• Keine Ergebnisse gefunden

2.2 Diagnostik von intrakraniellen Erkrankungen

2.2.4 Computertomographische Untersuchung des Schädels

Nach FORREST und THRALL (1995) liefert die Computertomographie des Gehirns in den meisten Fällen die notwendigen Informationen. NEUBERTH (1993) bezeichnet die Computertomographie als wichtigstes Untersuchungsmittel zur Erkennung von zentralnervösen Erkrankungen. Limitierende Faktoren für den Einsatz der Computertomographie in der Veterinärmedizin sind die relativ hohen Kosten für den Patientenbesitzer und den Tierarzt (WORTMAN 1986, FORREST u. THRALL 1995, OTTESEN u. MOE 1998). Die Verfügbarkeit in der Tiermedizin hat aber in den letzten Jahren erheblich zugenommen (WORTMAN 1986, HATHCOCK u. STICKLE 1993, STICKLE u. HATHCOCK 1993, TUCKER u. GAVIN 1996, OTTESEN u. MOE 1998, ROBERTSON 1999).

2.2.4.1 Grundlagen

Das Prinzip der Bilderzeugung ist bei den Geräten der ersten bis vierten Generation gleich und wird ausführlich in der Literatur beschrieben (WORTMAN 1986, FELIX u. RAMM

1988, BAILEY 1990, HATHCOCK u. STICKLE 1993, NEUBERTH 1993, SCHLUNGBAUM et al. 1994, MAYRHOFER u. HENNIGER 1995, TUCKER u. GAVIN 1996, OTTESEN u. MOE 1998, TIDWELL u. JONES 1999). Zu Beginn einer computertomographischen Untersuchung wird zunächst ein Topogramm erstellt. Dabei handelt es sich um eine Übersichtsaufnahme, anhand derer die folgenden Schnittbilder, die sogenannten Tomogramme, festgelegt werden (FELIX u. RAMM 1988). Sie dient auch zur Überprüfung der Lage des Patienten (WORTMAN 1986). Bei der Herstellung eines Topogrammes wird der Patient bei stationärer Röntgenröhre und Detektoren durch die Gantry bewegt (WORTMAN 1986, FELIX u. RAMM 1988). Das Topogramm ähnelt daher auch einem klassischen Röntgenbild (FELIX u. RAMM 1988). Der Untersucher kann die Schichtebene sowie die Dicke und den Abstand der Schichten bestimmen (MAYRHOFER u.

HENNIGER 1995). Bei der computertomographischen Untersuchung des Schädels befinden sich die Tiere in Brustlage mit nach rostral ausgestrecktem Kopf (ADAMO u.

CLINKSCALES 1991). Es werden in der Regel kontinuierliche, nicht überlappende Transversalschnittbilder von 1,5 bis 5 mm Dicke angefertigt, also Bilder senkrecht zur Längsachse des Kopfes (LANG et al. 1988, BAILEY 1990, JEFFERY et al. 1992, STICKLE u. HATHCOCK 1993). Der zu scannende Bereich reicht von der Protuberantia occipitalis externa bis zur Lamina cribrosa des Siebbeins (FIKE et al. 1986, BAILEY 1990, ADAMO u.

CLINKSCALES 1991, JEFFERY et al. 1992). Die transversale Ebene beim Tier entspricht der coronalen beim Menschen, die daraus berechneten saggitalen und dorsalen Ebenen beim Tier der saggitalen beziehungsweise trans−axialen in der Humanmedizin (Abb. 1) (FIKE et al. 1981a, TIDWELL u. JONES 1999). Diese Unterschiede entstehen dadurch, daß sich das humane Gehirn in der Schädelhöhle im Gegensatz zum Tier senkrecht zur Körperachse befindet.

