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Das Komplementsystem verbindet die angeborene mit der adaptiven

A.2 K OMPLEMENTSYSTEM

A.2.1 Das Komplementsystem verbindet die angeborene mit der adaptiven

In den letzten Jahren zeigte sich, dass das Komplementsystem nicht nur eine wichtige Rolle im angeborenen Immunsystem spielt, sondern auch das angeborene mit dem adaptiven Immunsystem verbindet. Die wichtigsten Proteine für diese Funktion sind die Spaltprodukte der dritten Komplementkomponente C3: C3b, iC3b und C3d (Toapanta &

Ross, 2006). Neuere Studien legen nahe, dass das Spaltprodukt C5a ähnliche Funktionen erfüllen könnte (Guo & Ward, 2005). Aktiviertes C3b kann entweder zur Bildung der C5-Konvertase führen oder kovalent an Protein-Amingruppen oder Hydroxylgruppen von kohlenhydrathaltigen Glykoproteinen der eindringenden Mikroorganismen binden. Nach der Anheftung auf der Oberfläche der Pathogene interagiert C3b mit dem Komplementrezeptor 1 (CR1/ CD35) und wird über die Zwischenstufe iC3b zu C3d(g) gespalten. Diese Spaltung führt zu C3d-bedeckten Pathogenen, die an den Komplementrezeptor 2 (CR2/ CD21) binden können (Rickert, 2005). Der C3d-Rezeptor CD21 wird auf der Oberfläche von follikulären dendritischen Zellen (FDC), reifen B-Zellen und einigen T-Zellen exprimiert (Braun et al., 1998; Croix et al., 1996; Fingeroth et al., 1988; Fischer et al., 1991; Fischer et al., 1999; Reynes et al., 1985; Tsoukas & Lambris, 1993). CD21 ist nicht nur der Rezeptor für C3d, sondern bindet auch IFNα, CD23 und gp350 von EBV (Asokan et al., 2006; Aubry et al., 1992; Carel et al., 1990; Delcayre et al., 1991; Frade et al., 1985; Holers & Kulik, 2007; Martin et al., 1991). Übersicht siehe (Holers, 2005). Die Interaktionen von C3b und C3d mit den auf der Oberfläche von Immunzellen vorkommenden Komplementrezeptoren CD35 und CD21, die Teil des adaptiven Immunsystems sind, verbinden so das angeborene mit dem adaptiven Immunsystem (Bergmann-Leitner et al., 2006; Hawlisch & Kohl, 2006). Auf die Interaktion der Komplementkomponente C3d mit dem Rezeptor CD21 wird im nachfolgenden Abschnitt näher eingegangen.

A.2.1.1 B-Zell-Signaltransduktion nach Bindung von C3d an CD21

Im Normalfall resultiert die Bindung eines spezifischen Antigens an den B-Zell-Rezeptor (entweder IgM oder IgG) in der Aktivierung einer Reihe von Kinasen, Phosphatasen und Adaptorproteinen, und letztlich zu einer durch Transkriptionsfaktoren vermittelten Änderung der Genexpression. Die Antwort auf ein Antigen wird dabei durch vier extrazelluläre Bedingungen bestimmt: (i) die Antigenkonzentration, (ii) die Avidität der Bindung, (iii) das Zeitintervall und die Dauer der Antigenbegegnung sowie (iiii) die Assoziation des Antigens mit Kostimuli von Pathogenen, des angeborenen Immunsystems oder anderer Lymphozyten.

In den letzten Jahren wurde klar, dass viele verschiedene Korezeptoren, wie FcγRII, CD22 und der CD21/CD19/CD81-Komplex, sowohl die Quantität als auch die Qualität des BCR-Signals regulieren (Healy et al., 1998). Die parallele Ligation der Korezeptoren und des BCR führt dabei je nach Antigen und Antigenumgebung zu einer unterschiedlich

starken Phosphorylierung der zytoplasmatischen Domänen der Korezeptoren, die entweder inhibitorische oder aktivierende Wirkung entfalten (Kurosaki, 1999). Die Koligation von BCR und CD21 führt allerdings nur bei antigenspezifischen B-Zellen zur Aktivierung (Thornton et al., 1996). Eine gute Übersicht über die BCR-Signaltransduktion bieten folgende Artikel: (Carroll, 1998a; Gold et al., 1991; Gold, 2002; Kurosaki, 1999;

Reth & Wienands, 1997; Wienands, 2000).

