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1.1 Dendritische Zellen

1.1.1 Dendritische Zellen und ihre Funktion im Immunsystem

Dendritische Zellen (engl.: dendritic cells, DC) stellen essentielle Akteure des Immunsystems dar. Sie wurden von R.M. Steinman und Z.A. Cohn erstmals 1973 als eine seltene Zellpopulation mit einzigartiger Morphologie in den peripheren lymphatischen Organen der Maus beschrieben (1). R.M. Steinman wurde für diese Entdeckung sowie für seine Forschung über DC und ihre Rolle im Immunsystem 2011 posthum mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geehrt. Ihren Namen verdanken die DC den typischen verzweigten bäumchenartigen Ausstülpungen ihrer Zellmembran und des Zytoplasmas (griech.: dendron = Baum) (1). Sie werden nach Phänotyp, Funktion, Ontogenese und Lokalisation in unterschiedliche Subtypen bzw. Vorstufen eingeteilt (2).

Die Hauptfunktion der DC besteht darin, Antigene aus ihrer Umgebung aufzunehmen, zu prozessieren und auf ihrer Zelloberfläche zu präsentieren. Im Vergleich zu den anderen Antigen-präsentierenden Zellen wie B-Zellen, Monozyten und Makrophagen stellen die DC die effektivsten Antigen-präsentierenden Zellen dar. Dies ist einer der Gründe, warum sie eine essentielle Rolle bei der Induktion und Regulation der adaptiven Immunantwort spielen. Weiterhin beeinflussen sie die Bildung und den Erhalt der Immuntoleranz gegenüber körpereigener und körperfremder nicht-pathogener Proteine durch die Suppression bereits aktivierter T-Zellen und der Aktivierung regulatorischer T-Zellen (3–5).

Dendritische Zellen werden ihrerseits durch Zytokine, Chemokine und membranständigen Molekülen anderer Zellen in ihrer Funktion beeinflusst.

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der Mukosa im Respirationstrakt und im Gastrointestinaltrakt. Diese Subpopulationen haben unterschiedliche organspezifische Funktionen, die durch umgebungsabhängige Co-Stimulatoren und Zytokine beeinflusst werden. Abgesehen von diesen milieuspezifischen Merkmalen gleichen sie sich in wesentlichen Eigenschaften wie der Fähigkeit zur Antigenaufnahme und Präsentation von peptidbeladenen MHC-II Molekülen (engl.: major histocompatibility complex, MHC) (6).

DC können in konventionelle DC (engl.: conventional dendritic cells, cDC) und in nicht-konventionelle dendritische Zellen unterteilt werden. Die cDC werden wiederum in stationäre und migratorische cDC gegliedert.

Die migratorischen cDC sind vorwiegend in peripheren Geweben wie der Haut, dem Darm-Trakt, der Lunge, der Niere und der Leber lokalisiert. Charakteristisch ist ihre ausgeprägte Fähigkeit zur Antigenaufnahme und anschließende Wanderung über die Lymphgefäße in die drainierenden lymphatischen Organe (7). Die im Lymphgewebe stationären cDC werden auch residente cDC oder lymphoide cDC genannt und sind in allen lymphatischen Organen einschließlich der Milz im unreifen Zustand lokalisiert. Die stationären cDC haben zum einen Einfluss auf die peripheren Mechanismen der Toleranzentwicklung. Zum anderen sind sie im reifen, aktivierten Zustand unter dem Einfluss einer bakteriellen oder viralen Infektion in der Lage, Lymphozyten effektiv zu stimulieren sowie Zytokine auszuschütten und somit der Immunabwehr zu dienen (2,7).

Zu den nicht-konventionellen DC zählt man die plasmazytoiden DC (engl.: plasmacytoid dendritic cells, pDC), die heterogene Population der von Monozyten abstammenden DC und die Langerhans-Zellen (engl.: Langerhans cells, LC), wobei die LC eine Sonderstellung einnehmen, auf die im Verlauf noch eingegangen wird. Die pDC werden in vielen Geweben, einschließlich Blut, Knochenmark, Thymus, Leber und lymphatischen Organen nachgewiesen. Die charakteristische Eigenschaft der pDC ist die Ausschüttung von großen Mengen an Typ-I-Interferon bei der viralen Infektion (8,9). Die pDC steigern im aktivierten Zustand deutlich die Expression von MHC-I, MHC-II sowie kostimulatorischen Molekülen, weshalb diskutiert wird, ob sie das Potential zur Aktivierung von Lymphozyten besitzen (2,9). Außerhalb eines infektiösen Geschehens spielen die pDC eine wichtige Rolle bei der Toleranzinduktion (7,10).