Abb. 1: Die Schnittebenen bei der Schädel−Computertomographie vergleichend beim Mensch und Tier (TIDWELL u. JONES 1999)

Die Computertomographie stellt ein schnelles und nicht invasives Verfahren dar (BAILEY 1990, OTTESEN u. MOE 1998, ROBERTSON 1999). Im Vergleich zu der konventionellen Röntgentechnik bietet die Computertomographie folgende Vorteile: Weichteilstrukturen lassen sich besser differenzieren, und durch Erzeugung von zweidimensionalen Querschnittsbildern kommt es zu keiner Überlagerung von Strukturen (HATHCOCK u.

STICKLE 1993, FORREST u. THRALL 1995, MAYRHOFER u. HENNIGER 1995, TIDWELL u. JONES 1999). NEUBERTH (1993) spricht von sogenannten Substitutionsbildern. Durch Manipulation von Fensterbreite und Zentrum lassen sich alle Strukturen gut darstellen (HATHCOCK u. STICKLE 1993, OTTESEN u. MOE 1998) und Kontraste verstärken (FORREST u. THRALL 1995). Geringe Schwächungsunterschiede sind darstellbar und führen zu einer besseren Kontrastauflösung (BAILEY 1990, TIDWELL u.

JONES 1999). Mit modernen Geräten lassen sich Kontrastunterschiede von 0,3 bis 0,5 % sichtbar machen, und das räumliche Auflösungvermögen liegt unter 1 mm (WORTMAN 1986, LECOUTEUR et al. 1981, TUCKER u. GAVIN 1996). Für die Untersuchung des Schädels werden sowohl das Weichteil− als auch das Knochenfenster verwendet, also ein enges Fenster, um maximalen Gewebekontrast zu erhalten, und ein weites Fenster, damit sich

der Knochen besser vom Weichteilgewebe abhebt (KORNEGAY 1990, HATHCOCK u.

STICKLE 1993, TUCKER u. GAVIN 1996, KRAFT u. GAVIN 1999, TIDWELL u. JONES 1999). Fenstermitte und −weite werden variiert und jeweils angepaßt, um maximalen Kontrast und eine optimale Auflösung zu erreichen sowie spezifische Unterschiede in der Gewebedichte darzustellen (FIKE et al. 1980, FIKE et al. 1981b, LECOUTEUR et al. 1981, LECOUTEUR et al. 1983). Daher gibt es auch keine einheitlichen Angaben in der Literatur in bezug auf die Fensterwerte. Durch die Speicherung von Rohdaten, also von vorverarbeiteten Meßdaten, aus denen das computertomographische (CT−) Bild im Bildrechner rekonstruiert wird, stehen alle Möglichkeiten der Nachbearbeitung, die die jeweilige Software bietet, jederzeit zur Verfügung. So lassen sich außer den üblichen Transversalschnittbildern noch die dorsale und sagittale Ebene und sogar 3D−

Rekonstruktionen berechnen (WORTMAN 1986, BAILEY 1990, STICKLE u. HATHCOCK 1993, TUCKER u. GAVIN 1995, TIDWELL u. JONES 1999), was auch für chirurgisches Planen genutzt werden kann. Auch Ausschnittsvergrößerungen, Abstandsmessungen und Bestimmung des durchschnittlichen CT−Wertes eines Gebietes können durchgeführt werden (WORTMAN 1986, NEUBERTH 1993).

Bei der computertomographischen Untersuchung des Gehirns werden in der Regel zwei Bildserien derselben Region erstellt: ein Durchlauf vor und der zweite nach intravenöser Gabe eines jodhaltigen Kontrastmittels in einer Dosierung von 400 bis 900 mg Jod pro kg Körpergewicht (TURREL et al. 1986, BAILEY 1990, FORREST u. THRALL 1995, KRAFT u. GAVIN 1990). Verschiedene Protokolle für die Kontrastmittelverabreichung werden in der Literatur beschrieben: die Applikation des Kontrastmittels als Bolus, als konstante Infusion oder kombinierte Formen (FIKE et al. 1981b, FIKE et al. 1986, TURREL et al. 1986, BAILEY 1990, ADAMO u. CLINKSCALES 1991, TIPOLD u. TIPOLD 1991, WOLF et al.

