.

Die organisatorische Einbindung und Nutzung dieser neuen Geschäftsoptionen.

128 FHNW Hochschule für Wirtschaft – kmu-transformation.ch

Schritt 2.1

Im einem ersten Teilschritt werden die Indikatoren beschrieben, die die Fähigkeit des Erkennens (digitaler) Kundenbedürfnisse haben. Mit dem Wissen zum beste-henden Geschäftsmodell und der Organisation sowie der Operation des Unternehmens im Hintergrund kann sich der Projektleiter bzw. die Projektleiterin gedank-lich und emotional in die Kundinnen und Kunden versetzen:

† Welcher Bedarf wird adressiert?

† Wie entsteht bei den Kundinnen und Kunden dieser Bedarf?

† Befriedigt das Produkt bei den Kundinnen und Kunden nur einen Bedarf oder befriedigt es gleichzeitig mehrere Bedürfnisse?

† Wie könnte dieses Bedürfnis in einer digital geprägten Zukunft entstehen?

† Wie kann dieser Bedarf frühzeitig erkannt oder sogar mitgestaltet werden?

† Wie sehen wir die Kundinnen und Kunden, bevor sie sich über diesen Bedarf bewusst werden?

† Können wir die Kundinnen und Kunden in die Produktentstehung miteinbinden?

† Können wir andere Personen ansprechen, um die Entstehung dieses Bedarfs zu beeinflussen bzw.

die Bindung der Kundinnen und Kunden an das Unternehmen zu festigen?

† Welche Kanäle, Methoden und Tools kann das Unternehmen hierfür verwenden?

† Welche Mitarbeitenden könnten hier involviert sein?

Alle Mitarbeitenden können die Entstehung eines Kundenbedarfs erkennen. Dieses Potenzial auf der Seite der Mitarbeitenden kann der differenzierende Faktor zu einem Mitbewerber sein.

Falls die derzeitigen Kundinnen und Kunden nicht die Endverbraucher/innen sind, wird auch die Untersu-chung des Bedarfs der nachgelagerten Stufen/Kunden-gruppen relevant. Auch hier stellen sich anschliessend die analogen Fragen auf der Suche nach Indikatoren.

Meist liegt das deutlich grössere, ergänzende digitale Potenzial nicht in Kundengruppen, die bisher bereits bedient wurden, sondern in Kundengruppen, die es bisher noch gar nicht gab bzw. bisher nicht im Fokus standen.

Schritt 2.2

Im zweiten Teilschritt werden die Indikatoren, die die Fähigkeit der Entwicklung (digitaler) Geschäfts-optionen haben, qualifiziert. Bestandteil im ersten Teilschritt war ja auch die Erhebung, welche Mitarbei-tenden bei der Erkennung eines Kundenbedürfnisses involviert sein könnten. Hier geht es nun um die Frage, welche Faktoren die Beschreibung und Entwicklung möglicher Geschäftsoptionen beeinflussen und fördern können. Hier wird untersucht, wie beispielsweise iden-tischen Personen, die das Kundenbedürfnis erkennen bzw. kennen, in die Beschreibung und Entwicklung möglicher Geschäftsoptionen involviert werden könnten:

† Wie könnte diese Einbindung organisiert werden und was könnte diese Einbindung begünstigen?

† Werden Kenntnisse zum Markt und Wettbewerb benötigt?

† Wie ausgeprägt ist die Notwendigkeit, Geschäftsmodelle betriebswirtschaftlich korrekt beschreiben zu können?

† Gibt es seitens des Unternehmens mehrere Kunden-kontaktpunkte oder verschiedene Zeitpunkte der Kundenkontakte?

† Verfügt das Unternehmen über die Möglichkeit, tiefergreifende Kundendaten bereitzustellen oder zu generieren?

† Unterstützt die Unternehmenskultur eine innovative Teamarbeit?

† Verfügen mögliche Mitglieder der Teams über ausrei-chende digitale Kenntnisse, um ein digitales Produkt zu entwickeln?

† Welche Hilfsmittel würden für die Beschreibung und Entwicklung möglicher Geschäftsoptionen hilfreich sein?

Parallel dazu wird auch die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit über sehr unterschiedliche Hierarchie-stufen und/oder Unternehmensbereiche erhoben.

Schritt 2.3

Im dritten Teilschritt werden die Indikatoren, die die Fähigkeit der Umsetzung dieser neuen Geschäfts-optionen bewerten, identifiziert. Dieser Schritt zählt meisten zu den leichteren Aufgaben. Die Indikatoren lassen sich aus der Notwendigkeit und Art einer zu erwartenden digitalen Umsetzung ableiten:

† Werden beispielsweise digitale Realisierungsprojekte vom Unternehmen selbst durchgeführt - oder werden diese an Partner übergeben?

† Müssen Mitarbeitende aus sehr unterschiedlichen Hierarchestufen und/oder Unternehmensbereichen in digitale Projekte eingebunden werden?

