4.2 Die Determinantenabbildung
Wir wollen einen Volumensbegriff f¨ur n–dimensionaler Parallelotope P ⊂ Rn einf¨uhren. Dazu betrachten wir eine Matrix, deren Zeilenvektoren die Transponierten der Basisvektoren sind, die den Spat aufspannen.
Wir erhalten so durch das Volumen eine Abbildung M(n×n,R)→R
mit gewissen Eigenschaften. Die Eigenschaften dieser Abbildung f¨uhren auf den Begriff der Determinantenabbildung, die wir gleich f¨ur Matrizen ¨uber einem beliebigen K¨orperK einf¨uhren:
Definition 4.2.1
Sei K ein K¨orper undn ∈N. Eine Abbildung
det : M(n×n, K)→K A7→det (A) heißt Determinantenabbildung, falls gilt:
(D1) det ist linear in jeder Zeile:
Hierbei sind alle Vektoren ai ∈ Kn als Spaltenvektoren zu sehen, d.h. der transponierte Vektor (ai)t steht f¨ur den i-ten Zeilenvektor.
(D2) det ist alternierend, d.h. stimmen zwei Zeilen ¨uberein, so ist det (A) = 0.
(D3) det ist normiert, d.h. det (En) = 1.
Ein Beispiel f¨ur eine Determinantenabbildung haben wir schon kennengelernt:
M(3×3,R) → R
3. Entsteht B aus A durch Vertauschung zweier Zeilen, so ist detB =−detA.
4. Entsteht B aus A durch Addition des Vielfachen einer Zeile zu einer anderen, so ist detB = detA.
5. SeiA eine obere Dreiecksmatrix der Form A=
Hierbei steht ∗ f¨ur beliebige Eintr¨age oberhalb der Hauptdiagonalen. Dann ist detA=λ1. . . λn=
n
Y
j=1
λj .
Die Determinante ist wegen 1. f¨ur n ≥2 keine lineare Funktion; sie ist auch nicht additiv:
2. Aus der Zeilenlinearit¨at (D1) folgt sofort:
detA= det
. B gehe aus A durch Vertauschung der i–ten und j–ten Zeile hervor, mit i > j. Dann ist wegen (D2):
4. B entstehe aus Adurch Addition des λ–fachen derj–ten Zeile zuri–ten Zeile, miti6=j.
Dann ist
denn die zweite Matrix in der Summe hat die gleichen Eintr¨age in deri-ten undj-ten Zeile.
Damit wissen wir, wie sich die Determinante unter den elementaren Zeilenumformungen aus Satz 3.5.8 verh¨alt.
5. Sind alle λi 6= 0, so kann man A durch Zeilenumformungen in eine Diagonalmatrix uberf¨¨ uhren mit gleichen Diagonalelementen:
detA= det
Die Determinante einer Matrix verschwindet genau dann, wenn diese nicht maximalen Rang hat: detA= 0⇔rg A < n.
Beweis.
Durch spezielle Zeilenumformungen, d.h. Zeilenvertauschungen und Additionen von Vielfachen von Zeilen zu anderen Zeilen, ¨uberf¨uhren wir Amit dem Gauß’schen Algorithmus in eine obere Dreiecksmatrix A0. Die Matrizen A und A0 haben gleichen Rang. Aus Lemma 4.3.3.3 und 4 folgt
Daher verschwindet die Determinante, detA = 0 genau dann, wenn wenigstens ein λj ver-schwindet, λj = 0. Das heißt aber, dass A0 nicht invertierbar ist, was zu
rgA= rgA0 < n
¨
aquivalent ist.
Korollar 4.2.4.
F¨ur jeden K¨orper K und jedesn ≥1 gibt es h¨ochstens eine Determinantenabbildung det : M(n×n, K)→K .
Beweis.