1995, KRAFT u. GAVIN 1999). In diesem Zusammenhang werden auch unterschiedliche Angaben hinsichtlich des Zeitraumes zwischen Kontrastmittelapplikation und Beginn des zweiten Durchganges gemacht: Entweder wird die Untersuchung sofort nach Kontrastmittelgabe fortgesetzt (STICKLE u. HATHCOCK 1993, KRAUS u. MCDONNELL 1996, TUCKER u. GAVIN 1996), oder man wartet fünf oder zehn Minuten mit dem Scannen (LECOUTEUR et al. 1981, LECOUTEUR et al. 1983, LANG et al. 1988, MOORE et al.

1991). Allgemein erfolgt der zweite Durchlauf innerhalb von 15 Minuten nach der Kontrastmittelinjektion (TURREL et al. 1986, ADAMO u. CLINKSCALES 1991). Bei der

quantitativen Computertomographie wird zur Messung des "washout", also der Schnelligkeit, mit der eine Läsion verstärkt wird und das Kontrastmittel nachfolgend wieder verschwindet, die entsprechende Region in Abständen noch bis zu 30 Minuten nach Kontrastmittelgabe gescannt (FIKE et al. 1986). Bedingt durch das metallische Element Jod kommt es zu einem positiven Kontrast, indem das Kontrastmittel die Röntgenstrahlung stärker absorbiert als normales Gewebe (FELIX u. RAMM 1988, TIDWELL u. JONES 1999). Die sogenannten

"postcontrast scans", also die nach der Kontrastmittelgabe erzeugten Bilder, dienen der Erkennung fokaler Gebiete im Gehirn, die das Kontrastmittel zurückhalten, in denen es sich also anreichert (BAILEY 1990). Im gesunden Gehirn reichert sich das Kontrastmittel verstärkt in den Meningen, den Plexus chorioidei und der Hypophyse an, da in diesen Strukturen keine Blut−Hirn−Schranke, sondern fenestrierte Kapillaren existieren, durch die das Kontrastmittel passiv in das Interstitium diffundiert (HOLLAND 1993, TIDWELL u.

JONES 1999). Ansonsten verhindert die Blut−Hirn−Schranke ein Übertritt von Kontrastmittel ins Gehirnparenchym (TIDWELL u. JONES 1999). Das jodhaltige, hyperosmotische Kontrastmittel kann als Nebenwirkungen zu hämodynamischen Veränderungen und anaphylaktischen Reaktionen führen (ROBERTSON 1999). Aus diesem Grund sind Patienten mit Herzerkrankungen und Allergien mit Vorsicht zu behandeln.

Gelangt das Kontrastmittel ins Gehirngewebe, können das Atem− und Kreislaufzentrum beeinflußt werden und Anfallsaktivität ausgelöst werden (ROBERTSON 1999). Auch NEUBERTH (1993) sieht Kontrastmittelunverträglichkeiten und Narkosezwischenfälle als mögliche Komplikationen der computertomographischen Untersuchung an.

2.2.4.2 Ergebnisse und Interpretation

Anatomische Orientierungspunkte wie knöcherne Strukturen, Liquor im Ventrikelsystem oder im Subarachnoidalraum werden zur Beurteilung von CT−Bildern herangezogen (OTTESEN u. MOE 1998). Dabei wird auf Veränderungen in Größe, Form und Lage der Ventrikel, auf Abweichungen der Falx cerebri von der Mittellinie oder Kalzifizierungen im Gehirnparenchym geachtet (STICKLE u. HATHCOCK 1993, TUCKER u. GAVIN 1995, OTTESEN u. MOE 1998). Intrakranielle Läsionen wie Tumore, Ödeme, Blutungen, primäre Entzündungen und frische Infarkte sind raumfordernd und bewirken einen Masseneffekt,

indem sie zur Verlagerung und Kompression dieser normalen anatomischen Orientierungspunkte führen (TURREL et al. 1986, OTTESEN u. MOE 1998). Je nach Art der Läsion besitzt sie die gleiche, höhere oder niedrigere Dichte relativ zum benachbarten gesunden Hirngewebe, ist also iso−, hyper− oder hypodens (TURREL et al. 1986, OTTESEN u. MOE 1998). Hyperdens stellen sich mineralisierte Bereiche, Blutungen, Gebiete erhöhten Zellreichtums und Narbengewebe dar, während Ödeme hingegen hypodens sind (TUCKER u.

