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„Christlich-Islamischer Dialog in der NEK“ und Erläuterungen zum Ablauf der Beratungen

Im Dokument In guter Nachbarschaft (Seite 54-60)

von Cynthia Lies

Herr Präsident, liebe Mitsynodale, liebe Gäste!

Als Vorsitzende des Vorbereitungsausschusses bin ich froh und dankbar, dass wir jetzt zum thematischen Teil unserer Synode über den christlich-islamischen Dialog in der Nordelbischen Kirche gekommen sind.

Schon im Oktober 1995 hat der damaliger Bundespräsident Roman Herzog gesagt: „Es ist ja heute gar nicht mehr möglich, Überzeugungen geographisch zu trennen. Christen, Muslime, auch Atheisten wohnen in denselben Ländern, in denselben Strassen und denselben Häusern. Das Leben ist hier schneller gewesen als der interreligiöse oder interkultu-relle Dialog. Der aber muss nun dringend folgen, damit das Miteinander nicht zu einem Alptraum wird. Man kann auf die Dauer nicht miteinan-der leben, wenn man nicht miteinanmiteinan-der redet und nichts voneinanmiteinan-der weiß."

Unser Vorbereitungsauschuss ist in November 2004 gewählt worden.

Wir haben achtmal getagt bis heute, und wir sind sehr schnell, dank qualifizierter Vorbereitung und einem sehr guten Miteinander, zu der Überzeugung gekommen, wie dieser Tag gestaltet werden kann.

Es soll um „gute Nachbarschaft" gehen. Wir wollen den christlich-islamischen Dialog im Gebiet der NEK sehr praktisch reflektieren. Wie und wo begegnen wir Muslimen in unserem Alltag? Wo sind Möglich-keiten, aber auch Grenzen der Verständigung und des Aufeinanderzuge-hens? Was kann es für unseren Glauben und für unsere Gemeinden be-deuten, wenn wir bereit sind aufeinander zu hören und voneinander zu lernen? Die Synodalen sollen ermutigt und ausgerüstet werden, sich dem

Thema “Christlich –Islamischer Dialog“ vor Ort zu nähern und sich mehr zu engagieren.

Und wir wollen nicht nur über unsere muslimische Nachbarn und Nachbarinnen reden, sondern auch mit ihnen. Wir freuen uns deshalb sehr, dass Sie, unsere lieben Gäste bereit sind, uns hier heute auf diesem Weg zu begleiten.

Es ist uns auch wichtig, dass der Tag als eine stimmige Einheit erlebt wird. Ein roter Faden soll hindurchführen, vom Einstieg und Grußwor-ten über den Vortrag von Prof. Dr. Wolfram Weiße bis in die verschie-denen Arbeitsgruppen und zur Debatte und Verabschiedung der Erklä-rung.

Wir sind auch froh, dass dank Frau Waltraud Wahida Azhari die Ausstellung „Geschwisterreligionen Judentum-Christentum-Islam“ hier zu sehen ist.

Schauen Sie sich die Ausstellung an! Sie soll Berührungen und Ge-meinsamkeiten der Geschwisterreligionen aus der Sicht des Islams ver-anschaulichen, und eine Brücke bilden, um die Innensicht des Islam zu verdeutlichen.

Der islamische Theologe Mehdi Razvi, der auch heute bei uns ist, hat korrespondierende Koranverse hinzugefügt, die arabischen bzw. os-manischen Texteinschließungen in den Bildern übersetzt und auf den Bildtafeln einen kleinen theologischen Kommentar hinzugefügt.

Als die Synode in Februar 2005 entschied, die Themensynode um fast ein Jahr zu verschieben, waren wir enttäuscht, aber der Studientag im Juni letzten Jahres war ein wichtiger Schritt vorwärts und nun freuen wir uns auf ein gutes und intensives Gespräch und konstruktive Beschlüsse für das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen in Nordelbien.

von Vizepräsident Dr. Rüdiger Sachau

Ein herzliches Dankeschön für diese Einführung!

Liebe Synode, die Schura ist in Hamburg entstanden als Zusammen-schluss der verschiedenen islamischen Gemeinschaften. Sie hat den Im-puls mitgegeben, auch deutschlandweit ähnliche Formen zu schaffen, damit z.B. die gegenwärtige Diskussion um islamischen Religionsunter-richt eine Basis bekommt, also ein Gegenüber für den Dialog. Zum Vor-stand der Schura Hamburg gehört Herr Abu Ahmad Jakobi. Innerhalb der Schura ist er der Vorsitzende des Arbeitsausschusses für interreligiö-sen Dialog. Während der Tagungen zum Christlich-Islamischen Dialog in der Akademie Bad Segeberg sind wir uns schon häufiger begegnet.

Ich freue mich darum, Sie heute hier begrüßen zu dürfen und bitte Sie um ein Grußwort.

von Abu Ahmad Jakobi

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Brüder und Schwestern,

zunächst einmal möchte ich mich für die Einladung zu diesem Treffen sehr herzlich bedanken. Dass dieses Mal das Thema „Interreligiöser Dialog zwischen Muslimen und Christen” gewählt wurde, erfreut uns.

Für mich ist das eine Ehre, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen. Wie Sie wissen, legt die Schura - der Rat der islamischen Gemeinden in Ham-burg - großen Wert auf den interreligiösen Dialog. Seit dessen Gründung im Jahre 1999 sind wir in unzählige Dialogveranstaltungen und Initiati-ven involviert. Auf der Landesebene sind wir Mitbegründer des Interre-ligiösen Forums in Hamburg, in dem sich Juden, Christen, Muslime, Buddhisten und Hindus regelmäßig treffen, um Gedanken auszutauschen und gemeinsame Projekte zu koordinieren und durchzuführen. Auf der Bundesebene ist die Schura zusammen mit der AGDF, Pax Christi und dem Zentralrat der Muslime Mitbegründer des „Christlich-Islamischen Friedensprojekts Deutschlands”, um nur in diesem Zusammenhang zwei Beispiele zu nennen.

