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Scheller (Erfahrungsbezogener Unterricht) Wallrabenstein (Offener Unterricht )

B: Fachdidaktische Ebene

6 Das Untersuchungsdesign

Sinnvoll wäre dennoch eine parallele Beurteilung der zu analysierenden Untersuchungsobjekte durch mehrere Personen gewesen. Dadurch hätten Abweichungen der subjektiven Beurteilung des Verfassers mit einer Fremdbeurteilung erörtert werden können. Weitere Beurteiler hätten jedoch einerseits die nur in langjähriger Tätigkeit zu erwerbende Qualifikation aufweisen müssen, schriftliche Unterrichtsplanungen untereinander vergleichend und in ihrer Bedeutung für die Unterrichtsrealisation einschätzen zu können. Zum anderen würde dadurch ein Arbeitsaufwand von ca. 6 Monaten pro Person erforderlich gewesen sein, so daß eine Realisierung nur durch ein großzügig finanziertes Forschungsvorhaben möglich gewesen wäre.

TAUSCH weist im Hinblick auf ein ähnliches Einschätzungsverfahren620 darauf hin, daß die Unterschiede bei entsprechend geschulten Personen nicht erheblich seien. Zur Einschätzung der Reabilität wurde partiell das Wiederholungsverfahren angewandt, um Unterschiede der Einschätzung im zeitlichen Abstand zu erfassen. Die Abbildung 15 zeigt, daß die Unterschiede vor dem Hintergrund des vorwiegend reflexiv-interpretativen Auswertungsverfahrens nicht bedeutend sind.

Analysedifferenzen im Wiederholungsverfahren

4,6 4,5 4,4 3,4

4,7 3,7

4,3 3,8

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

Epistemologie Komplexität Biographischer Kontext Autonomie

SK-Wert 1.Analyse

1.Analyse

1.Analyse

1.Analyse Wiederholungsanalyse

Wiederholungsanalyse

Wiederholungsanalyse

Wiederholungsanalyse

Gesamtwert

1. Analyse 4,3 Wiederholungsanalyse: 4,2

Abb. 15: Analysedifferenzen im Wiederholungsverfahren

620 z.B. bei der Einschätzung des Lehrerverhaltens, vgl. Tausch, R. und Tausch, A. (1979), S. 99 ff.; oder der Verständlichkeit von Texten vgl. Schulz v. Thun/Langer/Tausch (1973)

Die Validität des Verfahrens ergibt sich durch die Konsistenz des Analysebogens mit den systemisch-konstruktivistischen Theorien und didaktischen Modellen.

6.2 Untersuchungsobjekte

Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, Unterrichtsplanungen aus dem berufsbildenden Schulwesen, die sich auf den sozialkundlichen Unterricht und die Methode „Simulationsspiele“ beziehen, unter systemisch-konstruktivistischem Aspekt zu analysieren. Damit stellte sich das Problem, entsprechende Analyseobjekte ausfindig zu machen. Fertige Unterrichtsmodelle aus der Literatur sind in ihrer großen Mehrheit für den Bereich der allgemeinbildenden Schulen entwickelt worden. Die Themenbereiche unterscheiden sich weitgehend von denen im berufsbildenden Schulwesen. Konflikte im Betrieb und zwischen den Tarifpartnern, für deren unterrichtliche Behandlung sich Simulationsspiele besonders anbieten, werden im Bereich des allgemeinbildenden Schulwesens kaum thematisiert.

Aber auch außerhalb der verfügbaren Literatur stehen schriftliche Unterrichtsplanungen von Lehrern kaum zur Verfügung. Der Verfasser hat vergeblich versucht, Unterrichtsplanungen aus dem alltäglichen Unterricht zu besorgen. Sofern Lehrer schriftliche Unterlagen erstellen, geschieht das meist in fragmentarischer Form (Tafelanschrieb, Arbeitsblätter, Spielunterlagen). Unterrichtsprozeß, Unterrichtsauswertung und der Kontext (z.B. anthropogene und soziokulturelle Voraussetzungen) werden als Hintergrundwissen angesehen, das nicht schriftlich niedergelegt werden muß. Hinzu kommt, daß vorhandene Unterlagen ungern herausgegeben werden, weil Kritik der Kollegen befürchtet wird.

