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Jeder Patient, bei dem der Verdacht einer reaktiven Lebererkrankung vorlag, wurde einer gründlichen klinischen Allgemeinuntersuchung unterzogen. Ein Arbeitsbogen (Anhang 9.1) unterstützte den klinischen Untersuchungsgang. Eine sorgfältige Anamnese wurde mithilfe eines dafür erstellten Fragebogens durchgeführt (Anhang 9.2). Um reaktive Hepatopathien aufzudecken, wurde jeder Patient eingehend auf extrahepatische Erkrankungen untersucht.

Weitergehende Untersuchungen folgten, wie folgend dargestellt, wenn sich aus der Allgemeinuntersuchung spezielle Fragestellungen ergaben. Die Untersuchungsgänge sowie die diagnostizierten extrahepatischen Erkrankungen wurden ätiologisch nach Organsystemen geordnet.

3.6.1 Einteilung der Erkrankungen nach Organsystemen

Als Grundlage zur übersichtlichen Einteilung der diagnostizierten Erkrankungen wurde ein Standardwerk der Humanmedizin herangezogen. Das Oxford Textbook of Clinical Hepatology (1999) bietet in Volume 2 ein Kapitel, welches sich der sekundären Leberschädigung bei Erkrankungen anderer Körpersysteme widmet. Die Kapiteleinteilung diente in leicht veränderter Form als Grundlage zur Darstellung der Ergebnisse:

- Die Leber bei kardiovaskulären und pulmonalen Erkrankungen - Die Leber bei gastrointestinalen Erkrankungen

- Die Leber bei urogenitalen Erkrankungen

- Die Leber bei systemischen Entzündungen und Infektionen - Die Leber bei hämatologischen und lymphatischen Erkrankungen - Die Leber bei endokrinen Erkrankungen

- Toxische Ursachen

3.6.2 Untersuchungen des kardiovaskulären und pulmonalen Systems

Die Untersuchung des kardiovaskulären Apparates erfolgte einleitend über die Beurteilung der Schleimhautfarbe, der kapillären Rückfüllungszeit sowie einer Herz- und Pulsuntersuchung. Die Atmung wurde hinsichtlich der Tiefe, des Types und auf Vorliegen einer Dyspnoe beurteilt. Eine Auskultation des Herz- und Lungenfeldes wurde am stehenden Tier von beiden Thoraxseiten vorgenommen. Beurteilt wurden Herzfrequenz, Rhythmus, Lautstärke der Herztöne und Herznebengeräusche. Von kardialen Nebengeräuschen wurde die stärkste Intensität lokalisiert (Punctum Maximum). Eine Zuordnung der Herznebengeräusche zum Herzzyklus wurde vorgenommen (systolisch/diastolisch). Eine Gradeinteilung der Nebengeräusche findet sich in Tabelle 3-1.

Tabelle 3-1: Beurteilung der Lautstärke von Herznebengeräuschen nach KERSTEN und MORRISSE (2001)

Grad I sehr leises Geräusch, erst nach längerer Zeit auskultierbar Grad II leise, nach einigen Sekunden auskultierbar

Grad III sofort und deutlich über größerem Gebiet hörbar

Grad IV wie Grad III, zusätzlich bei der Herzstoßpalpation ein präkordiales Schwirren der Brustwand

Grad V wie Grad IV, selbst mit von der Brustwand abgehobenem Phonendoskop noch wahrnehmbar

Bei Verdacht auf eine kardiovaskuläre oder pulmonale Erkrankung wurden zur Beurteilung des Lungenparenchyms und der Herzsilouette Röntgenaufnahmen vom Thorax im linken und rechten latero-lateralen sowie im ventro-dorsalen Strahlengang angefertigt.

Hunde, die nach der klinischen Untersuchung und evtl. röntgenologischen Untersuchungen einen Verdacht auf eine Herzerkrankung aufwiesen, wurden nach der Einteilung der New York Heart Association (NYHA) klassifiziert (Tab. 3-2).

Tabelle 3-2: Klassifizierung der Schweregrade von Herzerkrankungen nach der New York Heart Association nach WARE (2006)

Klassifizierung Schweregrad

I Eine Herzerkrankung liegt vor, jedoch ohne Hinweise auf

Herzversagen oder Belastungsintoleranz; Kardiomegalie ist minimal oder gar nicht vorhanden

II Symptome eines Herzversagens mit Anzeichen von

Belastungsintoleranz; röntgenologisch Kardiomegalie erkennbar III Symptome eines Herzversagens; Husten oder Orthopnoe bei normaler

Aktivität oder in der Nacht; röntgenologisch Anzeichen einer signifikanten Kardiomegalie, eines Lungenödems oder eines Körperhöhlenergusses

IV Schweres Herzversagen; Symptome bereits in Ruhe oder nach minimaler Anstrengung; deutliche röntgenologische Anzeichen eines kongestiven Herzversagens und einer Kardiomegalie

