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Die Darstellungen in R2 und R1:

Im Dokument Das Kalenderhandbuch von 354 (Seite 143-147)

IV. Der Bildteil des Chronographen

5. Der Text

6.5 Die Darstellungen in R2 und R1:

Planetentage:  7. Venus

Veneris dies B 2

3 4

Veneris dies horaque eius cum erit nocturna sive diurna, sponsalia facere, pueros puellas in disciplina mittere utile est. qui nascentur vitales erunt; qui recesserit invenietur; qui decubuerit convalescit; furtum factum invenietur.

6.5 Die Darstellungen in R2 und R1:

1. Das Konzept von R2 und R1

Der Bildaufbau ist komplex und besteht aus mehreren Zonen. In der Sockelzone tragen jeweils 2 gefesselte Barbaren die obere Bildkonstruktion. Sie stehen auf einer Sockelleiste mit Kyma und haben zwischen sich eine gerahmte Tabula, auf der der Text des Tageshoroskopes enthalten ist.

Über der Tabula steht der Tagesname mit dem Planetennamen und dem Charakter. Über diesem Teil erhebt sich eine Gebälkzone mit verzierter Muschel- und Giebelkonstruktion. Darüber steht in einer bogengerahmten Mittelnische die ganzfigurige Darstellung des Planetengottes; Tondi mit seinem zur Mitte hin gerichteten Brustbild schließen rechts und links des Bogens die Darstellung nach oben ab. Unter ihnen sind rechts und links des Planetengottes die gerahmten Listen mit den jeweils 12 Stunden von Nacht und Tag und den dazugehörenden Planetenkonstellationen und ihrem Charakter.

Die mehrzonige Darstellung enthält

1. im unteren Teil eine große gerahmte Tabula zwischen Karyatiden, 2. darüber eine Zwischenzone mit Architekturelementen und

3. einen dreiteiligen Aufbau, der in den beiden Außenflächen den tabellarischen Text enthält, während im Mittelteil unter einem überhöhenden ornamentierten Bogen der namensgebende Gott dargestellt ist. Rechts und links neben dem Bogen ruhen auf den Wandstücken Tondi mit den Büsten des jeweiligen Planetengottes, deren Blickrichtung mehr oder weniger auf die Bildmitte geht.

In der Forschung zum Chronographen sind bis jetzt lediglich die Darstellungen der Planetenbilder aus R1 berücksichtigt worden. Wir finden aber die gleichen Darstellungen ebenso in R2. Diese dürften mit den ursprünglichen Kopien von Peiresc identisch sein.

35 Vgl weiter unten bei den Effectus XII signorum.

131 2. Beschreibung der Einzelelemente in R2 und R1:

Auf der an den Enden abgerundeten Basis, die mit einem Rankenmuster oder einem mäanderähnlichen Fries geschmückt ist, steht jeweils links eine jugendliche männliche und rechts eine ältere bärtige Atlantenfigur. Bekleidet sind diese Figuren mit Hosen und einer gegürteten und teilweise geschmückten Tunika. Die zwischen ihnen befindliche große Inschrifttafel besitzt ein profiliertes Rahmensystem, wobei die abgerundeten Rahmenteile auf Unter- und Oberkante über die Rechteckfläche hinausragen. Auf der Tabula stehen die Horoskope zum jeweiligen Tag. Seine Bezeichnung und der Tagescharakter werden ohne Rahmen zwischen der Tabula und der Zwischenzone gegeben.

