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Die Eingrenzung dieses Spektrums auf die in dieser Dissertation angewandten Arten wird in den folgenden Absätzen vorgenommen

3 Der Markt für Shopping Center in Deutschland

3.3 Notwendigkeit und Bedeutung von Revitalisierung im deutschen Shopping Center Markt deutschen Shopping Center Markt

3.3.2 Notwendigkeit aus Einzelhandels- und Kundenperspektive

3.3.2.1 Demografische Entwicklung

Ein hohes Bevölkerungswachstum garantiert dem Handel kräftige Umsatzsteigerun-gen, während niedrigere Wachstumsraten einen zunehmenden Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern bewirken.388 Shopping Center Eigentümer und Betreiber müs-sen daher kontinuierlich Veränderungen der Bevölkerung auf nationaler Ebene und vor allem im Einzugsbereich beobachten.389

Die Bevölkerungsentwicklung und ihre räumliche Verteilung bestimmen maßgeblich die Struktur und das Standortgefüge des Einzelhandels, denn Bevölkerungsstrukturen ha-ben stets entscheidenden Einfluss auf das individuelle Nachfrageverhalten.390

Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der aktuellen demografischen Situation und Perspektive und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel in Deutschland ist die Notwendigkeit der Revitalisierung von Shopping Centern in Verbin-dung mit neuartigen Konzepten klar erkennbar.391

„Der demographische Umbruch trifft uns, wenn wir nicht mehr so kraftstrotzend sind wie heute. In Deutschland werden in greifbarer Zukunft völlig unterschiedliche Genera-tionen aufgrund der langen Lebenserwartung gleichzeitig alt sein […], und alle 60-Jährigen bilden dann zusammen bereits 35 Prozent der Bevölkerung.“392

388 Vgl. Hahn, B. (2002), S. 14.

389 Vgl. Hahn, B. (2002), S. 159f. Trotz der gegenwärtigen Entwicklungen hin zu mehr gesell-schaftlicher Vielfalt und Individualismus ist in Deutschland die Bevölkerung sehr viel homo-gener als z.B. in den USA, und die Bevölkerungsstruktur der Wohngebiete im Einzugsbereich eines Shopping Centers verändert sich auch über Jahrzehnte wenig, oder zumindest nicht so radikal wie in den USA.

390 Vgl. Bühler, T. (1990), S. 56f.

391 Vgl. Bodenburg, R. (2005b), S. 14.

392 Schirrmacher, F. (2005), S. 45.

Die demografische Situation in Deutschland ist gekennzeichnet durch eine immer älte-re, schrumpfende Bevölkerung,393 geringere Kaufkraft in vielen Teilen des Landes und den Rückgang des privaten Verbrauchs inklusive der Konsumausgaben im Einzelhan-del. Einkommen wird eher gespart als konsumiert, und viele Verbraucher kaufen nicht viel mehr als für den täglichen Bedarf unbedingt nötig ist. Einer Erholung und einem starken, selbst tragenden Aufschwung des deutschen Einzelhandels steht somit nach wie vor die seit mehreren Jahren anhaltende Schwäche des privaten Verbrauchs ent-gegen.394

Darüber hinaus nimmt die ethnische und kulturelle Vielfalt der Bevölkerung, auch auf-grund der Immigrationsbewegungen, stetig zu. Convenience und maßgeschneiderte Angebote mit hohem Serviceanteil werden für eine einerseits ältere und andererseits zeitrestriktivierte Bevölkerung wichtiger.395

Viele Branchenexperten sind jedoch der Meinung, dass es noch zu früh ist, um beurtei-len zu können, ob die Konsumenten dauerhaft ihre Wünsche verändert und an die ge-samtwirtschaftliche Situation angepasst haben oder ob sie temporär ihre Ausgaben reduziert haben als Antwort auf eine unsichere gesamtwirtschaftliche Entwicklung.396 Darüber hinaus ist der genaue Einfluss der Bevölkerungsentwicklung auf die Perfor-mance von Einzelhandelsimmobilien strittig. Vielmehr lässt die starke Korrelation zwi-schen der Zu- und Abnahme der Einzelhandelsumsätze und der Mieten für Einzelhandelsflächen diesen Zusammenhang als dominierend erscheinen. Die Bevöl-kerungsentwicklung tritt daher als direkter Einflussparameter hinter die Konsumausga-ben und die Einzelhandelsumsätze zurück. Sie bestimmt eher die Zuwächse des privaten Verbrauchs und damit nur indirekt die Umsätze und Mieten von Einzelhandels-immobilien.397

Zu untersuchen ist folglich, welchen Einfluss das Kundenverhalten auf den Einzelhan-del und infolgedessen auf Shopping Center hat.

393 Vgl. Schirrmacher, F. (2005); Friedemann, J. (2006), S. 39; Blume, V., et al. (2005), S. 769.

Die demografische Entwicklung Deutschlands und ihre Auswirkungen auf Shopping Center waren auch Thema aus dem German Council Congress 2005; vgl. o. V. (2006b), S. 4f.