Die von den Monozyten abstammenden DC (engl.: monocyte-derived DC, moDC) können in peripheren Geweben wie der Haut, der Lunge, dem Darm oder der Niere gefunden

werden. Sie haben ebenfalls die Fähigkeit zur Antigenaufnahme. Viele Studien deuten darauf hin, dass moDC nicht oder nur sehr eingeschränkt vom peripheren Gewebe in die drainierenden Lymphknoten wandern, und sie ihre Funktion hauptsächlich lokal im peripheren Gewebe erfüllen (11). Die moDC, die man bei Entzündung im Lymphknoten findet, sind wahrscheinlich aus dem Blut in die Lymphknoten eingewandert (12). Die von myeloiden Vorläuferzellen und Makrophagen/DC-Vorläuferzellen (engl.: macrophage-DC progenitor, MDP) stammenden Monozyten differenzieren sich unter dem Stimulus einer bestehenden Entzündung oder Infektion in moDC. Da der inflammatorische Reiz ein grundlegender Faktor für die Bildung der moDC ist, werden sie auch inflammatorische DC genannt. Hierzu zählen auch die TipDC (TNF-α/ iNOS-produzierende DC). In der Lunge konnten kleine Populationen an moDC identifiziert werden, die sich auch ohne eine Entzündung oder Infektion aus Monozyten differenzieren und somit eine Ausnahme darstellen (7,11). Die phänotypische Abgrenzung der moDC von cDC erweist sich als schwierig, da sie beide ähnliche Expressionsmuster der Oberflächenmoleküle aufweisen (7,9).

LC unterscheiden sich durch einige zellspezifische Charakteristika von cDC aber auch von anderen nicht-konventionellen DC. Im nicht-aktivierten Zustand sind sie in der Epidermis lokalisiert, spielen eher eine immunregulatorische Rolle und reproduzieren sich durch lokale Proliferation. Im Zuge eines inflammatorischen Reizes exprimieren die LC verstärkt MHC-II und CCR7 an ihrer Zelloberfläche. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, in den drainierenden Lymphknoten einzuwandern und naive T-Zellen zu stimulieren (7,9,13,14).

Die genannten wesentlichen Untergruppen der DC weisen ihrerseits verschiedene Subtypen mit voneinander abgegrenzten Funktionen und Lokalisationen auf. Zur Differenzierung dienen unter anderem die individuell exprimierten Oberflächenmoleküle.

Diese Protein-Marker werden auf der Plasmamembran der Zellen exprimiert und durch

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common myeloid precursors, CMP) abstammen (9,15). Eine weitere davon abweichende Theorie besagt, dass neben den CMP auch die gemeinsamen lymphatischen Vorläuferzellen (engl.: common lymphoid progenitors, CLP) das Potential besitzen, sich in DC zu differenzieren (2,10). Darüber hinaus gibt es noch die These, dass einzelne Zellen zu unterschiedlichen Stadien der Hämatopoese in der Lage sind, DC-Subpopulationen zu generieren. Zum Bespiel wurde in Transferexperimenten gezeigt, dass sich unmittelbare Vorstufen der pDC, abhängig von ihrer Gewebelokalisation, in konventionelle dendritische Zellen differenzieren können (10). Dies impliziert ein dynamisches Model der DC-Generierung, ganz im Gegensatz zu dem bis dato hauptsächlich vertretenen klassischen verzweigten Modell der Hämatopoese (2). Über die Differenzierungswege der so heterogenen und zahlreichen DC-Populationen wird noch diskutiert. Die Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Abstammung der DC der Maus.

Im Folgenden wird auf die Ontogenese der wesentlichen Untergruppen der DC eingegangen. Alle DC gehen aus gemeinsamen hämatopoetischen Stammzellen (engl.:

hematopoietic stem cells, HSC) des Knochenmarkes hervor. Von der HSC ausgehend entwickeln sich die gemeinsamen myeloischen und lymphatischen Vorstufen (Abb. 1).

