• Keine Ergebnisse gefunden

Der nächste Entwicklungsschritt für die Coaches:

Im Dokument Wirkung im Coaching (Seite 184-189)

mit dem Laufbahnkoffer HR

7 Der nächste Entwicklungsschritt für die Coaches:

Erhöhung der bewussten Handlungssteuerung der Coaches durch die gezielte Verwendung der acht generischen Prinzipien nach Günter Schiepek

Während für die Coachees durch die Verwendung der an Kompetenzprofilen orientierten Selbsteinschätzungsbögen die bewusste Handlungssteuerung erhöht wird, erfolgt das auf Coach-Seite durch die Verwendung der acht generischen Prinzipien von Schiepek, Eckert & Kravanja (2013). Diese stellen Leitlinien für unser Orientierungs- und Handlungswissen als Coaches dar. Sie ermöglichen uns als Coaches ein bewussteres Gestalten der kritischen Übergänge, die in jedem Coaching-Prozess zu finden sind.

Im Einzelnen umfassen sie folgende Schritte, deren Reihenfolge aber nicht strikte eingehalten werden muss.

Kompetenzen Rollen 1 und 2 Rollen 3 und 4 Rollen 5 und 6 Rollen 7 und 8 Fachlich

Betriebswirtschaftlich Finanz Marketing Organisation Kommunikation Beschaffung Funktional/HR-spezifisch Kernkompetenzen

(HR Life-Cycle) Pragmatismus Analytische Fähigkeiten Konzeptionsstärke Innovative Trendbereiche (z. B. HR-Analytics) Sozial-Kommunikativ Kundenorientierung

Problemlösungsfähigkeit Beratung

Anpassungsfähigkeit/Flexibilität Verhandlungsgeschick/Konfliklösung Handlungsbezogen Initiative

Erfolgsorientierung Schlagfertigkeit

Einflussnahme/Überzeugungskraft Durchsetzungskraft

Personal Motivation/Einstellung Lernbereitschaft Glaubwürdigkeit Ganzheitliches Denken

Tabelle 1: HR-Kompetenzenausprägung für die einzelnen hierarchischen HR-Rollen

Prinzip 1

Unsicherheit und Ungewissheit in Bezug auf die angestrebten Veränderungen bringen Coachees häufig in einen Zustand von »Instabilität«. Stabilität für Ver-änderungsprozesse unter faktischen Instabilitätsbedingungen zu schaffen, wird zur wichtigsten Gestaltungsaufgabe. Emotionale Sicherheit muss deswegen erzeugt werden durch Transparenz von eigenen Visionen und Zielsetzungen, Vertrauen in sich und andere (Selbstwert-Unterstützung), Planungssicherheit trotz Unsicherheit und begrenzter Vorhersage-Horizonte, Verdeutlichung und Aktivierung von vorhandenen Ressourcen, durch die Erfahrung von Selbstwirk-samkeit (»ich kann/wir können etwas bewegen und zustande bringen«) und das Einrichten von Experimentierfeldern und Pilotprojekten.

Prinzip 2

An der Entstehung und der Auflösung von Problemsituationen sind häufig ver-schiedene und unterschiedliche Personen beteiligt. Muster des relevanten Sys-tems zu identifizieren, hilft deshalb, das »systemische Feld« zu begreifen und darin angemessen zu agieren. Um wirksame Muster zu identifizieren, helfen fol-gende Fragen: Auf welche Systemteile zielt Veränderung ab? Was muss weshalb verändert werden? Wer muss unbedingt einbezogen werden, wer nicht? Danach erst gestalten die Coachees ihre Beziehungen zu den Beteiligten. Die computer-basierte Prozesserfassung erfolgt unmittelbar und zeitnah, was die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und damit eine zunehmende Selbststeuerung ermöglicht.

Prinzip 3

Häufig sind Veränderungswünsche Anlass für Coaching. Diese werden aber nicht immer von allen Beteiligten auf gleiche Weise geteilt (Chefs sehen zum Beispiel Dinge häufig anders als ihre Mitarbeitenden). Coaching-Prozesse sollten deswegen immer darauf ausgerichtet werden, den »Sinnbezug zu ermöglichen«, also den »Sinn« hinter den Wünschen zu erkennen und zu vermitteln. Häufig gelingt dies, wenn die Prozesse mit den wichtigsten eigenen Zielvorstellungen und Lebenskonzepten der Coachees in Verbindung gebracht werden können.

Dazu verhelfen Fragen wie: Welche Möglichkeiten eröffnen diese Veränderungs-prozesse für mich? Welchen Nutzen haben sie für das Unternehmen und mich?

Daraus ergibt sich, dass die Beteiligten in Planungs- und Entwicklungsprozesse umfassend und möglichst frühzeitig einbezogen werden und dass die erhofften Vorteile und Möglichkeiten aufgezeigt werden sollten.

