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Baulich-technische (objektbezogene) Perspektive

Kapitel 7 fasst die wesentlichen Erkenntnisse zusammen (Abschnitt 7.1) und gibt ei- ei-nen Ausblick auf zukünftigen Forschungsbedarf (Abschnitt 7.2)

2 Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.1 Shopping Center

2.2.1 Art der Definition

2.2.2.1 Baulich-technische (objektbezogene) Perspektive

Aus baulich-technischer Perspektive kann der Begriff Revitalisierung am ehesten mit dem englischen Begriff Refurbishment184 gleichgesetzt werden.

MANSFIELD, der bedeutende theoretische Grundlagen zur Begriffsbestimmung von Im-mobilien-Revitalisierung gelegt hat, führt an, dass im Englischen mehr als 20 verschie-dene Begriffe existieren, um den „Versuch, die Effekte der Wertminderung bei einem Gebäude zu beseitigen“, zu beschreiben.185 In diesem Zusammenhang legt er die Schwierigkeiten, die mit einer exakten Definition des Begriffs verbunden sind, prägnant dar:

„The meaning of the term ,refurbishment‘ has become blurred to the extend that it now acts as a synonym for a range of other processes, a confusion that may have wide implications in a number of contexts. […] The lack of clarity in both the academic litera-ture and professional guidance is disappointing and the continuous confusion can only disadvantage the various built environment [and real estate] professions.”186

Revitalisierung ist im immobilienökonomischen Kontext also nicht präzise definiert, sondern umfasst ein komplexes Aufgabenfeld des Nutzungswandels, der Wieder- und Neubelebung, der Um- und Neugestaltung im Schnittfeld unterschiedlicher Interessen.

182 Vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon (o.J.), S. 59; Bertelsmann (o. J.), S. 8181; Oxford (o.

J.), S. 1085; Fremdwörterlexikon (o. J.), S. 199.

183 Vgl. Aikivuori, A. (1996), S. 4.

184 Refurbishment wird in üblichen Wörterbüchern übersetzt mit Modernisierung, Renovierung, Sanierung, Aufarbeitung. Der Oberbegriff dieser Ausdrücke ist Revitalisierung.

185 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 24.

186 Mansfield, J. (2002), S. 29.

FALK liefert dazu folgende Definition:

„Unter Revitalisierung bzw. Refurbishment versteht man die Anpassung der Ausstat-tung und der Qualität der Immobilie an die geänderten Marktverhältnisse unter Beibe-haltung der bestehenden Nutzungsart.“187

Diese Definition bildet eine geeignete Basis für eine Annäherung an den Revitalisie-rungsbegriff.

Aus baulicher Perspektive ist eine Überalterung des Gebäudes in vielen Fällen die Ausgangssituation, die zu der Revitalisierung einer Immobilie führt. Der Begriff Revita-lisierung bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Verbesserung der physischen und funktionalen Eigenschaften eines Gebäudes zu neuen akzeptablen oder er-wünschten baulichen und technischen Standards. Daher sollte Revitalisierung als eine Aktivität betrachtet werden, die den Effekten von Verfall und Überalterung entgegen-wirkt und sie umkehrt. Revitalisierung ist somit die Antwort auf den Zustand der Überal-terung (obsolescence).188

Einen wichtigen Beitrag zu einem klareren Begriffsverständnis liefert AIKIVUORI:

„Refurbishment is a generic term including rehabilitation, modernization, renovations, alterations, improvements, additions, repairs, renewals, retrofitting; the term does not include domestic maintenance work such as cleaning and emergency maintenance.”189

MANSFIELD wiederum integriert einige inhaltliche Aspekte von AIKIVUORI und vollzieht eine der detailliertesten Analysen des Wortgebrauchs. Demnach ist die grundlegende Bedeutung von Revitalisierung die Verlängerung des wirtschaftlichen Nutzens eines bestehenden Gebäudes durch eine kosteneffektive bauliche Alternative zum Redeve-lopment.190 Dies setzt voraus, dass die wirtschaftliche Lebensdauer des Gebäudes fast oder ganz beendet ist und dass eine wirtschaftlichere und längere Lebensdauer durch

187 Falk, B., et al. (2004), S. 730.

188 Vgl. Ohemeng, F./Mole, T. (1996), S. 4; Hüssen, S. (2003), S. 6. Das wichtige Phänomen der Überalterung (Obsolescence) wird im Zuge der Erläuterung der Auslöser einer Revitali-sierung in Abschnitt 4.3.2 beschrieben.

189 Aikivuori, A. (1996), S. 9.

190 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 24, nach Markus (1979). Die Abgrenzung zwischen Revitalisie-rung und Redevelopment erfolgt auf S. 49.

