• Keine Ergebnisse gefunden

Bewertungsansätze

Im Dokument Steuerung von Wissensrisiken (Seite 50-55)

2.3 Bewertung immaterieller und wissensbezogener Ressourcen

2.3.2 Bewertungsansätze

Mit der Bewertung immaterieller Ressourcen werden sowohl interne als auch externe Ziele verfolgt.

Dabei stellen das Verstehen der Wirkung immaterieller Ressourcen, die Erkennung von Werttreibern und darauf basierende Performanceverbesserungen bzw. Strategieausrichtungen interne Ziele dar, während die Bereitstellung von Informationen über den Stand der Entwicklung nicht aktivierbarer Werte für externe Stakeholder bzw. die Kommunikation des „realen“ Wertes des Unternehmen exter-ne Ziele darstellen könexter-nen (Arbeitskreis 2003, 1233f; Andriessen 2004, 232ff; Marr et al. 2004, 553;

39 In Anlehnung an (Edvinsson, Malone 1997, 73; Sveiby 1997, 10f; Wiig 1997, 404).

Abb. 7 Aufteilung des intellektuellen Kapitals39

Alwert et al. 2005, 9ff; Bukh et al. 2005, 57f; Hunter et al. 2005, 12). So kann beispielsweise diese zusätzliche Berichterstattung über nicht ansetzbare immaterielle Werte Unternehmen eine verbesserte Fremdkapitalaufnahme ermöglichen (Reinhardt 2002, 33; Kaufmann, Schneider 2006, 24)40. Sullivan betont neben der Außenwirksamkeit eine defensive und eine offensive Nutzung des intellektuellen Kapitals. Erstere fokussiert auf die Sicherung einer exklusiven Nutzung bestimmter Ressourcen (z.B.

durch Patentierung), während die offensive Nutzung z.B. die Kapitalisierung durch Lizenzierung von Technologien in andere Märkte einschließt (Sullivan 1999, 137).

Die Bedeutung immaterieller Ressourcen ist mittlerweile weit anerkannt, was sich in einer Studie von Capgemini zeigt, nach der 69% der befragten Unternehmen die Bedeutung immaterieller Ressourcen für den Unternehmenserfolg höher als den materieller einschätzten (Capgemini 2005, 11f)41. Dabei kann auf Basis dieser Studie keine allgemein gültige Aussage getroffen, in welchen Branchen die Be-deutung besonders hoch ist42. Nach einer Studie von PWC (2003, 16) werden immaterielle Ressour-cen wie Humankapital, direkt wertschöpfende Prozesse oder Innovationskapital für den Unterneh-menserfolg bedeutender als finanzielle oder materielle Ressourcen eingeschätzt43.

Im Hinblick auf die Bewertung immaterieller Ressourcen unterscheiden North et al. (1998, 159f) zwi-schen deduktiv summarizwi-schen Verfahren, deren Bewertungsbasis die Differenz zwizwi-schen Markt- und Buchwert bildet und induktiv analytischen Ansätzen, mittels derer immaterielle Ressourcen meist über nicht-finanzielle Indikatoren mit dem Ziel, Anhaltspunkte zur Steuerung zu gewinnen, bewertet werden. Mertins und Alwert (2003, 579) unterscheiden zwischen Strukturansätzen, Methoden zur monetären Gesamtbewertung und Steuerungsansätzen. Erstere stellen auf die Kategorisierung imma-terieller Ressourcen und die Beschreibung der einzelnen Komponenten mittels quantitativer und quali-tativer Indikatoren ab (Alwert 2005, 23). Monetäre Bewertungsansätze entstammen vorwiegend dem angloamerikanischen Raum und versuchen auf der Basis von Kosten, Marktwerten oder zukünftigen Erträgen, den Wert der immateriellen Ressourcen zu bestimmen (Alwert 2005, 24). Steuerungsansätze wie die Balance Scorecard zielen auf die Steuerung von Organisationen unter Einbezug immaterieller Einflussgrößen ab (Mertins, Alwert 2003, 579). Die am weitesten verbreitete Unterteilung geht auf Sveiby (2007)44 zurück und ist im Vergleich zur ähnlichen Kategorisierung von Mertins und Alwert detaillierter. Demnach kann unterschieden werden in:

a) Marktkapitalisierungsmethoden (MCM), die den Wert des intellektuellen Kapitals auf Basis der Marktkapitalisierung45 und dem Unterschied zum Anteilskapital der Aktionäre errechnen,

