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Das Internet als Medium der außerwissenschaftlichen Antikerezeption

Im Dokument Antikerezeption im Internet (Seite 115-120)

Teil II: Forschungsüberblick

Kapitel 4: Forschungsüberblick

4.8. Die aktuelle Forschungslage: Das Internet als Medium der Altertumswissenschaften und als

4.8.2. Das Internet als Medium der außerwissenschaftlichen Antikerezeption

er gibt einen Überblick über die Geschichte der digitalen Philologie und benennt einige Veränderun­

gen, die sich aus dem neuen Medium Internet für die Klassische Philologie ergeben, Veränderungen, die auch in dieser Arbeit an mehreren Orten angesprochen werden: Dadurch, dass Texte aus der Anti­

ke nunmehr viel leichter zugänglich sind als jemals zuvor, entwickelt sich ein neues Verhältnis zum Text und seiner Überlieferungsgeschichte. Im Grunde konstatiert O’Donnell zwei einander widerspre­

chende Entwicklungen: Zum einen führten Forschungstraditionen und -präferenzen dazu, dass die Al­

tertumswissenschaften bzw. die classial studies dem Text mehr Bedeutung beimaßen als dem archäo­

logischen Relikt; das Textzeugnis der antiken Literatur wurde dabei als konstruktives Ergebnis einer Editionsgeschichte angesehen. Zum anderen führen die neuen Internetbibliotheken zu einer Abwer­

tung dieser Editionsgeschichte, da die im Internet frei verfügbaren Textzeugnisse ohne jeden Apparat auskommen. Dieser neue, um die Editionsgeschichte unbekümmerte Blick auf die antike Literatur, der diese gleichsam enthistorisiert, wird eines der durchgehenden Themen des folgenden Kapitels dieser Arbeit sein. Ein weiteres Thema, dem O’Donnell sich widmet, ist die Frage nach der Zuverlässigkeit der Informationen, die über das Internet zu beziehen sind; die für das Internet typische Zugangsweise zu Informationen via Suchmaschinen birgt die Gefahr, dass man in der unüberschaubaren Menge des Materials das Wertvolle nicht findet:

„But search is still an imperfect strategy when assurance of quality is desired, and the more abundant the searched material becomes, the more urgent that assurance is sought. For the student of the history of cultures, the truly interesting question about our time is the extent to which we will continue to be able to master and control the dissemination of information by the assignment of markers of quality and approval…”203

O’Donnell nimmt an, dass sich seit der Erfindung des WWW und des graphischen Internetbrowsers Anfang der 1990er Jahre bis zum Jahr 2006, als er seinen Essay verfasste, keine wesentliche Neuerung im Internet vollzogen hat. Die Teilung des Internet in einen freien und einen nur gegen Bezahlung bzw. über wissenschaftliche Institutionen zugänglichen Teil kann man sicher als eine solche Tendenz bezeichnen, welche die Zukunft des Internet prägen dürfte, ferner das mobile Internet.

das zentrale Interesse, sondern auf die „Veralltäglichungsprozesse der Antike“,204 wie in einem pro­

grammatischen Aufsatz im vierten Band der PONTES-Reihe205 zu lesen ist, in dem auch eine Untersu­

chung zum Internet-Bild des Kirchenvaters Laktanz erschien.206 Jochen Walter untersucht hier das, was er als „'wilde' Rezeption – im Gegensatz zu einer von speziell dafür ausgebildeten und abgestell­

ten Fachleuten gelenkten Rezeption“207 bezeichnet. Jochen Walter mustert eine große Zahl von Inter­

netseiten, die er in der Weise typologisch ordnet, dass er sie nach den Interessen unterscheidet, wel­

che die Autoren bei der Rezeption der Laktanz-Texte leiten, sowie nach der Genauigkeit oder Tiefe der Rezeption. Eine Gruppe von Seiten instrumentalisiere den Kirchenvater für religiöse Auseinander­

setzungen, seien es solche mit dem Islam,208 seien es Konflikte zwischen unterschiedlichen christl­

ichen Gruppen oder Konfessionen. Ein anderes Interesse, das Jochen Walter beobachtet, knüpft an Aussagen des Kirchenvaters zu Krieg und Frieden an,209 um ihn als „Kronzeuge[n] des Pazifismus“210 zu reklamieren. Es finden sich im Internet allerdings auch Websites, die mit anderen Laktanz-Zitaten das Gegenteil versuchen, nämlich das Recht des Christen, Krieg zu führen, aufrechterhalten wollen. Ein anderes, verwandtes Thema ist nach Jochen Walters Beobachtung die Todesstrafe. Wichtig ist der Befund, dass ein antiker Text im Internet für Argumentationen in aktuellen politischen und religiösen Konflikte in Anspruch genommen wird. Eine andere Gruppe von Internetseiten sieht Jochen Walter als Ausdruck einer „Trivialisierung“; hier wird Laktanz als Unterstützer in der Argumentation gegen Steuererhebungen herangezogen.211 Eine Tendenz der Internetrezeption des antiken Autors, die in