Mittels Transferexperimenten wurde festgestellt, dass beide Vorstufen das Potenzial besitzen, cDC zu generieren. Allerdings wird davon ausgegangen, dass unter homöostatischen Bedingungen fast alle cDC von CMP abstammen (9). Die Granulozyten-Makrophagen-Vorläuferzellen, welche sich aus den CMP entwickeln, differenzieren sich im weiteren Verlauf zu MDP. Aus diesen gemeinsamen Vorläuferzellen der Makrophagen und DC entwickeln sich Monozyten und gemeinsame DC-Vorläufer (engl.: common dendritic cell progenitors, CDP). Die pDC Vorläuferzellen (engl.: pDC precursors, pre-pDC) sowie die cDC Vorläuferzellen (engl.: precursor cDC, pre-cDC) gehen ihrerseits aus den CDP hervor. Diese unmittelbaren Vorstufen der pDC und cDC wandern über die Blutbahn in die peripheren lymphatischen oder nicht-lymphatischen Gewebe, wobei sie nur eine kurze Zeit im Blut zirkulieren (10,13). Auf diesem Weg und an ihrem Bestimmungsort vollziehen sie, unter dem Einfluss von gewebespezifischen Transkriptionsfaktoren, eine weitere Differenzierung in die verschiedenen stationären und migratorischen cDC-Subtypen. Die im Lymphgewebe stationären cDC differenzieren sich so beispielsweise über eine spezifische Population von pre-cDC. Die cDC weisen eine kurze Halbwertszeit von

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pre-pDC, pre-cDC oder direkt pDC hervor (10). Die pre-cDC, als unmittelbare Vorstufe der cDC, wandern über die Blutbahn in die peripheren lymphatischen oder nicht-lymphatischen Gewebe (10,13). Dort erfolgt die weitere Differenzierung in cDC-Subtypen (7). Monozyten differenzieren unter dem Stimulus einer bestehenden Entzündung oder Infektion in moDC (Grau hinterlegt) (7,9). Die epidermalen Langerhans-Zellen (LC) differenzieren aus myeloischen Vorläuferzellen, die in der frühen embryonalen und späten fetalen Phase die Haut besiedeln (gestrichelter Pfeil). Unter homöostatischen Bedingungen reproduzieren sie sich durch eine lokale Proliferation. Unter inflammatorischen Bedingungen differenzieren sie sich hingegen auch aus Monozyten (Grau hinterlegt) (14). HSC: hämatopoetische Stammzelle; CLP:

lymphatische Vorläuferzelle; CMP: myeloide Vorläuferzelle; GMP: Granulozyten-Makrophagen-Vorläuferzelle; MEP: Megakaryozyten erythroide Granulozyten-Makrophagen-Vorläuferzelle; MDP: Makrophagen/DC-Granulozyten-Makrophagen-Vorläuferzelle;

CDP: DC-Vorläuferzelle; pDC: plasmazytoide DC; cDC: konventionelle DC; moDC: von Monozyten abstammende DC; LC: Langerhans-Zelle. (Abbildung wurde modifiziert mit Erlaubnis der Verlage; Copyright 2014: Chistiakov et al. 2014 und Copyright 2010: Liu & Nussenzweig 2010 (10,13))

1.1.4 Antigenaufnahme, -prozessierung und -präsentation

Es bestehen verschiedene Mechanismen der Antigenaufnahme. Eine Möglichkeit der Antigenaufnahme ist die rezeptorvermittelte Phagozytose. Hierbei werden umfangreiche Partikel über große Vesikel in die Zelle aufgenommen. Dies geschieht über die Bindung an spezifische Rezeptoren, wie z.B. an den Opsonine-abhängigen Fc-Rezeptor, den Opsonine-unabhängigen Mannose-Rezeptor, den Lectin-Rezeptor DEC205 oder den sogenannten scavenger-Rezeptoren. Binden die Partikel an einen der genannten Rezeptoren, erfolgt die Ausbildung von Pseudopodien der Zellwand. Diese umschließen die größeren Partikel wie Bakterien oder apoptische Zellen und nehmen sie in Phagosomen auf (17).