In Deutschland haben viele Muslime (mittlerweile in der dritten Ge-neration) eine neue Heimat gefunden. Selbstverständlich bringen sie auch ihr kulturelles Erbe und ihre religiösen Überzeugungen mit und versuchen, hier dementsprechend ihr Leben zu gestalten. Sie haben sich in diesem Lande längst integriert und leisten einen bedeutenden Beitrag in Gesellschaft und Wirtschaft. Sie betrachten sich als eine Bereicherung und suchen das Gespräch mit der Mehrheitsbevölkerung. Der Heilige Koran lehrt, dass die Unterschiede zwischen Menschen ein Zeichen göttlicher Weisheit sind, damit die Menschen voneinander lernen. Denn Verschiedenheit ist die Grundlage, auf der Austausch, Wandel und Dy-namik entstehen. In der Sure 49, Vers 14, steht geschrieben: „Oh Ihr Menschen, wir haben euch von Mann und Frau erschaffen und euch zu

Völkern und Stämmen gemacht, dass ihr einander kennen möchtet.

Wahrlich der Angesehenste von euch ist vor Gott der, der unter euch der Gerechteste ist.” Kennen impliziert auch anerkennen und schätzen ler-nen.

In einer anderen Stelle fordert der Koran die Muslime, Juden und Christen auf, miteinander in guten Werken zu wetteifern. Tatsächlich ist vielen Muslimen erst hier, durch die Begegnung mit dem Anderen, ihr eigener Glaube bewusst geworden. Auch mit vielen Christen geschieht das Gleiche. Und längst haben Christen und Muslime erkannt, dass ge-sellschaftlicher Pluralismus und Religionsfreiheit für einen konstrukti-ven Austausch unabdingbar sind.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

wir leben in einer Zeit, in der religiöse Überzeugungen oft gleichgesetzt werden mit ihren folkloristischen, literarischen oder musischen Erschei-nungsformen, während der wirkliche aufrichtige Glaube in eine Randpo-sition gedrängt wird. Doch sollten die Menschen, denen es ernst ist mit ihrer Religion, sich als Partner in die Wertediskussion einschalten und ihre eigenen Glaubensüberzeugungen und ihr Verständnis von Religio-sität dabei mit einbringen.

Trotz unterschiedlicher Positionen und teils auch strittiger Fragen sollten WIR, die uns der Glaube verbindet, doch an einem Strang ziehen.

Wir Christen und Muslime müssen in einer säkularen Gesellschaft mit aller Kraft versuchen, unseren Einfluss geltend zu machen, damit Werte wie Spiritualität, Religiosität und Glaubenskraft wieder in ihrer tiefen Bedeutung wahrgenommen werden. Nur so kann dem hemmungslosen Gewinnstreben, der Verantwortungslosigkeit gegenüber Schwächeren und der erschreckenden Oberflächigkeit, die sich in den Inhalten unserer Vergnügungsindustrie manifestiert, Einhalt geboten werden.

In diesem Zusammenhang bekommt der interreligiöse Dialog eine wichtige gesellschaftspolitische Bedeutung. Er ist kein Selbstzweck, sondern ermöglicht uns beiden, Christen und Muslimen, in dieser Ge-sellschaft als Partner für Frieden und Gerechtigkeit aufzutreten.

Viele Muslime fühlen sich in letzter Zeit stigmatisiert und pauschal verdächtigt. Dies erzeugt ein Gefühl der Unsicherheit. Auch die

Mehr-heitsbevölkerung hat ihre Ängste, die nicht immer rational sind. Es ist unsere Aufgabe, den Menschen zu helfen, ihre Ängste abzubauen, und ihnen Sicherheit und Hoffnung zu vermitteln.

In diesen Zeiten sind opportunistische Journalisten und populistische Politiker besonders aktiv, um diese Ängste der Menschen zu instrumen-talisieren und mehr Unsicherheit und Verwirrung zu stiften.

Es ist gegen die Interessen aller Religionsgemeinschaften, wenn eine von ihnen herausgehoben wird und vom Staat mit zusätzlichen Geset-zesauflagen und Gewissensprüfungen belastet wird. Dies beeinträchtigt im Endeffekt die Religionsfreiheit aller und erfordert Verantwortungs-bewusstsein und Solidarität. Es kann nicht gut sein, dass Muslime lau-fend mit Forderungen bombardiert werden ohne erkennbaren Beistand.

Gläubige Menschen sollten sich ihrer gemeinsamen Aufgabe in dieser Gesellschaft bewusst werden.

Wenn wir uns treffen, ist es wichtig, dass wir uns Ziele setzen. So lassen Sie uns gemeinsam danach streben, die Religionsfreiheit in die-sem Lande zu bewahren und die Rolle des Glaubens zu festigen.

Wir wollen die Gesellschaft ein Stück weit respiritualisieren. Tun wir dies nicht, so steuern wir auf eine laizistische Gesellschaftsordnung hin, in welcher der Religion eine noch niedrigere Bedeutung zukommt als sie sie heute schon innehat.

Meine Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

Ich wünsche uns ein tatkräftiges Zusammenwirken und ein gesegne-tes und ergiebiges Treffen.

Danke.

Im Dokument In guter Nachbarschaft (Seite 54-60)