204 Mohr 2007, S. 21.

205 Diese Reihe wird oben, Kap. 2.1. (oben, S. 25) vorgestellt.

206 Jochen Walter in: Korenjak / Tilg 2007, S. 265-276.

207 Walter 2007, S. 265.

208 Vgl. z.B. die Seite < http://answering-islam.org/Quran/Science/embryo.html > (gesichtet am 4.9.2009), bei Walter auf den Seiten 266-267 besprochen; hier geht es darum, dem Islam den Charakter einer von Anfang an wissenschaftlich orientierten Religion streitig zu machen.

209 Lact. Inst. 5,17,12 und 6,20,15 f. Diese Textstelle lautet wie folgt: „non enim cum occidere deus uetat, latrocinari nos tantum prohibet, quod ne per leges quidem publicas licet, sed ea quoque ne fiant monet quae aput homines pro licitis habentur. ita neque militare iusto licebit, cuius militia est ipsa iustitia, neque uero accusare quemquam crimine capitali, quia nihil distat utrumne ferro an uerbo potius occidas, quoniam occisio ipsa prohibetur. (Wenn Gott uns das Töten verbietet, verwehrt er uns nicht nur die Räuberei, die nicht einmal durch die öffentlichen Gesetze erlaubt ist, sondern er ermahnt uns auch, dass die Dinge nicht geschehen sollen, die bei den Menschen für erlaubt gelten. Krieg zu führen ist dem Gerechten nicht erlaubt, dessen einziger Kriegsdienst die Gerechtigkeit ist, und auch nicht, jemanden auf Tod und Leben anzuklagen, weil es keinen Unterschied macht, ob du jemanden durch das Schwert oder durch ein Wort tötest, da ja das Töten selbst ver ­ boten ist.) (Lact. Inst, CSEL 19, ed. Brandt 1890).

210 Walter 2007, S. 270. Eine dieser Internetseiten ist im September 2009 unter der URL

< www. christianpacifism .com > abrufbar.

211 Walter 2007, S. 271-273. Hierzu gehört auch der Rekurs auf inst. 3,24, wo Laktanz gegen die Vorstellung der Erde als einer Kugel polemisiert. Hier geht es um die so genannte „Flat Earth Theory“, also die von Jeffrey Burton Russel (Inventing the Flat Earth. Columbus and Modern Historians, New York etc. 1991) widerlegte These, die Kirche habe das Mittelalter hindurch an der Vorstellung von der Erde als einer Scheibe festgehalten und so den Fortschritt der Wissenschaft verhindert.

diesem Aufsatz deutlich wird, ist die zu einer Reduktion des rezipierten antiken Textcorpus auf einige wenige Elemente. So komme in der Internet-Rezeption des Kirchenvaters die Sprache immer wieder auf inst. 6.20; kaum einmal gehe ein Autor auf einen anderen Text ein.212 Eine Frage, die an viele Rezeptionsbeispiele gestellt werden könne, ist die nach der Tiefe der Rezeption.

Ganz dem Medium Internet widmet sich Maria Beatrice Bittarello in ihrer Dissertation über neopaga­

ne Gruppen im Internet.213 Die Autorin untersucht die Websites, auf denen antike pagane Mythener­

zählungen (Gaia, Artemis / Diana, Demeter / Persephone, Mysterien von Eleusis) als Ausgangspunkt für die Rekonstruktion einer ökofemistischen, gleichermaßen politisch wie religiös bestimmten Spiri­

tualität rezipiert werden:

The stress, in my approach, is … on the narrative (mythical) structure that can be found in Neopaganism, and its creative and (re)creative nature, which also emerges from art and ritual.214