Die Pinozytose stellt eine unspezifische Aufnahme von extrazellulären Antigenen dar, wobei zwischen Mikropinozytose und Makropinozytose unterschieden wird. Bei der Mikropinozytose, zu der grundsätzlich alle Zellen fähig sind, handelt es sich um die Aufnahme von Flüssigkeit und in Flüssigkeit gelösten Antigenen geringen Ausmaßes (≤0.1 µm) durch kleine mit Clathrin bedeckte Vesikel. Als Makropinozytose hingegen bezeichnet man die Aufnahme von großen Flüssigkeitsvolumina und darin gelösten Antigenen, die eine Größe von 0.5 – 3 µm besitzen. Zur Makropinozytose sind nur einige Zelltypen fähig, darunter auch unreife DC. Hierbei bilden diese Zellmembranausstülpungen unter der Beteiligung des Aktin-Zytoskeletts (18).

Für die weitere Prozessierung und die letztendliche Antigenpräsentation ist es von Bedeutung, über welchen Mechanismus und welchen Rezeptor das Antigen aufgenommen wurde. In der Regel wird das durch Pinozytose aufgenommene Antigen über MHC-II-Moleküle den CD4+ T-Zellen dargeboten (19). Phagozytose, die abhängig ist vom Fc-Rezeptor (20), scavenger-Rezeptoren (19) oder DEC205 (21), dient ebenfalls der MHC-II assoziierten Antigenpräsentation. Hingegen werden die über den Mannose-Rezeptor aufgenommenen Antigene in ein frühes Endosom eingeschleust und anschließend die Peptide an MHC-I-Molekülen gebunden (19). Auf der Zelloberfläche angelangt, dient das beladene MHC-I-Molekül der Aktivierung von CD8+T-Zellen (19). Das heißt, die DC kann je nach Aufnahmemechanismus Peptide über MHC-II oder über MHC-I präsentieren. Steht die Antigenpräsentation im MHC-II-Kontext, so führt dies zu einer T-Helferzell-Antwort. In Verbindung mit MHC-I kommt es zur zytotoxischen CD8-T-Zell-Antwort. Im Allgemeinen werden auf MHC-I-Molekülen zytosolisch vorliegende Proteine wie virale, bakterielle oder endogene Proteine präsentiert. Die Fähigkeit der DC zytotoxische CD8-T-Zellen zu aktivieren, ohne selbst mit dem Pathogen befallen zu sein, nennt man cross-Präsentation (22).

Neben der Mannose-Rezeptor vermittelten Antigenaufnahme gibt es zwei weitere Mechanismen der cross-Präsentation. Heath et al. (2004) haben gezeigt, dass die Aufnahme des Antigens in ein Endosom und anschließend der Transfer in das Zytosol erfolgen kann. Ist das Antigen im Zytosol, wird es auf dem gleichen Weg wie zytosolische Fremdproteine verarbeitet, d.h. über Proteasome prozessiert und durch Antigenpeptid-Transporter (engl.: Antigenpeptid-Transporter associated with antigen processing; TAP) in das endoplasmatische Retikulum (ER) geschleust. Dort wird es auf MHC-I-Moleküle geladen und auf der Zelloberfläche präsentiert (23).

Guermonprez et al. (2003) gehen in ihrem Model zur cross-Präsentation davon aus, dass

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MHC-Moleküle der Klasse I und II werden im rauen ER produziert. Hier ist das MHC-II-Molekül im Gegensatz zum MHC-I-MHC-II-Molekül nicht in der Lage, Peptide zu binden, da dies durch eine MHC-Klasse-II-assoziierte invariante Kette (=Polypeptid) verhindert wird.

Gelenkt durch dieses Polypeptid gelangt das MHC-II-Molekül über den Golgi-Apparat in Endosome und schließlich in Lysosome. Hier findet, nach einer schrittweisen Spaltung der invarianten Kette, die Beladung des Moleküls mit Peptiden statt. Diese Peptide stellen nicht ausschließlich zellfremde Pathogene dar. Es sind ebenfalls zelleigene zytosolische Peptide vertreten, die an MHC-II-Molekülen gebunden werden und somit, über den physiologischen Stoffwechselweg der Autophagie, in das saure Milieu dieser spezifischen Organellen gelangen. Der gebildete MHC-II-Antigen-Komplex wird schlussendlich zur Präsentation an die Zelloberfläche transportiert (25).

