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Der Anteil der Proband*innen, die keine negativen Kindheitserfahrungen gemacht hatte, lag bei 62,2 % (N = 138). Somit gaben 84 Studienteilnehmer*innen (37,8%) an, zumindest ein ACE erlebt zu haben. Unter den Proband*innen, die ACEs erlebten, waren ein und zwei ACEs am häufigsten (N = 33). Vier oder mehr ACEs erlebten N = 15 Studienteilnehmer*innen. Die folgende Tabelle 2 veranschaulicht die Häufigkeitsverteilung der negativen Kindheitserfahrungen über die Stichprobe hinweg.

Tabelle 2: Häufigkeitsverteilung der ACEs in der Stichprobe

KERF_MULTI Häufigkeit Prozent Kumulierte Prozent

0 138 62.2 62.2

1 49 22.1 84.2

2 14 6.3 90.5

3 6 2.7 93.2

4 6 2.7 95.9

5 3 1.4 97.3

6 3 1.4 98.6

7 2 .9 99.5

8 1 .5 100

Gesamt 222 100

Anmerkung. N = 222. KERF_MULTI = Multi Score der ACEs

Im anschließenden Abschnitt werden die Hypothesen überprüft. Dabei wird innerhalb der Stichprobe in belastete und unbelastete Proband*innen unterschieden. Als unbelastete Teilnehmer*innen gelten jene, die in der oben aufgeführten Tabelle 2 einen Wert von 0 erreichten.

59 8.2 Hypothesenprüfung

Hypothese 1: Negative Kindheitserfahrungen wirken sich auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter aus

H 1.1: Proband*innen ohne negative Kindheitserfahrungen unterscheiden sich von Proband*innen mit einem ACE oder mehreren ACEs in Bezug auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter

Diese Hypothese wurde mit Hilfe eines t – Tests für unabhängige Stichproben berechnet. Die Ergebnisse der Berechnung werden in den Tabellen 3 dargestellt.

Tabelle 3: Gruppenstatistik der Testgruppen in Bezug auf PTBS Symptomatik

ACE N M SD SE

PTBS 0 138 6.77 8.27 .70

1 84 12.58 11.94 1.30

Anmerkung. N = 222, PTBS = Summenscore der PTBS Skala, ACE Gruppe 0 = ohne ACE, ACE Gruppe 1 = mit einem oder mehreren ACEs, SE = Standardfehler des Mittelwerts.

Die Berechnung der Varianzhomogenität durch den Levene-Test ergab ungleiche Varianzen (p = .000). Tabelle 4 liefert die Ergebnisse des T-Tests für unabhängige Stichproben zwischen den Gruppen der unbelasteten und belasteten Proband*innen in Bezug auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter.

Tabelle 4: T-Test bei unabhängigen Stichproben

t df

p

(2-seitig) d CI (95%) PTBS -3.93 131.76 .000*** -0.543 [-8.75; -2.88]

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001, PTBS = Summenscore der PTBS Skala, d = Cohen’s d, CI = Konfidenzintervall.

Menschen, die kein ACE durchlebten (M = 6.77; SD = 8.27), unterscheiden sich höchst signifikant von Menschen mit einem oder mehreren ACEs (M = 12.58; SD = 11.94) in Bezug auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter (t = -3.93; p = .000). Die Gruppe der belasteten Proband*innen hat hierbei eine höhere PTBS Symptomatik als die Gruppe der Unbelasteten (siehe Tabellen 3 und 4).

Die Hypothese 1.1 wird angenommen.

60 H 1.2: Je mehr negative Kindheitserfahrungen vorliegen, desto stärker ist die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter ausgeprägt

Die Berechnung des Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman konnte einen höchst signifikanten moderaten Zusammenhang zwischen der Gesamtzahl der belastenden Kindheitserfahrungen und der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter feststellen (rs = .30;

p = .000). Tabelle 5 zeigt die Ergebnisse der Berechnung. Menschen mit einem höheren Ausmaß an belastenden Kindheitserfahrungen haben eine signifikant stärker ausgeprägte PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter (siehe Tabelle 5).

