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Darstellung des Variablenmodells und Konstruktion eines Interviewleitfadens

1 Einleitung

4.1.1.6 Darstellung des Variablenmodells und Konstruktion eines Interviewleitfadens

In Tabelle 11 ist das Variablenmodell unter Berücksichtigung der wesentlichen Elemente im For-schungszusammenhang zusammenfassend dargestellt.

Lean-Philosophie

Normatives Management

Organverfassung Kooperationsverfassung

Unternehmenspolitik Lean-Kultur

Strategisches Management

Managementsysteme

Ziel- und Vereinbarungssystem

Verbesserungssystem Organisationsstrukturen

Strategisches Lean-Programm Strategisch intendiertes Problemver-halten

Operatives Management

Gestaltungsstruktur

Verbesserungs-Kata

Hoshin Kanri Lenkungsstruktur

Implementierungsprozess

Qualifizierungsvorgehen Entwicklungsstruktur

Kontrollprozess

Lean-Projekt

Gestaltung

 Lenkung

 Entwicklung

Verhaltensprozesse

Coaching-Kata

 Change Management Prozess

Strukturen Aktivitäten Verhalten

Tabelle 11: Zusammenfassende Darstellung des Variablenmodells

Auf Basis des Variablenmodells wurde ein Interviewleitfaden zusammengestellt, mit dem relevante Aspekte zur Beantwortung der Forschungsfrage erheben wurden (Anhang III). Auf eine theoretische Explikation von potenziellen Implementierungsvorgehen sowie entsprechenden Evaluierungsverfah-ren wurde bei der Entwicklung des Variablenmodells bewusst verzichtet. Dieses geschieht, da die Bandbreite an Möglichkeiten bei der Gestaltung dieser Elemente den Umfang der Arbeit erheblich erweitern würde. Durch die Integration von Leitfragen bezüglich der Einführung und Evaluation ist dennoch die Erhebung des entsprechenden Vorgehens sichergestellt.

Datenerhebung 4.2

Die Fallauswahl erfolgte nach den Kriterien des absichtsvollen Samplings (Kapitel 3.2.2). Unterneh-men sollten demnach grundlegende Charakteristika einer dezentralen und zielgerichteten Verbesse-rung durch befähigte Mitarbeiter aufweisen. Zur Identifikation von Unternehmen der Zielgruppe wurden zunächst Unternehmen der Region randomisiert ausgewählt, angeschrieben und zu ihren Lean-Praktiken befragt. Dabei bestätigte sich schnell die Vermutung, dass ein zielorientierter und de-zentral verantworteter Verbesserungsprozess über befähigte Mitarbeiter die Ausnahme ist. So konn-ten die kontaktierkonn-ten Unternehmen zwar Erfahrungen im Rahmen von Lean Management vorweisen, die Lean Management-Einführung sowie entsprechenden Bemühungen der Prozessentwicklung wur-den jedoch ausnahmslos über bestehende Projektabteilungen realisiert. Zwar nutzen einige der Un-ternehmen auch das Instrument der kontinuierlichen Verbesserung. Der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung diente jedoch primär der Ideensammlung. So wurde der operative Mitarbeiter lediglich dazu angehalten, Probleme zu benennen. Deren Lösung war jedoch nicht Bestandteil seines Aufga-benspektrums.

Um Fälle zu identifizieren, die eine geeignete Datengrundlage zur Beantwortung der Forschungsfrage liefern, wurde die Suche nach geeigneten Fällen über das Internet fortgeführt. Über Netzwerke mit entsprechender Spezifizierung auf Berufe konnten schließlich verschiedene Unternehmen bzw. Per-sonen identifiziert werden, die Erfahrungen im Kontext der Fragestellung aufweisen. Nach Kontakt-aufnahme waren insgesamt vier Unternehmen bereit, Informationen für die Fallstudien zu liefern.

Hierzu gehörten eine Unternehmensberatung sowie drei produzierende Unternehmen. Die Unter-nehmensberatung ist spezialisiert auf die Befähigung von Unternehmen zur zielgerichteten und de-zentralen Verbesserung. Die drei Unternehmen nutzen die dezentrale Verbesserung über befähigte Mitarbeiter als Grundlage für Prozessentwicklungen. Grundsätzliche Charakteristika der Unterneh-men sind in Tabelle 12 dargestellt.

Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4

Standort Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland

Mitarbeiter im Unterneh-men/Werk

< 20 ca. 1600 ca. 3000 ca. 1000

Business Beratung Serienproduktion Serienproduktion Serienproduktion

Beratung B2B B2C B2B Tabelle 12: Beschreibung der Stichprobe über Charakteristika im Forschungskontext

Für die Durchführung der Fallstudien wurden unterschiedliche Erhebungsmethoden eingesetzt, was eine Triangulation der Daten ermöglicht (Kapitel 0) und so die Qualität der Datenerhebung sichert.

Die in den Fallstudien eingesetzten Erhebungsmethoden sind in Tabelle 13 dem Fall gegenüberge-stellt. Dabei konnten nicht alle als geeignet identifizierten Erhebungsmethoden auf Fallebene ange-wandt werden. Hauptverantwortlich dafür war die entsprechende Firmenpolitik, die teilweise die Weitergabe von internen Dokumenten streng regulierte. In Fall 4 konnten aufgrund besonders stren-ger Restriktionen lediglich Notizen zum Experteninterview angefertigt werden. Die Datenerhebung liefert über die verschiedenen Erhebungsinstrumente sowie die Anzahl der Fälle insgesamt dennoch eine solide Grundlage, um die Forschungsfrage zu beantworten.

Experteninterview Beobachtung Dokumentenanalyse Rollenspezifische Inter-views

Fall 1 5 Sunden Interview mit einem Partner der

Fall 2 5 Stunden Interview mit dem Programmleiter

Experteninterview Beobachtung Dokumentenanalyse Rollenspezifische Inter-views - Dokumente im

Rah-men des Verbesse-rungsprozesses Fall 3 3,5 Stunden Interview

mit dem Programmleiter

- - Präsentation zu ver-schiedenen Themen

-

Fall 4 3,5 Stunden Interview mit dem Programmleiter

Beobachtung des Coaching-Dialogs

- -

Tabelle 13: In der Fallstudie eingesetzte Methoden auf Unternehmensebene

Die erhobenen Daten wurden mit Ausnahme vorliegender Dokumente verschriftlicht. Im Rahmen der Leitinterviews erfolgte dies über die Transkription der aufgezeichneten Gespräche. Sowohl die Be-obachtungen als auch die rollenspezifischen Interviews wurden stichwortartig dokumentiert, da kei-ne Gekei-nehmigung für eikei-ne Aufzeichnung vorlag. Die der Darstellung der Vorgehensmodelle vorausge-henden Schritte der Extraktion, Aufarbeitung und Auswertung der Daten erfolgten nach dem in Kapi-tel 3.2.1 dargesKapi-tellten Vorgehen und soll hier nicht erneut vertieft werden.

Nachfolgend werden die Vorgehensmodelle als Ergebnisse der empirischen Untersuchung auf Fall-ebene dargelegt. Hierbei wird von der Struktur des entwickelten Variablenmodells abgewichen, das für die Erhebung der Daten gestaltet wurde. So war das Variablenmodell für die lückenlose Erhebung hilfreich, die systematische Trennung von strategischer und operativer Managementebene konnte jedoch nicht in den Unternehmen beobachtet werden. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass in der Praxis die verschiedenen Managementebenen durch die simultane Entwicklung, Implementie-rung und Entwicklung des Vorgehens nicht trennscharf voneinander zu betrachten sind (Pümpin und Amann 2005, 127). Versucht man dennoch, an der strikten Trennung der Strategieebenen festzuhal-ten, lässt sich die Chronologie der Einführung nicht mehr nachvollziehen. Stattdessen werden die Vorgehensmodelle der Lean Management-Einführung in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Die auf Grundlage des Variablenmodells erhobenen Informationen sind dabei lückenlos integriert.