Der Verfasser hat deshalb auf Unterrichtsplanungen zurückgegriffen, die Referendare im Rahmen ihrer Ausbildung im Studienseminar zu erstellen hatten. Hierzu zählen Unterrichtskonzepte, die für die sog. „Unterrichtspraktischen Übungen“, für Prüfungslehrproben oder für die „Hausarbeit“ für die 1. bzw. 2. Staatsprüfung für das Lehramt für die Oberstufe des berufsbildenden Schulwesens erstellt worden sind. Es handelt sich um Unterrichtsentwürfe in einer Vollständigkeit und einem Umfang (durchschnittlich 31 Seiten621), wie sie schon aus zeitlichen Gründen im Schulalltag nicht zu erstellen sind.

Es wurde versucht, eine möglichst umfangreiche Datensammlung zu erstellen. Ziel waren dabei nicht statistisch exakte Mittelwerte, sondern Textquellen für eine interpretierende Inhaltsanalyse. Mögliche statistische Verzerrungen, die dadurch entstehen können, daß keine Selektion oder Zufallsauswahl vorgenommen wurde, sind

621 vgl. Kriterien 51 A und 51 B

dabei in Kauf zu nehmen. Insgesamt dürfte in dem eng abgesteckten Rahmen jedoch die Repräsentativität der Untersuchungspopulation gegeben sein.

Q u e l l e n waren das Archiv des Lehrerprüfungsamtes und gesammelte Unterlagen von Seminarleitern des Studienseminars.

Die nachstehende Darstellung erläutert die Analyseobjekte:

Form: Schriftform

Quelle: Studienseminar, Lehrerprüfungsamt Schulart: Berufsbildendes Schulwesen

Berufsvorbereitungsklassen Berufsschulen

Berufsfachschulen

Fachoberschulen, Wirtschaftsgymnasien Fachbereich: Sozialkunde/Gemeinschaftskunde/Politik Zeitraum: 1971 bis 2000

Arten: Diskussionsspiele Rollenspiele Planspiele

Simulierte Gerichtsverhandlungen/Tribunal Sonstige Simulationen

Ausgrenzungen: Rollengebundenes Theater Computerspiele

Lernspiele (Kartenspiele, Würfelspiele)

Konzepte (auch aus der Literatur) ohne konkreten Bezug zur Lerngruppe

Abgrenzungen zu ähnlichen Methoden und Arbeitsweisen:

Projekt

arbeitsteilige Gruppenarbeit mit Diskussion Fallanalyse

Offener Unterricht

Abb. 16: Analyseobjekte

Um den Datenschutz zu gewährleisten, werden die Autoren der Unterrichtsentwürfe nicht genannt. Die Unterrichtsentwürfe sind laufend von 1 bis 200 numeriert. Bei Zitaten aus den Unterrichtsplanungen ist die jeweilige Nr. in ( ) und ggf. die Seite des Entwurfs angegeben.

6.3 Analyseverfahren

Für die Analyse wurde ein aus der Theorie abgeleitetes Kategoriensystem entwickelt.

Die H a u p t k a t e g o r i e n werden L e i t d i m e n s i o n e n genannt. Sie sind aber sehr weit in ihrer Formulierung gefaßt, so daß sie durch die Entwicklung von Merkmalsbereichen und einzelnen K r i t e r i e n weiter zu konkretisieren und detaillierter aufzuschlüsseln waren. Diese Differenzierung beansprucht keineswegs Vollständigkeit und zwingende Systematik.