Über den Köpfen der Atlanten findet sich ein Architrav, der die Basis der gerahmten Zwischenzone bildet (= Architravbasis) und mit seinen gerundeten Ecken über das sich über ihm aufbauende System hinauskragt. Unmittelbar über den Köpfen befinden sich bis zum oberen Ende des Systems durchlaufende Pilaster mit Kapitellen und Basen. Teilweise sind letztere wohl durch die Unachtsamkeit der Kopisten ausgelassen worden. Die Kapitelle  einschließlich der Kapitelle der kürzeren Mittelsäulen  zeigen sehr ähnliche Formen: eine mittlere Akanthusspitze in der unteren Zone und gerollte Akanthusblätter in der oberen. Die Zwischenzone selbst ist aufgebaut ähnlich wie das Dekorationssystem der Monatsfasten36 mit dreifach gerahmten Dreiecksakroteren und doppelt gerahmter Mittelconche.

In der dreigeteilten oberen Zone flankieren die Eckpilaster der Wandstücke sowohl die Darstellung des Gottes in der Mitte wie auch die Inschriftenfelder rechts und links. Zwischen den Kapitellen der Wandflächen befindet sich ein Gebälkstück, das jeweils links die Aufschrift NOCT und rechts DIUR trägt. Auf den Wandstücken darunter findet sich jeweils eine zwölfzeilige Inschrift mit den Konstellationen von Stunden und Planeten sowie deren Charakter.

Gegenüber den äußeren Pilastern sind die kleineren durch ein besonderes Dekor hervorgehoben.

Der dreifach dekorierte Bogen betont die zentrale Darstellung. In der so gebildeten Nische steht jeweils die mythologisierte Planetendarstellung als Ganzfigur, die wohl auf ein vollplastisches Vorbild zurückgehen dürfte. Dabei entsprechen die Planetenbüsten in den Tondi dem Typ der Ganzdarstellung. Durch den Perspektivenwechsel kommt es bei der dreifachen Darstellung des Gottes zu einer deutlichen Fixierung von Blickrichtungen auf die Bildmitte hin.

3. Vergleich der einzelnen Darstellungen

Die Basis der mittleren Zone ist bei Saturn, Mars und Merkur mit einem Perlstab, bei Sol mit einer Ranke und bei Luna mit einem laufenden Hund geschmückt. Das Schräggebälk der Dreiecksakrotere zeigt ein reiches Profil: außen einen Eierstab, der außer beim Saturn mit Lanzettblättern getrennt ist, in der Mitte folgt ein Flechtband und innen wieder ein Eierstab. Die Mittelkonche dieser Zone besitzt ein doppeltes Profil: Eierstab und Rankenwerk; dabei ist bei Mars die Dekoration unterblieben, bei Merkur und Luna sind lanzettförmige Blätter hinzugefügt.

Der obere Rahmen dieser Zone verbindet die mythologische Darstellung mit den Konstellationen und Charakteren. Er ist mit einem Schachbrettmuster (Saturn), Eierstab (Mars, Sol), Perlstab (Merkur, Luna) geschmückt.

Die Außenpilaster, sofern sie nicht wie beim Saturnbild links in R1 unbearbeitet geblieben sind, tragen ein Peltendekor (Saturn: rechts in R1, beidseitig R2; Merkur), ein Herzblattmotiv (Mars)37, Flechtband (Sol) oder eine komplizierte Rhomben-Kreis-Quadratdekoration38 (Luna).

36 Vgl KAL S.201.

37 Ähnlich bei März und Oktoberbild in R1, vgl F.Wickhoff, Die Ornamente eines altchristlichen Codex der Hofbibliothek, Jb der Kunsthistorischen Sammlung des allerhöchsten Kaiserhauses 14, 1893, 196-213. bes.209

132 Die Innenpilaster haben alle ein Rankenmotiv.

Der dreifach dekorierte Bogen hat innen immer ein Flechtband und außen immer einen Eierstab (bei Luna mit Lanzettblättern). Bei der Mitte treffen wir auf verschiedene Kombinationsmöglichkeiten: Rhomben + Pelten (Saturn), Rhomben + Perlen (Mars, Luna), Flechtband (Merkur, Sol).