394 Vgl. Kemper, G. K. (2004), S. 2; Otto, A. (2003), S. 4; DEGI Research (2005), S. 1.

395 Vgl. Phillips, P. L. (o. J.), S. 20.

396 Vgl. Umlauf, E. (1994), S. 30.

397 Vgl. Hübl, L./Möller, K.-P. (1999), S. 33.

3.3.2.2 Kundenverhalten, Wertewandel, Einkaufsstättenwahlverhalten Das Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Suchverhalten der Konsumenten beein-flusst die Konzeption und das Erscheinungsbild der Shopping Center, insbesondere den Branchen- und Mietermix, das Design und die Konstruktion.398

In den USA wurde zu diesem Thema von ALZUBAIDI eine Umfrage unter Konsumenten in Preston, Idaho, durchgeführt. Ziel war es, eine Verbindung zwischen Konsumenten-verhalten/-einstellung und standortbezogener Positionierung des Shopping Centers herzustellen. Als Ergebnis konnten einige signifikante Unterschiede in Konsumenten-verhaltensmustern und -wahrnehmungen aufgezeigt werden, indem die Kunden, die häufig in Innenstädten einkaufen, mit denen, die Grüne-Wiese-Standorte bevorzugen, verglichen wurden. So kann antizipiert werden, dass sich eine Polarisierung des Ein-kaufsstättenwahlverhaltens entwickelt, wobei Shopping Center in den USA die Bedürf-nisse der wohlhabenden motorisierten Bevölkerung decken und Innenstädte von den weniger mobilen Konsumenten und für zusätzliche, aperiodische und nicht bedarfsde-ckende Einkäufe bevorzugt werden.399

Somit sind die sozialen Charakteristika der Käuferprofile von typischen Innenstadtkäu-fern versus Shopping Center Kunden ein wichtiger verhaltensbezogener Beobach-tungsaspekt für die Konzeption und die Revitalisierung von Shopping Centern, insbesondere an innerstädtischen Standorten.400

„[…] der neue, wertegewandelte Konsument ist jener ‚komplizierte’ Typ […]“401 Der Wandel in den Wertvorstellungen402 der Verbraucher beeinflusst deren Wünsche und Einkaufsverhalten.403 Die Ursachen für diesen Wertewandel sind neben der Kaufkraft-steigerung vor allem der allgemeine Bildungsschub, der sich durch das Streben nach höherer Persönlichkeitsbildung und freizeitkultureller Bildung äußert. Die Verbraucher sind heute zudem viel konsumerfahrener und nutzenorientierter als noch im letzten Jahrzehnt oder noch früher. Daraus entstehen neue Anforderungen an bestehende

398 Vgl. Bär, S. (2000), S. 1; Buckley, M. P. (1993), S. 77.

399 Vgl. Alzubaidi, H., et al. (1997).

400 Alzubaidi, H., et al. (1997), S. 80.

401 Hieronimus, R. (1988), S. 80.

402 Vgl. dazu auch Hieronimus, R. (1988), S. 77-81.

403 Vgl. Coenenberg, A. G./Fischer, T. M. (1993), S. 2.

Shopping Center, denen nur durch Revitalisierungsmaßnahmen begegnet werden kann.404

BESEMER nennt als wesentliche aktuelle Trends im Kundenverhalten, die die Notwen-digkeit der Umorientierung der Shopping Center untermauern,

• Erlebnis-, Freizeit- und Convenienceorientierung405

• Neubewertung von Raum und Zeit

• Lifestyleorientierung, Thematisierung und Ästhetisierung

Die Milieuforschung als gegenwärtiger Ansatz der Konsumforschung versucht, das Konsumentenverhalten vor dem Hintergrund des Wertewandels und Lifestyles zu er-gründen und Konsumenten in bestimmte Milieucluster einzuteilen.406 Neuere For-schungen betonen insbesondere die Bedeutung des erlebnisorientierten Konsumenten.

Der erlebnisorientierte Kunde existiert jedoch in Reinform nicht, obwohl der Trend zur Erlebnisorientierung allgemein anhält. Dies wird dadurch begründet, dass das Ein-kaufsverhalten eines Individuums neben den persönlichen Emotionen, die die Kaufent-scheidung mitbeeinflussen, auch von finanziellen Möglichkeiten und dem soziokulturellen Umfeld geprägt wird.

Somit werden nach ökonomischen Verhältnissen und Lebensstilen folgende für Shop-ping Center relevante Basis-Milieus unterschieden:407

• Erlebniseinkäufer (emotionalisierte Impulskaufentscheidungen)

• rational orientierte Convenience-Käufer

Folglich sind keineswegs alle Kunden eines Shopping Centers Erlebniseinkäufer, son-dern ein großer Teil frequentiert das Center überwiegend zu Versorgungszwecken.

404 Vgl. Glöckner, P., et al. (2004), S. 73.

405 „Infolge der gesteigerten Freizeitorientierung stellen sich aus Konsumentensicht höhere An-sprüche an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten und integrierte Unterhaltungsangebote.“;

Besemer, S. (2004), S. 63; vgl. auch Bastian, A. (1999).

406 Vgl. O'Roarty, B. (2001); Brune, W. (1996), S. 56; Buckley, M. P. (1993), S. 77.

407 Vgl. Bär, S. (2000), S. 34 nach Hieronimus, R. (1988), S. 77f.

Dieser eher rational orientierte Convenience-Käufer präferiert Einkaufsstätten, die zeit-liche, monetäre, psychische und sensorische Kosten minimieren.408

Zusammenfassend betrachtet lautet aus Konsumentensicht die Aufgabe für die Gestal-tung und Revitalisierung von Shopping Centern sowie des Umfeldes, für alle Kunden-kreise, und insbesondere auch für jene, die Shopping als Freizeitaktivität ansehen, ein attraktives Angebot bereitzuhalten, mit dem bestenfalls sogar noch zusätzliche Käufer-schichten aktiviert werden können.409