Tabelle 5: Spearman Korrelation der PTBS Symptomatik und Belastungsschwere KERF

MULTI PTBS

rs ,30***

p (1-seitig) ,000

N 222

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001, PTBS = Summenscore der PTBS Skala, KERF MULTI = Multiscore der ACEs.

Die Hypothese 1.2 wird angenommen.

H 1.3: Ein bis drei ACEs gehen mit einer niedrigeren PTBS Symptomatik einher als vier bis sieben

Die Testung auf Varianzhomogenität ergab, dass die Varianzen der Gruppen ungleich sind (p

= .000). Die folgenden Tabellen 6 und 7 zeigen die Ergebnisse der ANOVA zwischen den Belastungsgruppen und der PTBS Symptomatik.

61 Tabelle 6: Deskriptive Statistik der Belastungs – Testgruppen

Gruppe N M SD SE CI (95%) Min Max

0 138 6.77 8.27 .70 [5.78; 8.16] .00 47.00

1 69 10.99 11.24 1.35 [8.29; 13.69] .00 43.00

2 15 19.93 12.71 3.28 [12.90; 26.97] 1.00 45.00

Gesamt 222 8.97 10.20 .68 [7.62; 10.32] .00 47.00

Anmerkung. N = 222, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall. Gruppe 0 = kein ACE, Gruppe 1 = 1 bis 3 ACEs, Gruppe 2 = 4 oder mehr ACEs.

Den größten Anteil haben Proband*innen, die kein ACE erlebten (N = 138). Ein bis drei ACEs erfuhren 69 Teilnehmer*innen. Den geringsten Teil der Stichprobe bildeten jene 15 Proband*innen, die vier oder mehr ACEs erlitten (siehe Tabelle 6).

Tabelle 7: Einfaktorielle ANOVA der Belastungs – Testgruppen

Quadrat-summe df

Mittel der

Quadrate F p

Zwischen den Gruppen

2752.28 2 1376.140 14.90 .000***

Innerhalb der Gruppen 20232.50 219 92.39

Gesamt 22984.78 221

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001.

In Tabelle 7 wird der Vergleich zwischen den Gruppen dargestellt. Es zeigt sich ein hoch signifikanter Gruppenunterschied (F (2, 219) = 14.90, p = .000). Eine genauere Beschreibung der Gruppenunterschiede liefert der Post – Hoc – Test nach Gabriel (siehe Tabelle 8). Dieser Test verdeutlicht, dass die Gruppe der unbelasteten Proband*innen hoch signifikant weniger PTBS Symptomatik aufzeigen, als die Gruppe der mittelgradig belasteten (M = 6.77 < M = 10.99; p = .008). Im Vergleich zu den schwerbelasteten Proband*innen hat die Gruppe der unbelasteten erneut eine höchst signifikant geringere PTBS Symptomatik (M = 6.77 < M = 19.93; p = .000). Zwischen den Gruppen schwer und mittelgradig belastet konnte gezeigt werden, dass die schwerbelasteten Proband*innen hoch signifikant stärker unter PTBS Symptomatik leiden, als die Vergleichsgruppe (M = 10.99 < M = 19.93; p = .002).

62 Tabelle 8: Testung der Unterschiede zwischen den Belastungs – Testgruppen nach Gabriel

Gruppe Gruppe

Mittlere Differenz

der Gruppen SE p CI (95%)

0 1 -4.22 1.42 .008** [-7.58; -.86]

2 -13.17 2.61 .000*** [-18.78; -7.55]

1 0 4.22 1.42 .008** [.86; 7.78]

2 -8.95 2.74 .002** [-15.14; -2.76]

2 0 13.17 2.61 .000*** [7.55; 18.78]

1 8.95 2.74 .002** [2.76; 15.14]

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. Gruppe 0 = ohne ACE, Gruppe 1 = mit 1 bis 3 ACEs, Gruppe 2 = 4 oder mehr ACEs, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall.

Die Hypothese 1.3 wird angenommen.

Hypothese 2: Der Zeitpunkt der ersten negativen Kindheitserfahrungen hat einen Einfluss auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter.

