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Determinanten der mikro-sozialen Umwelt

2 Das Konzept väterlichen Sorgehandelns in

5.2 Determinanten der mikro-sozialen Umwelt

Die mikro-soziale Umwelt des Vaters besteht zunächst aus seinem familialen Umfeld.

Dazu zählen Mitglieder seiner getrennt lebenden Familie ebenso wie potentielle neue Familienmitglieder, sprich eine neue Partnerin oder andere Kinder im Haushalt. Neben anderen Lebensbereichen wie der Freizeit oder Berufstätigkeit konkurrieren die getrennt lebenden unterhaltsberechtigten Kinder dabei mit anderen Familienmitgliedern um die knappen Ressourcen des Vaters: Zeit und Geld. So argumentiert z.B. auch Becker (1985:

111):

„Die Zuwendung, die jedem Kind zu Teil wird, könnte abnehmen, wenn die Zahl der Kinder, die Zu-wendung brauchen, steigt.“

Dies gilt für finanzielle, zeitliche und sozio-emotionale Zuwendung gleichermaßen. Eine wichtige Gruppe dieser „konkurrierenden“ Familienmitglieder sind dabei die Kinder im Haushalt des Vaters. Durch die Anwesenheit von Kindern im väterlichen Haushalt be-kommt dieser die Möglichkeit, seine Vaterrolle innerhalb seines unmittelbaren Umfelds auszuleben. Kinder, die im alltäglichen Leben physisch nur zu bestimmten Besuchszeiten präsent sind, könnten in den Hintergrund geraten. Damit könnte der väterliche Wunsch nach einem engen Kontakt zu den externen Kindern eingeschränkt werden. Das Konkurrieren um Ressourcen ist dabei nicht auf die finanziellen beschränkt. Zeitliche Be-anspruchungen verringern die Intensität des Kontaktes zum abwesenden Elternteil (Braver et al. 1993: 99; Palkovitz 1997: 213). Skevik (2006: 119) spricht in diesem Zusammen-hang von der ‘social parenting perspective’.

“We would expect contact to wane when the father establishes a new relationship, and most certainly if the new partner brings her own children into the household. This perspective emphasises social parenting over biological parenthood, and suggests that fathers involve in ‘serial parenting’ – that they parent the children who are at any point in time living in their household” (Skevik 2006a: 119).

Tab. 5.5.: Hypothesen zur Zahl der Kinder im väterlichen Haushalt.

KiHH_1 Mit steigender Zahl unterhaltsberechtigter Kinder im väterlichen Haushalt sinkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

KiHH_2 Mit steigender Zahl unterhaltsberechtigter Kinder im väterlichen Haushalt nimmt die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen zu.

Auch „neue“ eigene Kinder, die der Vater gemeinsam mit einer neuen Partnerin hat, können ein höheres väterliches Engagement „zu Hause“ auslösen als über Haushalts-grenzen hinweg. Mit zunehmender Zahl der Kinder im väterlichen Haushalt sinkt daher

die Wahrscheinlichkeit eines intensiveren väterlichen Kontakts, ferner steigt die Gefahr von Zahlungsschwierigkeiten.

Ähnliche Überlegungen wie für die Kinder im Haushalt gelten auch für die vom Vater getrennt lebenden Kinder, die unterhaltsberechtigt sind. Je nach Anzahl der „externen“

unterhaltsberechtigten Kinder verändern sich die „Kosten“, die mit dem Aufrechterhalten eines intensiven Vater-Kind-Verhältnisses bzw. den Unterhaltszahlungen verbunden sind.

Das bedeutet, die getrennt lebenden Kinder und gegebenenfalls die Kinder im väterlichen Haushalt konkurrieren um die knappen zeitlichen und finanziellen Ressourcen des Vaters.