GAVIN 1996). Mit der computertomographischen Untersuchung des Schädels lassen sich Veränderungen sowohl von knöchernen Strukturen, wie beispielsweise Mißbildungen, Tumoren, Fissuren, Frakturen, Mineralstoffwechselstörungen, als auch von intra− und extrakraniellem Weichteilgewebe erkennen. So können Tumore, Atrophien und Hydrozephali dargestellt werden (MAYRHOFER u. HENNIGER 1995). Anhand verschiedener Kriterien lassen sich einige Charakteristika bestimmter Gehirnläsionen im CT−Bild bestimmen: So ist bei "precontrast scans" auf Masseneffekt, periläsionäres Ödem, Hydrozephalus, mögliche Kalzifizierungen, Knochenlyse, Hyperostose und Dichte der Läsion zu achten (TURREL et al. 1986). Mit Hilfe der "postcontrast scans" werden Grad und Art der Kontrastmittelanreicherung, Lokalisation, Form und Abgrenzung der Läsion festgestellt (TURREL et al. 1986). Zwei verschiedene Arten der Kontrastmittelverstärkung lassen sich unterscheiden (TURREL et al. 1986, TUCKER u. GAVIN 1996): Läsionen mit einem homogenen Zellbestand und einheitlicher Gefäßversorgung zeichnen sich durch eine homogene Kontrastmittelanreicherung aus. Läsionen ohne diese zelluläre Uniformität, mit fokaler Nekrose und Blutung zeigen eine inhomogene oder ringförmige Anreicherung. In normalem Hirngewebe mit einem Anteil von 3 bis 4 % an Blutgefäßen erhöhen sich die CT−

Werte um durchschnittlich 4 Hounsfield−Einheiten (HU) nach Kontrastmittelgabe (OTTTESEN u. MOE 1998). Ein Anstieg der CT−Werte um 20 bis 40 HU nach Kontrastmittelverabreichung spricht für das Austreten des Kontrastmittels durch eine gestörte Blut−Hirn−Schranke (OTTESEN und MOE 1998). Dies wird bei bestimmten Tumoren und anderen Läsionen beobachtet (HOLLAND 1993, OTTESEN u. MOE 1998). Durch die geschädigten Kapillaren kann Kontrastmittel ins Gehirngewebe austreten (TIDWELL u.

JONES 1999). Kontrastmittel verstärken auch den Kontrast in Gebieten mit erhöhter oder erniedrigter Gefäßversorgung (TUCKER u. GAVIN 1996). So zeichnen sich nach WORTMAN (1986) Gehirntumoren durch eine erhöhte Vaskularität aus und werden daher durch das Kontrastmittel verstärkt sichtbar. Bei einer ringförmigen Kontrastmittelverstärkung

wird der hyperdense Ring durch ein Gebiet mit gestörter Blut−Hirn−Schranke oder einem gesteigerten Blutfluß hervorgerufen, das ein hypodenses Gewebe mit reduzierter oder keiner Blutversorgung, zum Beispiel eine Zyste oder Nekrose, umgibt (JEFFERY et al. 1992).

