• Keine Ergebnisse gefunden

Allgemeine Betrachtung

Im Dokument Steuerung von Wissensrisiken (Seite 184-188)

5 Wissensrisiko und Wissensrisikomanagement

5.6 Wissensqualität

5.6.1 Allgemeine Betrachtung

Qualität kann im Hinblick auf verschiedene Gegenstände definiert werden, wobei in diesem Kontext die Qualität von Wissen den zentralen Betrachtungsgegenstand bildet183. Diese wird zum aktuellen Zeitpunkt in der Literatur nur gering diskutiert, während zur Beurteilung der Qualität von Informatio-nen eine Vielzahl an Ansätzen besteht. So unterscheidet Nohr zwischen konstruktiver und rezeptiver Informationsqualität. Während erstere Anforderungen an die Erstellung definiert, bezieht sich die re-zeptive Informationsqualität auf bereits vorhandene und vielfach externe Informationen (Nohr 2001, 5f). Nach Huang et al. ist die Fokussierung auf die Nutzer der Information entscheidend. Somit müs-sen die Informationen „fit for use“ d.h. bedarfsgerecht sein bzw. die Erwartungen der Nutzer erfüllen oder sogar übertreffen (Huang et al. 1999, 49). Mantwill reflektiert Informationsqualität vor dem Hin-tergrund verschiedener Kategorien von Gütern. So lassen sich Suchgüter vor dem Kauf qualitativ be-urteilen, während die Qualität von Erfahrungsgütern erst nach dem Kauf bestimmt werden kann. Als dritte Kategorie bestehen Vertrauensgüter, deren Qualität weder vor noch nach dem Kauf vollständig bewertet werden kann. Informationen stellen nie Suchgüter dar, sondern fallen in die beiden letztge-nannten Kategorien. Verfügen die Nutzer der Information über Informationskompetenz, so ist eine nachträgliche Beurteilung wie im Falle von Erfahrungsgütern möglich, während mit abnehmender Informationskompetenz eine Beurteilung der Qualität erschwert wird und folglich Informationen als Vertrauensgüter zu kategorisieren sind (Mantwill 1995, 46ff). Aufgrund dieser Eigenschaften von Informationen ist es bedeutend, dass die Nutzer über eine entsprechende Informationskompetenz ver-fügen, um die Qualität der Informationen beurteilen zu können. Bei der Beurteilung der Qualität ist allgemein zu beachten, dass diese in der Regel nicht objektivierbar ist, da subjektive Wahrnehmungen bzw. Präferenzen sowie situative Faktoren bzw. die Kontexte der Erstellung und Nutzung der Infor-mationen die Beurteilung beeinflussen (Naumann, Rolker 2000, 148; Burgess et al. 2004, 375;

Supekar et al. 2004, 2; Knight, Burn 2005, 162f).

Eppler (2003c) betrachtet die Informationsqualität im Kontext wissensintensiver Tätigkeiten und geht vom Grundproblem des Information Overload184 aus, dessen zentrale Aussage darin besteht, dass rati-onale Entscheidungen oftmals durch ein Zuviel an Informationen behindert werden und somit Risiko-potentiale in sich birgt. Von diesem Problem ausgehend liegt Informationsqualität dann vor, wenn Informationen die Eigenschaft aufweisen, Fragen in einer effizienten Art und Weise zu beantworten und Handlungen oder Entscheidungen zu ermöglichen (Eppler 2003a, 205). Analog zum Konzept Wissenstransfer geht die Nicht- bzw. Schlechterfüllung dieser Faktoren mit Risikopotentialen einher.

Eppler sieht die Vernetzung von Informationsqualität und Wissensarbeit darin, dass Informationen

183 Hinsichtlich des allgemeinen Qualitätsbegriffs identifiziert Garvin verschiedene Strömungen, die sich beispielsweise auf die Eigenschaften eines Produktes, die Zufriedenheit eines Nutzers, die Einhaltung von Anforderungen bei der Herstellung oder die Generierung eines Wertes beziehen (Garvin 1988, 40ff).

184 Für weitere Details zum Information Overload siehe (Probst et al. 2000, 22).

einerseits einen Input für wissensintensive Tätigkeiten darstellen und zum anderen auch deren Ergeb-nis bzw. Output bilden und somit der Erhöhung ihres Wertes aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine besondere Bedeutung zukommt (Eppler 2004, 323). Die Vernetzung zeigt sich weiter darin, dass Wis-sensarbeit durch eine Reihe von Risiken im Umgang mit Informationen gekennzeichnet ist. So können Informationen z.B. in ungeeigneter Menge vorliegen, ein unpassendes Format aufweisen oder bedingt durch eine starke Kontextualisierung nicht anwendbar sein (Eppler 2003c, 30ff). Aufgrund dieser Zu-sammenhänge werden die Aussagen zur Informationsqualität auch auf dokumentiertes Wissen ange-wandt, nachfolgend als Wissensqualität bezeichnet und folgendermaßen definiert.