H 2.1: Je früher traumatische Ereignisse erstmalig auftreten, desto stärker ist die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter

Für die Berechnung der Hypothese wurde eine Spearman Korrelation zwischen den einzelnen Altersstufen der KERF Skala (KERF_MULTI_1 bis 18) und der PTBS Symptomatik berechnet. Anschließend wurde das Alter beim ersten ACE mit der PTBS Skala korreliert.

Die Ergebnisse werden in den folgenden Tabellen 9, 10 und 11 dargestellt.

63 Tabelle 9: Spearman - Korrelationen zwischen PTBS und Altersstufen

PTBS KERF_MULTI

_ALTER N rs p

1 222 .08 .130

2 222 .13 .028*

3 222 .15 .014*

4 222 .16 .009**

5 222 .16 .007**

6 222 .21 .001**

7 222 .20 .001**

8 222 .21 .001**

9 222 20 .002**

10 222 .22 .000***

11 222 .21 .001**

12 222 .20 .001**

13 222 .20 .002**

14 222 .22 .000***

15 222 .18 .004**

16 222 .16 .008**

17 222 .19 .002**

18 222 .18 .004**

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001, KERF_MULTI_ALTER = Altersstufen der KERF Skala.

Die einzelnen Altersstufen zeigen signifikante, schwache bis moderate Zusammenhänge zwischen den Alterststufen und der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter (rs = .13 bis .22; p < .028). Proband*innen mit ACEs in den Altersstufen 2 bis 18 hatten mehr PTBS Symptome. Die einzige Ausnahme dabei ist die Altersstufe 1, für die kein signifikantes Ergebnis errechnet werden konnte (rs = .08; p = .130; siehe Tabelle 9). Die Ergebnisse der Spearman Korrelation zwischen dem Alter beim erste ACE und der PTBS Symptomatik wird in der folgenden Tabelle 10 dargestellt.

64 Tabelle 10: Spearman Korrelation zwischen PTBS und Alter

ACEAlt ACEAlt = Alter der ersten negativen Kindheitserfahrung,

PTBS = Score der PTBS Skala.

Die Berechnung des Zusammenhangs zwischen dem Alter der ersten negativen Kindheitserfahrung und der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter lieferte kein signifikantes Ergebnis (rs = -.03; p = .409; siehe Tabelle 10).

Um den Zusammenhang zwischen der Summe von negativen Kindheitserfahrungen, dem Zeitpunkt der ersten negativen Kindheitserfahrung und der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter genauer zu verstehen, wurde post - hoc die Korrelation zwischen der Belastungsschwere und dem Zeitpunkt errechnet, da das Zusammenspiel dieser Variablen noch nicht genauer beleuchtet wurde (siehe Tabelle 11).

Tabelle 11: Spearman Korrelation der Belastungsschwere und dem Alter des ersten ACEs

ACEAlt ACEAlt = Alter der ersten negativen Kindheitserfahrung.

Die Berechnung in Tabelle 11 zeigt, dass die Belastungsschwere signifikant negativ mit dem Alter der ersten negativen Kindheitserfahrung zusammenhängt (rs = -.247; p = .018). Steigt also die Belastungsschwere an, sinkt das Alter des ersten ACEs.

Die Hypothese 2.1 wird abgelehnt.

H 2.2: Erste negative Kindheitserfahrungen bis zum siebten, vom achten bis zum 13.

und ab dem 14. bis zum 19. Lebensjahr stehen in einem Zusammenhang mit der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter

65 Zur Berechnung der Hypothese 2.2. wurde eine einfaktorielle Varianzanalyse verwendet. Der Levene – Test ergab eine Gleichheit der Varianzen (p = .512). Um ein genaueres Verständnis der Gruppenzusammenhänge zu erhalten, wird der Post – Hoc – Test nach Gabriel angewendet. Die Tabellen 12, 13, 14 und 15 beinhalten die deskriptive Gruppenstatistik und die Ergebnisse der Berechnungen.

