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5. Diskussion

5.2 Beurteilung der diagnostischen Untersuchungen

Die Voraussetzung für die Bekämpfung der Paratuberkulose ist der Einsatz effektiver diagnostischer Methoden. Der Einsatz direkter Nachweismethoden, wie z. B. der kulturellen Untersuchung, bietet bei positivem Befund eine hohe Sicherheit. In der Regel ist das infizierte Tier aber schon jahrelang in der Herde und damit ein ständiges Infektionsrisiko für alle anderen Rinder. Die Anforderungen an den Einsatz weiterer diagnostischer Methoden zielen daher auf die Früherkennung infizierter Tiere ab. In diesem Feldversuch wurden 13 Betriebe mit insgesamt 1. 465 Rindern klinisch, kulturell, serologisch und z. T. mikroskopisch auf eine mögliche Infektion mit M. paratuberculosis untersucht.

5.2.1 Bewertung der klinischen Bestandsuntersuchungen

Die klinischen Bestandsuntersuchung ergaben bei 30 Tieren einen Verdacht auf Paratuberkulose, 22 dieser Tiere waren serologisch und/oder kulturell positiv. Die klinisch verdächtigen und kulturell und/oder serologisch positiven Rinder kamen zu über 50% aus Betrieb 6, der gleichzeitig auch die größte Anzahl kulturell positiver Tiere und die höchste Prävalenz, in Bezug auf die erste kulturelle und serologische Untersuchung, hatte.

5.2.2 Bewertung der mikroskopischen und kulturellen Untersuchungen der Kotproben Die in dieser Arbeit angewendete mikroskopische Untersuchungsmethode wurde nur bei serologisch positiven Rindern oder bei Rindern mit einem klinischen Verdacht auf Paratuberkulose verwendet. Insbesondere zur schnellen Bestätigung der Diagnose bei Tieren mit klinischem Verdacht ist diese Methodik von Vorteil. Insbesondere in Betrieben die mit der Sanierung begonnen haben und durch ein oder mehrere klinisch erkrankte Tiere auffallen, ist der Einsatz der mikroskopischen Untersuchung bei allen klinisch verdächtigen Tieren von Vorteil, da der serologische Nachweis bei ausgeprägten klinischen Symptomen nicht mehr möglich ist, wenn sich das Tier im Stadium der Anergie befindet. Der kulturelle Nachweis hat in diesen Fällen eine zu lange Kultivierungsdauer. Die in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung lassen darüber hinaus vermuten, dass diese Methodik zur Erkennung geringgradiger Ausscheider und/oder bei verunreinigten Proben aussagekräftiger als der kulturelle Nachweis ist (s. Nr. 4.2.4). Das kulturelle Verfahren ersetzt sie jedoch nicht, da die kulturelle Anzucht spezifischer ist (MERKAL et al. 1968c). Die kulturelle Anzüchtung des Erregers hat darüber hinaus bei einer großen Anzahl von Proben eine höhere Aussagekraft und ist besser durchzuführen. Grundsätzlich sind die kulturellen und mikroskopischen Untersuchungsverfahren aber weniger sensitiv als die serologische Untersuchung.

Insbesondere bei fortgeschrittener Sanierung werden durch diese Untersuchungsverfahren infizierte Tiere kaum mehr erkannt (s. 4.2.2, Tab. Nr. 9).

5.2.3 Bewertung der serologischen Untersuchungsmethode

Die Vorteile der serologischen Untersuchung sind die schnelle Verfügbarkeit der Ergebnisse und der geringere Arbeitsaufwand gegenüber den direkten Verfahren. Für einen Einsatz dieser Untersuchungsmethode in dem bestehenden Bekämpfungsprogramm in Nordrhein-Westfalen mußte jedoch die Zuverlässigkeit der serologischen Untersuchung zunächst im Rahmen dieser Arbeit überprüft werden.

In der vorliegenden Feldstudie wurde zum serologischen Nachweis einer Infektion mit M.

paratuberculosis das ELISA – Testsystem der Firma IDEXX verwendet. Die serologischen Untersuchungen erfolgten mit vorselektierten Proben, so dass nur die scheinbare Sensitivität berechnet werden konnte, wobei als Goldstandard die kulturelle Untersuchung von Organproben (Ileocaecallymphknoten, Lymphknoten im Dünndarmbereich und Dünndarm) verwendet wurden. Aus ökonomischen Gründen wurden nur Tiere geschlachtet und das o.g.

Organmaterial untersucht, die im ELISA positiv reagierten, Organmaterial von Tieren mit negativem ELISA – Ergebnis wurden nur bei positivem kulturellem Nachweis untersucht.