Die Simulationsspiele wurden dann im Hinblick auf den Ausprägungsgrad der aus der Theorie abgeleiteten Leitdimensionen und der diese beschreibenden Kriterien einer Analyse unterzogen.622 Leitfragen und Merkmalsvariable unterstützen als U n t e r k r i t e r i e n ggf. die Einschätzung. Diese beruht auf einem subjektiven schulnotenähnlichem623 Rating, wie es im Schul- und Hochschulwesen, aber auch bei der Beurteilung von anderen erziehungswissenschaftlichen Phänomenen624 üblich ist.

Die zusammenfassende Beurteilung der Leitdimensionen wurde holistisch vollzogen.

Da es sich bei den Merkmalsvariablen um deskriptive nominale Attribute handelt und die Kriterien nicht zu gewichten waren, können zusammenfassende Ergebnisse nicht durch Durchschnittsbildung ermittelt werden.

Darauf wurde ermittelt, welche externen Rahmenbedingungen (Einflußfaktoren) der jeweiligen Unterrichtsplanung zugrunde lagen.

Die ermittelten Werte sind Anhaltspunkte für eine Reflexion. Unterschiede sind nicht als absolute Differenzen anzusehen, da z. B. schon die Skalenabstände nicht präzise bestimmbar und damit auch nicht gleich sind.

Zuzüglich wurde bei der Beurteilung der Unterrichtsplanungen auf ein textanalytisches Verfahren nach der Verständnis- oder Comprehensive Methode625 zurückgegriffen.

622 Auf Grund der Eigenschaften der existierenden Daten sind standardisierte Untersuchungsinstrumente nicht anwendbar.

623 Der Ausprägungsgrad eines systemisch-konstruktivistischen Kriteriums wurde von 1 = 0 (gering) b is 5 (hoch) bewertet.

624 vgl. die verwendeten Skalen in PISA; Deutsches PISA -Konsortium (2001), S. 304

625 Die Einschätzung erfolgte holistisch nach einem mehrfachen Lesen des entsprechenden Textes.

Zugehörige Zitate626 aus den Unterrichtsentwürfen wurden eingefügt. Um die Authentizität zu wahren, wurden dabei sprachliche Fehler in der Regel nicht korrigiert.

Die Ergebnisse wurden im „Data-Warehouse“ dokumentiert. Aus dem Data-Warehouse können Daten nach unterschiedlichen Kriterien herausgelesen (data-mining), verglichen und analysiert werden. In dieser Arbeit wurden i.d.R. Cluster, z.B. einzelne Spieltypen, bearbeitet. Das Analyseverfahren eignet sich aber auch, eine einzelne Unterrichtsplanung graphisch abzubilden627 Diese kann darauf mit dem Profil einer entsprechenden Gruppe von Unterrichtsentwürfen verglichen werden. Abweichungen können schon vor der Unterrichtsrealisation Anlaß dafür geben, zu überdenken, ob z.B.

mögliche Handlungsspielräume ausgeschöpft worden sind, weitere Strukturierungshilfen genutzt werden können, oder ob das Profil der Planung durch die besonderen Konstellationen bedingt ist.

Der Verfasser geht davon aus, daß das Analyseverfahren im Prinzip auch für andere Unterrichtsfächer, Unterrichtsmethoden und andere Rahmenbedingungen anwendbar ist.

Die hier dargestellten Ergebnisse sind aber wegen der Geschlossenheit der Analyseobjekte nicht ohne weiteres auf andere erziehungswissenschaftliche Phänomene übertragbar.

6.4 Der Analysebogen

Der erste Entwurf des Analysebogens wurde in vielen Probedurchläufen einem Optimierungsprozeß unterzogen, bei dem semantische Veränderungen, Ergänzungen, Weglassungen und Umstellungen erfolgten. Die Einzeldarstellung dieses Prozesses ist unter dem Erkenntnisinteresse dieser Arbeit wissenschaftlich nicht ertragreich.

Die Endfassung hat folgendes Bild:

626 Die Zitate beziehen sich in allen Fällen auf Planungen, die mit Simulationsspielen verbunden sind, auch wenn sie manchmal so allgemein formuliert sind, daß sie sich auf andere Stunden zu beziehen scheinen.

627 vgl. Abb. 18