40 Siehe hierzu auch 2.3.4.

41 Nach Nemetz (2006, 13) entfallen mehr als 2/3 des Bruttoinlandsprodukts der USA auf immaterielle Ressourcen.

42 Siehe hierzu auch die Diskussion zur Wissensintensität von Unternehmen in Abschnitt 2.2.6.

43 Auch die Studie von Capgemini kommt zu diesem Ergebnis, wobei Kundenzufriedenheit, Mitarbeiter Know-how und Top Management Kompetenz als bedeutendste Faktoren identifiziert wurden (Capgemini 2005, 21).

44 Sveiby setzt auf den Klassifikationen von Luthy (1998) und Williams (2000) auf.

45 Marktkapitalisierung entspricht dem Produkt des Aktienkurses und der Anzahl der ausgegebenen Aktien.

b) direkte Methoden (DIC), die eine monetäre Bewertung einzelner Komponenten zum Gegenstand haben,

c) ROA46-Methoden (ROA), die den Wert anhand der Kennzahl ROA ermitteln und diese Werte mit anderen Unternehmen vergleichen sowie

d) Scorecard-Methoden (SC), die mittels Verwendung verschiedener Indikatoren vorwiegend zur qualitativen Berichterstattung herangezogen werden.

In den nachfolgenden Abschnitten (2.3.2.2-2.3.2.4) werden ausgewählte Ansätze entsprechend dieser Klassifikation in Abhängigkeit ihrer Verbreitung in der Literatur dargestellt47.

2.3.2.1 Marktkapitalisierungsmethoden

Marktkapitalisierungsmethoden (MCM) errechnen den Wert des intellektuellen Kapitals auf der Basis des Marktwertes des Unternehmens als Produkt aus aktuellen Aktienkurs und Aktienanzahl. Der Wert des intellektuellen Kapitals ergibt sich somit aus der Differenz aus Markt- und Buchwert (Stewart 1997, 224f). Ähnlichkeiten zum Marktwert-Buchwert-Verhältnis weist auch die Kennzahl Tobins Q auf, die aus dem Quotienten aus dem Marktwert des Unternehmens und Wiederbeschaffungskosten für die Ressourcen gebildet wird. Ist der Quotient größer als 1 wird das Unternehmen höher bewertet als die Summe seiner Vermögensgegenstände. Im umgekehrten Fall ist der Wert des Unternehmens geringer bewertet als die Summe der Wiederbeschaffungskosten (Barthel et al. 2004, 32). Die Be-rechnung der Differenz der beiden Größen stellt ein alternatives Verfahren zur Ermittlung des Wertes des intellektuellen Kapitals dar (Stewart 1997, 224ff). Das Problem dieser Bewertungsmethoden be-steht darin, dass einerseits der als Residualgröße ermittelte Wert des intellektuellen Kapitals sehr hoch aggregiert ist und somit die Aussagekraft und Zuverlässigkeit gering sind. Andererseits ist der Markt-wert nicht ausschließlich auf immaterielle Ressourcen zurückzuführen, sondern auch von anderen Faktoren, wie z.B. Konjunktur oder Einschätzungen von Analysten, abhängig, was zur Folge hat, dass der Wert des intellektuellen Kapitals verzerrt ist (Broda 2003, 738). Ferner führen Veränderungen des Zinsniveaus zu Veränderungen des Aktienkurses und stellen somit eine verzerrende Einflussgröße dar. Die breite Anwendung von Bewertungsverfahren dieser Kategorie wird zudem durch die erfor-derliche Börsennotierung limitiert (Barthel et al. 2004, 32). MCM-Verfahren sind besonders geeignet für Fusionen und Akquisitionen sowie für Vergleiche zwischen Unternehmen. Eine Unterstützung bei der Steuerung der immateriellen Ressourcen bieten diese Methoden allerdings nicht (Möller 2005, 5).

