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Der Holzhandel als ‚grundlegende Ursache‘ der Waldzerstörung

Precious Woods Amazon und GETHAL

4 Die Entstehung des Forest Stewardship Councils (FSC)

4.1 Holzkonsum und Holzhandel als Ursache der Waldvernichtung

4.1.3 Der Holzhandel als ‚grundlegende Ursache‘ der Waldzerstörung

Etwa 75% der gesamten vernichteten Waldfläche wurden im 20. Jahrhundert entwaldet. Im gleichen Zeitraum nahm die Weltbevölkerung um 75% zu. Dennoch ist diese rechnerische Kor-relation rein zufällig. Nicht das Bevölkerungswachstum sondern der seit den 50er Jahren anhal-tende Trend zum Massenkonsum ist der beschleunigende Faktor der Waldvernichtung. Die höchs-ten Wachstumsrahöchs-ten im Holzkonsum weisen wohlhabende Länder mit relativ stabilen Bevölke-rungszahlen auf. Europa, Japan und Nordamerika mit insgesamt 16% der Weltbevölkerung ver-brauchen ca. 63% der Papierproduktion und die Hälfte des industriellen Rundholzes (BROWN et al. 1998, S. 34 ff). Die Ursachen für den steigenden Verbrauch liegen in kürzeren Produkt-zyklen (Wegwerf-Gesellschaft) und dem enorm gestiegenen Verbrauch an Papierprodukten durch die Nutzung von Heimcomputern und Verpackungsmaterialien sowie der Nutzung von Holzfaser-stoffen in neuen technologischen Prozessen und Produkten wie z. B. MDF-Platten und Laminaten (BROWN et al 1998, S. 35, DUDLEY et al. 1996, S. 17 ff).

Der Holzverbrauch in den Statistiken wird in Rundholz gemessen, das in die zwei großen Kate-gorien „Brennholz“ und „industrielles Rundholz“ unterteilt wird. Nach Schätzungen der FAO (2000) erreichte die globale Produktion von Rundholz 3335 Mio m3 im Jahr 1999.

Brennholz

Brennholz und Holzkohle machen über die Hälfte des globalen Holzverbrauchs aus. Nach FAO Daten (2001) haben die Entwicklungsländer dabei einen Anteil von 90%. Oft wird mit Brenn-holz allein die Nutzung in privaten Haushalten zum Heizen und Kochen assoziiert. Tatsächlich aber dient ein großer Anteil der industriellen Nutzung, vor allem in kleinen bis mittleren Betrieben wie Backstuben, Brauereien, Textilverarbeitung, Agroindustrie (Trocknen von Tabak, Kaffee und Tee etc.), Ziegeleien und die Holzindustrie selbst. Holzkohle kommt in großen Mengen in der Metallverarbeitung zum Einsatz. In Brasilien werden allein für diesen Zweck ca. sechs Milli-onen Tonnen Holzkohle, etwa die Hälfte des gesamten nationalen Brennholzverbrauchs,

produ-ziert (vgl. LAMB, 1995). Nach den Länderprofilen in der FAO 2000 lag die brasilianische Produktion von 1990 bis 1998 zwischen 12,3 und 12,9 Millionen t cbm /Jahr.

ABRAMOVITZ (1998) weist darauf hin, dass die Rolle des Brennholzverbrauchs der armen ländlichen Bevölkerung bei der Entwaldung oft überschätzt wird. Zwar trägt der Brennholz-bedarf kombiniert mit hohem Bevölkerungsdruck in bestimmten Regionen maßgeblich zur Ent-waldung bei, z. B. in den Übergangszonen zwischen den Savannen und Waldgebieten in Afrika.

In anderen Regionen aber sammelt die Bevölkerung meist nur trockenes bzw. abgestorbenes Holz. Damit ist, global gesehen, ihr Beitrag an der Waldvernichtung eher gering.

