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5. Analysen und Diskussion der Ergebnisse

5.1 DEU: Konfliktdimensionen im Ministerrat .1 Hauptkomponentenanalyse .1 Hauptkomponentenanalyse

5.1.4 Clusteranalyse .1 Ergebnisse .1 Ergebnisse

Die SPSS-Prozedur „Hierarchische Clusteranalyse“ erfordert wie CATPCA das Ersetzen fehlender Werte; es wird also jeweils der Datensatz mit Imputationen für fehlende Werte (DEU-imp) verwendet. Daneben empfiehlt auch die Literatur zur Clusteranalyse, ähnlich wie zur CA, eine Standardisierung der Werte, um eine unterschiedlich starke Gewichtung der Variablen bei der Berechnung der Ähnlichkeit zweier Objekte zu vermeiden (BROSIUS 2002: 656). Nach der Transformation in SPSS weisen die Werte einen Mittelwert von 0 und eine Standardabweichung von 1 auf (z-Werte), so dass die Variablen mit gleichem Gewicht in die Analyse eingehen.

Die Interpretation einer Clusteranalyse beruht hauptsächlich auf der graphischen Darstellung der Clusterbildung in Eiszapfendiagramm und Dendrogramm. Ein Dendrogramm gibt die Zusammenfassung der Objekte zu Clustern in einem horizontalen Baumdiagramm wieder. Die Fusion der Objekte wird durch vertikale Linien angezeigt. Auf der X-Achse lassen sich die (relativen) Distanzen der Objekte ablesen; sie werden in SPSS auf den Wertebereich 0 bis 25 reskaliert. So wird sichtbar, ob einzelne Objekte oder auch Subgruppen der Cluster eher homogen oder heterogen sind. Homogene Objekte verschmelzen schon früh zu einem Cluster, heterogene Objekte dagegen erst spät. In einem Dendrogramm zeigt sich ein „gutes“ Cluster dadurch, dass es sich früh bildet und erst spät mit anderen verschmilzt (JAIN/DUBES 1988: 196, zitiert in SCHNELL 1994: 304).

Die (Un-)Ähnlichkeitsmaße für die Clusteranalysen wurden für intervallskalierte und zusätzlich für binäre Variablen63 berechnet. Aus der Vielzahl von Distanz- und Ähnlichkeitsmaßen habe ich für die intervallskalierten Daten das Quadrat der euklidischen Distanz und die Pearson-Korrelation, für die binären Daten die quadrierte euklidische Distanz,

63 Die Aufbereitung der Daten als binäre Variablen erfordert für jede Ausprägung einer ursprünglichen Variablen eine neue Variable; die Kodierung wird mit den Werten 0 (nicht vorhanden) und 1 (vorhanden) vorgenommen.

sowie Größen- und Musterdifferenz ausgewählt, da sie zu den gebräuchlichsten Maßen gehören. Der Anhang (A-16) enthält Dendrogramme zu den hier vorgestellten Analysen64.

Bereits ein Blick auf die (Un-)Ähnlichkeitsmatrizen zeigt, dass die skandinavischen MS mit Abstand die geringsten Distanzen zueinander aufweisen. So bilden sie sehr früh ein relativ isoliertes und kompaktes („gutes“) Cluster. Weniger kompakt aber dennoch deutlich lässt sich ein Cluster der südlichen MS identifizieren. Dazu gehören wie in den vorherigen Analysen die Mittelmeeranrainer Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und meist auch Belgien. Die Niederlande und Großbritannien bilden ebenfalls ein eigenes Cluster, das später mit den skandinavischen MS verschmilzt. Ein Cluster aus Deutschland und Österreich bleibt noch länger isoliert, bevor es sich mit den übrigen nördlichen MS verbindet. Für die MS Luxemburg und Irland sind keine allgemeinen Aussagen über die Clusterzugehörigkeit möglich; wie bereits in vorherigen Analysen gesehen, können sie nicht eindeutig einer Gruppe im Ministerrat zugeordnet werden.

Tabelle A-19 gibt einen Überblick über die gemeinsamen Clusterzugehörigkeiten der MS, unter Annahme von zwei, drei oder vier Clustern.

5.1.4.2 Kontrollanalysen und Sensitivitätstests

Die Resultate der Kontrollanalysen für Entscheidungsverfahren und Abstimmungsregeln weichen wiederum in einigen Punkten von den Clusteranalysen des vollständigen DEU ab (A-17). Das skandinavische Cluster ist weiterhin in den meisten Dendrogrammen deutlich erkennbar, bei den einstimmig bzw. unter Anhörung des EP entschiedenen Politiken zeigt sich jedoch eine deutliche Unähnlichkeit zwischen Finnland auf der einen und Schweden und Dänemark auf der anderen Seite.

Besonders unter Einstimmigkeit erscheint auch das Cluster der südlichen MS weniger kompakt, wobei hier Griechenland und Portugal erst spät mit den übrigen Südstaaten verschmelzen. Griechenland zeigt sich auch unter Mitentscheidung den südlichen MS relativ unähnlich.

Analog zu den vorherigen Verfahren wurden auch für die Clusteranalyse eine Reihe von Sensitivitätstests durchgeführt. Neben dem Ausschluss einzelner Objekte oder Variablen kann der Einfluss der verwendeten Distanzfunktion, der Art der Standardisierung der Variablen und des Clusteranalysealgorithmus untersucht werden (SCHNELL 1994: 306). Den

64 Die Ergebnisse der anderen Verfahren weisen darauf hin, dass die Annahme des Intervallskalenniveaus für die Präferenzdaten des DEU angemessen ist. Da die Verwendung des binären Datensatzes auch bei der

Clusteranalyse grundsätzlich keine anderen Strukturen ergibt, werden hier nur die Analysen der (angenommen) intervallskalierten Daten präsentiert.

hier vorgestellten Resultaten liegt jeweils die Pearson-Korrelation der Präferenzwerte zugrunde, weil dabei eine bessere Clusterbildung zu beobachten war als unter Verwendung der Quadrierten Euklidischen Distanz.