Tabelle 12: Deskriptive Statistik der Alters - Testgruppen in Bezug auf PTBS

Gruppe N M SD SE CI (95%) Min Max

1,00 42 13.55 12.82 1.98 [9.55; 17.54] .00 45.00

2,00 24 11.38 12.32 2.52 [6.17; 16.58] .00 37.00

3,00 15 10.40 9.01 2.33 [5.41; 15.39] .00 24.00

Gesamt 81 12.32 11.99 1.33 [9.67; 14.97] .00 45.00

Anmerkung. SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall, Gruppe 1 = erste ACE bis 6, Gruppe 2 = erstes ACE von 7 bis 12, Gruppe 3 = erstes ACE ab 13.

Erste negative Kindheitserfahrungen vor dem siebten Lebensjahr erlebten N = 42 Proband*innen. Im Alter von acht bis zwölf Jahren widerfuhr 24 Studienteilnehmer*innen das erste ACE. Ab 13 Jahren erlebten 15 Menschen ein ACE zum ersten Mal (siehe Tabelle 12).

In Tabelle 13 werden die Ergebnisse der Varianzanalyse der Alters - Testgruppen in Bezug auf die PTBS Symptomatik dargestellt. Tabelle 14 schildert die Daten zu den einzelnen Gruppenunterschieden.

Tabelle 13: Einfaktorielle ANOVA der Alters - Testgruppen in Bezug auf PTBS

Quadrat-summe df

Mittel der

Quadrate F p

Zwischen den Gruppen

140.03 2 70.01 .480 .620

Innerhalb der Gruppen 11369.63 78 145.76

Gesamt 11509.65 80

Anmerkung. N = 81, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001.

Die drei Testgruppen (Tabelle 13) unterscheiden sich nicht signifikant voneinander (F (2,78)

= .480, p = .620). Auch zwischen den Gruppen konnten im Einzelvergleich keine signifikanten Unterschiede gefunden werden (Tabelle 14). Der Vergleich der Gruppen 1 und 2 erbrachte keinen signifikanten Unterschied (p = .857). Ein ähnliches Ergebnis lieferte der

66 Vergleich der Gruppen 2 und 3 (p = .993). Auch zwischen den Gruppen 1 und 3 zeigte sich kein signifikanter Unterschied (p = .752; siehe Tabelle 14).

Tabelle 14: Gruppenunterschiede der Altersgruppen nach Gabriel

Gruppe Gruppe erstes ACE mit 7 bis 12, Gruppe 3 = erstes ACE ab 13, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall.

Um ein genaueres Verständnis der drei Altersuntersuchungsgruppen zu erlangen, wurde eine Häufigkeitstabelle der einzelnen Altersuntergruppen mit den jeweiligen KERF_MULTI- und PTBS Scores erstellt (siehe Tabelle 15).

Tabelle 15: Deskriptive Statistik der drei Altersgruppen

Anmerkung. N = 81, KERF MULTI = Multiscore der ACEs nach Altersgruppen, PTBS = Score der PTBS Skala nach Altersgruppen.

Die Gruppe der Proband*innen mit ersten negativen Kindheitserfahrungen bis zum siebten Lebensjahr (N = 42) erlebten im Schnitt mehr negative Kindheitserfahrungen (M = 2.48) und hatten einen höheren PTBS Score im Erwachsenenalter (M = 15.55) als die Vergleichsgruppen (siehe Tabelle 15). In der Altersspanne sieben bis zwölf (N = 24) lag der KERF_MULTI Score im Mittel bei M = 1.71 und der Mittelwert der PTBS Skala bei M = 11.38. Für die letzte Altersgruppe der Probanden, die zum Zeitpunkt der ersten traumatischen

67 Erfahrung 13 Jahre oder älter waren (N = 15), zeigen sich erneut geringere Mittelwerte (M KERF_MULTI = 1.07; M PTBS = 10.40). Obwohl Tabelle 15 einen augenscheinlichen Zusammenhang zwischen den Altersgruppen und der PTBS Symptomatik suggeriert, konnte in der Varianzanalyse kein signifikanter Gruppenunterschied nachgewiesen werden.

Die Hypothese 2.2 wird abgelehnt.