Meningeome sind in der Regel peripher lokalisiert und reichern das Kontrastmittel homogen an (TURREL et al. 1986, OTTESEN u. MOE 1998). Gliome sind hingegen durch eine ringförmige Kontrastverstärkung um ein weniger kontrastverstärktes Zentrum gekennzeichnet und schlecht abgegrenzt (TURREL et al. 1986, OTTESEN u. MOE 1998). Tumoren des Plexus chorioideus sind in der Regel gut abgegrenzt, hyperdens und weisen eine deutliche, homogene Kontrastmittelanreicherung auf (TURREL et al. 1986). Anhand ihrer Lage in der mittleren Schädelgrube ventral ergibt sich bereits häufig der Verdacht auf einen Hypophysentumor (TURREL et al. 1986). Außerdem sind ein minimales, peritumorales Ödem, eine homogene Kontrastmittelverstärkung und eine gute Abgrenzung vom gesunden Gewebe weitere Kennzeichen von Hypophysentumoren. Charakteristika anderer, seltenerer Tumoren konnten TURREL et al. (1986) nicht herausarbeiten. Von insgesamt 50 primären kaninen Hirntumoren wiesen TURREL et al. (1986) 92 % in ihrer Studie computertomographisch nach; die restlichen 8 % waren nicht entdeckt worden wegen fehlender Auswirkungen auf das umgebende Gewebe und keiner bedeutenden Kontrastmittelanreicherung oder wegen zu geringer Größe. Akute Blutungen sind zunächst röntgendicht und damit hyperdens im Nativbild aufgrund des Globins, der Proteinfraktion des Hämoglobins (TIDWELL et al. 1994, THOMAS 1996, OTTESEN u. MOE 1998). Eine Kontrastmittel−Verstärkung erfolgt jedoch nicht in der akuten Phase der Blutung, vermutlich durch die vaskuläre Unterbrechung bedingt (TIDWELL et al. 1994). Mit zunehmender Resorption nimmt die Schwächung der Röntgenstrahlung ab, bis zuletzt eine alte Blutung sogar mit einem Ödem verwechselt werden kann (OTTESEN u. MOE 1998). Zuvor tritt aber in der subakuten Phase durch Einwachsen von Kapillaren von den Rändern des Hämatoms aus eine ringförmige Kontrastmittelanreicherung auf (TIDWELL et al. 1994).

Das Vorhandensein, die genaue Lokalisation und die Ausdehnung von Krankheiten lassen sich mit der Computertomographie genauer als mit konventionellem Röntgen ermitteln (TURREL et al. 1986, ROGERS 1993, FORREST u. THRALL 1995, OTTESEN u. MOE 1998). Dies stellt einen wichtigen Vorteil für die Bestrahlungs− und Operationsplanung dar (ROGERS 1993, FORREST u. THRALL 1995). Trotz der spezifischen Charakteristika einiger intrakranieller Erkrankungen im CT ist letztlich aber immer eine histopathologische

Untersuchung für eine definitive Diagnosestellung nötig (FORREST u. THRALL 1995). Eine genaue Diagnose ohne eine Biopsie oder Operation ist nicht möglich (JEFFERY et al. 1992, CURTIS 1996), denn verschiedene Arten von Läsionen können identische CT−

Charakteristika haben (FIKE et al. 1986, KRAFT u. GAVIN 1999). Mit Hilfe der Computertomographie lassen sich jedoch die Einstichrichtung der Biopsienadel verfolgen und die Nadel auf diese Weise präzise zu der gewünschten Lokalisation führen (HARARI et al.

1993, TIDWELL u. JONES 1999).

2.2.5 Liquoruntersuchung

Nach KRAFT und DÜRR (1999) stellt Liquor cerebrospinalis, im folgenden kurz Liquor genannt, ein ausgezeichnetes diagnostisches Medium dar, das bei jeder unklaren Störung der Gehirnfunktion untersucht werden sollte. Auch VANDEVELDE und FANKHAUSER (1987) beurteilen die Liquoranalyse als wichtig, da sich pathologische ZNS−Veränderungen auf die Zusammensetzung des Liquors auswirken können. CHRISMAN (1991) bezeichnet die Liquoruntersuchung als unschätzbare diagnostische Hilfe. Die Liquoruntersuchung ist eine relative sichere und kostengünstige diagnostische Methode, die eine Aussage über den Funktionszustand des ZNS erlaubt (KORNEGAY 1981, SORJONEN et al. 1991). Eine Liquorpunktion enthält nach CHRISMAN (1991, 1992) lediglich ein minimales Risiko und ist einfach durchzuführen. Die Liquorbefunde sind hilfreich im Zusammnehang mit der Interpretation von Vorbericht, klinischer und neurologischer Untersuchung (WHEELER 1989). Jedoch ist die Liquoruntersuchung nur begrenzt nützlich, um eine Diagnose zu stellen.