Prinzip 4

Veränderungsprozesse benötigen wie jede Bewegung Energie. Energetische Akti-vierung (»Motivation«) entsteht besonders leicht über die Berücksichtigung und Entwicklung der eigenen Ressourcen (»Selbstwirksamkeit erfahren«, »Stolz auf eigene Ideen wecken«) und durch Bezug zu den Werten der Beteiligten, was für diese eine hohe emotionale und motivationale Bedeutung schafft. Das ver-stehen wir unter »Kontrollparameter aktivieren«.

Prinzip 5

Um sich tatsächlich zu verändern, müssen Coachees »destabilisiert«, also aus ihrer bisherigen Komfortzone (»die bisherige Routine«, »eingespielte Mus-ter«) gebracht werden. Die Antizipation von Krisen und herausfordernde Zukunftsbilder sind dazu geeignet. Auf der Umsetzungsebene können dafür Pilotprojekte, Verhaltensexperimente, Systemspiele, Benchmarking, Muster-unterbrechungen, veränderte Symbole oder Forcierung und Bestärkung vor-handener Entwicklungsprojekte eingesetzt werden (Haken & Schiepek, 2010;

Schiepek et al., 2013). Im Prinzip geht es also um Destabilisierung einerseits und um Fluktuationsverstärkung (»die Ausnahme zur Regel machen«) andererseits.

Prinzip 6

Es gilt, die richtigen Zeitpunkte (kairos) zu nutzen und Synchronisation herzu-stellen. Jeder Coach muss sich für geeignete Zeitpunkte sensibilisieren und die richtigen Momente erwischen, er muss deshalb auf die Aufnahmebereitschaft von Coachees achten. Dabei hilft ihm, wenn er den Informationsfluss situations-gerecht organisiert und plankomplementäres Verhalten zeigt (»Ich halte mich an das, was ich geplant habe«). Oft sind auch Prozesse abzustimmen, Zeitrituale einzuführen und einzuhalten und ist regelmäßiges Ergebnisfeedback zu geben.

Prinzip 7

Es gilt ferner, gezielte Symmetriebrechung zu ermöglichen. Im Zustand von großer (»kritischer«) Instabilität können sich mehrere Zustände eines Systems gleichzeitig verwirklichen, wie man es von Kippbildern (»alte Frau«/»junge Frau«, »Vase«/»Gesicht«) kennt. Das führt häufig zu Irritationen und Entschei-dungs- und Verhaltensunsicherheiten. Sinnvolle Weichenstellungen durch kleine Verstärkungen erwünschter Muster oder die bewusste Bevorzugung bestimmter

Tendenzen eignen sich dann dazu, Eindeutigkeit herzustellen. Auch kann die detaillierte Fokussierung und Ausgestaltung eines neuen Musters hilfreich sein.

Prinzip 8

Alle neuen und erwünschten Muster müssen wieder stabilisiert, automatisiert und routinemäßig verfügbar gemacht werden – also müssen wir hier als Coaches Restabilisierung etablieren. Psychologisch gesprochen, werden die neuen Mus-ter in bestehende kognitiv-emotionale Schemata integriert oder damit vernetzt.

8 Fazit

»Blended Coaching mit dem Laufbahnkoffer HR« stellt eine neue Art des

»ressourcenorientierten und kompetenzbasierten« Coachings dar, das in der Weiterbildung den Kursteilnehmenden eine gezielte Gestaltung des Über-ganges ermöglicht. Nach den Grundannahmen eines ressourcen- und lösungs-orientierten Ansatzes (Bamberger, 2001; Eberling, 2016; Storch & Kuhl, 2012) steht die Erhöhung der Selbstreflexions- und Selbststeuerungskompetenz im Mittelpunkt, die durch den Laufbahnkoffer HR maßgeblich gefördert wird (Greif, 2016). Durch die geplanten Weiterentwicklungen anhand eines Kompetenz-profils und die Verwendung der acht generischen Prinzipien nach Schiepek erhält der Laufbahnkoffer HR Anschluss an moderne Entwicklungen wie die des Real-Time-Monitorings, die eine neue und vielversprechende Richtung einer evidenzbasierten wissenschaftlichen Forschung darstellen. Zugleich wird damit Orientierungs- und Handlungswissen für eine immer schneller und komplexer werdende Welt (Guwak & Stroltz, 2012) bereitgestellt.

Literatur

Anthony, K., Nagel, D. A. (2012). A brave new world: coaching online. Coaching Today, 33 (1), 33–37.

Bamberger, G. (2001). Lösungsorientierte Beratung. Praxishandbuch (2., völlig neu bearb. Aufl.).

Weinheim: Beltz.