Wissensqualität beschreibt die Eigenschaften wissensbezogener Ressourcen im Anwendungskontext und ergibt sich aus der Gesamtheit der Anforderungen, die sich auf die Eignung dieser Ressourcen zur Erfüllung gegebener Bedarfe bzw. Aufgabenstellungen beziehen.

Eine hohe Qualität der Informationen stellt potentiell einen Wettbewerbsvorteil dar, da aufgrund der Fülle der verfügbaren Informationen weniger der Zugang zu Informationen, sondern vielmehr deren Qualität ein Differenzierungskriterium darstellt (Bovee et al. 2003, 51; Beier 2005, 46). Die Sicher-stellung der Informationsqualität erfordert eine grundlegende Analyse der Prozesse, Kompetenzen und der Erwartungen der Nutzer sowie zum Teil eine Veränderung von Arbeitsweisen und Prozessen (Eppler 2003c, 25).

Für die Beurteilung der Qualität dokumentierten Wissens können Kriterien verschiedener Dimensio-nen herangezogen werden. Dazu bestehen in der Literatur verschiedene Ansätze. So ziehen Königer und Reithmayer als Kategorien innere, kontextuelle, Zugangs- und Darstellungsqualität sowie die Qualität der Metainformationen und die Qualität der Strukturierung heran (Königer, Reithmayer 1998, 92). Naumann und Rolker setzen bei der Bildung von Qualitätskriterien am Nutzer, am Suchprozess und an der Informationsquelle selbst, also dem Inhalt, an und definieren dazu als korrespondierende Kategorien subjekt-, prozess- und objektbezogene Kriterien (Naumann, Rolker 2000, 152f). Zudem besteht eine Vielzahl an weiteren Frameworks zur Kategorisierung der Informationsqualität185. Eppler nimmt einen umfassenden Vergleich unterschiedlicher Kategorisierungsansätze vor und entwickelt ein Modell, mittels dessen die Qualität von Informationen und dokumentiertem Wissen in Bezug auf die Güte, die Community, in der die Erstellung und Anwendung erfolgt, die Prozesse zur Bereitstellung sowie die zugrunde liegende IT-Infrastruktur beurteilt werden kann. Weiterhin ordnet Eppler 16 Qua-litätskriterien in diese vier Betrachtungsebenen und die Lebenszyklusphasen Identifikation, Bewer-tung, Aufbereitung und Anwendung ein (siehe Abb. 25), wobei deren Nicht- bzw. Schlechterfüllung das Niveau der Wissensqualität negativ beeinträchtigt und somit Risikopotentiale in sich birgt.

Krite-185 Siehe hierzu z.B. (Kahn et al. 2002, 85f; Lee et al. 2002, 134f; Bovee et al. 2003, 55).

rien der Betrachtungsebenen Community und Güte können auch als Inhaltsqualität zusammengefasst werden, während Kriterien der beiden Ebenen Prozess und Infrastruktur zur Medienqualität subsu-miert werden können (Eppler 2003c, 61, 68; 2004, 331). Die Lebenszyklusphase Identifikation um-fasst beispielsweise das Auflisten möglicher Quellen, sowie das Finden der richtigen Quellen und der entsprechenden Informationen. Im Rahmen der Evaluierung werden z.B. die Glaubwürdigkeit, die Fehlerfreiheit und die Aktualität beurteilt sowie ein Vergleich mit anderen Quellen vorgenommen.

Die Phase Aufbereitung schließt beispielsweise die Konvertierung des Formats, die Reduktion des Umfangs oder die Anreicherung des Inhalts ein, während die Lebenszyklusphase Anwendung die In-formationen zur Problemlösung einsetzt und mit einer Routinisierung einhergehen kann (Eppler 2003c, 76f) 186.

Abb. 25 Ebenen der Informationsqualität187

Qualitätskriterien in der Betrachtungsebene Community zielen darauf ab, zu spezifizieren, inwiefern die Information die Bedürfnissen und Erwartungen der Nutzer der entsprechenden Zielgruppe erfüllen oder nicht. Dies betrifft im Detail die Fragestellungen, ob dokumentiertes Wissen komplett, genau, klar bzw. verständlich und anwendbar ist. Kriterien dieser Kategorie sind vom konkreten Verwen-dungskontext, in dem das dokumentierte Wissen eingesetzt wird, abhängig und im Vergleich zu den Kriterien der anderen Kategorien subjektiv. Die zweite Betrachtungsebene Güte wird durch die Krite-rien kompakt, konsistent, korrekt und aktuell spezifiziert, wobei dokumentiertes Wissen kompakt ist,

186 Das vollständige Modell von Eppler umfasst weitere Zusatzinformationen wie Managementprinzipien, Zielkonflikte zwischen den Kriterien oder die Zuweisung der Kriterien zu den Dimensionen Zeit, Kosten, Format und Inhalt. Dem-zufolge sind die Kriterien in Epplers Modell mehrfach kategorisiert. Im Kontext dieser Arbeit wurde eine Reduktion auf zwei Dimensionen vorgenommen, um die Komplexität zu senken und die für den Untersuchungsgegenstand rele-vanten Aspekte zu fokussieren.