Meistens sind weitere Untersuchungen nötig, und in vielen Fällen kann die Liquoruntersuchung keine definitive Diagnose liefern (WHEELER 1989). Für bestimmte Messungen im Liquor sind spezielle Geräte erforderlich, die in der Regel nur Speziallaboratorien zur Verfügung stehen (VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987).

2.2.5.1 Grundlagen

Liquor entsteht durch Ultrafiltration an den fenestrierten Kapillaren der Plexus chorioidei in den Interstitialraum und durch aktive Sekretion des Filtrates durch das Epithel der Plexus

chorioidei (SORJONEN 1987, VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, BRAUND 1994).

Ein geringer Anteil wird auch vermutlich im subarachnoidalen Raum gebildet (KRAFT u.

DÜRR 1999). BRAUND (1994) gibt die Produktionsrate mit etwa 0,05 ml Liquor pro Minute beim Hund und circa 0,02 ml Liquor in der Minute bei der Katze an. Der Liquor fließt vom Ventrikelsystem über die Lateralöffnungen des vierten Ventrikels in die Subarachnoidalräume von Gehirn und Rückenmark (VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, BRAUND 1994, KRAFT u. DÜRR 1999). In den Zentralkanal des Rückenmarkes gelangt er entweder über den vierten Ventrikel oder über den Conus medullaris am kaudalen Ende des Rückenmarkes (BRAUND 1994). Resorbiert wird der Liquor in den Venen und Venenplexus des Gehirns sowie in den Venen und Lymphgefäßen der Hirn− und Rückenmarksnerven (VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, BRAUND 1994, KRAFT u.

DÜRR 1999).

Die Blut−Hirn−Schranke ist verantwortlich für die Zusammensetzung des Liquors. Bei erhöhter Permeabilität erfolgt eine Transsudation von Proteinen in den Liquor proportional zur Konzentration im Blut und zum Molekulargewicht (SORJONEN 1987, CHRISMAN 1992). In normalem Liquor befindet sich wenig Protein; der obere Referenzwert für Gesamtprotein im Liquor liegt bei 20 bis 30 mg/dl (KORNEGAY 1981, OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989, CHRISMAN 1992, BRAUND 1994, KRAFT u. DÜRR 1999). Bei 80 bis 95 % des Gesamtproteins handelt es sich um Albumin,; die Globuline bilden den Rest (WHEELER 1989). Der Anteil der Globuline und des Albumins im Liquor steigt an, wenn die Blut−Hirn−Schranke unterbrochen ist (KORNEGAY 1981, SORJONEN 1987, BRAUND 1994). Sind hingegen in erster Linie nur die Globulinwerte im Liquor erhöht, wird dies als Hinweis auf eine intrathekale Immunglobulinproduktion gedeutet (SORJONEN 1987, BRAUND 1994). Die Konzentration der Glukose im Liquor ist von der im Blut abhängig und macht etwa 60 bis 80 % davon aus (OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989). RAND et al.

(1990) stellten hingegen bei gesunden Katzen keine Korrelation zwischen der Glukosekonzentration im Liquor und der im Blut fest. Eine Zellzahl von unter fünf Zellen pro µl Liquor gilt als physiologisch; dabei handelt es sich in der Regel vor allem um Lymphozyten, seltener um Makrophagen oder Monozyten, gelegentlich um neutrophile Granulozyten (KORNEGAY 1981, OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989, CHRISMAN 1992, BRAUND 1994).

2.2.5.2 Ergebnisse und Interpretation

Wichtige Parameter, die bei der Liquorpunktion und −analyse zu erheben sind, sind der Druck, die Farbe, die Trübung, die Gerinnung, der Gesamtproteingehalt, die Glukosekonzentration, die Gesamtzellzahl und das Differentialzellbild der Leukozyten sowie der mikrobielle Keimgehalt des Liquors (KORNEGAY 1981, OLIVER et al. 1987, VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, WHEELER 1989, BRAUND 1994, KRAFT u.