Es wird somit von folgendem Zusammenhang ausgegangen: Je höher die finanzielle Be-lastung aufgrund von verschiedenen Unterhaltsverpflichtungen ist, desto eher können Zahlungsschwierigkeiten auftreten. Ferner wird ein negativer Einfluss einer hohen Zahl getrennt lebender Kinder auf die Wahrscheinlichkeit einer hohen väterlichen Involviertheit angenommen.

Tab. 5.6.: Hypothesen zur Zahl der Kinder außerhalb des väterlichen Haushalts.

ExtKi_1 Mit steigender Zahl unterhaltsberechtigter Kinder außerhalb des väterlichen Haushalts sinkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

ExtKi_2 Mit steigender Zahl unterhaltsberechtigter Kinder außerhalb des väterlichen Haushalts nimmt die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen zu.

Neben den an- und abwesenden Kindern im väterlichen Haushalt zählen die aktuellen Partnerschaften beider Elternteile als wichtiger Bestandteil der väterlichen sozialen Um-welt. Die Integration des abwesenden Elternteils in die Erziehung des Kindes ist abhängig von den aktuellen Beziehungssituationen (Depner/Bray 1993b: 192; Braver et al. 1993:

97).74

Eine neue Partnerschaft des Vaters erfordert emotionale, soziale und zeitliche Res-sourcen, die ihm für sein unterhaltsberechtigtes Kind nicht mehr zur Verfügung stehen (Skevik 2006a: 119). Damit sinkt die Intensität des väterlichen Engagements. Neben der zusätzlichen Konkurrenz um väterliche Ressourcen kann die neue Partnerin das Sorge-handeln des getrennt lebenden Vaters selbst fördern aber auch behindern, indem sie dessen Notwendigkeit befürwortet oder ablehnt und damit den Vater motiviert bzw. hemmt. Es wird davon ausgegangen, dass eine neue Partnerschaft des Vaters eine hohe Intensität des

74 Dabei heiraten bis zu 85% der Männer nach der Scheidung erneut, während ihre Zahlungsverpflichtungen für frühere Familien weiter bestehen. Dieser Anteil ist höher als bei den Frauen (Bray/Berger 1993: 164).

väterlichen Engagements unwahrscheinlicher werden lässt. Das Leisten von Unterhalt wird weniger von den emotionalen und sozialen Ressourcen, die in die neue Beziehung investiert werden, beeinflusst als von den aufgewendeten finanziellen Mitteln. Auch hier wirkt sich die Existenz einer neuen Partnerschaft negativ auf die Wahrscheinlichkeit ver-lässlicher Unterhaltsleistungen aus.

Tab. 5.7: Hypothesen zur Partnersituation des Vaters.

BezVa_1 Eine neue Partnerin des Vaters senkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen väterlichen Engagements gegenüber dem externen Kind.

BezVa_2 Eine neue Partnerin des Vaters steigert die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen.

Hat die Mutter einen neuen Partner, der gegebenenfalls im gemeinsamen Haushalt wohnt, kann für das Kind eine neue Vaterfigur im direkten sozialen Umfeld entstehen. Die Funk-tion, die vorher (im Idealfall) der getrennt lebende Vater innerhalb der familialen Struk-turen eingenommen hat, kann u.U. verbunden mit physischer Anwesenheit vom neuen Partner der Mutter ausgefüllt werden (Bray/Berger 1993: 165). Der mögliche Rückgang des Engagements des abwesenden Vaters kann dabei unterschiedlich begründet sein. Zum einen kann der Vater sich aus eigenem Antrieb zurückziehen, um z.B. das Kind zu schonen.75 Zum anderen kann die Mutter ein Interesse daran haben, den kindlichen Kon-takt zum leiblichen Vater zu unterbinden, um damit ihr „neues“ Familienleben zu schüt-zen.76 Gleichzeitig kann jedoch auch vermutet werden, dass die Mutter den Kontakt zum Kindsvater unterstützt, um auf diese Weise zeitliche Freiräume für ihre neue Partnerschaft zu schaffen (Skevik 2006a: 120). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch die Perspektive des Vaters. Für ihn kann die Anwesenheit eines „neuen Vaters“ im Haushalt

„seiner alten Familie“ mit zusätzlichen emotionalen Kosten verbunden sein, die sich ne-gativ auf die Wahrscheinlichkeit eines intensiven Kümmerns auswirken.