Böning, U. (2016). Business-Coaching mit Führungskräften. In R. Wegener, M. Loebbert, A. Fritze (Hrsg.), Coaching-Praxisfelder. Forschung und Praxis im Dialog (2. Aufl., S. 11–31). Wiesba-den: Springer.

Boos, M., Rack, O. (2005). Gestaltung netzbasierter Kollaboration. Arbeiten und Lernen in Grup-pen. In D. Euler, S. Seufert (Hrsg.), E-Learning in Hochschulen und Bildungszentren (S. 281–

298). München: Oldenbourg.

Bruederlin, G. (2014). Die leistungsfähige HR-Funktion: Kompetenzen, Strategie und Struktur. In HR-Jahrbuch 2014 (S. 45–76). Zürich: Weka.

Clutterbuck, D., Hussain, Z. (2010). Virtual Coach, Virtual Mentor. Charlotte, N.C.: Information Age Publishing.

Cornelius, C. (2006). Entwicklung und Evaluation des Online-Coaching – »Zeit und Ziele für Wissenschaftlerinnen«. In J. Dalhoff (Hrsg.), Anstoß zum Aufstieg. Karrieretraining für Wis-senschaftlerinnen auf dem Prüfstand (S. 95–103). Bielefeld: Kleine.

Dörhöfer, S., Eberling, W. (2009). Wissensaustausch sichtbar machen. Wissensmanagement, 11 (6), 42–44.

Dörhöfer, S., Eberling, W. (2016). Future Perfect Inc. – Coaching-Kultur 2020. In R. Wegener, M. Loebbert, A. Fritze (Hrsg.), Zur Differenzierung von Handlungsfeldern im Coaching. Die Etablierung neuer Praxisfelder (S. 499–510). Wiesbaden: Springer VS.

Eberling, W. (2010). Real-time Monitoring durch SNS und Interaktionsmatrix: Mit evidenzbasierten Tools auf dem Weg zum Netzwerk-Management und zur Netzwerk-Intelligenz? WEKA online.

Eberling, W. (2016). Supervision und Coaching. In M. Dick, W. Marotzki, H. Mieg (Hrsg.), Hand-buch Professionsentwicklung (S. 283–294). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Geißler, H. (2016). Coaching mit modernen Medien – Produktdiversifizierung und Erschließung neuer Marktsegmente durch Coaching mit modernen Medien. In R. Wegener, M. Loebbert, A. Fritze (Hrsg.), Zur Differenzierung von Handlungsfeldern im Coaching. Die Etablierung neuer Praxisfelder (S. 273–283). Wiesbaden: Springer VS.

Geißler, H., Metz, M. (2012). E-Coaching und Online-Beratung. Wiesbaden: Springer VS.

Greif, S. (2016): Wie wirksam ist Coaching? Ein umfassendes Evaluationsmodell – für Praxis und Forschung. In R. Wegener, M. Loebbert, A. Fritze (Hrsg.), Coaching-Praxisfelder. Forschung und Praxis im Dialog (2. Aufl., S. 161–182). Wiesbaden: Springer.

Guwak, B., Stroltz, M. (2012). Die vierte Kränkung: Wie wir uns in einer chaotischen Welt zurecht-finden. Wien: Goldeck.

Haasen, N. (2001). Mentoring – Persönliche Karriereförderung als Erfolgskonzept. München: Heine.

Haken, H., Schiepek, G. (2010). Synergetik in der Psychologie. Selbstorganisation verstehen und gestalten (2., korr. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.

Königswieser, R., Hillebrand, M. (2004). Einführung in die systemische Organisationsberatung.

Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.

Kruse, P. (2004). Next Practice. Erfolgreiches Management von Instabilität. Wiesbaden: Gabal.

Loebbert, M. (Hrsg.) (2013). Professional Coaching. Konzepte, Instrumente, Anwendungsfelder.

Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Schiepek, G., Eckert, H., Kravanja, B. (2013). Grundlagen systemischer Therapie und Beratung.

Göttingen: Hogrefe.

Schiersmann, C., Friesenhahn, J., Wahl, A. (2015). Synergetisch beraten. Göttingen: Hogrefe.

Storch, M., Kuhl, J. (2012). Die Kraft aus dem Selbst. Sieben PsychoGyms für das Unbewusste. Bern:

Huber.

Tietgens, H. (1990). Vorbemerkungen. In E. Fuchs-Brüninghoff (Hrsg.), Supervision in der Erwach-senenbildung (S. 15–17). Bonn: DIE.

Ulrich, D., Younger, J., Brockbank, W., Ulrich, M. (2012). HR from the Outside In. Six competen-cies for the future of human resources. New York: McGraw-Hill.

Ziemons, M. (2012). Blended Business Coaching. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 19 (2), 217–225.

Kein Coaching ohne Evaluation der Ergebnisse

Im Dokument Wirkung im Coaching (Seite 184-189)