Zur Bestimmung der scheinbaren Spezifität wurden die Tiere herangezogen, die entweder ein negatives Ergebnis in der kulturellen Untersuchung des Goldstandards oder während des gesamten Versuchszeitraumes vier aufeinanderfolgende negative Ergebnisse in der serologischen und kulturellen Untersuchung hatten. Diese Tiere wurden als gesund betrachtet, da die Betriebe z.T. seit 1993 dem Sanierungsverfahren angeschlossen waren.

Es wurden für den IDEXX-ELISA bei Betrachtung des gesamten Versuchszeitraumes eine scheinbare Spezifität von 98,8 % und eine scheinbare Sensitivität von 85,1 % ermittelt, die wegen der selektierten Probenuntersuchung als Überschätzung der wahren Diagnosewahrscheinlichkeit angegeben werden muß. Dies wird auch durch andere Untersuchungen bestätigt.

Bei Betrachtung der Untersuchungsintervalle II – IV, nach Änderung des Testsystems durch die Firma IDEXX, lag die ermittelte scheinbare Spezifität bei 99,0 % und die scheinbare Sensitivität bei 77,7 %, d.h. eine Überschätzung der ermittelten Werte ist möglich. Die Ergebnisse in Bezug auf die Spezifität werden durch Untersuchungen von SWEENEY et al.

(1995) und ROSSITER und BURHANS (1996) bestätigt. Während nach Angabe der Autoren die Sensitivität für diesen ELISA nur bei 45 – 57 % liegt und damit wesentlich niedriger, als in dieser Untersuchung ist. Die Werte wurden aber in Bezug auf die Untersuchung von

Neben der Definition von Sensitivität und Spezifität eines Testsystems sind die prädiktiven Werte für den Einsatz dieser Methode in einem Sanierungsprogramm von besonderer Bedeutung. Während die Sensitivität und Spezifität eines Testsystems über die Untersuchung des Goldstandards definiert werden, berücksichtigen die prädiktiven Werte alle ermittelten Ergebnisse. Betrachtet man den positiven prädiktiven Wert, so gibt dieser die Anzahl der Tiere wieder, die wirklich infiziert sind, wenn sie mit dem verwendeten Testsystem erkannt wurden. Innerhalb eines Sanierungsverfahrens ist aus ökonomischer Sicht ein hoher positiver prädiktiver Wert unerläßlich, da Tiere, die aufgrund eines „falsch positiven“ Ergebnisses aus der Herde entfernt werden, einen hohen finanziellen Verlust für den Betrieb bedeuten können.

Diese Tiere werden bei der Ermittlung der Sensitivität nicht berücksichtigt. Der negative prädiktive Wert gibt die Infektionsgefahr, die in der Herde noch vorhanden ist wieder, da infizierte Tiere mit dem Test nicht erkannt werden. Die Spezifität definiert dagegen den Anteil der gesunden Tiere (REHM 1999). Das heißt, dass die prädiktiven Werte somit die Prävalenz der Herde berücksichtigen und ein Einsatz dieser Methode unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit möglich ist. Da für die Berechnung des negativen prädiktiven Wertes aber gesunde Tiere (negative Reagenten) geschlachtet werden müssen und das aus ökonomischen Gründen nicht möglich war, wurde auf die Berechnung des negativen prädiktiven Wertes verzichtet. Für den IDEXX-ELISA wurden in dieser Arbeit, bei Betrachtung aller Untersuchungsintervalle, ein positiver prädiktiver Wert von 90,4 % bezogen auf eine Gesamtprävalenz von 1,1 % ermittelt. Für den Untersuchungszeitraum ab dem Untersuchungsintervall II lag der positive prädiktive Wert bei 87,5 % (Gesamtprävalenz 1,1

%). Bei fortschreitendem Sanierungserfolg ist daher eine weitere Verringerung des positiven prädiktiven Wertes zu erwarten. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ist dann festzulegen wie lange das serologische Verfahren mit anschließender Entfernung Test positiver Tiere aus der Herde noch sinnvoll ist. Es ist daher zu prüfen, ob eine weitere Senkung der Prävalenz durch ein spezifisches Betriebsmanagement in Bezug auf den Neueintrag der Infektion in die Herde nicht wesentlich sinnvoller ist, als halbjährliche serologische und kulturelle Untersuchungen.

Bei der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit in einem Sanierungsverfahren ist der Einsatz der Untersuchungsmethode in Bezug auf den Zeitpunkt der Erkennung infizierter Tiere von besonderer Bedeutung. Die in dieser Arbeit durchgeführte Verteilung der positiven Reagenten in fünf Altersstufen zeigt, dass mit dem Einsatz eines ELISA-Testsystem diese Tiere früher als durch die kulturelle Untersuchung erkannt werden.