Methodisch orientiert sie sich v.a. an einer dichten Beschreibung der Internetseiten, die sie auffin­

det.215 Sie arbeitet an dieser neopaganen Bewegung bzw. an deren Internetauftritten den Versuch heraus, in spielerischer und kreativer Umdeutung antiker religiöser Motive eine Weltsicht zu begrün­

den, die aus ihrer Sicht dabei hilft, einen unfruchtbaren Dualismus des wissenschaftlichen, aufgeklär ­ ten Denkens zu überwinden. Sie beschreibt ihre Methode als “Ethnography on the Web”216, sieht ihre eigene Rolle aber nicht analog zu einer Forschungsposition, die wie ein überlegener Fremder auf ein unterlegenes Untersuchungsobjekt stößt.217

In einer von Dunstan Lowe und Kim Shahabudin herausgegebenen Aufsatzsammlung aus dem Jahr 2009218 kommt das Internet als Medium der mass culture in den Blick, neben anderen Medienphäno­

menen wie dem pornographischen Film und dem Computerspiel.219 Die Erforschung der Antikerezep­

212 Walter 2007, S. 274 f.

213 Maria Beatrice Bittarello: The Re-creation of Ancient Classical Religions on the World Wide Web:

Neopaganism as Contemporary Mythopoesis, Stirling 2007. Im Internet ist dieser Text erreichbar auf der Website des Stirling Online Research Repository (STORRE); URLs:

< https://dspace.stir.ac.uk/handle/1893/226 > bzw. < http://hdl.handle.net/1893/226 >.) Wer diese Arbeit lesen möchte, muss auf der Website des STORRE ein Online-Formular ausfüllen und bekommt dann die Arbeit als PDF-Datei per Email von der Autorin zugeschickt. Aus der Sicht des hier verfolgten Forschungsprogramms ist es ein dringendes Desiderat, dass Bittarellos elektronisches Buch leichter zugänglich gemacht wird, ganz gleich in welchem Medium.

214 Bittarello 2007, S. 95 f.

215 Bittarello 2007, S. 89.

216 Die hier zitierte Formulierung ist eine Überschrift und deswegen großgeschrieben. Bittarello 2007, S. 81.

217 Die Autorin entscheidet sich explizit dagegen, die Position einer distanzierten Beobachterin einzunehmen, “…

who ‘scientifically’ studies phenomena without engaging with them, because it is a masculinist and (self-constituting) privileged position, in its implicit claim that the observer is somehow ‘superior’ and ‘better positioned’ to understand a phenomenon than those who participate in it.” Bittarello 2007, S. 93.

218 Lowe / Shahabudin 2009.

219 Ein Sammelband mit Aufsätzen zu vielen verschiedenen Aspekten der zeitgenössischen Antikerezeption, der im Jahr 2008 erschienen ist (Lorna Hardwick / Christopher Stray [Hgg.]: A Companion to Classical Receptions, Malden [Mass.] 2008), enthält keinen Beitrag über das Internet. Als technische Rezeptionsmedien werden der

tion im Internet bekommt insbesondere durch den Artikel von Kate Fisher und Rebecca Langlands eine neue Wendung.220 Die Autorinnen untersuchen nämlich die Kommentare, in denen die Nutzer von bestimmten interaktiven Internetseiten ihre Erfahrungen bei der Besichtigung des Bordells bzw.

Lupanar in Pompeji221 und insbesondere bei der Betrachtung der erotischen Fresken verarbeiten. Bei den untersuchten Internetseiten handelt es sich v.a. um die Foto-Community Flickr222, die dem Aus­

tausch von Privatphotographien dient, und um Websites, die ihren Nutzern die Publikation von priva ­ ten Blogs ermöglichen.223 Diese Typen von Websites zeichnen sich dadurch aus, dass sie es auch Nut­

zern ohne jede Programmierkenntnisse ermöglichen, auf Internetseiten ihre Texte, Bilder und Filme zu publizieren (d.h. Informationen auf Websites hochzuladen). Was die Autorinnen an den Texten in­

teressiert, mit denen v.a. Touristen ihre ins Internet gestellten Photographien kommentieren, ist die Konstruktion von Sexualität. Sie untersuchen an den Kommentaren, mit welchen Interpretamenten die Touristen die Erfahrung verarbeiten, dass bei dem Besuch in Pompeji augenscheinlich pornograp­

hische Abbildungen in einer öffentlichen Situation betrachtet werden:

“...the experience of viewing this material in an open and communal setting remains edgy and incongru ­ ous, and for many modern-times visitors to Pompeii … it raises all sorts of questions about pornography, censorship and the availability of sexual explicit material in their own cultures.”224

