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Daten und Erkenntnisse der Landesregierung Politische Bildung im Schulkontext

3 Junge Gesellschaft in Sachsen-Anhalt entfalten

3.1 Europa und Internationales

3.2.3 Handlungsbedarfe aus Sicht der Landesregierung

3.4.2.1 Daten und Erkenntnisse der Landesregierung Politische Bildung im Schulkontext

In den Lehrplänen und Rahmenrichtlinien aller Schulformen sind schwerpunktmäßig übergreifende Themen- und Kompetenzbereiche verankert, die einen spezifischen Beitrag zum

menschenrechtsorientierten Lernen leisten, wie etwa Umgang mit Rassismus, Gewalt, Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit, Förderung von Demokratie und Toleranz sowie die Stärkung der Kinderrechte der UN-Charta. Dazu gehört das Wissen um den demokratischen Verfassungsstaat, die Kenntnis von politischen Beteiligungsrechten, aber auch die

Auseinandersetzung mit extremistischen und rechtspopulistischen Bestrebungen, die die Demokratie gefährden sowie die Wissens- und Kompetenzvermittlung zur erfolgreichen Bekämpfung von Diskriminierung, Mobbing und Gewalt.

Dabei orientiert sich Sachsen-Anhalt bei der Umsetzung an der am 11. Oktober 2018 in der Kultusministerkonferenz neugefassten Empfehlung „Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule"80.

Alle unterrichtlichen, schulischen und außerschulischen Aktivitäten und Prozesse zum Themenfeld Demokratie zielen letztlich auf die Vermittlung von Wissen über Demokratie als Lebens-,

Gesellschafts- und Regierungsform, die Entwicklung demokratischer Urteils- und

Entscheidungsfindung und die Vermittlung, das Einüben und Festigen demokratischen Handelns ab. Historisch-politische Urteilsfähigkeit und demokratische Haltungen und Handlungsfähigkeit sind Schlüsselkompetenzen, die bei Schülerinnen und Schülern entwickelt und eingeübt werden

müssen. Ziel der Schule ist es dabei, das erforderliche Wissen zu vermitteln, Werthaltungen und Teilhabe zu fördern sowie zur Übernahme von Verantwortung und Engagement in Staat und Gesellschaft zu ermutigen und zu befähigen. Dabei soll und muss die Schule ein Ort gelebter Demokratie sein, an dem die Würde des jeweils anderen großgeschrieben, Toleranz und Respekt

80 vgl. Kultusministerkonferenz (Hrsg.) 2018

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gegenüber anderen Menschen und Meinungen geübt, Zivilcourage gestärkt, demokratische

Verfahren und Regeln eingehalten und Konflikte gewaltfrei gelöst werden. Junge Menschen lernen dort, mit Kontroversen, Gegensätzen und Risiken, mit Unvollkommenheiten, unvollständigen und vorläufigen Wissensständen und Urteilen umzugehen.

Außerschulische politische Bildung

Die außerschulische politische Bildung wird in ihrem Kernauftrag und mit ihren Prinzipien in die Demokratieförderung und Extremismusprävention eingebunden. Demokratieförderung,

Extremismusprävention und politische Bildung – alle drei Begriffe als praktische soziale Arbeit verstanden – weisen große Schnittmengen auf, sind jedoch keine Synonyme. Allen drei Begriffen sind im Kern die demokratische Orientierung, Hilfsangebote, Möglichkeiten der Kooperation und Aufklärungsangebote gemein. Ziel politischer Bildung in demokratischen Staaten ist die Stärkung politischer Mündigkeit und Teilhabe. Insofern haben Maßnahmen der politischen Bildung durchaus präventive Effekte.

Auch die zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII zählende außerschulische Jugendbildung beinhaltet die politische Bildung. Die in diesem Kontext angebotenen Maßnahmen sollen jungen Menschen Hilfe zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse geben und sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte und zur Mitverantwortung in der Gesellschaft befähigen.

Strukturen der politischen Bildung, Demokratieförderung und Extremismusprävention In Sachsen-Anhalt existiert eine Vielzahl von Strukturen und Einrichtungen, die sich der politischen Bildung widmen. Neben der Landeszentrale für politische Bildung ist das „Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit“ ein wichtiges Element in der politischen Bildungsarbeit.

Die Landeszentrale für politische Bildung bietet in ganz Sachsen-Anhalt sowohl durch Förderung freier Bildungsträger als auch durch ein eigenes Bildungsprogramm vielfältige Angebote der Demokratiebildung. Insbesondere das Programm „Demokratie stärken“ setzt sowohl fachlich als auch sozialräumlich vielfältige Akzente der Demokratiebildung in den unterschiedlichsten

Themenfeldern. Dazu gehören das Netzwerk für Demokratie und Toleranz Sachsen-Anhalt, das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus —Schule mit Courage“, das auf eine Kooperation zwischen Schule und Zivilgesellschaft setzt, sowie ein umfangreiches erinnerungskulturelles Angebot insbesondere für Jugendliche. Darüber hinaus koordiniert die Landeszentrale für politische Bildung das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe", das auf

Demokratiebildung und Beratung setzt und in vielen Projekten auch Jugendliche und Heranwachsende erreicht.