4. Die Götterdarstellungen: Grundsätzlich entsprechen die Brustbilder in den Tondi der Ganzdarstellung.

4.1 Saturn

Der bärtige Saturn hat ein über den Kopf geführtes und um den Unterleib und Beine geschlungenes Gewand, das auf dem Kopf einen hornähnlichen Knoten hat. Der rechte Arm sowie die Schulter sowie Teile des muskulösen Oberkörpers sind nackt. R2 betont die Muskulatur des Oberarms. In der rechten hält er sein Attribut: die Sichel. Der rechte Fuß ist das gerade, nach links abgewinkelte Standbein, am abgewinkelten und zu breit geratenen linken Fuß trägt er eine Sandale.

4.2 Mars

Der in Vorderansicht dargestellte Kriegsgott ist mit hochgebundenen Sandalen, Mantel und Helm mit Helmbusch bekleidet. Er steht in einer betonten Ausfallstellung zum rechten Seitenrand und hält in der rechten die Lanze, deren Ende hinter der linken Bildbegrenzung verschwindet, und mit der linken einen großen, sehr tiefen Rundschild. Die Zeichnung betont die Muskeln des nackten Körpers am gebeugten rechten Arm ebenso wie am Leib und an den Beinen. Der von einer Scheibenfibel gehaltene Mantel wird faltenreich über die linke Schulter geführt und weht bauschig hinter der Gestalt. Der relativ kleine Kopf (bes.

auffällig in R1) wird von einem dichten lockigen Haar bis in die Höhe des Halses gerahmt, der Blick ist nach rechts gewandt. Von der Rückseite des Helmes weht hier wie auch bei den beiden Clipei-Darstellungen ein s-förmiges Band.

4.3 Merkur

Beachtenswert ist hier der Unterschied in der Zeichentechnik zwischen den Darstellungen in R1 und R2. Während letztere den Eindruck einer Skizze vermittelt, haben wir es in R1 mit einer teilweise lavierten Zeichnung zu tun.

Die Bildmitte nimmt die überschlanke und in den Proportionen etwas missglückte Gestalt des Götterboten ein. Die langen Beine befinden sich auf keiner Grundlinie. Das abgewinkelte rechte Spielbein hat ein Gefieder an der Ferse, während das linke Standbein in einem unnatürlichen 90° Winkel nach rechts gedreht ist und das Gefieder am Rist hat.

Die herkömmlichen Flügelschuhe begegnen hier nicht. Auf den langen Beinen sitzt ein wohlproportionierter, wohl muskulierter, aber zu klein geratener Körper, der in Vorderansicht wiedergegeben wird. Den rechten Arm streckt der Gott aus und hält in der Hand einen kleinen vollen Geldbeutel, der mit einem Band verschlossen ist. Über der linken Schulter und dem zu lang geratenen nach vorne abgewinkelten Arm liegt der Mantel, der faltenreich bis in Höhe der Füße herabhängt. In der linken Hand hält Merkur seinen Caduceus, den mit zwei korrespondierend sich windenden Schlangen versehenen Heroldstab. Auf dem großen Kopf trägt der Götterbote seinen Petasos, den flachen Flügelhut, während in den Tondi der Hut fehlt und nur die Flügel aus dem Haar herauskommen. Die zentrale Gestalt besitzt zudem lockiges Haar, während die

Anm.1, der eine Herleitung des Bildmotivs von Mosaikböden annimmt.

38 Vgl R1 Oktober.

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Tondidarstellungen eine Kappenfrisur aufweisen. Außerdem tragen beide Tondifiguren einen Umhang, der um den Hals geschlossen ist, bei der rechten Figur mit einer Rundfibel.

4.4 Sol

Wie bei der Darstellung des Merkur ist auch hier R2 skizzenhaft, während R1 vollendet wirkt.