H 2.3: Negative Kindheitserfahrungen, die vor dem 13. Lebensjahr erstmalig auftreten, haben einen stärkeren Einfluss auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter als erste ACEs danach

Erste ACEs vor dem 13. Lebensjahr erlebten N = 63 Personen. Die Anzahl der Proband*innen, die nach dem 13. Lebensjahr erste negative Kindheitserfahrungen machten, fiel deutlich geringer aus und lag bei N = 18 Menschen (siehe Tabelle 16).

Tabelle 16: Gruppenstatistiken der beiden Altersgruppen

Alter N M SD SE

PTBS 1 63 12.67 12.39 1.56

2 18 11.11 10.72 2.53

Anmerkung. N = 81, Alter Gruppe 1 = erstes ACE vor dem 13. Lebensjahr, Alter Gruppe 2 = erstes ACE nach dem 13. Lebensjahr, SE = Standardfehler des Mittelwerts.

In Tabelle 17 werden die Ergebnisse des T-Tests für unabhängige Stichproben der Altersgruppen in Bezug auf die PTBS Symptomatik dargestellt. Die Testung auf Varianzgleichheit ergab gleiche Varianzen (p = .515).

Tabelle 17: T-Test der Altersgruppen in Bezug auf PTBS

t df p

(2-seitig) d CI (95%)

PTBS .48 79 .630 .129 [-4.86; 7.97]

Anmerkung. N = 81, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. RES = Summenscore der Resilienz, d = Cohen’s d, CI = Konfidenzintervall.

Der t – Test für unabhängige Stichproben ergab, dass sich die Gruppe der Proband*innen, die erste negative Kindheitserfahrungen vor dem 13. Lebensjahr machten (M = 12.67, SD = 12.39), nicht von denjenigen Personen signifikant unterscheiden, die erst nach dem 13.

68 Lebensjahr solche Erfahrungen machten (M = 11.11, SD = 10.72, T = .48; p = .630; siehe Tabelle 17).

Die Hypothese 2.3 wird abgelehnt.

Hypothese 2.4: Die Belastungsschwere dient als Moderator zwischen dem Alter des ersten traumatischen Ereignisses und der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter Die Moderatoranalyse erbrachte keine signifikanten Interaktionen zwischen der Belastungsschwere, dem Alter beim ersten ACE und dem PTBS Score (p = .519). Somit beeinflusst die Belastungsschwere die Wirkung des Alters auf den PTBS Score nicht. Die folgende Tabelle 18 zeigt die Ergebnisse der Moderatoranalyse.

Tabelle 18: Moderatoranalyse KERF_MULTI x ACEAlt

coeff SE T p CI (95%)

Konstante .27 .16 1.67 .098 [-.05; .60]

KERF_MULTI .21 .19 1.14 .259 [-.16; .59]

ACEAlt -.04 .19 -.22 .830 [-.41; .33]

ACEAlt x

KERF_MULTI -.13 .21 -.65 .519 [-.54; .28]

Anmerkung. N = 81, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. Coeff = Koeffizient, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall, KERF_MULTI = Multiscore der ACEs, ACEAlt = Alter beim ersten ACE.

Die Hypothese 2.4 wird abgelehnt.

69 Hypothese 3: Die Auswirkung der Gesamtbelastung und des Zeitpunktes der traumatischen Ereignisse auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter wird durch die Resilienz im Erwachsenenalter beeinflusst

H 3.1: Die Resilienz moderiert die Auswirkungen der Gesamtbelastung auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter

Die Moderationsanalyse ergab, dass der Effekt der Belastungsschwere auf die PTBS im Erwachsenenalter nicht durch die Resilienz beeinflusst wird. Es konnte kein Interaktionseffekt zwischen der Belastungsschwere und der Resilienz im Erwachsenenalter festgestellt werden (p = .977). In Tabelle 19 sind die Ergebnisse der Moderatoranalyse dargestellt.

Tabelle 19: Moderatoranalyse KERF_MULTI x RES

coeff SE T p CI (95%)

Konstante -.00 .07 -.01 .993 [-.14; .14]

KERF_MULTI .29 .11 2.64 .009 [.07; .50]

RES -.23 .08 -2.91 .004 [-.38; -.07]

KERF_MULTI x RES -.00 .10 -.03 .977 [-.19; .19]

Anmerkung. N = 222, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. Coeff = Koeffizient, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall, KERF_MULTI = Multiscore der ACEs, RES =

Summenscore der Resilienz.

