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Das Zuwanderungsgesetz

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2.5 Die gesetzlichen Rahmenbedingungen

2.5.2 Die deutsche Gesetzgebung

2.5.2.1 Das Zuwanderungsgesetz

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das Gesetz zur Steuerung und Be-grenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integrati-on vIntegrati-on UniIntegrati-onsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) in der Fassung vom 30. Juli 2004 (siehe CD). Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es soll vielmehr ein grober Überblick über die derzeit gültige Gesetzeslage gegeben werden, bei dem viele Details und Aspekte unberücksichtigt bleiben müssen. Dar-über hinaus bleiben die länderspezifischen Auslegungen des vorliegenden Gesetzes größtenteils unbeachtet.

Anfang 2005 trat das Zuwanderungsgesetz in Kraft. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Artikelgesetz, in dem unterschiedliche Gesetzesänderungen, sowie das bislang geltende Aufenthaltsgesetz (AufenthG) enthalten sind.

Das Aufenthaltsgesetz, welches das Ausländergesetz (AuslG) ablöste, ersetzt somit die Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG und die unbefristete Aufenthaltser-laubnis nach § 15 AuslG mit der nun gültigen NiederlassungserAufenthaltser-laubnis nach § 9 AufenthG. Alle anderen Aufenthaltsstatuten entfallen durch die Einführung der Aufenthaltserlaubnis nach § 7 AufenthG.

Demnach enthält das Aufenthaltsgesetz drei Aufenthaltstitel:

• die befristete Aufenthaltserlaubnis,

• die unbefristete Niederlassungserlaubnis und

• das Visum

Für diese drei verschiedenen Aufenthaltstitel nach den allgemeinen Erteilungs-vorschriften des § 5 AufenthG müssen die Betroffenen sogenannte Regelvoraus-setzungen erfüllen. Neben der Sicherung des Lebensunterhalts“325 durch eine un-befristete Beschäftigung ist i.d.R. ein Visum erforderlich. Darüber hinaus kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn

• eine Asylanerkennung nach § 16a GG

325 Tobiassen, 2006

• ein Abschiebestopp durch die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a (Duldung) länger als sechs Monate besteht

• ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG

• ein Abschiebehindernis nach § 60 Abs. 2, 3, 5, 7 AufenthG

• ein subsidiärer Schutz nach § 24 AufenthG

• ein Härtefall nach § 23a AufenthG

besteht.

Die Aufenthaltserlaubnis kann maximal für drei Jahre erteilt bzw. verlängert wer-den, wenn die „Abschiebung seitmehr als 18 Monaten ausgesetzt ist“.326 In der Nie-dersächsischen Verwaltungsvorschrift wird jedoch auf die „Erteilung für die Dau-er eines Jahres“327 als Regelfall empfohlen und nur in bestimmten Fällen der ge-setzliche Höchstrahmen ausgeschöpft. Bei „tatsächlichen oder rechtlichen Grün-den, die eine Ausreise unmöglich“328 machen, und sich die Betroffenen weniger als 18 Monate in Deutschland aufhalten, ist eine Aufenthaltserlaubnis nach § 26 Abs.

1 AufenthG „für längstens sechs Monate“329 zu erteilen.

Eine Niederlassungserlaubnis kann ausgesprochen werden, bei

- einer Aufenthaltserlaubnis von mindestens fünf Jahren

- anerkannten „asylberechtigten“330 und Konventionsflüchtlingen, die eine mindestens dreijährige Aufenthaltserlaubnis vorweisen und kein Wider-rufsverfahren eingeleitet wurde

- ´Kontingentflüchtlingen` nach § 23 Abs. 2 AufenthG

Eine Niederlassungserlaubnis ist an die Erfüllung sogenannter Erteilungsvoraus-setzungen nach § 9 Abs. AufenthG gebunden. Hierunter fallen u.a. eine Aufent-haltserlaubnis seit mindestens drei Jahren, „ausreichende Kenntnisse der deut-schen Sprache, [...] ausreichender Wohnraum“331, keine „Verurteilungen [...] wegen

326 Tobiassen, 2006, S. 37

327 Tobiassen, 2006, S. 31

328 Tobiassen, 2006, S. 36

329 Tobiassen, 2006, S. 37

330 Tobiassen, 2006, S. 9

331 Tobiassen, 2006, S. 11

einer vorsätzlichen Straftat“332 sowie von Voraussetzungen für ein Widerrufsver-fahren.

