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REFORMEN

Trotz der zahlreichen Ziele der GAP, die in Artikel 33 EG-Vertrag verankert sind, beherrschte bis zu den MacSharry-Reformen im Jahr 1992 ein einziges Thema die Politik: die Agrareinkommen. Nur ein Instrument war eingeführt worden, um das Einkommensproblem zu beheben, nämlich die Preisstützung. Ab 1972 wurden

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außerdem einige auf landwirtschaftliche Betriebe ausgerichtete Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung umgesetzt, die auf einer stark abgeschwächten Version der Empfehlungen aus dem Mansholt-Plan von 1968 gründeten; dies fand jedoch im Rahmen der Regionalpolitik statt. Der Mansholt-Plan, benannt nach dem damaligen Kommissionsmitglied Sicco Mansholt, sah die zunehmenden Schwachstellen der GAP deutlich voraus. Die wachsende Bedeutung der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums bestätigt die Einschätzung von Kommissar Mansholt.

Der Rückgriff auf die Preisstützung als Hauptmaßnahme der GAP führte zu zahlreichen Wettbewerbsverzerrungen. Die Intensivierung der Nahrungsmittelproduktion wurde gefördert, doch wurden die politischen Renten, die sich daraus für die Landwirte ergaben, durch die Bodenpacht und gestiegene Vorleistungskosten neutralisiert, so dass die Preisstützung nur in ganz geringem Maße auf die Einkommen der Landwirte durchschlug. Die GAP vermochte es nicht, die Einkommen der Landwirte erheblich zu steigern, und führte außerdem zu Überproduktion, zur Verzerrung der Weltmarktpreise und zur Schädigung der Umwelt.

Bereits in den 1980er Jahren gab es einige Reformen mit dem Ziel der Schadensbegrenzung, wozu u. a. die Einführung von Milchquoten zählte, aber erst durch die MacSharry-Reform von 1992 wurde die Grundlage für ein neues Herangehen an die Agrarsubventionen geschaffen. Es wurden zwei wesentliche Neuerungen eingeführt: Direktzahlungen und Begleitmaßnahmen. Erstere stellten einen Ausgleich für die Einkommensverluste der Landwirte durch rückläufige institutionelle Preise dar.

Bei Letzteren handelte es sich um eine direkte Unterstützung für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft, die Bewahrung des ländlichen Raums, die Wiederaufforstung sowie die Umstrukturierung von Betrieben (durch eine Beihilfe für Junglandwirte und eine Vorruhestandsregelung).

Die Verringerung der Preisstützung reichte dennoch nicht aus, um das starke Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu überwinden. Um eine teilweise Entlastung zu erreichen, wurde die Flächenstilllegung eingeführt.

Die 1999 beschlossenen Reformen der Agenda 2000 vertieften die MacSharry-Reform.

Die Direktzahlungen wurden weiter von der Erzeugung abgekoppelt, indem die Ausgleichszahlungen in Direktbeihilfen umgewandelt wurden, um die Einkommen der Landwirte zu stützen. Die Zahlungen wurden mit einer gewissen Auflagenbindung verknüpft. So wurde die Gewährung von Direktzahlungen an die Einhaltung der guten landwirtschaftlichen Praxis gebunden.

Der bahnbrechendste Aspekt der Agenda-2000-Reform war die Stärkung der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums. Diese wurden zur „zweiten Säule“

der GAP erklärt, die die marktbezogenen Maßnahmen (erste Säule) ergänzen soll.

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Außerdem wurde im Rahmen der Agenda 2000 die so genannte Horizontale Verordnung verabschiedet, die zwei völlig neue Instrumente einführte: die Modulation (Kürzung der Direktzahlungen und Verwendung der gekürzten Beträge zur Stärkung der zweiten Säule) und eine stärkere Bindung der Direktzahlungen an die Einhaltung von (ökologischen) Mindeststandards.