Das Neuartige an der medialen Konstellation, welche die Autorinnen hier untersuchen, besteht darin, dass Themen, die sonst der Privatsphäre vorbehalten sind, vor einem potenziell globalen Publikum vorgetragen und besprochen werden, wenn die Kommentare auch in einer geschützten Situation, nämlich vor dem Computerbildschirm, geschrieben werden.225 Die Antike dient dabei als Projektions­

Film und die Photographie analysiert (‚Part VI’ des Sammelbandes [Hardwick / Stray 2008] ist dem Medium Film gewidmet, mit folgenden Artikeln: Joanna Paul: Working with Film: Theories and Methodologies [S.303-314];

Hanna M.Roisman: The Odyssey from Homer to NBC: The Cyclops and the Gods [S. 315-326]; Marianne McDonald: A New Hope: Film as a Teaching Tool for the Classics [S. 327-431]. Mit der Fotografie befasst sich dieser Artikel: Bryan E. Burns: Classizising Bodies in the Male Photographic Tradition [S. 440-151]). Dass das Internet in dieser Aufstellung fehlt, ist erstaunlich. Ebenfalls unberücksichtigt bleibt das Medium Internet in dieser Aufsatzsammlung: Ernst Osterkamp: Wissensästhetik. Wissen über die Antike in ästhetischer Vermittlung (Transformationen der Antike Bd. 6), Berlin / New York 2008. Der Band enthält einen Abschnitt mit dem Titel

„Neo-Historismus: Antike unter den Bedingungen moderner Massenmedien und Simulationstechniken“. In diesem Abschnitt geht es um Monumentalfilme, historische Romane und moderne Theaterinszenierungen.

220 Rebecca Langlands / Kate Fisher: „This way to the Red Light District“. The Internet Generation visits the Brothel in Pompeii, in: Lowe / Shahabudin 2009, S. 172-193.

221 Laut den Autorinnen handelt es sich um das Gebäude der Region 7, Blick 12, Nr. 18-20.

222 URL: < http://www.flickr.com >. Siehe eine ausfürhlichere Analyse dieser Website unten in Kap. 7.

223 Z.B: die Website < http://www.blogspot.com >.

224 Langlands / Fisher 2009, S. 174.

225 Ein besonders markantes Beispiel für dieses Phänomen ist der Blog einer Person, die sich als Studentin aus den USA vorstellt (< http://lovertine.blogspot.com/ >) und die in einem Eintrag eine Erwähnung des Lupanar in Pompeji mit Schilderungen eigener erotischer Erlebnisse verbindet

(< http://lovertine.blogspot.com/2006/10/pompeii-brothels-sex-sex-and-more-sex.html >; beide Einträge am 24.8.2009 gesichtet). Zu beachten ist bei diesen (und vielen vergleichbaren Texten), dass die Autorin oder der Autor ihrem Blog kein überprüfbares Impressum beifügt. Dadurch nimmt sie – oder er – dem Rezipienten die

fläche, und zwar in einer komplexen Weise. Der antiken Stadt wird eine sexuelle Libertinage attribu­

iert, die sich die Schreiber der Kommentare, wie Kate Fisher und Rebecca Langlands durchaus nach­

vollziehbar vermuten, für ihre eigene Gesellschaft wünschen.226

Fishers und Langlands Artikel wirft auch methodische Fragen auf, die für jede Erforschung dieses Typs von Internetseiten virulent werden: Nur einige der Verfasser der untersuchten Texte sind daran inter­

essiert, ihre Kommentare für längere Zeit online verfügbar zu halten. Die Texte sind zudem oft sehr schwer auffindbar, auch wenn die Autorinnen die Internetadresse und den Benutzernamen der Per­

sonen angeben, welche die Kommentare geschrieben haben.227 Gibt man im Sucheingabefeld der Website Flickr das Suchwort {pompeii} ein, so bekommt man die Rückmeldung, dass es über 100.000 Fotos mit dem Attribut 'Pompeii' gibt; hinzu kommen noch einmal 70.000 mit der Schreibweise {pompei}. Schränkt man das Datum auf die Zeit vor 2007 ein, so sind es noch 40.000 bzw. 22.000. Da­

her lassen sich auch die Schlussfolgerungen, die die Autorinnen aus den ausgewerteten Kommenta­

ren ziehen, nur schwer überprüfen. Sie geben z.B. an, dass sie nur einen einzigen Kommentar gefun­

den haben, der den Aspekt diskutiert, dass die antiken Prostituierten Sklavinnen waren.228 Die Suche unter den bei Flickr gespeicherten Fotos bzw. ihren Kommentaren ist sehr aufwendig; man muss v.a.