1.1.5 In vitro Generierung von dendritischen Zellen

Nach der Erstbeschreibung der DC durch R. M. Steinman und Z. A. Cohn (1973) war es erst mit der Etablierung eines Protokolls zur in vitro Generierung von DC möglich, ausführliche Charakterisierungen und umfassende Studien zur Funktionalität dieser Immunzellpopulation durchzuführen. DC waren bis dato nur schlecht analysierbar, da sie in allen Körpergeweben selten sind und damit die Isolationsverfahren zeitaufwendig waren und die Zellausbeute niedrig blieb. Dank der in vitro Generierung von DC aus Monozyten als Vorläuferzellen, hatte man nun genügend DC zur Verfügung, um umfangreiche Analysen durchzuführen und einen Einblick in die Funktion der DC im Rahmen der Steuerung von Immunantworten zu gewinnen. Mit den aktuell etablierten Verfahren ist es möglich, aus dem Knochenmark einer Maus bis zu 108 dendritische Zellen zu gewinnen (26). Es werden hierbei DC aus isolierten multipotenten Knochenmarkszellen mit Hilfe des Granulozyten-Macrophagen-Koloniestimulierenden Faktors (GM-CSF) differenziert (27).

1.1.6 Reifung der konventionellen dendritischen Zellen

Da sich diese Arbeit inklusive der Experimente ausschließlich auf cDC der Maus beziehen, wird in diesem Teil hauptsächlich auf die cDC eingegangen.

In Abwesenheit von Entzündung oder Infektion befinden sich cDC in einem sogenannten unreifen Stadium. In diesem Zustand besitzen sie eine große Kapazität zur Antigenaufnahme (18). Sind keine pathogenen Antigene in der Umgebung vorhanden,

internalisieren, prozessieren und präsentieren die cDC körpereigene Antigene. Dabei modulieren sie die Qualität der T-Zellantwort so, dass diese tolerant ist, z.B. durch den Mechanismus der sogenannten Anergie (28). Somit dienen unreife cDC der Immuntoleranz. Unreife cDC sind vor und unmittelbar nach der Aufnahme von körperfremdem Antigen nicht in der Lage, naive T-Zellen effektiv zu stimulieren, da sie nur geringe Mengen an MHC-Proteinen und kostimulierenden B7-Molekülen (CD80, CD86) exprimieren. Durch die Aufnahme von körperfremdem Antigen sowie durch die Anwesenheit von Entzündungssignalen, wie mikrobiellen Produkten und proinflammatorischen Zytokinen, wird ein Reifungsprozess der cDC mit funktionellen und morphologischen Veränderungen initialisiert (29). Dieser Prozess wird durch die Stimulation von Toll-like-Rezeptoren sowie durch proinflammatorische Mediatoren, wie Interleukin-1 (IL-1) und Tumornekrosefaktor (TNF), ausgelöst (30,31). Die Oberflächenexpression von MHC-II-Molekülen und kostimulatorischen Molekülen wie CD80 und CD86 wird verstärkt sowie die lysosomale Antigenprozessierung gesteigert.

Weiterhin wird die Freisetzung von Zytokinen erhöht und der Chemokinrezeptor CCR7 vermehrt exprimiert, welcher der cDC eine zielgerichtete Migration in das sekundäre lymphatische Gewebe ermöglicht, wo nun die reife cDC in der Lage ist, naive T-Zellen zu aktivieren.

Der Prozess der Reifung kann auch durch eine E-cadherin vermittelte DC-DC-Interaktion ausgelöst werden (30). Dies geschieht allerdings ohne Exposition gegenüber mikrobiellen Produkten oder entzündlichen Mediatoren. Die so induzierte DC-Reifung beinhaltet die Hochregulierung von kostimulatorischen Molekülen, MHC-II-Molekülen und Chemokinrezeptoren. Allerdings können die auf diese Weise stimulierten DC keine immunstimulatorischen Cytokine freisetzen. Diese DC lösen ein T-Zellantwort aus, infolge deren T-Zellen mit einem regulatorischen Phänotyp generiert werden (30).