† Wurden in der Vergangenheit bereits vergleichbare digitale Entwicklungen durchgeführt und welche Erfolgskriterien bzw. Lessons Learned können gesehen werden?

Schritt 2.4

Im letzten Teilschritt werden die Indikatoren für die organisatorische Einbindung dieser neuen Geschäfts-optionen bewertet. Hier geht es um die Frage, ob bzw.

wie das zu untersuchende Unternehmen mit neuen digitalen Geschäftsoptionen arbeiten könnte:

† Wie könnte eine Kultur der Risikobereitschaft und Fehlertoleranz gemessen bzw. verbessert werden?

† Welche Faktoren könnten eine zeitliche und geografische Flexibilität der Mitarbeitenden klassifizieren?

† Wie ist die Stärke der Unternehmensführung im Fall organisatorischer Veränderungen zu erkennen?

† Wie könnte die Kreativität der Mitarbeitenden erkannt und gemessen werden?

† Wie könnte erkannt und gemessen werden, wie es um die Innovationskultur steht?

† Wie könnte unternehmerisches Denken beschrieben und gemessen werden?

† Wie könnte die Identifikation mit dem Unternehmen erkannt und gemessen werden?

Zusätzliche, digitale Geschäftsoptionen können mit sehr weitreichenden unternehmerischen und organisa-torischen Veränderungen verbunden sein. Nicht selten könnte dies zum Beispiel auch die Entwicklung eines produktionsorientierten Geschäftsmodelles hin zu einem serviceorientierten Geschäftsmodell beinhalten.

Auf die Indikatoren in diesem letzten Teilschritt sollte die grösste Sorgfalt gelegt werden, denn meist ist dies der sensibelste Punkt, der eine Digitale Transformati-on erschwert. Veränderungen und Entwicklungen der Unternehmenskultur sind oft sehr schwierig. Dennoch sollte eine eventuelle Notwendigkeit einer unterneh-menskulturellen Veränderung offen adressiert werden.

Zu allen Teilschritten (2.1 bis 2.4) sollten am Ende jeweils vier bis fünf Indikatoren benannt sein. Es genügt meist, sich jeweils auf diese Indikatoren zu fokussieren, um die Komplexität einer Digitalen Trans-formation auch bewältigen zu können. Diese Transfor-mation sollte das Unternehmen in eine Agilität führen, die es ihm erlaubt, künftig regelmässig in einem angemessenen Umfang neue digitale Kundenbedürf-nisse zu erkennen, auf dessen ErkenntKundenbedürf-nissen basierend Geschäfts optionen zu prüfen bzw. zu entwickeln und gegebenenfalls umzusetzen, sowie zu nutzen. Das heisst, dass die hier genannten Teilschritte nicht einmalig nötig sind, sondern sie beginnen mit einer Digitalen Transformation und sollten anschliessend regelmässig wiederholt werden. Dabei können und sollten die Indi-katoren ebenfalls entwickelt und angepasst werden.

Schritt 3

Soweit ein erster Konsens zu den individuellen Indika-toren besteht, können hieraus Fragen abgeleitet werden, die eine Erstanalyse der relevanten Indikatoren erlauben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Ablei-tung geeigneter Fragen einen sehr einfachen Folge-schritt darstellt, sofern dies durch ein neutrales Team erfolgt. Als hilfreich hat es sich erwiesen, wenn das Management hierbei nicht im Lead steht, damit die Fragen sich tatsächlich auf die Reife für einen digi-talen Wandel beziehen und nicht auf die Führung oder Kontrolle des Unternehmens bzw. der Mitarbeitenden.

Meist genügen zwei bis fünf Fragen pro Indikator, um eine sinnvolle Einschätzung des Ist-Zustands ableiten zu können.

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Ein Unternehmen wird dann als ausreichend reif für die Digitale Transformation bezeichnet, wenn es:

Ausreichend in der Lage ist, (digitale) Kundenbedürfnisse von morgen zu erkennen.

Ausreichend in der Lage ist, auf Basis dieser Erkennt-nisse (digitale) Geschäftsoptionen für morgen zu entwi-ckeln.

Ausreichend ein der Lage ist, diese neuen Geschäfts-optionen umzusetzen.

Ausreichend in der Lage ist, diese neuen Geschäftsopti-onen organisatorisch einzubinden und zu nutzen.

Ausreichend ist dies dann, wenn das Unternehmen damit unter Berücksichtigung des Einflusses der Digitalisierung im konkreten Umfeld (vgl. Schritt 1) für die nächste Planungsperiode eine wettbewerbsfähige Position aufrechterhalten kann. Dies ergibt einen Indikator von 100 %, das heisst, dass für die nächste Planungsperiode keine (zwingenden) Handlungs-empfehlungen festgehalten werden müssen.

Beispielsanwendung der Maturitätsanalyse