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Das touristische Radroutennetz

1 Die fahrradtouristische Infrastruktur

1.2 Das touristische Radroutennetz

Das radtouristische Wegenetz besteht genau genom-men

aus hierfür speziell ausgeschilderten touristi-schen Routen, aber auch

aus sonstigen Wegen, die von Radfahrern zu tou-ristischen Zwecken befahren werden.

Letztere sind nur schwer zu quantifizieren, da über die Wegenutzungsmotive der Radfahrer, ob im Alltag oder touristisch motiviert, nichts bekannt ist. Es lässt sich folglich keinesfalls festlegen, dass touristische Themenwege ausschließlich von Radurlaubern be-fahren werden. Besonders bei Radwegen/-routen im wohnungsnahen Umfeld ist diese Nutzungsdifferen-zierung nicht möglich und eine Mischnutzung defini-tiv zu konstatieren.

Wegen dieser fehlenden Trennungsmöglich-keiten des touristischen Radroutennetzes in Deutsch-land wurde stattdessen eine Quantifizierung des tou-ristisch beschilderten Wegenetzes angestrebt. Auf- grund der zumeist mangelhaften Datenlage bei den Ministerien wurden hierfür ergänzend die einzelnen Landesvermessungsämter kontaktiert. Auch die hier vorliegenden Datenbestände sind teils stark diver-gent: Während in einigen Bundesländern eine um-fangreiche Datenbank Aufschluss über fast jeden mit dem Rad befahrbaren Kilometer gibt, können man-che Landesvermessungsämter hierzu keinerlei Aussa-gen treffen. Detaillierte Auskünfte könnten den ein-zelnen Kommunen vorliegen. Eine Einzelabfrage dort würde jedoch den Rahmen dieser Studie sprengen.

Praxisbeispiel: Landesvermessung unterstützt den Fahrradtourismus durch Grundlagenarbeit Das Landesvermessungsamt Baden-Württem-berg führt seit ca. zehn Jahren eine Touristische Karten-Fachdatenbank (TKFD). Diese Datenbank entstand auf Grundlage der landesweit herausge-gebenen topografischen Umgebungskarten, d. h.

Wander-, Landkreis- und Freizeitkarten mit dem Schwerpunkt im Maßstabsbereich 1: 50.000. Diese TKFD wird als Geoinformationssystem (GIS) ge-führt. Die Daten liegen daher attribuiert und geo-referenziert vor. Die Daten können in verschie-denen Formaten zur Verfügung gestellt bzw.

genutzt werden.

Definition „Radfernwege“ nach ADFC:

Überregionale, kreisübergreifende be-schilderte Verbindungen für den touristi-schen Radverkehr mit grundlegender Infra-struktur und Serviceeinrichtungen

Mindestbedingungen für „Überregionalität“:

Überschreitung der Landkreisgrenzen, Min-destlänge von 150 km oder Empfehlung von zwei Übernachtungen

Definition „Radwanderweg“ nach ADFC:

Ausgeschilderte Verbindungen innerhalb eines Landkreises oder einer Region Quelle: BVA 2008

Der Bielefelder Verlag weist in dem in Kooperation mit dem ADFC herausgegebenen Ratgeber „Radfern-wege in Deutschland“ aktuell 209 Radfern„Radfern-wege ent-sprechend den ADFC-Kriterien aus.

Quelle: dwif 2009, eigene Darstellung

Da auch seitens der Landesvermessungsämter keine genauen Kilometerangaben zum touristisch be-schilderten Radverkehrsnetz gemacht werden konn-ten, wurde das auf den Homepages der Landestouris-musmarketingorganisationen präsentierte

Radroutennetz analysiert und aufsummiert. Da nicht selten mehrere Radrouten auf ein und demselben Weg verlaufen, war es wichtig, hier eine Aussage des überschneidungsfreien Radroutennetzes zu erlan-gen.

Abbildung 45 zeigt die Länge der touristisch ausge-schilderten Radrouten sowie die Länge der Radwege an klassifizierten Straßen. Eine detaillierte Auflistung der touristischen Radroutenkilometer befindet sich im Anhang VIII.2.1.

Insgesamt würde sich bei Aufsummierung der einzelnen Kilometerangaben der touristisch ausge-schilderten Radrouten in Deutschland ein gesamtes touristisches Wegenetz von rund 75.900 km erge-ben.

Aufgrund der zum Teil mangelhaften Datenlage bei einigen Ministerien und Vermessungsämtern der Länder zum Radroutennetz konnte hier nur das auf den Internetseiten der Landesmarketingorganisati-onen vermarktete Angebot analysiert werden. Dieses spiegelt in den meisten Fällen jedoch nur die wich-tigsten Radrouten bzw. Radfernwege wider, ohne die weiteren regionalen und örtlichen touristisch be-schilderten Routen zu berücksichtigen. Es ist von da-her von einer noch höda-heren Gesamtzahl an radtouris-tisch beschilderten Wegekilometern in Deutschland auszugehen. Problematisch ist bei einer Aufsummie-rung der Länderergebnisse auch das bereits er-wähnte, hinter diesen Daten stehende unterschied-liche Verständnis vom Begriff Radweg/Radroute.