In einer weiteren Untersuchung wurden 35 Seren von 22 infizierten Rindern, die in mindestens einem Untersuchungsintervall negativ, aber in einer der nachfolgenden Untersuchungen positiv reagierten und einen positiven Goldstandard hatten, selektiv mit einem weiteren ELISA untersucht. Die Vergleichsuntersuchung zeigte, dass sich beide Testsysteme signifikant voneinander unterscheiden. Da der SVANOVIR-ELISA bei 20 von 35 Seren positiv war, und der IDEXX-ELISA nur in 11 der 35 Seren ein positives Ergebnis hatte ist davon auszugehen, dass der SVANOVIR-ELISA infizierte Tiere früher erkennt.

Darüber hinaus ist zu diskutieren, ob ein Trend zu erkennen ist, dass der SVANOVIR-ELISA subklinisch infizierte Tiere detektiert. Auch HOMUTH et al. (2000) haben in ihren Ergebnissen eines Ringversuches mit drei ELISA-Testsystemen (IDEXX, POURQUIER und SVANOVIR) vermutet, dass der SVANOVIR-ELISA infizierte Tiere in einer früheren Phase der Infektion erkennt. Werden Tiere vor der klinischen Phase diagnostisch als infiziert erkannt, verringert sich die Gefahr der Weiterverbreitung der Paratuberkulose erheblich. Von subklinisch infizierten Tieren wird der Erreger (wenn überhaupt) in geringeren Mengen als in der klinischen Phase ausgeschieden (CHIODINI et al. 1994). Die vorzeitige Erkennung infizierter Rinder kann darüber hinaus die Sanierungsdauer auch verkürzen. Diese Vorteile, die sich mit einer solchen diagnostischen Methode ergeben können, wirken sich dann positiv auf die Wirtschaftlichkeit eines Sanierungsverfahrens aus.

5.2.4 Definition des Odds Ratios durch ein zugekauftes Tier und Überprüfung der Nachkommen infizierter Muttertiere hinsichtlich des Infektionsrisikos für die Herde Neben der Einhaltung eines spezifischen Hygieneprogramms wurden von ROSSITER und BURHANS (1996) und CETINKAYA et al. (1997) der Zukauf von Rindern in die Herde als Risikofaktor ermittelt. In dieser Arbeit wurde der Zukauf von Rindern ebenfalls als statistisch signifikant erhöhtes Odds Ratio erkannt. Bei zugekauften Rindern, die in dieser Studie ein positives serologisches Ergebnis hatten, war das Risiko für eine Infektion mit M.

paratuberculosis annähernd doppelt so hoch, wie für Tiere, die nicht zugekauft wurden. Das Odds-Ratio für Tiere aus Zukauf, die den Erreger ausgeschieden haben und daher in der kulturellen Untersuchung positiv reagierten, war sogar dreimal so hoch wie für nicht zugekaufte Tiere. Diese Ergebnisse sind ein Hinweis darauf, dass ein Sanierungserfolg nur

untersucht oder bei einer Untersuchung im Betrieb solange unter Quarantäne gehalten werden, bis zumindest das serologische Ergebnis vorliegt. Diese Maßnahme erfordert aber einen hohen Arbeitsaufwand für die Betriebsinhaber und die definierten Risiken sind bei der langen Sanierungsdauer nur eingeschränkt zu tolerieren. Darüber hinaus könnten sich das

"Zukaufsrisiko" auch wirtschaftspolitisch auswirken. Mitgliedsstaaten, die entweder als paratuberkulosefrei definiert werden wie Schweden (ENGVALL et al. 1994) und Länder mit aufwendigen Sanierungsverfahren wie die Niederlande (persönliche Mitteilung VAN MAANEN und VAN WEERING, 1999), könnten in Zukunft Handelsrestriktionen fordern.

Die Möglichkeit der Aufnahme der Paratuberkulose in den Anhang E der EG-Richtlinie 64/432 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen wäre dann eine Möglichkeit, Handelsrestriktionen EU-weit zu erlassen (GERLACH und VALENTIN-WEIGAND 1998).

Bei der Untersuchung von Betriebsfaktoren, die einen zu erwartenden Sanierungserfolg positiv oder negativ beeinflussen können, spielt auch die Remontierung der Kälber von positiven Kühen eine entscheidende Rolle für den Sanierungserfolg. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluß von Rindern, die von einem positiven Muttertier abstammen, überprüft. In der Gruppe der Tiere, die einen positiven Vorfahren hatten, konnte eine deutlich höhere Prävalenz mit 31 % als in der übrigen untersuchten Population ermittelt werden. Eine Übertragung der Paratuberkulose vom Muttertier auf das Kalb und/oder eine erhöhte Empfänglichkeit für die Nachzucht kann aufgrund der Ergebnisse vermutet werden. Diese wurde auch in der Arbeit von OBASANJO et al. (1997) angegeben, während die Autoren ROSSITER und BURHANS (1996) keine positive Beziehung für das Vorkommen der Paratuberkulose bei der Remontierung der Nachzucht nachwiesen.

5.3 Bedeutung der Ergebnisse dieser Arbeit in Bezug auf den ermittelten Sanierungserfolg