Gleichzeitig – und dies ist eher ein Argument mit Blick auf die inneren Bedingungen und Einstellungen des Vaters – kann der Vater die Einsicht in seine finanzielle Verpflichtung verlieren aufgrund eines – aus seiner Sicht – „neuen Ernährers“ in seiner getrennt

75 Die durch die Trennung der Eltern und den Verlust der Familie erlittenen Schmerzen und Leiden werden mit Besuchen bei Kind und Vater aktualisiert (Braver et al. 1993: 93). Der Vater kann es für die Erziehung des Kindes als schädlich empfinden, wenn das Kind aus seiner alltäglichen Routine herausgerissen wird.

Amendt (2004: 216ff.) spricht in diesem Zusammenhang vom „heroischen Verzicht dem Kind zuliebe“.

76 Zur Gate Keeper-Funktion der Kindesmutter wird im folgenden Abschnitt detaillierter Stellung ge-nommen.

den Familie.77 Dies hat zur Folge, dass der Vater nicht mehr zahlen will, obwohl er dies möglicherweise kann.

Insgesamt wird daher theoretisch erwartet, dass sich ein neuer Partner im mütterlichen Haushalt negativ auf das Sorgehandeln des Nachtrennungsvaters in Form von Care aus-wirkt. Gleichzeitig erhöht sich damit die Wahrscheinlichkeit von Problemen im Zahlungs-verhalten des abwesenden Vaters.

Tab. 5.8: Hypothesen zur Partnersituation der Mutter.

BezMu_1 Eine aktuell bestehende Partnerschaft der Mutter senkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen väterlichen Engagements gegenüber dem externen Kind.

BezMu_2 Eine aktuell bestehende Partnerschaft der Mutter erhöht die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen.

Die vorangestellten Ausführen weisen bereits auf die Bedeutung des Verhältnisses zwischen den beiden Elternteilen für das väterliche Sorgehandeln hin. Dabei können unterschiedliche Zeitpunkte zur Evaluation der elterlichen Beziehung herangezogen werden. Wesentlich für das aktuelle Handeln des Vaters ist zunächst sein Verhältnis zur Kindesmutter im Zeitpunkt der Befragung, aber auch die elterliche Beziehung vor und während der Trennung ist von Bedeutung.

Die Familienkonstellation vor der Trennung umfasst das ehemalige Zusammenleben so-wie den Familienstand der elterlichen Partnerschaft vor ihrem Scheitern. Sie stellt ein In-diz für die Qualität der damaligen Beziehung dar. Mit der veränderten Bedeutung der Institution Ehe wird heute kontrovers darüber diskutiert, ob eine nicht-eheliche Lebens-gemeinschaft weniger gefestigt ist als eine Ehe. Im Zusammenhang mit der Realisierung von Kinderwünschen kommt der Ehe immer noch eine große Bedeutung zu (Vaskovics et al. 1997: 178). Familienplanung findet i.d.R. immer noch innerhalb institutionalisierter Beziehungen statt, die bereits von längerer Dauer und gefestigter Qualität sind. Die Ent-scheidung eine Ehe einzugehen ist eine bedeutende für den Lebensverlauf. Sie kann als Verbindlichkeitsindikator interpretiert werden.

Des Weiteren führt je nach Familienkonstellation der Trennungsprozess zu einem unter-schiedlichen Aufwand und verschiedenen Konsequenzen für die Vater-Kind-Beziehung.