Revitalisierung möglich ist. Die Durchführung der Revitalisierung wird in diesem Zu-sammenhang als ein physischer Prozess gesehen.191

In diesem physischen bzw. baulichen Prozess können verschiedene Maßnahmen durchgeführt werden, die alle Unterkategorien der Revitalisierung darstellen:

• Reparatur

• Ersatz/Auswechslung von Bauteilen

• Erneuerung, Renovierung

• Upgrading

• Ein-, Verhüllung/Verschönerung

• Wieder-Instandsetzung/Rehabilitierung, Sanierung, Wieder-Nutzbarmachung/Um-rüstung

• Konversion/Neu-, Umgestaltung (Änderung der Nutzungsart oder des Außenauf-tritts)192

Die Definition des RICS Building Conservation Practice Panel wird von MANSFIELD ab-schließend als umfassendste Begriffsfestlegung für Revitalisierung bewertet:

Revitalisierung ist die ganzheitliche und umfassende Renovierung, Erneuerung und Modifizierung bzw. Umstrukturierung eines Gebäudes mit dem Ziel, wirtschaftliche und/oder funktionale Kriterien zu erfüllen, die den bei einem Neubau gleicher Nutzung gestellten Anforderungen entsprechen. Dies kann die Implementierung/Einrichtung aktueller Standards bei Serviceeinrichtungen und Zugängen, natürlicher Beleuchtung, Ausstattung und Ausbauten unter Verwendung der historischen Struktur als Rohbau umfassen. Das Ergebnis ist ein effektiv neues Gebäude.193

Die Vorteile dieser Definition sind:

• Beschreibung spezieller Arbeitsschritte – Reparatur, Erneuerung und Modifizierung (dies fehlt in anderen gängigen Definitionen)

• Klare Herausstellung der Gründe für Revitalisierungsmaßnahmen – die Anpassung an veränderte wirtschaftliche und/oder funktionale Kriterien

• Benchmarking gewisser Performance-Anforderungen, die von Neubauten gleicher Nutzungsart zu erzielen sind194

191 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 24.

192 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 25f.

193 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 28.

194 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 28.

Aus baulich-technischer Sicht ist Revitalisierung von den Begriffen Renovierung und Redevelopment abzugrenzen. Eine Renovierung beinhaltet nur geringe Verbesserun-gen an der physischen und technischen Gebäudephysik/-struktur, die das Gebäude zwar äußerlich qualitativ und strukturell positiv verändern, seinen Typus bzw. sein Nut-zungskonzept aber unangetastet lassen. Renovierungsarbeiten sollen den baulichen Verfall eines Gebäudes verlangsamen oder stoppen.195

Eine Revitalisierung hingegen ist mit einer hohen Kapitalinvestition verbunden und zielt darauf ab, den Wert der Immobilie zu steigern, indem neben der wesentlichen Verbes-serung der funktionalen, ästhetischen und baulichen Eigenschaften auch die Nutzen-aussage des Gebäudes verändert wird.196

Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Renovierung und Revitalisierung bei einem Shopping Center liefert NORTHEN:

„Of course, most shopping centres require internal renovation and redecoration from time to time, but refurbishment usually implies a more substantial operation such as the enclosure of an open centre.”197

Trotz der relativ hohen Kapitalinvestition, die mit einer Revitalisierung verbunden ist, kann sie als die kosteneffiziente Alternative zum Redevelopment bezeichnet werden.198 Redevelopment nämlich umfasst die teilweise oder vollständige Zerstörung bzw. den Abbruch der tragenden Struktur einer Immobilie sowie einen Wechsel der Funktion und Nutzungsart.199 Anders formuliert ist Redevelopment somit eine Restrukturierung der Bausubstanz bei Umnutzung; dabei wird entweder die ursprüngliche Nutzungsstruktur aufgegriffen oder eine völlig andere Nutzungskonzeption implementiert. Auch Kombi-nationen sind möglich.200

Die bisherigen Ausführungen veranschaulichen den stark auf bauliche und objektbe-zogene Aspekte begrenzten Charakter des in diesem Abschnitt verwendeten Begriffs Revitalisierung. Eine Revitalisierung ist nicht allein dadurch gegeben, dass die Brutto-geschossfläche um gewisse Prozentsätze vergrößert oder verkleinert wird.

195 Vgl. Lord, J. D. (1985); Vijverberg, G. (2001), S. 85.

196 Vgl. Ohemeng, F./Mole, T. (1996), S. 4.

197 Northen, I. (1984), S. 124.

198 Vgl. Mansfield, J. (2002), S. 24, nach Markus (1979).

199 Vgl. Vijverberg, G. (2001), S. 85; Thomas, E./Gries, G./Wolff, J. (1964), S. 52.

200 Vgl. Isenhöfer, B./Väth, A. (2000) S. 145f.

Es wird deutlich, dass diese Definition für den Umfang, den der Begriff in dieser Arbeit einnehmen soll, nicht ausreicht.