Eine Herzultraschalluntersuchung ist bei auffälligen Patienten, mit Zustimmung der Besitzer, durchgeführt worden. Die Echographie des Herzens erfolgte transthorakal am liegenden

Patienten auf einem speziellen Untersuchungstisch. Eine ein- und zweidimensionale Darstellung des Herzens sowie das Dopplerverfahren erfolgte zur Beurteilung von Form und Funktion der Kammern, Vorhöfe und Herzklappen. Es wurden die Kammern und Vorhöfe, die Kammermuskulatur und -scheidewände, die Klappenbewegungen der Atrioventrikularklappen, die Pulmonalklappe, die Aortenwurzel und –klappe, die Papillarmuskeln und Sehnenfäden sowie der Herzbeutel und die Herzbeutelhöhle auf Abweichungen von der Norm untersucht.

3.6.3 Untersuchungen des gastrointestinalen Systems

Bei der klinischen Untersuchung wurden der Palpation zugänglichen Anteile des Gastrointestinaltraktes, inklusive der Leber, durch eine oberflächliche und tiefe Palpation des Abdomens untersucht. Abweichungen von der Norm leiteten weiterführende Untersuchungen ein.

Zur Beurteilung der Leber und des Pankreas dienten in erster Linie Blutparameter (ALT, AST, AP, GLDH, Gallensäuren, α-Amylase, Lipase). Spezielle Parameter wie der TLI-Test (Trypsin-Like-Immunoreactivitiy) wurden in einem kommerziellen Labor (Laboklin GmbH, Bad Kissingen) untersucht (Kap. 3.7).

Zusätzlich wurden die inneren Organe mithilfe der bildgebenen Verfahren untersucht. Durch die Röntgenuntersuchung im latero-lateralen Strahlengang sollten Informationen über die Größe und Lage der Organe und zusätzliche Umfangsvermehrungen gesammelt werden. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens fand in Rückenlage nach Rasur der Bauchfläche bei fast allen Hunden statt (mit wenigen Ausnahmen z.B. bei Magendrehung). Dabei wurde der Magen-Darmtrakt hinsichtlich Wanddicke und Echogenität beurteilt. Das Pankreas war meist nur bei pathologischen Prozessen darstellbar und in seiner Echogenität verändert. Zur weiteren Abklärung pathologischer Prozesse wurde gegebenenfalls eine Probelaparatomie angeschlossen.

Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Ultraschalluntersuchung der Leber. Das Leberparenchym wurde bei feinem und regelmäßigem Echomuster bei geringer bis mittlerer Echogenität als normal befunden. Die Leberränder erschienen physiologischerweise scharf und deren Oberfläche glatt. Leberparenchymveränderungen stellten sich diffus durch

Veränderung der Echotextur oder fokal dar. Veränderungen im Bereich der Lebergefäßsysteme und der Gallenblase wurden ebenfalls erfasst.

3.6.3.1 Kotuntersuchungen

Eine Kotprobe der Patienten wurde zur parasitologischen und bakteriologischen Untersuchung in das Veterinäruntersuchungslabor des Tierärztlichen Institutes Göttingen weitergeleitet.

Die Untersuchung auf Endoparasiten fand mittels Sedimentationsverfahren nach Telemann statt.

Zur mikrobiologischen Untersuchung wurden Kulturen auf Blutagar, Bierwürzeagar, McConkey-Agar, Wilkins-Chalgren-Agar (W.C.), Charoal-Cephoperazone-Desoxycholate- Agar (CCDA), Rappaport-Vassiliadis-Medium und Xylose-Lysin-Desoxycholate-Agar (XLD) angelegt, und bei 37°C unter aeroben und anaeroben Bedingungen bebrütet.

Nach spezieller Indikation wurde ein Giardien-Antigen-Nachweis im Kot mit dem Primagnost® Giardia H+K der Firma Albrecht GmbH, Aulendorf, durchgeführt. Mit in die Giardien-Untersuchung einbezogen wurden Hunde mit klinischen Hinweisen auf eine Giardieninfektion, Hunde mit einem erniedrigtem Protein– und/oder Albumingehalt im Blut sowie Hunde mit einer unklaren Magen-Darmsymptomatik. Auch ein Schnelltest zum Nachweis von Parvovirus-Antigen „Primagnost ® Parvo H+K“ stand von der gleichen Firma zur Verfügung.

3.6.4 Untersuchungen des urogenitalen Systems

Zur Untersuchung des Urogenitaltraktes wurden zunächst die bei der klinischen Untersuchung des Abdomens palpatorisch zugänglichen Organe beurteilt. Eine rektale Untersuchung der Prostata schloß sich bei männlichen Tieren an.

Die Nierenfunktion konnte anhand der hämatologischen und blutchemischen Parameter Kreatinin, Harnstoff, Phosphor und Hämatokrit sowie einer Urinuntersuchung beurteilt werden.