2.3.2.2 direkte Methoden

Direkte Methoden haben zum Ziel, den monetären Wert einzelner Ressourcen oder Ressourcenkate-gorien des intellektuellen Kapitals zu ermitteln. Durch Aggregation der bewerteten

Einzelkomponen-46 ROA steht für Return on assets.

47 Für eine Übersicht zu den verschiedenen Bewertungsansätzen siehe (Roos et al. 2004, 140ff; Müller 2006, 20ff).

ten wird in einigen Ansätzen ein Gesamtwert des intellektuellen Kapitals ermittelt. Zur monetären Bewertung werden vielfach indikatorenbasierte Methoden eingesetzt. So wird mittels des „Technolo-gy Brokers“ (Brooking 1996) durch die Beantwortung von 20 Fragen zu vier Komponenten des intel-lektuellen Kapitals dessen Wert ermittelt. Spezialisierte Methoden haben beispielsweise die Ermitt-lung des Wertes von Patenten zum Gegenstand. So kann nach Bontis (1996) ein „Technologiefaktor“

ermittelt werden, der auf einer Reihe von Indizes beruht, die die Patente beschreiben (z.B. absolute Anzahl, Kosten im Verhältnis zum Umsatz). Hall et al. (2000b) zeigen auf, dass die Zitation von Pa-tenten stärker mit dem Marktwert des Unternehmens korreliert als die reine Anzahl der Patente. Für die Ermittlung des Wertes von Patenten sind drei Bewertungsansätze gängig. Mittels der Kostenme-thode werden die Kosten zugrunde gelegt, die für die Entstehung des Patentes (einschließlich der da-hinter stehenden Technologie) angefallen sind bzw. für dessen Reproduktion erforderlich wären.

Marktpreisverfahren orientieren sich bei der Bewertung an ähnlichen Produkten, die vor kurzem li-zenziert oder veräußert wurden, während gewinnorientierte Modelle den zukünftig zu erwartenden Gewinn in die Bewertung einfließen lassen (Koller, Hentschel 2006, 303ff). Methoden aus diesen drei Kategorien werden auch zur Bewertung von Marken herangezogen (Sattler 2005, 48). Dieser Bewer-tung kommt dadurch bedingt, dass Marken vielfach einen großen Teil des Unternehmenswertes aus-machen, eine erhebliche Bedeutung zu (Barthel et al. 2004, 33f; Sattler 2005, 34).

Direkte Methoden haben zum Vorteil, dass sie im Vergleich zu anderen Verfahren neben bloßen fi-nanziellen Kennzahlen eine umfassendere Abbildung des Zustandes liefern. Nachteilig ist, dass be-dingt durch die Kontextabhängigkeit der Indikatoren eine unternehmensspezifische Anpassung erfor-derlich ist und somit die Vergleichbarkeit erschwert wird (Möller 2005, 5)48.

2.3.2.3 ROA-Methoden

ROA ist eine Rentabilitätskennzahl zur Unternehmensbewertung, mittels derer ermittelt wird wie effi-zient das Unternehmen die Aktiva eingesetzt hat, um Gewinne zu realisieren. ROA-Methoden bauen auf einem Vergleich mit dem durchschnittlichen Branchen-ROA auf und sind somit auf unterneh-mensübergreifende Vergleichswerte angewiesen. Die sich daraus ergebende Differenz wird mit dem durchschnittlichen materiellen Vermögen multipliziert, um den Ertrag aus den immateriellen Ressour-cen zu erhalten. Die Division mit den durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens ergibt eine Schätzung des Wertes der immateriellen Ressourcen (Möller 2005, 5).

Der Economic Value Added (EVA) als Geschäftsergebnis nach Steuern abzüglich der Kapitalkosten wird im Rahmen dieser Methoden diskutiert, zielt allerdings nicht auf eine direkte Messung des intel-lektuellen Kapitals ab (Alwert 2005, 28). Im Rahmen von Ansätzen zur Humanvermögensrechnung werden Kennzahlen zur Ermittlung der Rentabilität des eingesetzten Humankapitals ermittelt. Ein

48 Weitere Details zur Bewertung von Marken siehe auch bei (Göttgens et al. 2001; Wirtz et al. 2001).

Beispiel ist die Kennzahl HCROI49, mittels derer die Rentabilität des Humankapitals denjenigen An-teil am Gewinn darstellt, der durch Humankapitalkosten verursacht wird. Zu den Humankapitalkosten zählen neben Löhnen und Gehältern auch Fluktuations- und Abwesenheitskosten (Fitz-Enz 2003, 53).