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unterschiedliche Chemokinrezeptoren. Mit deren Hilfe reagieren sie auf eine Vielzahl von Liganden, die ihre Migration beeinflussen. Eine Übersicht zu den bekannten Chemokinrezeptoren und ihren Liganden ist in Tabelle 1 dargestellt.

Chemokinrezeptoren gehören zu der Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren und bestehen aus einem extrazellulären, Liganden bindenden N-Terminus, sieben Transmembrandomänen sowie einem intrazellulären C-Terminus (30,32). Die an diese Rezeptoren bindenden Liganden nennt man chemotaktisch wirksame Zytokine, kurz Chemokine. Durch die Bindung an ihre Rezeptoren beeinflussen Chemokine das Migrationsverhalten. Sie werden von unterschiedlichsten Arten an Leukozyten als auch von Zelltypen nicht-hämatopoetischen Ursprungs, wie beispielsweise Endothelzellen, glatten Muskelzellen, Fibroblasten, Astrozyten und Epithelzellen sezerniert (30,33).

Basierend auf der Anzahl und des Abstands der Cysteine in der N-terminalen Aminosäuresequenz werden die Chemokine in verschiedene Gruppen eingeteilt. CXC- und CC-Chemokine sowie CX3CL1 besitzen jeweils vier Cysteine, wobei die zwei N-terminalen Cysteine bei den CXC-Chemokinen durch eine Aminosäure, bei CX3CL1 durch drei Aminosäuren und bei den CC-Chemokinen durch keine Aminosäure getrennt werden.

Die Chemokine XCL1 und XCL2 besitzen nur zwei N-terminale Cysteine (33).

Einige Chemokine, wie zum Beispiel CCL2, CCL3, CCL4 und CCL5 sind induzierbare Chemokine. Sie werden bei Entzündungsprozessen ausgeschüttet, daher nennt man sie auch inflammatorische Chemokine. Demgegenüber stehen die konstitutiven Chemokine, oder auch homöostatischen Chemokine genannt, die kontinuierlich gebildet werden (34,35).

Zudem gibt es eine Sondergruppe der Chemokinrezeptoren, die nach der Bindung eines Chemokins einen Arrestin-abhängigen Signalweg initialisieren. Sie weisen strukturelle Gemeinsamkeiten mit den klassischen Rezeptoren auf und binden ihre Liganden auch mit hoher Affinität, lösen in der Regel aber keine Migration aus. Sie sind auch nicht zur Signalweiterleitung über G-Proteine befähigt, sondern führen scheinbar eher zu einer Modulierung der Chemokin-Gradienten und Dämpfung der Entzündungsreaktionen durch das Abfangen von Chemokinen (36). Aus diesem Grund werden diese Rezeptoren unter anderem „Scavenger“ oder „Chemokin bindende Proteine“ genannt. Zu dieser Gruppe der atypischen Chemokinrezeptoren werden bisher sechs Rezeptoren gezählt (32).

Jede DC-Subpopulation exprimiert je nach Umgebung, Funktion und Reifestadium ein spezifisches Spektrum an Chemokinrezeptoren (34). Unreife cDC und Vorläuferzellen nutzen Chemokinrezeptoren, wie z.B. CCR2 oder CCR6, um in nicht-lymphoide periphere Gewebe einzuwandern und dort zu navigieren (37). Durch den Prozess der DC Reifung erfolgt eine Änderung in der Expression von Chemokinrezeptoren und Adhäsionsmolekülen. Chemokinrezeptoren, welche zuvor das Migrationsverhalten der unreifen cDC steuerten, werden herunter reguliert und CCR7 verstärkt exprimiert (37). Die zwei Chemokine CCL19 und CCL21 binden an CCR7 und bilden einen Gradienten, der die gezielte Migration der cDC aus dem peripheren Gewebe bis in die T-Zellzone der Lymphknoten steuert (36,38). Ferner konnte gezeigt werden, dass die Motilität und Migrationsgeschwindigkeit der DC abhängig von CCR7-Liganden stimuliert wird (39,40).

