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Die Versuche dieser Arbeit wurden zumeist unter In-vitro-Bedingungen durchgeführt. Bei den Untersuchungen zur Wiederaufnahme der Meiose, der Eizellalterung und der Hormonproduktion wurden Kumulus-Oozyten-Komplexe (KOKs) unter bestimmten Bedingungen in einem Maturationsmedium kultiviert. Dadurch sollte der Ablauf der physiologischen Eizellreifung nachempfunden werden. Für die Kultivierung wurden KOKs von präpubertären, ca. fünf bis sechs Monaten alten Schlachtschweinen verwendet. Diese Schweine stellen den Hauptanteil der üblicherweise auf Schlachthöfen geschlachteten Schweine dar. Adulte Sauen, die schon mindestens einen Wurf Ferkel hatten, werden nicht in so großer Anzahl geschlachtet. Bei der Beurteilung der Versuchsergebnisse ist also stets zu berücksichtigen, dass mit Zellen von noch nicht ausgewachsenen Tieren ohne regelmäßigen Ovarzyklus gearbeitet wurde. MARCHAL et al. (2001) beschreiben, dass die Oozyten von präpubertären Schweinen weniger sensitiv auf FSH und EGF (epidermal growth factor) reagieren, welches in verminderte Maturationsraten im Vergleich zu Eizellen von adulten Schweinen resultiert. Jedoch war beim gleichzeitigen Einsatz von FSH und EGF kein Unterschied bezüglich der Kernreifung mehr vorhanden. Die Verwendung von Eizellen präpubertärer Schweine scheint auch nicht für das weit verbreitete Problem der Polyspermie bei der IVM mit anschließender IVF beim Schwein verantwortlich zu sein. Allerdings sind mit der Verwendung von Eizellen von adulten Schweinen höhere Blastozystenraten zu erreichen (SHERRER et al. 2004). In den beschriebenen Versuchen konnten mit den Eizellen von präpubertären Schweinen gute Reifungsergebnisse erzielt werden. Die Eizellen der selektierten KOKs befanden sich direkt nach der Isolierung aus dem Follikel zu über 90 % im GV I Stadium und unter den beschrieben In-vitro-Bedingungen erreichten ca. 85 % das befruchtungsfähige Stadium der Metaphase II.

Bei der Beurteilung in wieweit von den In-vitro-Versuchen Rückschlüsse auf die tatsächlichen physiologischen Vorgänge gezogen werden können, muss auch die Zusammensetzung des Maturationsmediums berücksichtigt werden. Bis auf bei den Versuchen für die Publikation 3 wurde stets TCM (tissue culture medium) 199 als Grundmedium verwendet. Neben Insulin, L-Glutamin und Gentamycin wurden noch Hormone und eine Proteinkomponente dem Medium hinzugefügt. Bei den Hormonen

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wurde sich für die Zugabe von porcinem FSH und LH entschieden. Weiterhin wurde dem Medium FCS (fetal calf serum) in nicht unerheblicher Konzentration von 20 % (v/v) zugesetzt. Dadurch wurden die Eizellen gut ernährt und man erhielt gute Reifungsresultate.

Allerdings ist die Zusammensetzung des FCS sehr undefiniert. Unter anderem sind im FCS zahlreiche Wachstumsfaktoren und Hormone vorhanden, mit denen die KOKs des Schweines unter physiologischen Bedingungen eher weniger oder gar nicht in Kontakt kommen würden. Beispielsweise beruhen die vor der IVM im Medium gemessenen Steroidhormonkonzentrationen bei den Publikationen 4 und 5 auf dem FCS-Zusatz. Die im Verlauf der Versuche gemessenen 17β-Estradiol- und Progesteronkonzentrationen sind jedoch deutlich höher als zu Beginn im Medium, so dass einen Abgrenzung zwischen FCS-Ursprung und Sekretion durch die Kumuluszellen gut möglich war.

Es gibt natürlich auch Alternativen zum FCS-Zusatz. In der Publikation 3 wurde statt des TCM 199 das Whitten’s Medium (WHITTEN 1970) mit 0,3 % (w/v) BSA (bovines Serumalbumin) verwendet. Da es dort speziell um die Untersuchung der anhaltenden Aktivität der MAPK während der Eizellalterung ging, wurde sich für das Whitten’s Medium entschieden, da die Aktivität der MAPK in Metaphase II Oozyten nach der IVM mit diesem relativ einfach zusammengesetzten Medium im Vergleich zu anderen Medien höher ist (SETIADI et al. 2009). Ein möglicher Grund dafür wäre die geringere Natriumchloridkonzentration im Whitten’s Medium im Vergleich zum TCM 199. Mit BSA als Proteinzusatz konnten gute Reifungsergebnisse (ca. 80 % in der Metaphase II) erzielt werden. Allerdings stellte sich heraus, dass bei den Versuchen mit anschließender parthenogenetischer Aktivierung schon bei den nicht gealterten Eizellen die Furchungsraten sehr niedrig und die Degenerationraten recht hoch waren. Daher wurde für die parthenogenetische Aktivierung wieder FCS eingesetzt, welches die Erfolgsraten deutlich verbesserte und so eine vergleichende Untersuchung mit den gealterten Eizellen ermöglichte. Neben FCS und BSA gibt es noch andere mögliche Medienzusätze, z. B.

porcine Follikelflüssigkeit oder als proteinfreie Komponente PVP (Polyvinylpyrrolidon).