Uberf¨¨ uhre eine Matrix A durch spezielle Zeilenumformung in eine obere Dreiecksmatrix A0, wobei k Zeilenvertauschungen auftreten:
F¨ur jede Determinantenabbildung muss also gelten
detA= (−1)kdetA0 = (−1)k
Wir arbeiten ¨uber dem K¨orper K =C und betrachten die Matrix A=
Wir f¨uhren elementare Zeilenumformungen aus:
detA=−det
F¨ur jeden K¨orper K und jedesn ≥1 gibt es genau eine Determinantenabbildung detn: M(n×n, K)→K
Beweis.
der Existenz durch vollst¨andige Induktion nach n.
• Induktionsanfang: definiere
det1(a) :=a (D1)-(D3) sind in diesem Fall offensichtlich.
• F¨ur den Induktionsschritt definiere f¨ur A ∈ M(n×n, K) die folgenden n2 Streichungs-matrizen:
Wir m¨ussen nur noch die Axiome (D1)-(D3) ¨uberpr¨ufen.
(D1) Entstehe Ae aus A durch Multiplikation der k–ten Zeile mit λ ∈ K: ˜akj = λakj und
˜
aij =aij f¨ur i6=k. F¨ur die Streichungsmatrizen gilt:
• AeStrkj =AStrkj da die einzige ver¨anderte Zeile, n¨amlich diek-te Zeile, gestrichen wird.
• F¨ur i 6=k entsteht auch AeStrij aus AStrij durch Multiplikation einer Zeile mit λ ∈ K, Die Additivit¨at zeigt man analog.
(D2) M¨ogen diek–te undl–te Zeile ¨ubereinstimmen. Ohne Beschr¨ankung der Allgemeinheit sei k < l. Isti6=kundi6=l, so hatAStrij auch zwei identische Zeilen; nach Induktionsannahme folgt
detn−1AStrij = 0. Also erh¨alt man:
detnA= (−1)k+jakjdetn−1AStrkj + (−1)l+jaljdetn−1AStrlj - Aus der Gleichheit der k-ten und l-ten Zeile folgt akj =alj.
- AStrlj geht ausAStrkj durch (l−k−1) Zeilenvertauschungen hervor, also gilt detn−1AStrlj = (−1)l−k−1detn−1AStrkj
Insgesamt folgt
detnA= 0.
(D3) Die EinheitsmatrixA=En hat Eintr¨age aij =δij. Daher gilt Aus dem Satz folgt sofort der
Satz 4.2.7. Spaltenentwicklungssatz von Laplace F¨ur jede MatrixA∈M(n×n, K) gilt
Die Vorzeichen im Laplace’schen Entwicklungssatz folgen einem Schachbrettmuster.
Beispiele 4.2.8. F¨ur 3×3-Matrizen gibt es die Merkregel von Sarrus: : man berechnet f¨ur alle drei Parallelen zur Hauptdiagonalen – hier durchgehend eingezeichnet – die Produkte der Eintr¨age und addiert die Ergebnisse auf. Davon zieht man die drei Produkte der Eintr¨age auf den drei Parallelen der Nebendiagonalen – im Schema gestrichelt gezeichnet – ab.
a13
Vorsicht: in der Entwicklung der Determinante einer n×n–Matrix tretenn! Terme auf;
es gibt also keine Verallgemeinerung der Regel von Sarrus f¨ur n ≥ 4, die es erlaubt, nur mit Produkten auf Haupt- und Nebendiagonalen zu arbeiten!
Wir illustrieren die Berechnung durch Entwicklung nach der ersten Spalte:
det
Satz 4.2.9.
Die Determinante ist auch linear in jeder Spalte; d.h. f¨ur alle Spaltenvektorena1, . . . , an,a0j, a00j ∈ Kn und λ∈K gilt
det(a1. . . λaj. . . an) =λdet(a1. . . aj. . . an)
det(a1. . . a0j +a00j . . . an) = det(a1. . . aj. . . an) + det(a1. . . a00j. . . an)
Beweis.