Nach einer groben Schätzung des Bielefelder Verlags auf Basis seiner herausgegebenen Radwanderkarten für Deutschland belaufen sich die dort verzeichneten Radrouten aller Art auf eine Summe von rund 150.000 km. Radfernwege in Deutschland machen daran etwa 50.000 km aus. Eine Liste dieser Radfernwege (nach ADFC-Kriterien) liegt im Anhang (Kapitel VIII.2.2) bei.

Abb. 45: Touristisches Radroutennetz

(ab Kressborn) sowie dem Heidelberg-Schwarz-wald-Bodensee-Radweg (ab Radolfzell). Neben der Landschaft und den vielen Sehenswürdigkeiten wird der Reiz einer Radtour um den See noch durch die Möglichkeit der Fahrradmitnahme in den Bahnen der jeweiligen Region bzw. auf den Fahrgastschiffen und Fähren erhöht. Weitere In-formationen: www.bodensee.eu, www.bodensee-konferenz.org

Die namentlichen Bezeichnungen der Radfern-wege lassen auf ihre Umgebung schließen. Rund 40 % der insgesamt 209 Radfernwege benennen sich nach Gewässern und verlaufen überwiegend entlang der Flüsse, Seen oder Meeresküsten. Die Themen-Radfern-wege (z. B. Wellness-Radroute, Route der Industrie-kultur) machen rund 30 % des gesamten Radfernwe-genetzes aus. Hierbei wird Bezug zu

regionaltypischen Themen wie Bergbau, Salz, Schlös-sern und königlichen Standorten, Christentum, histo-rischen Verkehrswegen und ehemaligen Bahntras-sen, römischen Reich oder regionalen Lebensmitteln hergestellt. Daneben können einige Radfernwege ih-rer Bezeichnung nach weder einer bestimmten The-matik noch einem Verlauf an Gewässern zugeordnet werden. Vielmehr verlaufen diese in sonstigen land-schaftlich interessanten Gebieten und verbinden be-deutende Ortschaften (z. B. Radfernweg Berlin–Use-dom) oder physisch geografische Elemente (Flüsse, Seen, Berge) (z. B. Bodensee-Königssee-Radweg) mit-einander oder sie verlaufen themen- und ortsunge-bunden innerhalb einer Region (z. B. Schwarzwald-Radweg).

Tab. 15: Namentliche Einordnung der Radfernwege

Radrouten entlang Gewässer 40 %

Themen-Radwege 31 %

Radrouten in Regionen 29 %

Zu den beliebtesten Radfernwegen in Deutschland zählen eindeutig die Routen entlang von Gewässern.

Bei der jährlich im Rahmen der Radreiseanalyse des ADFC durchgeführten Befragung von Radurlaubern in Deutschland wurde der flach verlaufende Elbe-Eine Auswertung dieser Radfernwege nach ihrer

regionalen Zugehörigkeit ergab, dass – ungeachtet der Kilometerlänge – die meisten Radfernwege sich im Nordwesten und Südosten Deutschlands befinden.

Tab. 14: Räumliche Verteilung der Radfernwege in Deutschland

Räumliche Verteilung der Radfernwege in Deutschland

Nordwestdeutschland 31 %

Südostdeutschland 30 %

Südwestdeutschland 25 %

Nordostdeutschland 14 %

Der Europaradweg R1 verläuft quer durch Deutsch-land und wurde somit keiner Region zugeordnet: Er quert Deutschland von West nach Ost, aus den Nie-derlanden kommend und bis zur polnischen Grenze reichend.

Praxisbeispiel: Länderübergreifender Radfernweg Bodensee-Radweg

Der Bodensee-Radweg umläuft den gesamten Bo-densee. Er ist international angelegt und führt durch die drei Bodensee-Anrainerstaaten Deutsch-land, Schweiz und Österreich. Die Tourlänge vari-iert zwischen 261 und 298 Kilometern, je nachdem, ob Unter- und Überlinger See einbezogen werden.

Der Radweg wird durch ein offizielles Logo ge-kennzeichnet, doch die einheitliche Beschilderung ist noch nicht überall realisiert. Vorbildlich ist sie in der Schweiz. Der Bodensee-Radweg wird jähr-lich von rund 380.000 Radfahrern genutzt, davon umrunden ca. 100.000 Radfahrer auf einer mehr-tägigen Radtour den ganzen See (IBK 2005). Der Bodensee-Radweg ist mit vielen weiteren Fernrad-wegen vernetzt: In Deutschland beispielsweise mit dem Bodensee-Königssee-Radweg (ab Lindau), dem Hohenzollern-Radweg (ab Ludwigshafen), dem Radwanderweg Donau-Bodensee

Quelle: BVA 2008, eigene Berechnung Quelle: BVA 2008, eigene Berechnung