Trotz aller genannter Probleme bei der Nachahmung der physiologischen Verhältnisse sind die In-vitro-Versuche meist das Mittel der Wahl. Nur so kann Untersuchungsmaterial in größerem Umfang bereitgestellt werden. Der klassische Weg bestimmte Signalkaskaden zu untersuchen ist es, mit Inhibitoren bestimmte Enzyme auszuschalten und dann die Auswirkungen zu untersuchen. Gerade wenn bestimmte Enzyme in den Zellen inhibiert werden sollen, ist eine systemische Applikation am lebenden Tier oft nicht angezeigt. Bei Mäusen ist es möglich, bestimmte Gene mittels so genannter Knockout-Technik auszuschalten und dann die Einflüsse auf den Organismus zu untersuchen. Diese Technik wurde z. B. bei der Untersuchung der Wirkung der MAPK-Kinase-Kinase Mos (SU et al.

2002) und des BMP-6 (SUGIURA et al. 2010) angewendet. Weiterhin kann man die Expression von bestimmten Genen mittels RNA-Interferenztechnik herabregulieren. Durch den Einsatz von so genannter siRNA (small interferring RNA) wird die Translation eines Proteins verhindert. Diese Technik wird in vitro eingesetzt, z. B. wurde so Mos in Eizellen beim Schwein zur Untersuchung der Rolle der MAPK bei der Wiederaufnahme der Meiose ausgeschaltet (OHASHI et al. 2003).

Bei der Wahl der In-vitro-Bedingungen ist allerdings die Fragestellung besonders zu beachten. So wurden in den Publikationen 4 und 5 etwas andere Ergebnisse erzielt als in anderen Studien, die ebenfalls den Einfluss von U0126 und BMP-6 auf die Steroidhormonproduktion von Follikelzellen untersuchten. Während der In-vitro-Maturation von porcinen KOKs wurde durch den Zusatz des MEK-Inhibitors U0126 die Progesteronsekretion fast vollständig gehemmt und die 17β-Estradiolkonzentration stieg im Medium weiter an. Das gleiche Ergebnis wurde auch durch Hemmung der MAPK bei Zellkulturen mit muralen Granulosazellen erhalten (MOORE et al. 2001; SU et al. 2006).

Allerdings bewirkte die Hemmung der MAPK bei den Granulosazellen eine Herabregulierung der StAR-Expression und in der Studie der Publikation 4 hatte der U0126-Zusatz keinen Einfluss auf die Expression der mRNA des StAR. Ebenso resultierte die Supplementation von BMP-6 bei Granulosazellkulturen in einer vermehrten Progesteronsekretion und einer erhöhten Expression von StAR, Cyp11A1 und/oder 3β-HSD (OTSUKA et al. 2001; GLISTER et al. 2004; BRANKIN et al. 2005a; MIYOSHI et al.

2007; JUENGEL et al. 2006). Bei der Kultivierung von Kumuluskomplexen ohne Oozyte konnte die Zugabe von BMP-6 hingegen den Einfluss der fehlenden Eizellen durch eine

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Steigerung der 17β-Estradiolsekretion und der Expression von Cyp19A1 annähernd ausgleichen (Publikation 5). Die Progesteronproduktion wurde nicht beeinflusst. Diese Resultate sind zum einem ein Beleg für die Unterschiedlichkeit von muralen Granulosazellen und Kumuluszellen. In präovulatorischen Follikeln besitzen die muralen Granulosazellen schon vor den Kumuluszellen LH-Rezeptoren und produzieren somit auch schon früher und mehr Progesteron (EPPIG et al. 1997). Weiterhin wurden für die Granulosazellkulturen die Zellen vor der Zugabe von U0126 bzw. BMP-6 schon mehrere Stunden oder Tage vorkultiviert, so dass die Zellen durch den fehlenden Einfluss der Eizellen schon stärker luteinisiert waren. So lassen sich die Unterschiede bei der Beeinflussung der Steroidhormonsynthese erklären. Es ist also genau zu unterscheiden, welcher Einfluss auf welche Zellen untersucht werden soll. Je mehr man die Vorgänge im Follikel während der Reifung untersuchen möchte, je weniger sollten die zu untersuchenden Zellen durch die Kulturbedingungen verändert werden.

Unnötige Tierversuche müssen aus ethischen Gründen vermieden werden. Oft sind sie auch mit höheren Kosten und einem größeren personellen Aufwand verbunden. Dennoch kann nicht vollständig auf sie verzichtet werden. Daher wurden nach den Versuchen in vitro und entsprechender Etablierung der Proteinanalyse in der Publikation 2 die In-vitro-Ergebnisse mit Eizellen und Kumuluszellen während der Reifung in vivo überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass der zeitliche Ablauf der Kernreifung unter den gewählten Bedingungen annähernd gleich war. Auch die Aktivierungsmuster der p90rsk in den Eizellen und Kumuluszellen entsprachen den In-vitro-Ergebnissen. Der Unterschied war, dass die p90rsk in den Kumuluszellen in vivo als Dimer und nicht als Monomer vorlag. Die Phosphorylierung der MAPK in den Kumuluszellen in vivo entsprach ebenfalls den Resultaten aus der IVM (EBELING et al. 2007, Vortrag bei Jahrestagung der AET-d).