Aus der Entwicklung nach der j–ten Spalte folgt:
det(a1. . . λaj. . . an) =
n
X
i=1
(−1)i+j(λaij) detAStrij =λdetA .
Analog zeigt man die Additivit¨at.
Satz 4.2.10.
F¨ur alleA ∈M(n×n, K) gilt det (At) = detA .
Beweis.
Wegen der Eindeutigkeit der Determinantenfunktion reicht es aus, zu zeigen, dass det :f M(n×n, K)→K
A7→detAt eine Determinantenfunktion ist.
(D1) folgt aus der Spaltenlinearit¨at in Satz 4.2.9.
(D2) WennAzwei gleiche Zeilen hat, so hatAt zwei gleiche Spalten. Also ist rg (At)< n, nach Lemma 4.2.3 muss 0 = detAt =detAf gelten.
(D3) folgt aus
detEf n= detEnt = detEn = 1.
Korollar 4.2.11.
1. Zeilenentwicklungssatz von Laplace: f¨ur jedes A∈M(n×n, K) gilt detA=
n
X
j=1
(−1)i+jaijdetAStrij , , und zwar f¨ur jedes m¨ogliche i, mit 1≤i≤n.
2. Entsteht Aeaus A durch Vertauschung zweier Spalten, so ist detAe=−detA .
Beweis.
1. Berechne detAt durch Entwicklung nach der i–ten Spalte, die ja genau die i–te Zeile von A ist. Beispiel: Entwicklung nach der ersten Zeile zur Berechnung der folgenden Determinante:
2. Dann entstehtAet aus At durch Vertauschen zweier Zeilen. Aus Satz 4.2.2(iii) folgt detAe= detAet=−detAt=−detA .
Es folgt erst recht ABx = 0, also rg (AB) < n, wiederum nach der Dimensionsformel.
Daraus folgt det(AB) = 0 und somit die behauptete Gleichung.
• Wir halten B mit detB 6= 0 fest und zeigen, dass auch die Funktion detAf := detA·B
detB
eine Determinantenfunktion ist, woraus die Behauptung wegen der Eindeutigkeitsaussage in Korollar 4.2.4 folgt.
(D1) Entsteht ˜A aus A durch Multiplikation der i–ten Zeile mit λ∈K, so ist Ae= ∆λ,i·A mit λ. Nach dem Axiom (D1) f¨ur die Determinantenfunktion det folgt
det(AB) =e λdetAB
und somit
detgAe= det (AB)e
detB =λdetAB
detB =λgdetA.
Um die Additivit¨at von det zu zeigen, schreiben wirg A=
(a1)t
... (an)t
B = (b1, . . . , bn) ,
dr¨ucken also die Matrix A durch Zeilenvektoren aj ∈ Kn und die Matrix B durch Spal-tenvektoren bj ∈Kn aus. Es gelte ai =a0i+a00i. Dann ist
A·B =
(a1)tb1 . . . (a1)tbn
... ... (an)tb1 . . . (an)tbn
= (a0i+a00i)tb1. . .(a0i+a00i)tbn
Somit folgt detAB= detA0B+ detA00B und daraus die Additivit¨at von det :g detgA= detAB
detB =detgA0+detgA00 .
(D2) Hat A zwei gleiche Zeilen, so ist rgA < n. Wegen ImAB ⊂ ImA ist rgAB < n, also det(AB) = 0, also detAf = 0.
(D3) Auch die Funktiondet ist normiert:g
detgEn= det(En·B) detB = 1 .
Korollar 4.2.13.
Ist A∈GL(n, K), so ist detA−1 = (det(A))−1. Beweis.
1 = det(En) = det A·A−1
= detA·detA−1 .
Satz 4.2.14.
F¨urA∈M(n×n, K) setze B = (bij)∈M(n×n, K) mit bij := (−1)i+jdetAStrji . Man beachte die Reihenfolgen der Indizes! Dann gilt
AB =BA = det (A)En. Ist insbesondere A invertierbar, so ist das Inverse von A gleich
A−1 = 1 detAB .