„Günstige Erteilungsvoraussetzungen“333 können Betroffene erhalten, die unter die sogenannten Altfallregelung fallen.

Darüber hinaus kann eine Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs.

4 AufenthG auf Menschen angewandt werden, die seit mehr als sieben Jahre - „Sie-ben-Jahres-Frist“334 - eine Aufenthaltserlaubnis besitzen. Angerechnet werden u.a.

die Aufenthaltszeit während des Asylverfahrens und die „Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 01.01.2005“.335

Durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf Grundlage des sogenannten One-Step-Governments der Ausländerbehörden, erhalten die Betroffenen meis-tens eine „Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit“.336 Einen gesetzlichen Anspruch haben Menschen mit einer Niederlassungserlaubnis, Studierende und „Asylberechtig-te.337 Wird mit der Aufenthaltserlaubnis keine „generelle Erlaubnis zur Erwerbstä-tigkeit“338 erteilt, kann eine „unselbstständige Erwerbstätigkeit nur nach den §§ 39 bis 42 AufenthG, nach der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV), der Beschäftigungsverordnung (BeschV) oder aufgrund zwischenstaatlicher Ver-einbarungen erlaubt werden“.339

Darüber hinaus beinhaltet das Zuwanderungsgesetz erstmalig die Integration als einen zentralen Bestandteil340. Das Aufenthaltsgesetz regelt „die Einreise, den Auf-enthalt, die Erwerbstätigkeit und die Förderung der Integration von Ausländern [...] zur Erfüllung [...] humanitärer Verpflichtungen“.

Zur Feststellung „völkerrechtlicher oder humanitärer Gründe oder zur Wahrung politischer Interessen“341 können Betroffene ein Härtefallersuchen stellen, welches durch die zuständige Härtefallkommission geprüft wird. Diese kann anschließend

332 ebd.

333 ebd.

334 Tobiassen, 2006, S. 40

335 ebd.

336 Tobiassen, 2006, S. 16

337 Tobiassen, 2006, S. 9

338 Tobiassen, 2006, S. 6

339 Tobiassen, 2006, S. 6; vgl. Bleiberechtsbüro, 2007; Gardemann, 2006b; Tobiassen, 2006, S. 9

340 Siehe „Förderung der Integration“ (BMI, 2006a) nach § 43-45 AufenthG

341 Pohl, 2005a, S. 32-33

die Aussetzung der Abschiebung für maximal sechs Monate erwirken eine „Aufent-haltsgewährung in Härtefällen“342 nach § 23a AufenthG oder eine Aufenthaltser-laubnis in „außergewöhnlichen Härtefällen“343 nach § 25 Abs.4 AufenthG veranlas-sen.

Über das Widerrufsverfahren hat das BAMF die „Pflicht zur Überprüfung der Flüchtlingsanerkennung“344 nach drei Jahren. Durch die Überprüfung droht nach Angaben von Pro Asyl der „Widerruf der Asylanerkennung und [...] der Verlust des Aufenthaltes“.345 Dies bestärkt Hidarnejad mit der Anmerkung, dass die durch einen möglichen Widerruf erwirkte Ausreisepflicht die ständige Angst der Betroffe-nen vor einer möglichen Abschiebung erhöht. Seit der Einführung des Zuwande-rungsgesetzes haben bereits mehr als 45.000 Flüchtlinge, oft aus dem Irak, Kosovo und Afghanistan, ihren Status verloren.346

Der Informationsverbund Asyl e.V. vertritt den Standpunkt, dass durch die Auf-nahme der Verfolgungsgründe nach Artikel 1 GFK in § 60 Abs. 1 AufenthG die Möglichkeit eröffnet wurde, anerkannten Flüchtlingen nach der GFK nach drei Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist demnach ein Anspruch auf Familiennachzug möglich. In die-sem Falle gilt somit der völkerrechtlich garantierte Non-Refoulement-Grundsatz.

Nach dem Non-Refoulement mit dem Rückweisungsverbot nach der GFK dürfen Asylsuchende nicht zurückgeschickt oder ausgewiesen werden. Ein Verstoß gegen das Verbot besteht, wenn z.B. aufgrund einer Kettenabschiebung durch Anwen-dung der Drittstaatenregelung nach dem Dubliner Übereinkommen (DÜ), ein Flüchtling letztendlich in sein Herkunftsland abgeschoben wird.347

342 Tobiassen, 2006, S. 26

343 Tobiassen, 2006, S. 34

344 Pro Asyl, 2006d

345 ebd.