DÜRR 1999).

Unveränderter Liquor kann bei einigen entzündlichen ZNS−Erkrankungen, wie zum Beispiel FIP, Staupe, GME, bei Neoplasien, idiopathischer Epilepsie, funktionellen Störungen, Intoxikationen und beim angeborenen Hydrozephalus vorkommen (OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989, CHRISMAN 1991). BAILEY und HIGGINS (1986a) fanden einen unauffälligen Liquor häufig bei tiefsitzenden parenchymalen Tumoren.

Ein Abfluß im Strahl wird als eine Erhöhung des Druckes angesehen und bei vermehrter Liquorbildung oder Abflußstörungen im Rückenmarkbereich beobachtet (KRAFT u. DÜRR 1999). KORNEGAY (1981) und BRAUND (1994) beschreiben einen erhöhten Druck bei raumfordernden Massen, wie Neoplasie, Abszeß, Hämatom und Granulom, beim kommunizierenden Hydrozephalus, Meningitis und Hirnödem. Da ein erhöhter Druck also bei vielen verschiedenen Läsionen vorkommt, betrachtet BRAUND (1994) ihn als einen unspezifischen Befund. Häufig ist der Druck auch unverändert trotz neurologischer Erkrankung (KORNEGAY 1981), so zum Beispiel beim angeborenen Hydrozephalus (CHRISMAN 1991).

Eine rote Farbe des Liquors ist die Folge einer Blutung in den Subarachnoidalraum oder einer punktionsbedingten Gefäßverletzung (KORNEGAY 1981, KRAFT u. DÜRR 1999).

Um dies unterscheiden zu können, wird der Liquor zentrifugiert: ein klarer Überstand spricht für eine Blutkontamination, ein gelblicher für eine ältere Blutung mit nachfolgender Hämolyse (KORNEGAY 1981, OLIVER et al. 1987, BRAUND 1994, KRAFT u. DÜRR 1999). Gelber, xanthochromer Liquor wird durch Bilirubin im Liquor hervorgerufen und tritt bei alten Blutungen, zum Beispiel nach Traumen und bei hämorrhagischer Diathese, Entzündung und Blutungen durch Tumor oder Abszeß, oder bei schwerem Ikterus auf (OLIVER et al. 1987, VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, WHEELER 1989, CHRISMAN 1991, BRAUND 1994, KRAFT u. DÜRR 1999). WHEELER (1989) erwähnt

gelblichen Liquor auch im Zusammenhang mit einem Hydrozephalus, dessen Liquor hohe Konzentrationen an Protein aufweist. Auch Oxyhämoglobin aus lysierten Erythrozyten kann eine Gelbfärbung des Überstandes nach Zentrifugation bewirken (OLIVER et al. 1987).

Erythrophagozytose, also mit Erythrozyten, Hämosiderin oder Bilirubin beladene Makrophagen, gelten als Hinweis für eine pathologische Blutung, die vor der Punktion stattgefunden hat (WHEELER 1989). Ein grau bis grün gefärbter Liquor spricht für einen eitrigen, entzündlichen Prozeß (WHEELER 1989, BRAUND 1994).

Eine Trübung des normalerweise wasserklaren Liquors gilt als Hinweis auf eine erhöhte Zellzahl und Blutbeimengungen (KRAFT u. DÜRR 1999). Liquor erscheint trüb, wenn mindestens 300 bis 500 Zellen pro µl Liquor enthalten sind (KORNEGAY 1981, OLIVER et al. 1987, VANDEVELDE u. FANKHAUSER 1987, WHEELER 1989, BRAUND 1994) und/oder der Proteingehalt erhöht ist (OLIVER et al. 1987, BRAUND 1994).