Für die Signalweiterleitung nach der Bindung von C3d an CD21 aggregieren die Oberflächenmoleküle CD21, CD19, CD81 in lipid rafts zum BCR-Komplex (Cheng et al., 2001; Cherukuri et al., 2001b; Cherukuri et al., 2004). In diesem Komplex wirkt CD21 als alleiniges Rezeptormolekül von C3d und CD19 dient der Signalweiterleitung von CD21 zur Zellaktivierung (Sato et al., 1997; Sato, 1999; Tedder et al., 2002). Die Funktion von CD81 ist bislang ungeklärt, allerdings kommt es nach genetischer Deletion zu einem verringerten Membrantransport von CD19 an die Oberfläche der B-Zellen (Fearon &

Carroll, 2000; Levy et al., 1998). Neuere Studien gehen davon aus, dass die Signaltransduktion von C3d nicht allein über CD19 läuft, sondern auch der zytoplasmatische Anteil von CD21 daran beteiligt ist (Barrault & Knight, 2004). In der Literatur gibt es ferner Hinweise darauf, dass C3d auch über einen CD21-unabhängigen Weg wirken kann (Haas et al., 2004).

Die gleichzeitige und ortsnahe Bindung von BCR und Komplementrezeptor CD21 verstärkt die Aktivierung der Signalkaskade und senkt den Signalschwellenwert für ankommende Signale des BCR. Somit ist eine geringere Antigenmenge für die Zellaktivierung notwendig. Infolge der Kreuzvernetzung kommt es normalerweise zu einer verstärkten Ausbildung von Keimzentren, die den intensiven Austausch von B- und T-Zellen fördern, und zur B-Zell-Proliferation (Carter et al., 1988; Lyubchenko et al., 2005;

Mongini et al., 1997; Morgan et al., 2005). Zudem werden inhibitorische Signale verringert, die Apoptose gehemmt und sogar anerge B-Zellen reaktiviert (Barrington et al., 2005; Holers, 2005; Kozono et al., 1995; Lyubchenko et al., 2007; Mongini et al., 2003;

Tedder et al., 2002). Je nach Stärke der ankommenden Signale und des jeweiligen Antigens kann die Quervernetzung aber auch zur Anergie der B-Zelle oder zu einer Autoimmunantwort führen (Rickert, 2005; Tsubata, 1999). In Abbildung A.1 sind die verschiedenen Wirkungen der Signalweiterleitung dargestellt.

Im Zuge der Aktivierung kommt es zu einer erhöhten Präsentation der kostimulatorischen Rezeptoren CD80 und CD86 sowie MHC II-Molekülen (Kozono et al., 1998; Mongini et al., 2002). Die Bindung von Antigen-C3d-Komplexen an spezifische B-Zellen erhöht zudem sowohl die Ig-Synthese (Thornton et al., 1996), als auch die IL-6 Produktion (D'Addario et al., 2000; Tanner et al., 1996). In den letzten Jahren wurde die Genexpression von reifen B-Zellen nach der Aktivierung genau erforscht und aufgeschlüsselt. Die folgenden Artikel bieten einen guten Überblick über die Veränderung der Genexpression nach der Aktivierung: (Glynne, 2000; Lee et al., 2006).

Signalweiterleitung in der B-Zelle

Ontogenese

Autoimmunität

Anergie GC-Formation

Immunantwort Ig Produktion

Abbildung A.1: Struktur und Wirkung des BCR-Komplexes. Illustration der Bindung eines C3d-opsonisierten Antigens an BCR und CD21. Durch die Kreuzvernetzung kommt es zu einer verstärkten Signalweiterleitung und führt zu einer gesteigerten Antwort in der B-Zelle. Nach (Morgan et al., 2005)

Die Antigenaufnahme, -prozessierung und -präsentation zur Aktivierung von T-Zellen wird ebenfalls durch BCR-Quervernetzung sowie -Signaltransduktion reguliert (Lankar et al., 2002; Siemasko et al., 1998; Xu et al., 1996). Die Antigenaufnahme und -präsentation hängt dabei von der Affinität des Antigens an den BCR und von beteiligten Korezeptoren ab (Aluvihare et al., 1997; Batista & Neuberger, 1998). Die zusätzliche Bindung von C3d an CD21 erhöht die Antigenaufnahme (Barrault & Knight, 2004; Boackle et al., 1997;

Boackle et al., 1998) und verbessert die Antigenpräsentation durch selektives Schleusen zu den MHC II-Molekülen (Hess et al., 2000; Prechl et al., 2002; Thornton et al., 1994). In einer Studie wurde allerdings festgestellt, dass die CD21-BCR-Kreuzvernetzung keine Internalisierung bewirkt, sondern nur eine verstärkte und verlängerte Signaltransduktion zur Folge hat (Cherukuri et al., 2001b).