Wie Karte 1 zeigt, ist auch in industrialisierten Erdteilen der Brennholzanteil am Gesamtholz-verbrauch bedeutend, obwohl hier Holz zur Energiegewinnung weitgehend durch fossile und andere Energiequellen ersetzt wurde. Der Pro-Kopf-Brennholzverbrauch liegt z. B. in Nord-amerika höher (279 cbm) als in Asien (243 cbm). In Schweden beträgt der Pro-Kopf Verbrauch sogar 438 Kubikmeter (Berechnungen nach FAO Daten 2001). Brennholz wird vor allem in privaten Heizkesseln und Öfen eingesetzt, zum Teil auch zu industriellen Zwecken oder in Ferienhausanlagen. In Frankreich wurden so im Jahr 1992 ca. 22 Millionen Kubikmeter Holz bzw. 43% der nationalen Holzernte, verbraucht. In den Industrienationen ist sogar ein Wachstums-trend zu verzeichnen (LAMB 1995), nicht zuletzt, weil die Brennholznutzung als nachwachsen-der Rohstoff zur Substitution von fossilen Energieträgern verstärkt diskutiert wird.

Rohstoffe für die Holzkohleproduktion in den Entwicklungsländern werden zunehmend in Plan-tagen angebaut. Zu beachten ist, dass die Nutzung von Holzkohle für industrielle Zwecke (Metall-verhüttung) zum großen Teil zur Erzeugung von Ausfuhrgütern dient. Insofern erfolgt ein indirek-ter Holzexport in die Industrieländer. Berechnungen nach den auf S. 69 geschilderten Konzep-ten des ‚Umweltraums‘ oder des ‚ökologischen Fußstapfens‘ würden demnach zu wesentlich höheren Verbrauchszahlen im Norden führen, als in Karte 1 dargestellt.

Industrielles Rundholz

Die Produktion von Rundhölzern für industrielle Zwecke betrug 1 550 Millionen im Jahr 1999, wovon 79% in den Industrienationen produziert wurden. In vielen Bereichen lagen die Produk-tionszahlen unter denen gegen Ende der 80er Jahre. Signifikante Zuwächse waren im Verbrauch bei Sägeholz und Papierprodukten in den USA (6%) und Europa (3%) in den Jahren 1998-99 zu verzeichnen.

In den internationalen Holzmärkten fanden in den 90er Jahren starke Veränderungen statt. Ursa-chen dafür waren allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen, aber auch strukturelle Änderungen in der Holzwirtschaft. Zu nennen sind z. B. der Rückzug der öffentlichen Hand im Forstsektor, die Konzentration des Handels in transnationalen Konzernen, die vertikale Integration bzw. die Inkorporation von Holzfirmen in größere industrielle Komplexe, die von der Holzproduktion über die Verarbeitung alle Etappen kontrollieren usw.

45 In Brasilien wird Mahagoni weiter über die in den südlichen Bundesländern ansässige Holzindustrie unter anderen Bezeichnungen exportiert bzw. Lieferungen anderer Holzarten beigemischt (O GLOBO 30.

Dezember 2001, S. 9: „Proibição não evita exportação ilegal de mogno“).

Der Tropenholzverbrauch stagnierte aufgrund technologischer Neuentwicklungen, wie z. B. in-dustriell gefertigte MDF- (Medium Density Fibreboards) und OSB-Platten (Oriented Strand Boards), die mit Sperrholz- und Massivholzbrettern konkurrieren. In den neuen Materialien werden verstärkt Hölzer aus den gemäßigten Breiten und dem Boreal eingesetzt. Im Sperrholz-sektor selbst, einem Marktsegment, in dem tropische Harthölzer dominierten, führten nicht zuletzt Kampagnen der Umweltverbände zur Substitution durch nicht-tropische Hölzer. Auch die Asien-krise 1997 und 1998 wirkte sich stark auf den Tropenholzhandel aus. Im Jahr 1999 lagen die Exporte 60% unter den Zahlen zu Beginn der 90er Jahre. Seit dem Jahr 2000 zog der Tropen-holzhandel wegen fallender Weltmarktpreise wieder an.