77 Ein neuer Partner und eventuell (sozialer) Vater kann jedoch auch das Gegenteil beim Nachtrennungsvater auslösen. Aus Angst seine Position als Vater beim Kind zu verlieren, verstärkt er sein sozio-emotionales Engagement ebenso wie seine finanzielle Unterstützung. Die empirische Analyse wird zeigen in welche Richtung der angenommene Zusammenhang tatsächlich wirkt.

Haben die Eltern keinen gemeinsamen Haushalt geführt, so bringt eine Trennung mit Blick auf die Wohnungssituation wenig Veränderungen mit sich. Der Scheidungsprozess, der mit hohem Regelungsbedarf verbunden ist, kann längerfristige – im Streitfall negative - Effekte auf die einzelnen Beziehungen innerhalb der Nachtrennungsfamilie haben (Bray/Berger 1993: 160). Der Faktor des Formalisierungsgrades der elterlichen Partner-schaft kann ferner als ein Aspekt der inneren Bedingungen interpretiert werden. Eine engere Bindung an die Mutter bzw. eine stärkere Verbindlichkeit der Partnerschaft kann zu einem höheren finanziellen wie auch sozio-emotionalen Verantwortungsgefühl führen und damit das väterliche Engagement stärken. So argumentiert auch Skevik (2006a: 118):

“It is frequently argued that fathers who have taken on the responsibilities of marriage – ‘invested’ in a wedding and promises of a joint future – will feel a deeper commitment to their families, including children, than men who have fathered children without such prior commitment.”

Dahinter steht die Annahme, dass die Verbindlichkeit der elterlichen Beziehung bzw. das väterliche Verantwortungsbewusstsein vor der elterlichen Trennung sich auch danach durchsetzt. Dies impliziert ferner, dass weniger institutionalisierte Partnerschaften eine höhere Wahrscheinlichkeit eines geringeren väterlichen Kontakts aufweisen. Skevik (2006a: 118) spricht in diesem Zusammenhang von der “marital involvement hypothesis”, die sich auch im vorliegenden theoretischen Modell begründen lässt. Ähnliche Über-legungen können auf die väterliche Zahlungspraxis übertragen werden. Mit höherer Ver-bindlichkeit der elterlichen Partnerschaft sieht sich der Vater gegebenenfalls finanziell stärker in der Pflicht.

Tab. 5.9: Hypothesen zur Familienform der Eltern vor der Trennung.

FamKon_1

Mit steigender Formalisierung der früheren Partnerschaft zwischen den Eltern nimmt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters zu.

FamKon_2 Mit steigender Formalisierung der früheren Partnerschaft zwischen den Eltern sinkt die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen.

Die vorangegangene Argumentation zum Institutionalisierungsgrad der elterlichen Part-nerschaft vor der Trennung kann für die Determinante der Dauer der elterlichen Be-ziehung übernommen werden. Dabei gilt hier, dass die Verbindlichkeit der BeBe-ziehung mit zunehmender zeitlicher Dauer ansteigt. Des Weiteren kann angenommen werden, dass je länger die elterliche Partnerschaft – insbesondere in Form einer Haushaltsgemeinschaft – besteht, desto mehr Zeit hatte der Vater eine Beziehung zum Kind aufzubauen und diese

zu intensivieren.78 Eine starke Vater-Kind-Bindung vor der Trennung wirkt sich positiv auf die Wahrscheinlichkeit einer intensiven Beziehung nach der Trennung aus. So wird hier davon ausgegangen, dass mit zunehmender Beziehungsdauer die Wahrscheinlichkeit eines intensiven Kümmerns in Form von Care ansteigt. Der Einfluss auf die Zahlungs-praxis wird mit den gleichen Argumenten begründet wie bei der elterlichen Familien-konstellation vor der Trennung. Es wird ein positiver Zusammenhang zwischen Dauer der Beziehung und vollständigen Unterhaltszahlungen angenommen.

Tab. 5.10.: Hypothesen zur Dauer der Beziehung vor der Trennung.