346 Pro Asyl, 2006d; vgl. Angenendt, 2000, S. 50-51; BAMF, 2006b; Benz, 2006a, S. 98; BMI, 2006a; BMJ. 2006c; Harmening, 2005, S. 7; Hidarnejad, 2006, S. 6; Jelpke, 2006; MFH, 2006, S.

21; Pohl, 2005a, S. 12-13, 30; Pro Asyl, 2006d ; Tobiassen, 2006

347 vgl. Bank, Schneider, 2006, S. 10; Europäische Kommission, 2002; N.N., 1995; Süssmuth, 2006, S. 106-107

Die ungenügende Abgrenzung des Begriffes der „sozialen Gruppe“348 im Zuwande-rungsgesetz zur „Gruppenverfolgung“349, führt „häufig [...] zur Ablehnung des Flüchtlingsschutzes“350, betonen Bank und Schneider. Demnach erfolgt die Aner-kennung eines Verfolgungsgrundes aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimm-ten ´sozialen Gruppe` selbestimm-ten, denn außer bei der geschlechtsspezifischen Verfol-gung wird dieser noch immer nicht als „selbstständiges Merkmal wahrgenommen“.351

Süssmuth ist der Meinung, dass die Rechte der Flüchtlinge in Deutschland in eini-gen „wichtieini-gen Punkten im Zuwanderungsgesetz zwar verbessert“352 wurden, doch die „Abwehrmechanismen dominieren“.353

Darüberhinaus erfolgte eine Änderung des AsylVfG hinsichtlich der Asylantrag-stellung für Minderjährige, die nun nach § 14a AsylVfG gilt. Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die monatlichen Veröffentlichungen des BAMFs, die „kein rea-listisches Bild“ der tatsächlichen Asylantragszahlen, wie auch Ablehnungsquoten wiedergeben. Nach Aussage Ulla Jelpkes werden durch die Gesetzesänderung die Anträge der in Deutschland geborenen Kindern und deren Ablehnungen aufgrund fehlender „individueller politischer Verfolgung“354 mit eingerechnet und nicht ge-sondert berücksichtigt. Ihren Angaben nach handelte es sich beispielsweise bei 12.100 (27 %) von insgesamt 46.600 Asylanträgen in dem Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2006 um Anträge von in Deutschland geborener Kinder.355

Nach Auskunft der Bundesregierung soll dem § 47 AsylVfG ein vierter Absatz, der die Umsetzungsfrist der Vereinbarungen des Amsterdamer Vertrages regelt, ange-fügt werden. Dieser Zusatz soll eine Hinweispflicht auf die Aufnahmeeinrichtungen enthalten, die Flüchtlinge u.a. über vorhandene medizinische Versorgungs- und Beratungsangebote zu informieren.

348 Bank, Schneider, 2006, S.15

349 ebd.

350 ebd.

351 Bank, Schneider, S. 13

352 Süssmuth, 2006, S. 108

353 ebd.

354

355 vgl. Jelpke, 2006b

Das seit dem 18. August 2006 geltende Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) ist auch auf das Gesundheitsversorgungssystem anzuwenden. Es hat zum Ziel, „Be-nachteiligungen der ethnischen Herkunft oder der Hautfarbe, wegen des Ge-schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“.356

Die Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie (QualRL) (siehe Kapitel 2.5.1) erfolgte bisher nur teilweise. Die Bundesregierung kommt somit ihrer Verpflichtung nicht nach, die von der EU geforderten Umsetzung auch u.a. der Familienzusammen-führungsrichtlinie zu beschließen. Bereits seit dem vergangenen Frühjahr 2007 diskutiert die Bundesregierung über ein Referentenentwurf für ein Zweites Ände-rungsgesetz zum ZuwandeÄnde-rungsgesetz zur Umsetzung mehrerer europäischer Richtlinien. Das dafür notwendige Gesetzgebungsverfahren soll Ende März 2007 eröffnet werden.357

356 Schweitzer, 2006, S. 7

357 vgl. Deutscher Bundestag, 2006, S. 14; EU, 2005c; Löhr, 2007; Reckmann, 2006; Schweitzer, 2006, S. 7; Voigt, 2007a

Im Dokument hier (Seite 55-61)