Die Hypothese 3.1 wird abgelehnt.

H 3.2: Die Resilienz moderiert die Auswirkungen des Zeitpunktes des ersten traumatischen Ereignisses auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter

Es konnte kein signifikanter Interaktionseffekt zwischen der Resilienz im Erwachsenenalter und dem Alter beim ersten ACE festgestellt werden (p = .210). Somit beeinflusst die Resilienz nicht die Auswirkung des Alters beim ersten ACE auf die PTBS Symptomatik.

Tabelle 20 schildert die Ergebnisse der Moderatoranalyse.

70 Tabelle 20: Moderatoranalyse ACEAlt x RES

coeff SE T p CI (95%)

Konstante .35 .13 2.66 .010 [.09; .61]

ACEAlt -.09 .13 -.71 .482 [-.35; .17]

RES -.34 .14 -2.38 .020 [-.62; -.06]

ACEAlt x RES -.17 .14 -1.27 .210 [-.44; .10]

Anmerkung. N = 81, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. Coeff = Koeffizient, SE = Standardfehler des Mittelwerts, CI = Konfidenzintervall, ACEAlt = Alter beim ersten ACE, RES = Summenscore der Resilienz.

Die Hypothese 3.2 wird abgelehnt.

71

9 Diskussion

Ziel dieser Arbeit ist, die Auswirkungen von Ausmaß und Zeitpunkt negativer Kindheitserfahrungen auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter und den Einfluss der Resilienz auf diese Traumafolgen zu untersuchen. Dazu wurde der Zeitpunkt der ersten ACE und die kumulative Belastungsschwere aller ACEs in Bezug auf die PTBS Symptomatik und Resilienz im Erwachsenenalter analysiert. Als maßgeblichen Einflussfaktor der PTBS Symptomatik konnte die Belastungsschwere ermittelt werden. Für den Zeitpunkt der ersten negativen Kindheitserfahrung konnte kein entsprechender Zusammenhang festgestellt werden. Bezogen auf die beschriebenen Effekte zeigte die Resilienz keinen moderierenden Einfluss.

Die Auswirkung der Belastungsschwere auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter konnte in einem einheitlichen Bild dargestellt werden (Hypothese 1). Bei Proband*innen, die mit negativen Kindheitserfahrungen konfrontiert waren, zeigte sich die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter signifikant höher ausgeprägt als bei Proband*innen, die von keinerlei solcher Erfahrungen berichteten. Zudem zeigte sich, dass mit zunehmender Belastungsschwere die PTBS Symptomatik in gleichem Maße anstieg: Bei der Untersuchung der Belastungsuntergruppen wies die Gruppe der schwerbelasteten Proband*innen (vier und mehr ACEs) deutlich mehr PTBS Symptomatik auf als die Gruppe der unbelasteten (kein ACE) und mittelgradig belasteten (ein bis drei ACEs) Studienteilnehmer*innen. Im Vergleich der Gruppen unbelastet und mittelgradig belastet zeigte sich gleichermaßen, dass Proband*innen mehr PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter erlebten, wenn sie mehr Belastungen in der Kindheit ausgesetzt waren. Zusammengefasst zeigen diese Ergebnisse auf, dass negative Kindheitserfahrungen, abhängig von deren Belastungsschwere, zu einer gesteigerten PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter führen. Die hier gefundene Auswirkung der Belastungsschwere auf die PTBS Symptomatik zeigt Parallelen zu Vorgängerstudien, die nachweisen konnten, dass die Schwere von Traumafolgestörungen direkt vom Ausmaß der vorhergehenden Belastung abhängt (Glover et al., 2010; Marriott et al., 2014; Neuner et al., 2004; Schäfer et al., 2012; Teicher et al., 2006). Die psychologischen Konzepte Reinszenierung und Bewältigungsstrategien sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen von negativen Kindheitserfahrungen beinhalten mögliche Erklärungsmodelle für den hier gezeigten Zusammenhang zwischen der Schwere belastender Kindheitserfahrungen und der späteren Ausprägung einer PTBS Symptomatik.