A.2.1.2 Effekt der Bindung C3d-bedeckter Antigene an follikuläre dendritische Zellen C3d-konjugierte Antigene können nicht nur an CD21 auf der Oberfläche von B-Zellen binden, sondern auch an CD21 auf follikulären dendritischen Zellen (FDC). FDC sind in den Keimzentren der Lymphknoten lokalisiert und haben eine wichtige Funktion bei der Antigenpräsentation, die nicht über MHC I oder II vermittelt wird, sondern über den Fc-Rezeptor γII oder den Komplementrezeptor CD21 (Park & Choi, 2005; Reynes et al., 1985). Diese Rezeptoren binden und sammeln Ig- oder C3d-opsonisierte Antigene und können intaktes unprozessiertes Antigen auf ihrer Oberfläche zurückhalten (Qin et al., 1998; Roozendaal & Carroll, 2007; Yoshida et al., 1993). Die daraus resultierende wiederholte Stimulation antigenspezifischer B-Zellen nach einer überstandenen Infektion schützt diese vor Apoptose (Lindhout et al., 1993; Mongini et al., 2003; Schwarz et al.,

1999), begünstigt den Isotypwechsel (Qin et al., 1998) und die somatische Hypermutation (Chen et al., 2000) und fördert schließlich die Reifung zu langlebigen B-Gedächtniszellen, die hochaffine Immunglobuline exprimieren (Aydar et al., 2005; Fearon & Carroll, 2000;

Nielsen et al., 2000; Nielsen & Leslie, 2002; Zinkernagel, 2002). Murine FDC können Antigen für bis zu drei Monate (Mandel et al., 1981), humane FDC für Jahre zurückhalten und damit B-Zellen stimulieren (Hlavacek et al., 2002). Für effiziente B-Zell-Antworten sind die Komplementrezeptoren auf den FDC nötig (Ahearn et al., 1996; Molina et al., 1996), obwohl diese Rezeptoren auch auf B-Zellen exprimiert werden (Fang et al., 1998).

FDC sind folglich bei der Induktion sekundärer IgG-Antworten stark beteiligt. Einerseits sind sie die Quelle des Antigens, andererseits stellen sie die antigenunabhängige stimulatorische Aktivität bereit (Wu et al., 1996), die sicherstellt, dass B-Zellen während ihrer Entwicklung und später Überlebenssignale erhalten. Die von B-Zellen sezernierten Zytokine TNFα/β sichern im Gegenzug das Überleben der FDC (Mackay & Browning, 1998). C3d-bedeckte Mikroorganismen können so durch die Interaktion mit CD21 bei der Antigenpräsentation wie auch bei der Erhaltung des immunologischen Gedächtnisses unterstützend wirken (siehe Abbildung A.2). Zusätzlich können an CD21 gebundene Immunkomplexe die Signalweiterleitung vereinfachen, die für das Überleben reifer B-Zellen und für die Selektion hochaffiner B-Zellen nötig sind (Fang et al., 1998; Fischer et al., 1998; Holers & Kulik, 2007; Lyubchenko et al., 2005; Nielsen et al., 2000; Qin et al., 1998).

Milz Keimzentrum

Milz / Knochenmark

B-Zell

Kompartiment T-Zell

Kompartiment

Antigenselektion

selektion

Antigen- Kurzzeit-effektorzellen

Langzeit-effektorzellen Gedächtnis-Kompartiment Expansion

Abbildung A.2: Interaktion C3d-gekoppelter Antigene mit CD21 auf der Oberfläche von FDC und B-Zellen. C3d-gekoppelte Antigene aktivieren naive B-Zellen durch Kreuzvernetzung von BCR und Korezeptor CD21, die mittels T-Zell-Hilfe zu Plasmazellen heranreifen oder die Bildung von Keimzentren (GC) initiieren. CD21-Rezeptoren auf FDC halten C3d-opsonisierte Antigene zurück und stimulieren wiederholt B-Zellen, die schließlich hochaffine spezifische Antikörper ausbilden oder zu langlebigen Gedächtniszellen heranreifen. (Carroll, 2004).

A.2.1.3 Andere Wirkmöglichkeiten C3d-bedeckter Antigene

Obwohl die Mehrheit der T-Zellen kein CD21 auf der Oberfläche tragen, gibt es eine Untergruppe von T-Zellen des TH1-Typs, die den C3d-Rezeptor exprimieren (Fischer et al., 1991; Fischer et al., 1999; Tsoukas & Lambris, 1988). In mehreren Studien wurde bestätigt, dass C3d-Proteine so nicht nur die humorale, sondern auch die zelluläre Immunantwort verändern können (Cutler et al., 1998; Kaya et al., 2001). Fusion von C3d kann so die Ausrichtung der T-Zellantwort zu einem TH1-Phänotyp (Bergmann-Leitner et al., 2005) aber auch zu einem TH2-Typ (Bower et al., 2005; Tong et al., 2006) verlagern.

Neben der Bindung an CD21 auf FDC, B- und T-Zellen kann die Fusion von C3d auch zu einer Erhöhung der Antigenstabilität beitragen, die unabhängig von der Bindung an den Komplementrezeptor CD21 zu einer verstärkten Immunstimulation führt (Haas et al., 2004).