Während die Agenda-2000-Reformen im Großen und Ganzen eine Nachbesserung der MacSharry-Reform darstellten, war die jüngste GAP-Reform (irreführenderweise

„Halbzeitrevision“ genannt und auch unter dem Namen „Fischler-Reform“ bekannt) weitaus radikaler. Sie beinhaltete die fast vollständige Entkopplung der Direktzahlungen durch die so genannte „Betriebsprämienregelung“, wonach die Subventionen für Landwirte unabhängig von der Produktion gezahlt werden. Darüber hinaus wurden die Direktzahlungen an die Einhaltung strengerer Mindestnormen in den Bereichen Umwelt, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit gebunden. Ebenfalls verbindlich vorgeschrieben wurde die Modulation der Direktzahlungen, so dass jeder Mitgliedstaat verpflichtet ist, einen (kleinen) Teil der Mittel für Direktzahlungen zugunsten der Entwicklung des ländlichen Raums umzuschichten.

Die Entkopplung der Zahlungen war wichtig, weil die an bestimmte Erzeugnisse gebundenen Direktzahlungen den Produktmix verzerrten und den potenziellen Wert der Erzeugung verringerten (siehe Wichern, 2004; OECD, 2004).

Mit der Halbzeitrevision wurde der Versuch unternommen, den Schwerpunkt und die Mittel stärker auf die zweite Säule der GAP zu verlagern. Bei der Mittelzuweisung im Finanzrahmen für den Zeitraum 2007-2013 wird die relative Höhe der Direktzahlungen und der Mittel für ländliche Entwicklung jedoch beibehalten. Dennoch ist die

„Entwicklung des ländlichen Raums“ letztlich zu einer eigenständigen Unterrubrik des Haushalts geworden und nicht mehr zwischen GAP und Strukturfonds aufgeteilt.

Die Modulation wurde verstärkt, aber die Mitgliedstaaten gaben den Forderungen nach einer Verschiebung der Mittel zwischen den Säulen nicht nach, und so ist die Modulation, die die einzige aktive Maßnahme zur Umschichtung von Mitteln von der ersten auf die zweite Säule darstellt, nicht nur vom Umfang her begrenzt, sondern auch dadurch, dass zwischen Ländern und manchmal sogar zwischen Regionen nicht mehr als 20 % umverteilt werden können.1

1 Modulation bedeutet Umwidmung eines Teil der GAP-Direktzahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raums (3 bis 5 % über drei Jahre). Dies wird nur Direktzahlungen für Betriebe betreffen, die mehr als 5000 Euro erhalten.

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Die GAP-Reformen führten Schritt für Schritt zu mehr Marktorientierung und Nachhaltigkeit. Größere Ungleichgewichte wurden überwunden und Spannungen in den Beziehungen zu Handelspartnern der EU konnten zum großen Teil abgebaut werden.

Die Förderung der Landwirtschaft erfolgt nicht mehr durch Preisinterventionen, sondern durch Direktzahlungen. Während die Höhe der Unterstützung nahezu gleich blieb, veränderten sich die Modalitäten. Ferner wurde eine Verlagerung der Direktzahlungen in Richtung zweite Säule in die Wege geleitet.

Neben diesen Reformen wurde mit der Halbzeitrevision eine Förderung im Rahmen der zweiten Säule eingeführt, um die Qualität von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln in der EU zu verbessern. In erster Linie sollten damit die Landwirte und die Nahrungsmittelindustrie in den neuen Mitgliedstaaten bei ihren Anstrengungen zur Einhaltung der EU-Normen unterstützt werden, aber diese Maßnahme kann auch zur Qualitätssteigerung allgemein genutzt werden.

Was den Umweltschutz angeht, so wurde bereits durch die GAP-Reform von 1992 eine Förderung für Agrarumweltmaßnahmen auf europäischer Ebene eingeführt, um Anreize für umweltfreundlichere Erzeugungs- und Betriebsführungsmethoden zu schaffen. In Weiterführung der verschiedenen GAP-Reformen verfolgt die Halbzeitrevision das Ziel, in ganz Europa eine multifunktionale, nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft zu entwickeln.