Die Dendrogramme und Eiszapfendiagramme unter Ausschluss einzelner MS weisen im Vergleich einige Unterschiede auf. Dennoch lässt sich ein Grundmuster identifizieren, das sich wie ein roter Faden durch alle Clusterbildungen zieht. Dazu gehören v.a. das Cluster der skandinavischen MS und das Cluster der südlichen MS. Für die nördlichen MS kann verallgemeinernd wiederum weniger gesagt werden; diese Gruppe ist deutlich heterogener als die der südlichen MS.

5.1.4.3 Diskussion

Das Südcluster ist besonders kompakt und abgrenzbar wenn der Rat mit QM entscheidet und das EP lediglich angehört wird. In dieser Konstellation entscheidet der Rat v.a. über die Regeln der Gemeinsamen Agrarpolitik, das Wettbewerbsrecht, die Vorschriften zu staatlichen Subventionen und die Handelspolitik. Die südlichen MS sind stärker von den Subventionen in der Landwirtschaft abhängig und ihre Industrien sind im Allgemeinen weniger wettbewerbsfähig als jene der nördlichen MS. So sollte das Südcluster die Befürworter von Marktregulierung und Protektionismus repräsentieren, die auf der einen Seite der Nord/Süd-Regulierungsdimension stehen.

Allerdings manifestiert sich das Cluster der südlichen MS (besonders bei Einstimmigkeit und Mitentscheidung) nicht so kompakt wie man nach den eindeutigen Ergebnissen der vorhergehenden Analysen erwartet hätte. Eine Erklärung dafür ist, dass im Ergebnis einer Clusteranalyse mehrere Dimensionen gleichzeitig abgebildet werden und nicht alle Unterschiede und Gemeinsamkeiten der MS adäquat repräsentiert werden können. So gelingt andererseits eine stärker verdichtete Wiedergabe der Präferenzprofile, die weniger von einzelnen Konflikten geprägt ist.

Eine gute Demonstration dafür ist der Gegensatz zwischen Frankreich und Griechenland. Beide MS gehören in der Clusteranalyse selbst bei einer Einteilung der Daten in vier Cluster (außer bei Mitentscheidung) noch zum gleichen Cluster, was durch ihre relativ große Ähnlichkeit und ihre Zugehörigkeit zur Gruppe der südlichen MS bedingt ist.

Andererseits verschmelzen sie erst relativ spät. Damit wird bestätigt, dass ihre Präferenzprofile auch substantielle Unterschiede aufweisen, die in den vorherigen Analysen auf einer eigenen, wenn auch schwachen, Konfliktdimension abgebildet wurden.

Ein Cluster der bisher häufig als Verbraucherschützer identifizierten MS ist für den vollständigen Datensatz nur selten zu erkennen. Es zeigt sich aber deutlich, wenn die Hierarchische Clusteranalyse ausschließlich auf Verbraucherschutz-Themen65 angewandt wird (vgl. A-18): Deutschland und Dänemark sowie Schweden und Finnland bilden jeweils zuerst ein Cluster und verschmelzen dann später zu einer Gruppe. Dem steht ein sehr kompaktes Cluster aus Großbritannien, den Niederlanden und Irland gegenüber. Diese Gruppenbildung gibt die Präferenzverteilung beispielsweise beim Konflikt um das Verbot von Phthalaten in Kinderspielzeug (d99238) wieder. Offenbar ist die Verbraucherschutzdimension im DEU nur schwach vorhanden, weil der Anteil der entsprechenden Themen nicht sehr hoch ist.

Deutschland kann nur schwer einem Cluster der übrigen MS zugeordnet werden. Die größte Nähe scheint zu Österreich zu bestehen, was die zweite Dimension der vorangegangenen Analysen bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der Verschmelzungsdistanzen bei der Clusterbildung bleibt Deutschland relativ isoliert. Hier zeigt sich also noch einmal die besonders große Unähnlichkeit zwischen den Präferenzprofilen Deutschlands und der übrigen MS.

Dagegen bleibt die Affinität von Großbritannien und den Niederlanden festzuhalten.

Bei Vorschlägen, die unter Mitentscheidung fallen, wird außerdem die Ähnlichkeit der beiden MS mit Irland deutlich. Diese Nähe ist auf die weitgehend geteilte Präferenz für eine Deregulierung der Märkte und auf ähnliche Traditionen in der nationalen Gesetzgebung zurückzuführen.

Generell ergibt die Clusteranalyse für den DEU keine absolut trennscharfe Gruppenbildung. Die Verschmelzungsdistanzen der Cluster weisen an keiner Stelle sprunghafte Steigerungen auf, die eindeutig für einen Abschluss der Clusterbildung sprechen würden. Ein großer Teil der MS ist nicht klar einem Cluster zuzuordnen bzw. deutlich von anderen MS und Clustern abzugrenzen. Mit dieser Beobachtung werden die Resultate der anderen Analysen bestätigt, bei denen eine eindeutige und trennscharfe Interpretation der Konfliktdimensionen ebenfalls kaum möglich war.

65 Folgende Themen wurden für diese Analyse ausgewählt: d96161 (Garantien für Konsumgüter), d98191 (elektronische Unterschriften), d98252 (E-Banking), d98323 (BSE: Vorsorge und Kontrolle), d98325

(Internethandel), d99158 (Lebensmittelzusätze), d99204 (Kennzeichnung von Rindfleisch), d99238 (Verbot von Phthalaten).