Die sehr unantikisch anmutende Gestalt des Sonnengottes39 steht auf der Architravbasis, den rechten Fuß nach links gewandt. Der Körper bildet eine leichte S-Linie, so dass der Blick nach rechts außen geht. Bekleidet ist der Sonnengott mit einem bis auf die Füße reichenden langärmeligem Untergewand und einem über der rechten Schulter geschlossenen Mantel. Das Untergewand wird in einer Art und Weise dekoriert, dass die sieben Absteppungen bzw. Applikationen mit unterschiedlichen Dekorationsformen geschmückt sind. Die langen Ärmel sind mit ringförmigen Streifen gestaltet. Der Mantel, der auf seiner Außenseite im Bereich der Rundfibel punktiert wirkende Schmuckelemente besitzt, lässt die Gestalt wie in einem muschelförmigen Bausch erscheinen. Mit der Linken hält die Gottheit die Sphaira leicht an die Brust gedrückt; aus der Sphaira scheint die wohl unter den Arm geklemmte Peitsche für die Lenkung des Sonnenwagens herauszuwachsen.

Ihr Stiel wird in R1 vom Profil des Rundbogens überschnitten, während sie in R2 kürzer ist. Die überproportionierte Rechte ist leicht erhoben, wobei alle Finger in einem betonten Gestus gespreizt sind. Das lockige auf die Schulter fallende Haar rahmt einen zu klein geratenen Kopf. Die Augen sehen zum rechten Bildrand, ohne sich auf etwas zu fixieren.

Auf dem Kopf trägt Sol eine Reifenkrone mit 7 Strahlenzacken, die auf die sieben Planeten hinweisen. Die entsprechenden Tondibilder zeigen rechts ebenfalls 7, links aber 10 Zacken.

4.5 Luna

Auch hier wirkt R1 geschönt gegenüber der skizzenhaften Darstellung von R2.

Auf einer großen Fackel gestützt, die in ihrer rechten Armbeuge ruht, steht Luna frontal in der Mitte des Bildes. Es hat den Anschein, als habe der Kopist die Gestalt in das vorgegebene Rahmensystem gezwängt. Sie träge ein gegürtetes Untergewand, das ebenso wie der um die Hüfte geschlungene Mantel zu einer unklaren Darstellung geführt zu haben scheint. Die Bekleidung ihrer Schenkel und die Darstellung der zwischen den Beinen herabhängenden Kleidungsstücke wirkt unproportioniert und unklar. Dabei dürfte in R1 noch darin ein zusätzliches Missverständnis vorliegen, dass der Zeichner von einem unbekleideten linken Bein ausgegangen ist. Der Mantel wird weiter über den linken Unterarm geführt und um den Unterkörper geschlungen.

In der linken Hand hält Luna ein Füllhorn mit der Öffnung nach unten, dessen Spitze parallel zum linken Horn der Mondsichel hinter den Schultern der Gottheit geführt ist und sie ebenso etwas überragt wie die Fackel auf der anderen Seite. Das kurzärmlige hochgegürtete Untergewand besitzt eine vertikale Schmuckleiste, die vom Halsansatz bis zur Grundlinie reicht. Die geriefelte große, auf den Boden aufgestützte Fackel ist mit fünf Querringen unterteilt. Die kleine Flamme kommt der Frisur der Gottheit recht nahe. Das lockige Haar ist auf dem Oberkopf zu einem Knoten zusammengebunden. Im rechten Tondo von R1 ist diese Haartracht nicht deutlich ausgeführt, während im linken Tondo das Muster der Zierleiste des Gewandes fehlt. Hingegen zeigen die Tondibilder in R2 rechts die ornamentierte Mittelleiste des Gewandes und eine Frisur, die einem Rosenblütenbündel

39 Der Eindruck der zentralen Darstellung wirkt wie ein historistisches Ritterbild.

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ähnelt. Im linken Tondo fehlt ebenfalls das Ornament der Gewandleiste.

Im Dokument Das Kalenderhandbuch von 354 (Seite 143-147)