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Daten und Erkenntnisse der Landesregierung Diskriminierungserfahrungen

5 Vielfalt und Chancengerechtigkeit mitgestalten

5.3 Gleichberechtigung aller Geschlechtsidentitäten

5.3.2.1 Daten und Erkenntnisse der Landesregierung Diskriminierungserfahrungen

Dass sich junge Menschen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert fühlen, ist keine Seltenheit.

50 % der antwortenden jungen Frauen und 36 % der antwortenden Mädchen nahmen

Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechtes wahr209, wohingegen nur 21 % der antwortenden Jungen und 19 % der jungen Männer angaben, aufgrund ihres Geschlechtes Benachteiligungen zu erleben.210

206 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.) 2018, S. 77, 207 vgl. Europäische Union (Hrsg.) 2017

208 vgl. Europäische Union (Hrsg.) 2018

209 vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2020, S.137 210 vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2020, S.137

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Doch nicht nur aufgrund ihres Geschlechts fühlen sich junge Menschen diskriminiert. So gaben 11 % der antwortenden jungen Menschen an, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung benachteiligt zu werden.211

Im Bildungs- oder Ausbildungskontext gaben 44 % der antwortenden queeren212 Jugendlichen an, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Diskriminierungserfahrungen erlebt zu haben.213 Auch bei den bestehenden Freizeitmöglichkeiten sehen queere Jugendliche deutliche Verbesserungspotenziale. So zeigten sich 86 % der Jugendlichen, die sich selbst als queer definieren, mit den bestehenden Freizeitmöglichkeiten weniger zufrieden oder

unzufrieden.214 Berufswahl

Bei der Berufswahl wird deutlich, dass traditionelle Rollen- und Geschlechterbilder die Entscheidungen von Jugendlichen bzw. der Ausbildungsbetriebe nach wie vor erheblich

beeinflussen. 2016 waren 79,4 % der Auszubildenden im handwerklichen Bereich männlich, im hauswirtschaftlichen Ausbildungsbereich waren 86,5 % weiblich.215 In der Konsequenz hat dies auch Auswirkungen auf das Ausbildungsentgelte sowie die Verdienstmöglichkeiten.216

Genderspezifische Angebote

Träger der Kinder- und Jugendhilfe berichten von bestehendem Handlungsbedarf für queere junge Menschen, besonders im ländlichen Raum. Hieraus sind einige Initiativen entstanden, wie etwa die

„Landesarbeitsgemeinschaft für Mädchen und junge Frauen in Sachsen-Anhalt“ und die

„Arbeitsgemeinschaft Mädchen und junge Frauen im südlichen Sachsen-Anhalt“. Sie vertreten die Interessen von Mädchen und jungen Frauen und setzen sich für die strukturelle Verankerung der Mädchenarbeit und eine geschlechtsbezogene Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe ein. Auch der Landesverband der Deutschen Jugend in Europa (djo) engagiert sich seit mehreren Jahren im Bereich der Mädchenarbeit, insbesondere mit dem Schwerpunkt geschlechtersensible Kinder- und Jugendarbeit.

Darüber hinaus agiert das Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V. als fachpolitische Servicestelle für Genderkompetenz, Mädchenarbeit und Jungenarbeit sowie Geschlechtervielfalt in Sachsen-Anhalt.

Spezielle Angebote für queere Jugendliche bietet außerdem das Jugendnetzwerk Lambda Mitteldeutschland. Es handelt sich hierbei um einen Jugendverband von und für queere Jugendliche und junge Erwachsene.

211 vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2020, S.137

212 Der Begriff Queer wird von Menschen verwendet, die sich einer sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität zuordnen, die nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht. Des Weiteren umfasst er auch diejenigen, die mit ihrem Aussehen und/oder Verhalten nicht den gängigen Rollenbildern entsprechen. https://vielfalt-erfahrenswert.de/queer/

213 vgl. Deutsches Jugendinstitut e. V. (Hrsg.) 2015, S. 22

214 vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2020, S. 123 215 vgl. Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.) 2020, S. 38