Darstellung des Vorgehensmodells von Fall 1: Beratung 4.3

Die in der Fallstudie betrachtete Beratung ist spezialisiert auf die Einführung einer zielgerichteten Verbesserung über befähigte Mitarbeiter. In diesem Kontext unterstützt sie Unternehmen aus Pro-duktions- und Dienstleistungssektoren bei der Einführung entsprechender Vorhaben. Ihr Ange-botsspektrum reicht von der Unterstützung der Einführung im Unternehmen bis zum Angebot von

Seminaren, in denen Einblicke in das Vorgehen der Verbesserung, insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Verbesserer und Coach, gegeben werden. Darüber hinaus versteht sich die Beratung auch als Promoter der Methodik. In dieser Funktion unterstützt sie die Ausbildung von Netzwerken unter entsprechenden Anwendern, die sich in der Kata-Community über gesammelte Erfahrungen und Neuerungen austauschen. In diesem Kontext ist die Beratung auch Co-Veranstalter der Kata-Praktikertage, in denen über Vorträge von Unternehmen und der Beratung ein Erfahrungsaustausch stattfindet. Aufgrund dieser Funktion verfügt die Beratung über einen detaillierten Überblick sowohl zur Vorgehensweise als auch zu anwendenden Unternehmen. Somit stellt sie einen guten Ausgangs-punkt für die Untersuchung dar. In den nachfolgenden Kapiteln wird das grundsätzliche Vorgehen der Beratung bei der Einführung eines entsprechenden Vorhabens aufgezeigt.

Identifikation der Handlungsnotwendigkeit 4.3.1

„Es sind nicht die Anlagen und Bestände, die den Unternehmenswert darstellen. Dieser ist die Summe unserer Mitarbeiter mal deren Fähigkeiten mal deren Motivation. Und sobald wir weniger Mitarbeiter haben, haben wir einen geringeren Unternehmenswert. Sobald wir Sachen machen, durch die die Motivation der Mitarbeiter in den Keller geht, haben wir weniger

Unternehmens-wert.“ Berater Fall 1

Die Lean Einführung beginnt nach Erfahrung der Beratung mit zwei grundlegenden Erkenntnissen der Geschäftsführung: erstens, dass die Leitidee der Unternehmung nicht geeignet ist, um die Wettbe-werbsfähigkeit der Unternehmung langfristig zu gewährleisten, zweitens, dass der Weg zur zukünfti-gen Wettbewerbsfähigkeit über eine Integration des Humankapitals erfolzukünfti-gen sollte. Dieser Erkennt-nis müsse jedoch nicht zwangsläufig eine Unternehmenskrise vorausgehen. Häufig hört der jeweilige Manager auch von dem Kata-Ansatz. Die Beratung wird in der Regel erst nach der Erkenntnis zur Handlungsnotwendigkeit als Experte für einen entsprechenden Unternehmenswandel kontaktiert.

Ist die Beratung beauftragt, versucht diese initial, in Zusammenarbeit mit dem Managementteam ei-ne gleiche Perspektive zu geei-nerieren. Konkret wird dabei diskutiert, was den Unterei-nehmenswert charakterisiert (gute Ergebnisse) und wie dieser beeinflusst werden kann (durch die ständige Ent-wicklung der Wertschöpfungsprozesse). Als Schlüssel zur Prozessverbesserung sieht der Berater die Mitarbeiter, die er diesbezüglich als Potenzialfaktor erachtet. Dieser Fokus auf den Mitarbeiter als Potenzial der Prozessentwicklung ist in der Regel ein Novum in den Unternehmen. Entsprechend müssen die Manager davon überzeugt werden, dass der Mitarbeiter dieses Potenzial auch abrufen kann. Hierfür wird die Systematik der Prozessverbesserung an operativen Prozessen ausprobiert. Da-bei nimmt die Führungskraft die Rolle des Verbesserers ein und entwickelt den Prozess unter Auf-sicht der Beratung, die in der Rolle des Coaches agiert. Nach dem Ausprobieren der Systematik

wer-den Vor- und Nachteile der Systematik diskutiert und ein Beschluss bezüglich der Umsetzung gefällt.

Dabei legt die Beratung großen Wert auf einstimmige Entscheidungen.

Eine Explikation zentraler Voraussetzungen für das Vorhaben nach dem Vorbild normativer Richtli-nien erfolgt nicht. Dennoch werden analog zu den Kategorien von BLEICHER in der Diskussion wesent-liche Charakteristika und grundlegende Kooperationsprinzipien sowie eine geeignete Unternehmens-kultur in der Diskussion erörtert. Die charakteristische Ausprägung dieser normativen Grundlagen soll im nachfolgenden Kapitel aus der Perspektive des Beraters wiedergegeben werden.

Normative Grundlagen