Im Jahr 2001 waren Tropenholzprodukte mit 20% an industriellem Rundholz, 10% an Sägeholz, unter 10% an Papier und Karton und mit 39% an MDF und ODF-Platten beteiligt. Trotz Einbu-ßen wird der internationale Markt an Sperrholzplatten mit 71% Anteil von Tropenholz domi-niert. Einen deutlichen Wachstumstrend gibt es bei Fertigprodukten aus Tropenholz wie Fenster, Türen, Fußböden, Besenstile, Bürsten, Küchenutensilien, Kisten usw.

Nördliche Länder dominieren weiterhin den Welthandel. Im Zuge der Liberalisierungspolitik wäh-rend der 90er Jahre gewinnen jedoch Firmen aus südlichen Ländern an Einfluss. Unternehmen aus den NIC-Staaten kaufen Firmen, Konzessionen und Land im Norden auf. Seit Mitte der 90er Jahre investieren asiatische Firmen in Amazonien (vgl. Kapitel 5). Europa und Asien (Japan, China, Südkorea und Taiwan) sind Netto-Holzimporteure. Afrika, Nord-, Zentral- und Süd-amerika, Ozeanien und die frühere UdSSR entwickelten sich zu Netto-Exporteuren. Werden einzelne Staaten betrachtet, ist China bedingt durch Holzknappheit und Einschlagsrestriktionen sowie durch den Aufbau der holzverarbeitenden Industrie zum drittgrößten Importeur von Holz-rohstoffen nach den USA und Japan aufgestiegen.

Handelsbeschränkungen aus Umweltgründen

Entgegen dem Trend zur Handelsliberalisierung verhängen einzelne Länder Exportrestriktionen.

Die Gründe dafür variieren, Malaysia z. B. versucht die Verarbeitungsindustrie im eigenen Land zu fördern. In anderen Fällen wurden Baumarten in das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species) aufgenommen, wie z. B.

Ramin aus Südostasien, und unterliegen somit Handelsbeschränkungen. Wieder andere Länder verhängten Einschlagsverbote in ihren Wäldern, wie seit längerer Zeit Thailand und im Novem-ber 2001 Brasilien für Mahagoni45.

Inwieweit gerade Einschlagsverbote tatsächlich zum Wald- oder Artenschutz beitragen, ist um-stritten. In einer Studie stellten BROWN et al. (2001) verschiedene erfolgreiche und weniger

erfolgreiche Beispiele im asiatischen Raum vor. Demnach ersetzten Neuseeland und Sri Lanka die Verluste durch das Einschlagsverbot in natürlichen Wäldern nahezu vollständig über andere Wege der Holzproduktion in Plantagen bzw. Kautschuk- und Kokosplantagen, Baumgärten usw. Thailand und die Philippinen konnten das Verbot nur teilweise umsetzen bzw. die Aktivitä-ten verlagerAktivitä-ten sich in andere Länder. China erhöhte, wie erwähnt, drastisch die Holzimporte, so dass auch hier eher eine Problemverlagerung anstatt eine Problemlösung stattfand. Wichtig sind begleitende Aktivitäten innerhalb eines kohärenten Maßnahmenpakets, um den Nutzungsdruck auf die Wälder zu vermindern.

Nach DUDLEY et al. (1996) haben diverse Waldschutzstrategien, Handelsbeschränkungen und Boykottaktionen insgesamt wenig gegen die endlos voranschreitenden Suche nach Hölzern aus-richten können. Die Holzwirtschaft spielt eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung von Wald-flächen in andere Nutzungsformen. Zudem dringen die Firmen auf der Suche nach Werthölzern bis in die entlegensten Waldgebiete vor und übernutzen spezifische Baumarten. Mit neuen Tech-nologien werden großflächig Primärwälder erschlossen, ausgebeutet und Plantagen angelegt.

Der Welthandel als Motor dieser Entwicklungen ist daher nach Ansicht von DUDLEY et al (1996) die wichtigste grundlegende Ursache der Waldvernichtung. Daher sind neue Mechanis-men notwendig, um über den Markt und seine internen MechanisMechanis-men eine nachhaltigere Wald-bewirtschaftung zu erreichen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Zertifizierung, die in den folgen-den Abschnitten behandelt wird.