216 vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.) 2018, S. 8

99 5.3.2.2 Forderungen junger Menschen217 Gleichberechtigung der Geschlechter

 Umsetzung der Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, besonders im Beruf,218,219

 gleiche Behandlung aller Geschlechtsidentitäten. 220

Genderspezifische Angebote

 Es sollte mehr geschlechterspezifische Freizeitangebote geben.221

 Es sollte mehr LSBTTI Beratungsstellen geben. 222 5.3.3 Handlungsbedarfe aus Sicht der Landesregierung

 Angebote der Jugendarbeit müssen sich noch stärker als bisher mit den Themen Geschlechtervielfalt und Gleichberechtigung auseinandersetzen. Um entsprechende identitätssensible Angebote und Lösungen im Jugendbereich entwickeln und anbieten zu können, ist eine kritische Selbstreflektion der eigenen Rollenbilder durch die

Fachkräfte der Jugendarbeit notwendig. Auch hinsichtlich der Methoden- und

Themenvielfalt auf diesem Gebiet bedarf es intensiver und regelmäßiger Erweiterung der Kompetenzen der Fachkräfte der Jugendarbeit. Das gilt gleichermaßen für Fachkräfte, die außerschulische Bildungs- und Freizeitangebote vorhalten, die in der klassischen Jugendhilfe Einzelfalllösungen entwickeln oder die in der

Jugendhilfeplanung Strukturen und Unterstützungsangebote aufbauen.

 Des Weiteren ist es unabdingbar, die Lebenslagen von jungen Menschen, die sich nicht oder nicht gänzlich dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen wollen oder aber diesem nicht zugeordnet werden können, bei der Ausgestaltung der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zu berücksichtigen und damit deren gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu fördern. Bei der Planung, Entwicklung und Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen und Angebote sind diese jungen Menschen zu beteiligen.

 Eine Voraussetzung für eine diesbezügliche Ausrichtung von Angeboten der

Jugendhilfe ist eine ausreichende Datenlage. Die Länder, so auch Sachsen-Anhalt, sind gehalten, dafür Sorge zu tragen zu prüfen, wie künftig eine die Geschlechterdiversität berücksichtigende Datengrundlage ermöglicht werden kann, um – dem gesetzlichen Auftrag der Bedarfsplanung nach § 80 Abs. 1 SGB VIII entsprechend – in der Kinder- und Jugendhilfe Angebote für diese Zielgruppen der transidenten, nicht binären und intergeschlechtlichen Kinder und Jugendlichen entwickeln zu können.

217 Die Wünsche und Erwartungen junger Menschen in Sachsen-Anhalt wurden aus den Hinweisen der Workshops und des

Onlineverfahrens, die begleitend zur Erstellung des Jugendpolitischen Programms durchgeführt worden sind, abgeleitet. Des Weiteren sind Aussagen von jungen Menschen aus dem Partizipationsprojekt „Jugend Macht Zukunft“ des KJR aufgegriffen worden. Zur Veranschaulichung wurden beispielhaft Zitate der Befragten aufgeführt, um junge Menschen „zu Wort kommen zu lassen“. Die jeweilige Quelle ist durch Fußnoten benannt. (Siehe auch Punkt 1.6)

218 vgl. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. (Hrsg.) 2019, S. 40 219 vgl. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (Hrsg.) 2014, S. 11 220 vgl. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (Hrsg.) 2014, S.18

221 vgl. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (Hrsg.) 2014, S. 6, Zitat: „Fußballplätze nur für Mädchen“

222 vgl. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (Hrsg.) 2014, S. 11

100

 LSBTTI-Themen223 sollen sich im Schulalltag wiederfinden und in Schulmaterialien repräsentiert sein. Schulen sollen sowohl für homo- und bisexuelle, transgender,

transsexuelle und intergeschlechtliche Lehrkräfte als auch für Schülerinnen und Schüler eine offene, wertschätzende Atmosphäre (Ansprechpersonen,

Antidiskriminierungsrichtlinien) bieten. Die kontinuierliche Fortbildung zum Themenfeld sowie eine fachliche Unterstützung durch eine Handreichung sollen für Lehrkräfte aller Schulformen gewährleistet sein.

 In Bezug auf die Notwendigkeit der Sensibilisierung und Unterstützung der Fachkräfte der Jugendarbeit und der Lehrkräfte sind landesweite Strukturen und Ressourcen auszubauen.

5.3.4 Maßnahmen der Landesregierung