187 Abbildung nach (Eppler 2003c, 61, 68ff; 2004, 331).

wenn es frei von unnötigen Elementen ist sowie Konsistenz bei Freiheit von Widersprüchen und Kor-rektheit bei der Freiheit von Fehlern vorliegt. Aktualität als Anforderung trägt der geringen Halb-wertszeit von Informationen und Wissen Rechnung. Die Qualität der Prozesse betrifft allgemein das Content Management und ergibt sich beispielsweise daraus, wie gut dokumentiertes Wissen bereitge-stellt wird oder von den Nutzern nachgefragt werden kann. Die Qualität der Prozesse ist dann hoch, wenn dokumentiertes Wissen bequem, rechtzeitig, verantwortet und interaktiv nachgefragt werden kann. Während sich Bequemlichkeit darauf bezieht, inwiefern die Bereitstellung von dokumentiertem Wissen mit den Bedürfnissen und Gewohnheiten des Nutzers korrespondiert, bezeichnet das Kriteri-um rechtzeitig den Sachverhalt, dass die Information ohne Verzögerung von der Erstellung zur Nut-zung bereitgestellt wird. Dokumentiertes Wissen ist dann verantwortbar, wenn überprüfbar ist woher es stammt und wer für die Erstellung verantwortlich ist. Das Kriterium interaktiv bezieht sich auf die Steuerbarkeit und die Anpassbarkeit der Prozesse. Die IT-Infrastruktur als vierte Betrachtungsebene soll sicherstellen, dass die Content Management Prozesse reibungslos ablaufen. Deren Qualität ist dann hoch, wenn die Inhalte zugänglich sind und sicher verwaltet werden. Darüber hinaus zeichnen die Wartbarkeit der Infrastruktur durch Administratoren und deren Schnelligkeit die Infrastruktur aus.

Kriterien dieser Kategorie zeigen auf, dass die Informationsqualität nicht nur die Anforderungen der Nutzer zu berücksichtigen hat, sondern auch die Anforderungen derer, die mit der Verwaltung der Inhalte und Systeme betraut sind (Eppler 2003c, 67ff; 2004, 328ff).

In Bezug auf die Definition zu Wissensrisiko (siehe 5.1) sind Risiken auf die Nichterfüllung dieser Kriterien zurückzuführen. So kann beispielsweise in Bezug auf die Betrachtungsebene Community dokumentiertes Wissen durch andere Mitarbeiter nicht anwendbar sein und sich dies bei der Durch-führung der Aufgaben in einem Mangel auswirken. Nicht fehlerfreie oder nicht aktuelle Inhalte kön-nen beispielsweise zu Fehlentscheidungen führen. Verzögerungen in Bezug auf die Bereitstellung der Inhalte von deren Erstellung zur Nutzung können sich ebenso wie eine mangelnde Nachvollziehbar-keit und mangelnde NachvollziehbarNachvollziehbar-keit negativ auf die Wissensarbeit im Unternehmen auswirken und somit ein Risiko darstellen. Im Hinblick auf die IT-Infrastruktur können Wissensrisiken bei-spielsweise von einer mangelnden Zugänglichkeit bzw. Verfügbarkeit der Inhalte ausgehen. Zudem ist auch insbesondere die Sicherheit der verwalteten Inhalte von Bedeutung und kann in Verbindung mit der Wissensdiffusion den Wert der Inhalte reduzieren. Somit ist die Wissensqualität als breites Kon-zept auch im Zusammenspiel mit weiteren Risikoursachen zu beachten.

Wissensqualität kann neben der Nicht- bzw. Schlechterfüllung der in Abb. 25 dargestellten Kriterien auch dadurch negativ beeinträchtigt werden, dass Abhängigkeiten von wissensbezogenen Ressourcen bestehen und sich aus diesen Engpässen Mängel bei der Geschäftsprozessdurchführung ergeben. So kann beispielsweise der Ausfall von Mitarbeitern, die über knappe Kompetenzen verfügen, die Wis-sensqualität bedingt durch Nichtverfügbarkeit einschränken (van den Brink 2001, 42f; Kobi 2003,

13f). Neben internen Mitarbeitern können auch Abhängigkeiten vom Wissen von Kunden, Lieferanten und Partnern bestehen. So werden beispielsweise Produkte gemeinsam mit Lieferanten entwickelt oder das Feedback von Testkunden gezielt bei der Entwicklung bzw. Verbesserung der Produkte ein-bezogen, während in Kooperationsbeziehungen vielfach eine wechselseitige Spezialisierung erfolgt, die ebenfalls Abhängigkeiten und somit potentielle Engpässe schafft (Staudt 1992, 17). Im Hinblick auf in Objekten inkorporiertes Wissen können Abhängigkeiten von in IT-Systemen vorgehaltenem dokumentierten Wissen bestehen, wobei den IT-Systemen eine zunehmende Bedeutung für die Ab-wicklung der Geschäftsprozesse zukommt (Junginger, Krcmar 2003, 16f; Hirschmann, Romeike 2004, 13; Wolff 2005, 15).

Im Dokument Steuerung von Wissensrisiken (Seite 184-188)