Zum Nachweis von Erkrankungen des Harnapparates konnte eine Urinuntersuchung eingeleitet werden. Hierbei ist ein Harnstick „Combur 9“ der Firma Roche Diagnostics GmbH, Mannheim, verwendet worden. Dieser zeigt semiquantitativ den Gehalt von Glukose,

Eiweiß, pH-Wert, Nitrit, Keton, Urobilinogen, Bilirubin, Blut und Leukozyten an. Des Weiteren konnte das Sediment auf Kristalle und, nach anschließender Giemsa-Färbung des zytologischen Präparates, auf Entzündungszellen lichtmikroskopisch durchsucht werden. Bei Bedarf fand eine bakterielle Untersuchung des Urins im Veterinäruntersuchungslabor des Tierärztlichen Institutes statt.

Sonographisch wurden die Nierenrinde, das Nierenmark sowie das Nierenbecken auf pathologische Prozesse untersucht. Die Harnleiter wurden auf Stauungserscheinungen und die Harnblase auf abnorme Inhalte und Hinweise auf Entzündungen oder Umfangsvermehrungen untersucht. Gleichzeitig konnten bei weiblichen Tieren die Eierstöcke und die Gebärmutter auf Hinweise für Entzündungen und Tumoren untersucht werden. Die Ultraschalluntersuchung bei männlichen Tieren fand im Bezug auf Hodenabnormalitäten oder Veränderungen der Prostata statt. Zum Aufzeigen tumoröser und entzündlicher Veränderungen (z.B. der Prostata) wurde eine Feinnadelaspirationszytologie durchgeführt.

3.6.5 Untersuchungen zu systemischen Entzündungen und Infektionen

Entzündungsreaktionen wurden durch die Beurteilung des weißen Blutbildes (Leukozytenzahl, relative und absolute Differenzierung der Leukozyten) nachgewiesen (Kap.

3.5.7).

Um einige spezielle Infektionserreger auszuschließen bzw. nachzuweisen, wurden bei Verdachtsmomenten Antikörper- und Antigennachweise auf Anaplasmose, Babesiose, Dirofilariose, Ehrlichiose, Leishmaniose und Leptospirose bei der Laboklin GmbH angefordert. Eine tabellarische Auflistung findet sich in Kapitel 3.8.

3.6.6 Untersuchungen des hämatologischen und lymphatischen Systems

Zur Bewertung des hämatologischen und lymphatischen Systems sind bei der klinischen Unterschung die Körperlymphknoten, wie die Lnn. mandibulares, Lnn. cervicales superficiales, Lnn. axillares, Lnn. poplitei und Lnn. inguinales superficiales palpatorisch untersucht worden. Ein veränderter Lymphknoten gab Anlass zu einer zytologischen Untersuchung nach einer Feinnadelspiration oder Biopsieentnahme (Kap. 3.5).

Eine Röntgenuntersuchung im latero-lateralen Strahlengang sowie eine sonographische Untersuchung dienten der Beurteilung der Milz. Dabei wurde bei der Sonographie auf die

Größe und Homogenität der Milz geachtet. Eine Probelaparatomie schloß sich möglicherweise an. Zur Beurteilung des hämatologischen Systems standen die labordiagnostischen Ergebnisse der hämatologischen Untersuchung im Vordergrund.

3.6.7 Untersuchungen zu endokrinen Erkrankungen

Durch klinische und labordiagnostische Befunde wurde das endokrine System untersucht.

Diagnostisch für einen Diabetes mellitus wurde eine Polydipsie und Polyurie mit Erhöhung der Blutglukose sowie gleichzeitiger Fruktosaminerhöhung angesehen.

Der Morbus Cushing ist im Verdachtsfall durch einen Low-Dose-Dexamethason-Hemmtest verifiziert worden. Vor intravenöser Verabreichung von 0,01 mg/kg Dexamethason (Fa.

Vétoquinol GmbH, Ravensburg) wurde Serum zur Bestimmung des basalen Kortisolgehaltes entnommen. Weitere Serumproben wurden vier und acht Stunden nach Dexamethasoninjektion gewonnen. Die Bestimmung des Kortisolgehaltes erfolgte bei der Laboklin GmbH (Kap. 3.8).

Eine Schilddrüsenerkrankung wurde mithilfe der Untersuchung im Labor der Laboklin GmbH (Kap. 3.8) des Serum-T4-Gehaltes und des Serum-TSH-Gehaltes ausgeschlossen.

3.6.8 Toxische Ursachen

Um Auswirkungen von Medikamenten auf die Leber zu untersuchen, wurden die Patientenbesitzer bezüglich Dauermedikationen oder zeitnah gegebener Medikamente befragt.

Der Impf- und Entwurmungsstatus wurde erfragt. Regelmäßige und unregelmäßige Medikamentengaben aller Art waren von Interesse bei der Anamnese.