72 Die Theorie der Re-inszenierung geht davon aus, dass die Psyche immer wieder Umstände erzeugt, die eine Wiederholung der traumatischen Situation herbeiführen, mit dem Ziel, diese schließlich bewältigen zu können (Kutter, 2015). Diese Abläufe können jedoch einen dysfunktionalen Charakter annehmen. So zeigen Menschen, die im Kindes- oder Jugendalter physisch misshandelt wurden, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, später in einer Beziehung zu einem körperlich gewalttätigen Partner zu leben (Lamnek et al., 2012). Bezogen auf die in dieser Untersuchung beschriebenen Stichproben könnte dies bedeuten, dass Proband*innen, bei denen eine initiale, negative Kindheitserfahrung vorliegt, mit erhöhter Wahrscheinlichkeit weitere traumatische Erlebnisse erfahren, was wiederum zu einer Steigerung der PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter führen könnte. Diese Hypothese deckt sich auch mit Vorgängerstudien, die von einem kumulativen Effekt der Risikofaktoren sprechen (Wustmann, 2004a).

Ein weiterer möglicher Grund für den Zusammenhang zwischen Belastungsschwere und PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter könnte in den Bewältigungsstrategien der Proband*innen liegen. Es ist vorstellbar, dass Copingstrategien, die in der Kindheit in Familien erworben wurden, in denen es zu Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch kam, nicht in das Erwachsenenalter übertragbar sind. Im Sinne des systemischen Ansatzes „die Lösungen von heute sind die Probleme von morgen“ können sich daraus Schwierigkeiten entwickeln. Man stelle sich einen Haushalt vor, in dem es zu körperlicher Misshandlung durch den Vater kommt. Das betroffene Kind kann hierbei die Coping- oder, hier durchaus zutreffend, Überlebensstrategie entwickelt haben, sich bei Wutausbrüchen des Vaters zu verstecken oder möglichst still zu verhalten, um den Aggressor nicht zu triggern. Diese Anpassung, welche in der Kindheit, mit den entwicklungsbedingt begrenzten Ressourcen und dem geringen Handlungsspielraum des Kindes, unter Umständen angebracht und entscheidend für die körperliche Unversehrtheit war, kann im Erwachsenenalter problematisch werden (de Carvalho et al., 2015; Huh et al., 2017). Stark konfliktvermeidendes Verhalten oder eine allgemeine Tendenz zu Vermeidung und Verdrängung, begleitet von der Angst negative Konsequenzen erleiden zu müssen, wenn man widerspricht oder für sich einsteht, kann sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. Einerseits lässt sich dahinter ein geringer Selbstwert des Menschen vermuten, andererseits sind diese Verhaltensweisen in unserer Gesellschaft wenig akzeptiert und werden eher zu Misserfolg und Ausgrenzung führen, als zu Erfolg und Akzeptanz. Soziale Ausgrenzung könnte wiederum zur langfristigen Verstärkung und Chronifizierung eines

73 niedrigen sozialen Funktionsniveaus und zur Manifestation psychischer Störungen führen.

Bezogen auf die hier durchgeführte Untersuchung ließe eine systemische Sichtweise somit die Entwicklung von Bewältigungsstrategien bei Kindern mit wiederholten, negativen Kindheitserfahrungen (reflektiert in der Belastungsschwere) vermuten, die im Erwachsenenalter jedoch ungeeignet sind, um wichtige Lebensaufgaben zu erfüllen, der Auseinandersetzung und Bewältigung von negativen Kindheitserfahrungen direkt im Wege stehen und somit zu einer erhöhten Symptomlast führen können (Somer & Herscu, 2017).