Beispiel: n= 2, K beliebig: A= nach dem Zeilenentwicklungssatz 4.2.11 f¨ur die i–te Zeile.
• Der (i, k)–te Eintrag von AB ist f¨uri6=k:
wobeiAeausAentsteht, indem man diek-te Zeile durch diei–te Zeile ersetzt. Dies ¨andert nicht die Streichungsmatrix, da die k-te Zeile dort ohnehin gestrichen wird. Beim Ma-trixelementeakj haben wir eine entsprechende ¨Anderung des Index vorgenommen. Wegen i6=k hat Aezwei Zeilen mit identischen Eintr¨agen, also ist detAe= 0.
• Aus dem Spaltenentwicklungssatz folgen die analogen Aussagen f¨ur das Produkt B ·A.
Satz 4.2.15. Cramersche Regel
Seiena1, . . . , an, b∈Knund sei die MatrixA= (a1, . . . , an) invertierbar. Dann ist die eindeutige L¨osungx∈Kndes inhomogenen linearen Gleichungssystems vonnGleichungen f¨urnVariablen
Ax=b gegeben durch
xi = det (a1, . . . , ai−1, b, ai+1, . . . , an) detA
Beweis.
• Das lineare Gleichungssystem Ax=b hat die eindeutige L¨osung x=A−1b
Wir zeigen nun die Identit¨at
(−1)i+jdetAStrji = det (a1, . . . , ai−1, ej, ai+1, . . . , an). Sie folgt aus
(a1, . . . , ai−1, ej, ai+1, . . . , an) =
a1,1 . . . ai−1,1 0 ai+1,1 . . . an,1
... ... ...
a1,j . . . ai−1,j 1 ai+1,j . . . an,j 0
...
a1,n . . . ai−1,n 0 ai+1,n . . . an,n
und Entwicklungssatz nach der i-ten Spalte. Aus der Linearit¨at der Determinante und b =
n
X
j=1
bjej
folgt sofort xi = 1
detA
n
X
j=1
det (a1, . . . , ai−1, ej, ai+1, . . . , an)bj = 1
detAdet (a1, . . . , ai−1, b, ai+1, . . . , an).
Betrachtung 4.2.16.
1. ¨Ahnliche Matrizen haben die gleiche Determinante. Denn gilt Ae=T ·A·T−1
mit T ∈GL(n, K), so ist nach dem Determinantenmultiplikationssatz 4.2.12 detAe= detT ·detA·detT−1 = detA .
2. IstV ein n–dimensionaler K–Vektorraum und Φ : V →V ein Endomorphismus, sind B und B0 zwei geordnete Basen von V, so sind die beiden darstellenden Matrizen
MBB(Φ) und MBB00(Φ)
¨ahnlich und haben somit die gleiche Determinante.
Definition 4.2.17
F¨ur einen EndomorphismusΦ : V →V eines endlich–dimensionalen Vektorraums V heißt det (Φ) := det MBB(Φ)
Determinante von Φ, wobeiB eine beliebige geordnete Basis von V ist.
Bemerkungen 4.2.18.
1. F¨ur Endomorphismen Φ,Ψ : V →V gilt:
(a) det Φ6= 0⇔Φ ist Automorphismus.
(b) det (Φ−1) = det Φ1 f¨ur alle Automorphismen Φ.
(c) det (Φ◦Ψ) = det (Φ)det (Ψ)
2. Sei nunV =R2. F¨ur eine Drehung Φ =Rθ um den Ursprung ist det Φ = det (M(Rθ)) = det
cosθ −sinθ sinθ cosθ
= cos2θ+ sin2θ = 1.
F¨ur eine Spiegelung Φ =Sθ an einer Ursprungsgeraden ist det Φ = det (M(Sθ)) = det
cos 2θ sin 2θ sin 2θ −cos 2θ
=−cos22θ−sin22θ=−1.