Für eine hohe Aussagekraft derartiger Kennzahlen ist es erforderlich, dass Vergleichswerte anderer Unternehmen vorhanden sind. Dies ist insbesondere bei spezialisierten Kennzahlen nur schwer reali-sierbar und limitiert ebenfalls die Anwendbarkeit der Methoden dieser Kategorie.

2.3.2.4 Scorecard-Methoden

Mittels Scorcard Methoden werden immaterielle Ressourcen identifiziert, Indizes oder Indikatoren, die oftmals aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden, für diese generiert und die Ergebnisse in Scorecards oder Graphen repräsentiert. Im Unterschied zu den direkten Methoden erfolgt keine mone-täre Bewertung, sondern vielmehr eine Ausrichtung auf die Steuerung (Roos et al. 2004, 139; Möller 2005, 5). Die verschiedenen Ansätze dieser Kategorie verfolgen zum Teil auch das Ziel, die erhobe-nen Indikatoren bzw. Indizes als Teil der freiwilligen Berichterstattung (siehe 2.3.3) zur Information der Stakeholder heranzuziehen, die einen Teil des Geschäftsberichts bildet (Abell, Oxbow 2002, 28;

Müller 2006, 12).

Einer der bekanntesten Ansätze ist der „Intangible Asset Monitor“ von Sveiby (1997), der auf einer Untergliederung des intellektuellen Kapitals in individuelle Kompetenzen, interne und externe Struk-tur basiert50. Indikatoren aus den Bereichen Wachstum / Entwicklung, Effizienz und Stabilität sind vordefiniert und können vom Unternehmen angepasst werden. Beispiele für Indikatoren sind Mitar-beiterfluktuation, Anzahl Wiederholungskäufe durch Kunden oder Anzahl imagefördernder Kunden.

Die Indikatoren sollen dabei Informationen über das zukünftige Entwicklungspotential des Unterneh-mens geben, das neben der internen Steuerung auch gezielt an Stakeholder kommuniziert werden kann. Eine ähnliche Methode stellt der Skandia Navigator dar, der auf 30 Kennzahlen aus den Berei-chen Finanzen, Kunden, Prozesse, Mitarbeiter, Entwicklung und Erneuerung basiert (Edvinsson, Ma-lone 1997, 65ff; Sveiby 1998, 254f). Ferner wird die Balance Scorecard (Kaplan, Norton 1996) als strategisches Managementinstrument zur Übersetzung der Unternehmensstrategie herangezogen, das speziell nicht-finanzielle Kennzahlen einbezieht und diese zu finanziellen Größen in Beziehung stellt.

Dabei steht diese Methode allerdings nicht dediziert in Bezug zum intellektuellen Kapital, sondern kann um derartige Kennzahlen ergänzt werden.

Diese Ansätze sind dadurch gekennzeichnet, dass die Indikatoren in verschiedenen Ansätzen Anwen-dung finden, allerdings auch anders interpretiert werden. Ferner ist eine Anpassung der Indikatoren im Hinblick auf Unternehmensbesonderheiten erforderlich, wodurch die Vergleichbarkeit reduziert wird (Dillerup, Ramos 2006, 116ff). Obwohl sich die Scorecard-Methoden nicht zur Ermittlung monetärer

49 Die Abkürzung steht für ROI of Human Capital.

50 Siehe hierzu auch Abb. 7 auf Seite 38.

Werte einzelner immaterieller Ressourcen bzw. des gesamten intellektuellen Kapitals eignen, sind ihre Praktikabilität, die mehrperspektivische Betrachtung und die Fokussierung auf die Steuerung positiv hervorzuheben.

Im Dokument Steuerung von Wissensrisiken (Seite 50-55)