DurBez_1 Mit steigender Beziehungsdauer der Eltern vor der Trennung steigt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

DurBez_2 Mit steigender Beziehungsdauer der Eltern vor der Trennung sinkt die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen.

Neben dem Status der elterlichen Beziehung vor der Trennung zählt das Verhältnis der Eltern während des Trennungsprozesses als ein wichtiger Bestandteil der sozialen Umwelt des Vaters. Die Festlegung des Unterhalts und des Sorge- bzw. Umgangsrechts werden hier als Indikatoren für das elterliche Verhältnis während der Trennung interpretiert.

Der Entscheidungsprozess birgt aufgrund unterschiedlicher Interessen und einem i.d.R.

ohnehin angespannten – emotionalen - Verhältnis zwischen den Elternteilen ein hohes Konfliktpotenzial in sich. Einvernehmlich getroffene Regelungen deuten darauf hin, dass die Eltern die partnerschaftlichen Konflikte entweder in Maßen halten oder die Ebene der Paarbeziehung von der Elternebene trennen können. Die zwischen Vater und Mutter ge-teilte Betreuung der Kinder ist weniger emotional belastet, wenn sich beide Elternteile gemeinsam auf diese Form des Sorgerechts geeinigt haben. Die konsensuale Festlegung von Unterhalt und Sorge- bzw. Umgangsrecht, so die Annahme hier, fördert die Wahr-scheinlichkeit eines hohen Niveaus väterlichen Engagements. Auf die Leistung von Unterhalt hat die Sorgerechtsfestlegung keinen Einfluss. Dagegen deuten geringe Kon-flikte bei der Unterhaltsregelung darauf hin, dass der Vater seine finanzielle Verant-wortung anerkennt sowie die Höhe des Unterhalts als gerechtfertigt betrachtet. Als un-gerecht empfundene Unterhaltsforderungen führen eher zu Zahlungsschwierigkeiten.

78 Hier ist einschränkend anzumerken, dass dies nur gilt, wenn die Trennung nicht kurz nach der Geburt des Kindes stattgefunden hat. Ein besserer Indikator wäre hier das Alter des Kindes. Dieses ist aufgrund metho-discher Unsicherheiten jedoch nicht in allen Untersuchungen als Variable verfügbar. Des Weiteren kann angenommen werden, dass die Intensität des väterlichen Engagements mit steigendem Kindesalter ab einem gewissen Punkt aufgrund „normaler“ Abnabelungsprozesse wieder sinkt.

Tab. 5.11.: Hypothesen zur Unterhalts- und Sorge- bzw. Umgangsfestlegung.

FestUH_1 Mit steigendem Konfliktpotential im Rahmen der Unterhaltsfestlegung sinkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

FestUH_2 Mit steigendem Konfliktpotential im Rahmen der Unterhaltsfestlegung nimmt die Wahrscheinlichkeit von Unterhaltsproblemen zu.

FestSR_1 Mit steigendem Konfliktpotential im Rahmen der Sorgerechtsfestlegung sinkt die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

FestSR_2 Das Konfliktpotential im Rahmen der Sorgerechtsfestlegung hat keinen Einfluss auf mögliche Unterhaltsprobleme.

Neben dem Prozess der Festlegung bestimmter Regelungen während der Trennung spielt das Ergebnis dieser Aushandlungen eine wichtige Rolle für die sozio-emotionale Sorge-praxis des Vaters. Der Einfluss des tatsächlich festgelegten Sorge- und Umgangsrechts ist theoretisch sehr einsichtig. Ein gemeinsam ausgeübtes Sorgerecht gibt Vätern eine Legitimationsgrundlage für einen intensiven Kontakt zu ihrem Kind. Bei alleinigem Sorgerecht der Mutter ist der Vater darauf angewiesen, dass seine Ex-Partnerin ein väter-liches Engagement über den festgelegten Umgang hinaus zulässt.79 Mit der Festlegung von Sorge- und Umgangsrecht wird manifestiert, wie viel der Vater sich (mindestens) kümmern kann. Die Unterhaltspraxis sollte dagegen nicht vom festgelegten Umgang be-einflusst werden.80

Tab. 5.12.: Hypothesen zur festgelegten Form des Sorge- bzw. Umgangsrechts.