Wird eine Gerinnung des Liquors kurze Zeit nach der Punktion beobachtet, kommen folgende Ursachen in Betracht: vor allem eine eitrige Meningitis, aber auch eine akute, schwere Blutung und eine punktionsbedingte Blutkontamination (BRAUND 1994, KRAFT u.

DÜRR 1999). Der Liquor enthält hochgradig vermehrt Protein einschließlich Fibrinogen (BRAUND 1994).

Verursacht wird ein vermehrter Proteingehalt im Liquor durch eine gesteigerte Permeabilität der Blut−Hirn−Schranke, lokale Nekrose, unterbrochenen Liquorfluß und −absorption sowie intrathekale Globulinproduktion (CHRISMAN 1992). So kann der Proteingehalt im Liquor erhöht sein bei Entzündung, Abszeß, Blutung, Urämie und Krampfanfällen (KRAFT u.

DÜRR 1999). BRAUND (1994) teilt folgendermaßen ein: höchste Proteinwerte bis über 1000 mg/dl bei bakterieller Meningoenzephalitis, mäßig bis deutlicher Proteinanstieg, das heißt über 200 mg/dl, bei FIP und GME, mäßige Proteinkonzentration von 60 bis 100 mg/dl verbunden mit Pleozytose bei Infektionen mit Viren, Protozoen, Pilzen, Rickettsien, Algen und der Meningoenzephalitis der Möpse. Bei TIPOLD (1995) weisen Fälle mit steroid−

responsiver Meningitis im Vergleich zu anderen Entzündungen die höchsten Proteinwerte im Liquor auf. Als albuminzytologische Dissoziation wird ein Anstieg der Proteinkonzentration im Liquor ohne Pleozytose bezeichnet (OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989, BRAUND 1994). Sie tritt überwiegend bei Neoplasien, aber auch bei vaskulären Erkrankungen, nichtentzündlichen Degenerationen mit Nekrose, bestimmten viralen Erkrankungen (zum Beispiel FIP), Metronidazol−Intoxikation und bei Hypothyreoidismus auf (OLIVER et al.

1987, BRAUND 1994). BAILEY und HIGGINS (1986a) berichten, daß in ihrer Studie der Gesamtproteingehalt im Liquor von Plexus chorioideus−Papillomen deutlich über dem von Astrozytomen und Meningeomen lag. Nach KORNEGAY (1981) wird ein Anstieg der Proteinkonzentration im Liquor ohne deutliche Pleozytose oft bei nicht−entzündlichen Erkrankungen, also bei Ischämie, Neoplasien, Traumen, primär degenerativen Erkrankungen, verzeichnet. VANDEVELDE und FANKHAUSER (1987) betrachten einen vermehrten Proteingehalt im Liquor einfach nur als unspezifischen Indikator für einen pathologischen Prozeß im ZNS.

Eine erhöhte Glukosekonzentration im Liquor wird als Hyperglykorrhachie bezeichnet und tritt bei Hyperglykämie, Enzephalitis, Gehirntumor und −abszeß auf. Eine Hypoglykorrhachie hingegen ist Anzeichen für eine Hypoglykämie oder eine ZNS−Infektion mit glykolytischen Bakterien (OLIVER et al. 1987, WHEELER 1989, BRAUND 1994, KRAFT u. DÜRR 1999). Selten ist sie assoziiert mit anderen hochgradigen entzündlichen Veränderungen oder fortgeschrittener Neoplasie (WHEELER 1989).

Entzündungen, Abszesse, Traumen und Tumoren führen zu einer Erhöhung der Gesamtzellzahl der Leukozyten im Liquor (CHRISMAN 1991, KRAFT u. DÜRR 1999). Im Vergleich zu anderen Entzündungen werden die höchsten Zellzahlen bei der steroid−

responsiven Meningitis und bakteriellen Infektionen gezählt (TIPOLD 1995). In der Studie von BAILEY und HIGGINS (1986a) liegt die Gesamtzellzahl bei Plexus chorioideus−

Papillomen und Meningeomen deutlich über der von Oligodendrogliomen. Als typische

Papillomen und Meningeomen deutlich über der von Oligodendrogliomen. Als typische