Zudem ist vorstellbar, dass die gesellschaftlichen Auswirkungen von Traumata schon im Kindesalter von Bedeutung sind. Ein Trauma stellt einen Risikofaktor für weitere Traumata und negative soziodemographische Faktoren, wie prekäre soziale Verhältnisse oder inkonsistente Familienstrukturen dar und erhöht dadurch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verhaltensauffälligkeiten bei betroffenen Kindern (Scheithauer & Petermann, 1999). Solche Verhaltensauffälligkeiten können wiederum zu weiteren Problemen, wie Ausgrenzung und Mobbing durch die Peer–Group oder schulischen Problemen, führen, welche die Bewältigungsmöglichkeiten des Kindes weiter reduzieren. Ein solcher Kreislauf würde auch die Verarbeitung negativer Kindheitserfahrungen erschweren und somit dazu führen, dass Folgestörungen aufrecht erhalten bleiben oder verstärkt werden (Duncan, 1999;

Schwartz et al., 1999).

Da in der vorliegenden Arbeit mit dem Multi-Score der KERF – Skala gerechnet wurde, welcher immer ein klinisch relevantes Maß an Belastung beschreibt, ist davon auszugehen, dass in der Gruppe der belasteten Proband*innen keine nur gering belasteten Studienteilnehmer*innen enthalten sind. Die Skalierung des Messinstrumentes reicht somit nicht aus, um genauere Aussagen über subklinische Belastungen zu treffen. Hierfür wäre eine detaillierte Analyse der, im Messinstrument als unbelastet klassifizierten, Kontrollgruppe in zukünftigen Studien von Interesse.

Zusammenfassend könnten die Ergebnisse der H1 bedeuten, dass negative Kindheitserfahrungen deutliche Traumafolgen nach sich ziehen, unter denen die betroffenen Menschen bis ins Erwachsenenalter leiden. Von entscheidender Bedeutung scheint hierbei das kumulative Ausmaß der Kindheitstraumata zu sein.

Ein anderes Bild lieferte die Berechnung der Auswirkung des Zeitpunktes der Traumatisierung auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter (Hypothese 2). Es konnte durchweg kein signifikanter Zusammenhang zwischen den Testvariablen gefunden werden.

74 Das Alter bei der ersten traumatischen Erfahrung hatte keinen Einfluss auf die PTBS Symptomatik im Erwachsenenalter. Dies steht in Widerspruch zu anderen Studien, die aufzeigen konnten, dass der Zeitpunkt der negativen Kindheitserfahrungen einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung von Traumafolgestörungen hatte (Andersen et al., 2008;

Maercker et al., 2004; Moran & Eckenrode, 1992; Schalinski et al., 2016). Um den Zusammenhang zwischen den Variablen Zeitpunkt des initialen Traumas, PTBS Symptomatik und Belastungsschwere besser zu verstehen, wurde zusätzlich die Belastungsschwere mit dem Alter während der ersten negativen Kindheitserfahrung korreliert. Dabei zeigte sich interessanter Weise eine signifikant negative Korrelation zwischen der Belastungsschwere und dem Zeitpunkt des ersten Traumas. Je früher also der Zeitpunkt der negativen Kindheitserfahrung, desto höher die Belastungsschwere. Eine naheliegende Erklärung für diesen Effekt scheint, dass Proband*innen, die früh ihre erste negative Kindheitserfahrung machten, möglicherweise eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, noch weitere Traumata zu durchleben, als Studienteilnehmer*innen, die zu einem späteren Zeitpunkt das erste Mal mit

Maercker et al., 2004; Moran & Eckenrode, 1992; Schalinski et al., 2016). Um den Zusammenhang zwischen den Variablen Zeitpunkt des initialen Traumas, PTBS Symptomatik und Belastungsschwere besser zu verstehen, wurde zusätzlich die Belastungsschwere mit dem Alter während der ersten negativen Kindheitserfahrung korreliert. Dabei zeigte sich interessanter Weise eine signifikant negative Korrelation zwischen der Belastungsschwere und dem Zeitpunkt des ersten Traumas. Je früher also der Zeitpunkt der negativen Kindheitserfahrung, desto höher die Belastungsschwere. Eine naheliegende Erklärung für diesen Effekt scheint, dass Proband*innen, die früh ihre erste negative Kindheitserfahrung machten, möglicherweise eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, noch weitere Traumata zu durchleben, als Studienteilnehmer*innen, die zu einem späteren Zeitpunkt das erste Mal mit