Sorge_1 Ein geteiltes Sorgerecht der Eltern erhöht die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

Sorge_2 Ein geteiltes Sorgerecht der Eltern hat keinen Einfluss auf mögliche Unterhaltsprobleme.

79 Innerhalb einer deutschen Studie ergab sich, dass Probleme mit den Besuchsterminen seltener auftreten, wenn die Verantwortung gegenüber den Kindern nach der Trennung gemeinsam übernommen wird. Das gemeinsame Sorgerecht hat eine positive Auswirkung auf die Normalisierung der Situation innerhalb der Nachtrennungsfamilie (Amendt 2003: 86).

80 An dieser Stelle kann eingewandt werden, dass das väterliche Care und Cash in einem engen Zusammen-hang stehen (könnten). Ein Vater, der kaum Umgang zu seinem Kind aufgrund des festgelegten Sorgerechts hat, könnte wenig Einsicht in seine Zahlungsverpflichtung haben. Einige Autoren gehen von einem trade off zwischen Unterhaltszahlungen und einer hohen Kontakthäufigkeit aus (u.a. Bradshaw et al. 1999: 227).

Bisher konnte die Richtung des angenommenen Zusammenhangs empirisch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die folgende Analyse betrachtet Cash separat von Care. Das Verhältnis zwischen beiden Dimen-sionen väterlichen Sorgehandelns wird in Kap. 9.4 Väterliches Sorgehandeln: Das Verhältnis von Care und Cash dargestellt.

Als letzter Aspekt der elterlichen Beziehung erscheint das Verhältnis im Zeitpunkt der Befragung, also nach der Trennung, von Bedeutung. In der Literatur wird der Kindsmutter häufig eine “gate keeper“-Funktion zugesprochen: Sie ist es, die das väterliche Sorge-handeln - in welcher Form auch immer - zulassen muss.81 Dies kann sich besonders in Nachtrennungsfamilien aufgrund der emotional angespannten Situation schwierig ge-stalten. Die mütterliche Einflussnahme stellt damit eine wichtige Determinante väterlichen Sorgehandelns dar. Ein freundschaftliches Verhältnis zur Kindesmutter senkt die emo-tionalen Belastungen, die ein Vater gegebenenfalls mit der Aufrechterhaltung der Be-ziehung zu seinem Kind nach der elterlichen Trennung verbindet. Ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Eltern erleichtert ferner Absprachen und gemeinsame Entschei-dungen, die das Kind betreffen. Insgesamt sollte eine gute Beziehung zwischen den Eltern die Wahrscheinlichkeit eines intensiven Kontakts des Vaters zum getrennt lebenden Kind erhöhen. So lange er annimmt, den Unterhalt zu Gunsten des Kindes zu zahlen und dieser aus seiner Perspektive nicht primär der Mutter zugute kommt, sollte das freundschaftliche Verhältnis der Eltern keine Auswirkungen auf das Leisten von Unterhaltszahlungen haben.

Tab. 5.13.: Hypothesen zum freundschaftlichen Verhältnis der Eltern.

Freund_1 Ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Eltern nach der Trennung erhöht die Wahrscheinlichkeit eines hohen sozio-emotionalen Engagements des Vaters.

Freund_2 Ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Eltern nach der Trennung hat keinen Einfluss auf mögliche Unterhaltsprobleme.

Innerhalb des Handlungsmodells von Kühnel/Bamberg wirken sich neben der physischen und sozialen Umwelt des Vaters ferner das individuelle Überzeugungssystem auf den Framing- und Selektionsprozess aus.