Das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Toleranz wurde bereits 2012 gestartet und ist dem Leitgedanken verpflichtet, den gesellschaftlichen Zusammenhalt über vielfältige Angebote der Demokratieförderung, Prävention und Intervention zu intensivieren. Das Landesprogramm möchte die bereits in Sachsen-Anhalt erfolgreich wirkenden Bundes- und Landesprogramme sowie die vor Ort entwickelten Ansätze, Strukturen und Angebote in einer gemeinsamen Strategie

zusammenführen. 2016 wurde durch die Landesregierung die Fortführung und Weiterentwicklung des Programmes beschlossen. Zur Aktualisierung wurden vier Regionalkonferenzen durchgeführt, um die Bedarfe und Sichtweisen aus den ländlichen Regionen mit in das Landesprogramm

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aufzunehmen. Mit dem Kapitel „Jugendarbeit für eine demokratische Zukunft“ beinhaltet das Landesprogramm einen neuen Förderschwerpunkt, der sich ausschließlich mit den Belangen von Kindern und Jugendlichen befasst.

Die Maßnahmen des „Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit“ werden in der Landeskoordinierungsstelle für Demokratie – und Engagementförderung Sachsen-Anhalt, welche im MS verortet ist, gebündelt, vernetzt und ressortübergreifend begleitet. Die Arbeit des

Landesprogramms wird von einem mehrheitlich zivilgesellschaftlich besetzten Beirat und einem interministeriellen Arbeitskreis (IMAK) unterstützt. Die Bundesprogramme „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" und Zusammenhalt durch Teilhabe werden in der Stabsstelle Demokratie- und Engagementförderung mit dem Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit zusammengebracht. Durch die gemeinschaftliche

Koordinierung und Verzahnung sollen die Bundesprogramme konzeptionell zur Erreichung der Ziele des Landesprogramms eingebunden werden.

Mit dem Bundesprogramm Demokratie Leben! des BMFSFJ wurden seit 2015 und noch bis 2024 in allen Landkreisen und kreisfreien Städten sowie den kreisangehörigen Gemeinden81 Sachsen-Anhalts Fach- und Koordinierungsstellen sowie Aktionsfonds in Höhe von bis zu 60.000€/Jahr aufgebaut. Ihre Aufgabe ist, lokales Engagement gegen Rechtsextremismus und

Menschenfeindlichkeit zu aktivieren, zu befähigen und zu koordinieren.

Das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ wird vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat getragen und in der Bundeszentrale für politische Bildung umgesetzt, die Koordinierung auf Landesebene erfolgt in Sachsen-Anhalt durch die Landeszentrale für politische Bildung. Das Präventionsprogramm fördert vor allem im ländlichen Raum und in

strukturschwachen Gebieten Projekte, die auf demokratische Teilhabe zielen und gegen Extremismus, sowie verfassungsfeindliche Strömungen wirken. Es werden landesweit tätige Vereine und Verbände, wie Sportverbände, Feuerwehren und Wohlfahrtsverbände darin

unterstützt, ihre eigenen Strukturen demokratischer zu gestalten. Um dies zu erreichen, werden ehrenamtliche Demokratieberaterinnen und -berater ausgebildet. Sie sensibilisieren innerhalb ihrer Organisationen auf das Erkennen antidemokratischer Positionen und entwickeln

Präventionsstrategien. Ein neuer Schwerpunkt in der aktuellen Förderperiode ist die

Digitalisierung. Digitale Stärkung soll die Partizipation am demokratischen Lernen fördern und unterstützen.

Neben den Bundes- und Landesprogrammen gibt es weitere Strukturen zur

Extremismusbekämpfung. Hierzu zählen neben den regionalen Beratungsteams gegen

Rechtsextremismus auch das Netzwerk für Demokratie und Courage. Der Umgang mit und die Prävention von Rechtsextremismus nimmt aus guten Gründen eine gewichtige Rolle in der politischen Bildungsarbeit in Sachsen-Anhalt ein. So ordnen sich 19 % der Jugendlichen in Sachsen-Anhalt selbst als politisch rechts ein, während gleichzeitig die Mehrheit politisch motivierter Straftaten aus dem rechten Spektrum heraus begangen wird. In den letzten Jahren verlagern sich rechtsextremistische Strukturen und Aktivitäten zunehmend ins Internet. Darüber hinaus existieren in Sachsen-Anhalt weitere Strukturen und Expertisen zur Förderung von Gender-Mainstreaming, interkultureller Kompetenz, aber auch zu Themen wie islamistisch motiviertem Extremismus oder Linksextremismus nebst anderen.

81 Hinweis: Definitionen sind abrufbar unter: https://www.stala.sachsen-anhalt.de/gk/ [19.09.2020].

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Hinzu kommen zahlreiche Strukturen im schulischen Kontext, wie die Schulnetzwerke „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage, Europaschulen, UNESCO-Schulen, OPENION, Lernen durch Engagement sowie im Kontext der außerschulischen Jugendbildung. Die in diesen

Strukturen arbeitenden Jugendbildungsreferentinnen und -referenten nehmen politische Bildung junger Menschen zum als zentralen Auftrag der Jugendarbeit wahr.