das Datum, vor dem die Fotos gespeichert wurden, richtig einstellen, aber meine Überprüfung er­

brachte auch kein anderes Ergebnis. Ergänzen möchte ich, dass ich eine Bildunterschrift gefunden habe, in der die Sklaverei thematisiert wird, die aber nach dem Zeitpunkt veröffentlicht wurde, an dem der Artikel geschrieben wurde. Dieser Kommentar entfacht dann eine ungewöhnlich lange Liste von Antworten anderer Nutzer, von denen einige der Beschreibung zustimmen, andere hingegen die von Kate Fisher und Rebecca Langlands beschriebene Haltung der Libertinage an den Tag legen.229

Möglichkeit, die Erzählung an einen Beobachter ersten Grades, d.h. an eine reale Person zurückzubinden. Statt einer jungen Studentin kann also ein alter Mann oder das Autorenkollektiv einer Werbefirma diese Phantasien verfasst und ins Internet gestellt haben. Ein Beobachter zweiten Grades, also z.B. ein Literaturwissenschaftler, muss diese Möglichkeit immer in Betracht ziehen und kann daraus Rückschlüsse auf die Veränderungen ziehen, die sich durch das neue Medium für die Konstruktion des Erzählers in Alltagserzählungen ergeben.

226 Langlands / Fisher 2009, S. 192 u.ö.

227 Es sollte als Standard für Zitate von Internetquellen eingeführt (bzw. beachtet) werden, dass jeder Text, jedes Bild etc. aus dem Internet mit der URL angegeben wird und nicht nur mit dem Nutzernamen.

228 Für die These, dass alle römischen Prostituierten Sklavinnen waren, lassen sich nicht leicht Belege beibrin­

gen. Es gibt zwei Textstellen, die diese These stützen: Sen. contr. 1,2,3 (ed. L. Hakanson, 1989): „ Quaedam virgo a piratis capta venit; empta a lenone et prostituta est.“ (Eine junge Frau wurde von Piraten gefangen genommen, von einem Zuhälter gekauft und zur Prostitution gezwungen). Auch Juvenal spricht in 3,62-65 von Mädchen, die vom Osten nach Rom gebracht wurden und die gezwungen wurden, sich zu prostituieren ("Syrus Orontes …secum vexit … ad Circum iussas prostare puellas" [der syrische (Fluss ) Orontes brachte Mädchen mit sich, die gezwungen wurden, sich beim Circus zu prostituieren]; Iuv 3,62-65, ed. Braund 2004). Aus diesen Zeugnissen lässt sich aber nicht ablesen, dass ausnahmslos alle Prostituierten dieses Schicksal teilten.

229 Online am 24.8.2009: < http://www.flickr.com/photos/mahisha/2921347478 >.

Eine Frage, die bei vielen Rezeptionsbeispielen aus den wissenschaftsfernen Bereichen des Internet gestellt werden muss, spielt auch in dem hier besprochenen Aufsatz eine Rolle: ob nämlich das Bild antiker Sachverhalte, das in den untersuchten Internetdokumenten erkennbar wird, wissenschaftli­

chen Erkenntnissen widerspricht. Fisher und Langlands sprechen dies am Beispiel der Phallusdarstel­

lungen an, die sich im Straßenpflaster und an Hauswänden finden. Die Touristen deuten alle diese Darstellungen, angeleitet von ihren Fremdenführern, als Hinweise auf Bordelle.230 Die in der Wissen­

schaft geführte Diskussion über die Frage, ob es sich vielleicht nicht doch um apotropäische Zeichen handeln könnte, ist den Laien dabei unbekannt.231 Eine Kenntnis dieser apotropäischen Funktion des Phallussymbols würde natürlich die Faszination – im mehrfachen Wortsinne – dieser Symbole etwas mindern. Die anderen Formen, in denen die bei Flickr verbreiteten Bilder antike Sujets darstellen und damit zum Bereich der Antikerezeption gehören, werden in Kap. 7 noch einmal aufgegriffen.

Im Dokument Antikerezeption im Internet (Seite 115-120)