Auch die Lokalisierung der stationären cDC innerhalb der lymphatischen Gewebe ist scheinbar an CCR7 gebunden (9).

Tabelle 1: Chemokinrezeptoren und ihre Chemokine

Rezeptoren Chemokine mit ihren Synonymen Zelltypen

CC-Chemokine

CCR1 CCL3 (MIP-1α), CCL4 (MIP-1β), CCL5 (RANTES), CCL7 (MCP-3), CCL 8 (MCP-2), CCL 13 (MCP-4),

CCR2 CCL2 (MCP-1), CCL5 (RANTES), CCL7 (MCP-3), CCL8 (MCP-2), CCL13 (MCP-4), CCL16 (LEC)

unreife DC, Monozyten, Makrophagen, basophile Granulozyten, TH1-Lymphozyten, natürliche Killerzellen

CCR3 CCL11 (Eotaxin), CCL7 (MCP-3), CCL5 (RANTES), CCL13 (MCP-4), CCL4 (MIP-1β),

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CCR7 CCL19 (ELC), CCL21 (SLC) reife DC, Thymozyten, B-Lymphozyten, zentrale Gedächtnis-T-Zellen, naive T-Zellen,

CCR8 CCL1 (I-309), CCL18 (PARC) DC, TH2-Lymphozyten, Monozyten, Makrophagen, Haut ansässige CD4 Gedächtnis-T-Zellen, Thymozyten, CD8- &

γδ-T-Lymphozyten, regulatorische T-Zellen, nicht-hämatopoetische Zellen

CCR9 CCL25 (TECK) Thymozyten, Darm ansässige T-, B-Lymphozyten & DC,

pDC

CCR10 CCL27 (ILC), CCL28 (MEC) Haut ansässige T-Zellen, IgA+ Plasmablasten,

Fibroblasten sowie Endothelzellen und Melanozyten der Haut, Karzinom

CXC-Chemokine

CXCR1 CXCL5 (ENA78), CXCL8 (IL-8), CXCL6 (GCP2) DC, Monozyten, neutrophile & basophile Granulozyten, natürliche Killerzellen, Mastzellen, CD8T-Lymphozyten, regulatorische T-Zellen, Endothelzellen, Karzinom

CXCR2 CXCL8 (IL-8), CXCL1 (GROα), CXCL2 (GROβ), CXCL3, (GROγ), CXCL5 (ENA-78), CXCL6 (GLP2), CXCL7 (PPBP)

DC, neutrophile & basophile Granulozyten, Monozyten, natürliche Killerzellen, Mastzellen, T-Lymphozyten, Endothelzellen, Karzinom

CXCR3 CXCL9 (MIG), CXCL10 (IP-10), CXCL11 (I-TAC), CXCL4 (PF4), CXCL4L1 (PF4V1)

pDC, TH1-Lymphozyten, basophile Granulozyten, regulatorische T-Zellen, CD8T-Lymphozyten, natürliche Killerzellen, natürliche Killer-T-Zellen

CXCR4 CXCL12 (SDF-1) nicht-hämatopoetische Zellen und die meisten Leukozyten

CXCR5 CXCL13 (BLC) B-Lymphozyten, CD8Lymphozyten, follikulärer

T-Helferzellen

CXCR6 CXCL16 (SR-PSOX) TH1- & TH17-Lymphozyten, γδ-T-Lymphozyten, natürliche Killerzellen, natürliche Killer-T-Zellen, Plasmazellen, Karzinom

? CXCL14 (BRAK) und CXCL17 (DMC)

CX3C-Chemokin

CX3CR1 CX3CL1 (Fraktalkin) DC, residente Monozyten, Makrophagen,

TH1-Lymphozyten, γδ-T-TH1-Lymphozyten, natürliche Killerzellen, zytotoxische T-Zellen, Mikrogliazellen, Nervenzellen

XC-Chemokin

XCR1 XCL1 (Lymphotactin), XCL2 (SCM-1β) „Cross-präsentierende“ CD8+ DC, DC des Thymus

Atypische Chemokinrezeptoren

ACKR2 (D6)

CCL8, CCL2, CCL3, CCL4, CCL5, CCL7, CCL11,

CCL8, CCL2, CCL3, CCL4, CCL5, CCL7, CCL11,