Ein wichtiger Bestandteil der GAP ist die so genannte Cross Compliance, d. h. die Bindung der Agrarbeihilfen an die Einhaltung von Auflagen für Haltungsbedingungen sowie für Tier- und Umweltschutz. Zu den Aufgaben der Landwirte zählen nunmehr neben der Tier- und Pflanzenproduktion auch der Nachweis der Einhaltung bestehender Gemeinschaftsvorschriften („Grundanforderungen an die Betriebsführung“) und die Erhaltung des „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands“ der Agrarflächen.

Dies hat zur Folge, dass neue Produktionsmethoden zunehmend an Bedeutung gewinnen, dass die Landwirte ihre Betriebsführung entsprechend anpassen und dass stärkere Betonung auf umweltgerechte Landwirtschaft gelegt wird. So haben die meisten Mitgliedstaaten langfristige Flächenstilllegungen vorgenommen, um Wasserressourcen zu schützen und Biotope anzulegen. Weitere Änderungen der Landnutzung sind die Umwandlung von Ackerflächen in extensive Grünflächen sowie Änderungen bei den Kulturen und Fruchtfolgen.

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2.1. Eine verstärkte Politik zur Förderung des ländlichen Raums

Das Konzept der Förderung der ländlichen Entwicklung ist nicht neu. Bereits 1964 wurden die Fördermittel für den Agrarsektor in zwei Abteilungen unterteilt: die Abteilung Garantie und die Abteilung Ausrichtung des EAGFL.2 Die Abteilung Ausrichtung war für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums bestimmt und leistete Beiträge zur Umstrukturierung landwirtschaftlicher Betriebe, während die Abteilung Garantie die Marktstützungsmechanismen der GAP finanzierte. In der Abteilung Ausrichtung wurden 1972 verschiedene Strukturförderungsmaßnahmen eingeführt.

Diese Unterteilung in Ausrichtung und Garantie verlor ihre Rechtfertigung, als andere Erfordernisse der ländlichen Entwicklung sowie Umweltbelange an Bedeutung gewannen und auch in der Abteilung Garantie flankierende Maßnahmen für die ländliche Entwicklung eingeführt wurden.3 Es entstand ein verwirrender Mechanismus, bei dem abhängig vom Interventionsbereich ein und dieselben Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums entweder mit Mitteln aus der Abteilung Garantie oder aus der Abteilung Ausrichtung - d. h.

entweder im Rahmen der GAP oder im Rahmen der Strukturfonds - gefördert wurden.

Im Finanzrahmen für den Zeitraum 2007-2013 wurden sämtliche Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums zu einem einzigen Instrument mit einer eigenen Haushaltslinie unter der Rubrik 2 – Bewahrung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen – zusammengefasst. Dadurch sind die Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums der Abteilungen Garantie und Ausrichtung des EU-Haushalts jetzt in einem Fonds vereint.

Eine weitere Reform der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums (Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates) trat am 1. Januar 2007 in Kraft.4 Durch sie wurde der Anwendungsbereich der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums ausgeweitet, um den bedeutenden Herausforderungen im Agrarsektor insbesondere in den neuen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Die Verordnung sieht auch Beihilfen für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten und Betriebe vor, die jedoch nur für Kleinstunternehmen gewährt werden. Ferner wurden einige Verbesserungen an den Förderkriterien vorgenommen.

2 Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft

3 Dies war erforderlich, um sicherzustellen, dass die Gesamtheit der landwirtschaftlich genutzten Flächen abgedeckt ist. Die Mittel der Abteilung Ausrichtung, die im Rahmen der Strukturfonds eingesetzt wurden, waren den regionalen Förderkriterien der Regionalpolitik unterworfen.

4 Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. L 277/1 – 40, 21.10.2005.

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Die allgemeinen Ziele der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums werden in Artikel 4 der Verordnung festgelegt:

• Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft durch Förderung der Umstrukturierung, der Entwicklung und der Innovation;

• Verbesserung der Umwelt und der Landschaft durch Förderung der Landbewirtschaftung und

• Steigerung der Lebensqualität im ländlichen Raum und Förderung der Diversifizierung der Wirtschaft.